Peeech32
Liebe Frau Henkes, in unserer Kinderarzt-Praxis wurden wir wieder einmal auf die Kampagne "Bildschirmfrei bis drei" aufmerksam gemacht. Ich habe mir anschließend die Webseite mal genauer angesehen und habe auch den Teil mit den Risiken der frühen Bildschirmnutzung aufmerksam gelesen. Es ist von Aggressivität, ADHS, Störungen des Sozialverhaltens etc. die Rede. Nun wird in dieser Kampagne ja gefordert, dass im Beisein des Kindes gar keine Bildschirmmedien genutzt werden sollen. Kein TV, kein Handy, kein Laptop, kein Tablet etc. Bis das Kind 3 ist. Mein Sohn ist 5,5 Monate alt und ich muss gestehen, dass das für mich nicht umsetzbar ist. Mein Sohn schläft tagsüber und abends nicht alleine und ist die ganze Zeit bei mir. Ich müsste 24h auf sämtliche Geräte verzichten, da mein Mann viel und lange arbeitet und ich auch keine Verwandten in der Nähe habe. Hinzu kommt, dass ich, wenn er ein Jahr alt ist, wieder arbeiten gehe. Ich bin Lehrerin und bereite Unterricht zuhause fast nur medial vor. Da wird er diese Medien auch mal zu Gesicht bekommen, da ich sonst nicht arbeiten kann. Für mich ist das ehrlich gesagt utopisch 3 Jahre lang keine Medien zu nutzen. Ist das wirklich so schädlich? Ich habe wirklich ein schlechtes Gewissen, aber ein Leben ohne Bildschirmnutzung ist allein beruflich unmöglich. Ich möchte meinen Unterricht auch nicht nachts vorbereiten. Das schaffe ich nicht. Ist es darüber hinaus nicht auch seltsam, wenn Kinder drei Jahre lang nichts von Bildschirmmedien mitbekommen und "auf einmal" ist das alles da? Lieben Dank für Ihren Rat.
Guten Tag, es ist sicher richtig, dass Kinder bis drei (und darüber hinaus) Bildschirmmedien nicht brauchen, um sich gut zu entwickeln. Es ist aber genauso richtig, dass die völlige Meidung dieser Medien unrealistisch ist und sich heutzutage nicht umsetzen lässt. Ich denke, dass ein zentraler Unterschied darin besteht, wer das Medium nutzt. Kinder kommen heute gar nicht darum herum wahrzunehmen, dass Erwachsene Handys nutzen. Das bedeutet aber nicht, dass man sie auch ihnen in die Hand geben muss. Es ist vermutlich auch nicht besonders schädlich, wenn Ihr Sohn Ihren Laptopbildschirm sieht, während Sie arbeiten. Da passiert in der Regel nichts Spannendes (für ein Kleinkind). Sobald aber der Fernseher an ist, werden die medialen Einflüsse ja über Licht und Geräusche gebildet. Die können im Kind Gefühle auslösen, die es überwältigen und überfordern. Wir sind daran gewöhnt, Gehirn und Psyche eines Kleinkinds jedoch nicht. Ich denke, es ist - wie so Vieles - eine Frage des Augenmasses. Ein bewusster Umgang mit Medien für sich selbst, eine behutsame Heranführung des Kindes an Medien und das Bewusstsein darum, dass der Fernseher nicht die Nanny ist, können helfen, Schäden für das Kind zu vermeiden. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes Bitte entschuldigen Sie die späte Antwort.
Mamamaike
Hallo, ich hoffe, ich darf Dir auch antworten. Solange unser Sohn "liegend" war, habe ich auch in seinem Beisein leise Fernsehen gesehen. Er lag dann so, dass er nicht draufgucken konnte. Da sehe ich persönlich keinen Unterschied zum Radio oder ähnlichem, das im Hintergrund läuft. Ich habe immer schon mein Handy in seinem Beisein verwendet, aber irgendwann gemerkt, dass er dann um meine Aufmerksamkeit "buhlt". Seitdem verwende ich mein Handy bedeutend weniger bis gar nicht, wenn er da ist. Als er in das Alter kam, dass er gerne Fotos auf dem Handy gucken wollte, habe ich welche ausgedruckt und in so ein Klapp-Album reingemacht, das konnte er dann blättern und mit mir gucken. Zum Laptop: Mit Kind im Raum kannst Du nicht richtig arbeiten - so zumindest meine Erfahrung (auch nicht korrigieren). Von daher erübrigt sich aus meiner Erfahrung, dass Kinder aktiv bei der Nutzung dieses Gerätes dabei sind. Entweder wird es in einem anderen Raum von jemand anderem beschäftigt, oder es ist nicht im Haus, wenn man (effektiv) arbeiten will/muss. Unser Sohn darf Fernsehen gucken, seit er knapp drei Jahre alt ist. Anfangs war es nur das Sandmännchen (während Corona ist von jetzt auf gleich alles weggebrochen, was er gerne mochte, und da haben wir das eingeführt). Allerdings verselbständigt sich so etwas schnell. Dann kommt da noch eine kurze Folge von einer Serie und da, und auf einmal ist das Kind "fernsehsüchtig" und das Ausschalten bedeutet Tränen und Frust. Und ich weiß wie Du, dass man da, sagen wir, aufpassen muss. Dein Kind ist vom Alter her ja noch lange nicht im Fernsehalter. Ich denke, das Wichtigste ist, dass man sich bewusst ist, dass Kinder ehrlich gesagt kein Fernsehen bzw. keine Medien brauchen und dass Kinder nicht davor "geparkt" werden sollten (Ausnahmen bestätigen die Regel). Aber ich finde es in Ordnung, dass ein Kind (altersangemessen und kurz) fernsieht, wenn man für einen Ausgleich sorgt (vorlesen, spielen, rausgehen usw.). Viele Grüße
Baghira222
Was das arbeiten betrifft, schließe ich mich Mamamaike an. Ich hab ein Baby und ein Kleinkind zu Hause und arbeite 10 Stunden pro Woche von zu Hause aus. Arbeiten mit Kind im Raum kann man total vergessen, vor allem sobald sie laufen können. Ich mache alles wenn die beiden schlafen, es geht nicht anders. Also, falls du geplant hast in Ruhe deinen Unterricht vorzubereiten während dein Kleinkind friedlich neben dir sitzt und ein Bild malt oder ein Buch liest - überleg dir schnell einen Plan B. Dein Kind wird versuchen auf dir herumzuklettern oder versuchen ebenfalls auf dem Laptop herumzutippen. Oder es wird die Wand anmalen oder was auch immer deine Aufmerksamkeit garantiert vom Laptop wegzieht. An Arbeiten ist da nicht zu denken.