Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Ab wann fangen Kinder an „jemanden zu vermissen“?

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Ab wann fangen Kinder an „jemanden zu vermissen“?

Rivini

Hallo Frau Henkes,  ab wann fangen Kleinkinder an, jemanden bewusst zu vermissen? Unser Sohn ist 14 Monate alt und hat eine Regulationsstörung. Er war ein Schreibaby und ist immer noch ein Schreikind. Im Moment fremdelt er extrem, wenn ich mich entfernen möchte, schreit er, klammert und lässt sich schwer beruhigen. Letztens Wochenende war er drei Tage lang mit meinem Mann zum ersten Mal alleine bei meinen Schwiegereltern. Das Wochenende verlief super, unser Sohn hat viel Spaß gehabt bei den Großeltern und seinen Papa. Eigentlich haben wir uns gefreut. Was meinen Mann und mich dann doch ein wenig stützig macht, dass er mich während dieser Tage gar nicht zu vermissen schien. Und das obwohl es normalerweise wirklich schwierig ist, sich von ihm zu entfernen. Heute beim Wiedersehen zu Hause hat er sofort auf die Bilder an der Wand gezeigt, mich aber kaum angeschaut oder wahrgenommen. Als ich ihn hochgenommen habe, hat er das akzeptiert, zeigte aber wirklich keine Freude daran, mich nach drei Tagen lang wieder zu sehen. Ist dieses Verhalten unauffällig? Vielen Dank! 


Ingrid Henkes

Ingrid Henkes

Guten Tag, Einjährige leben sehr im Augenblick. Wenn es ihnen gut geht und sie sich geborgen fühlen, vermissen sie niemanden. Ihr Sohn weiß, dass Sie für ihn da sind und Sie sind die wichtigste Bezugsperson für ihn. Das ist aber noch keine verstandesmäßige Einsicht sondern reines Erleben. Einjährige haben noch keine stabile Objektkonstanz. Es ist auch in Ordnung, dass er sich nicht so gefreut hat, Sie wiederzusehen. Er hat Sie noch nicht vermissen können, weil ihm die dazu notwendigen Denkprozesse noch nicht zur Verfügung stehen. Das Verhalten Ihres Sohnes ist also völlig unauffällig. Es sollte Sie auch nicht bedrücken, dass er sich Ihnen nicht sofort begeistert zuwendet. Das ist keine Zurückweisung. Für so etwas ist Ihr Sohn noch viel klein. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


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