Rund um die Erziehung

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Geschrieben von LuckyLuke81 am 24.04.2013, 11:17 Uhr

Wie auf aggressives Verhalten reagieren?

Hallo an alle!

Ich habe schon im Experten-Forum geschrieben und der Einfachheit halber kopiere ich den Text hier mal rein.
Mein Sohn, gerade 3 Jahre alt, seit Februar in der KiTa (nicht sein Lieblingort, aber bleibt da ohne Tränen, 1 Monat Eingewöhnung, 3 Std. täglich, beim Abholen müde aber happy) macht im Moment eine etwas schwierige Phase durch. Sein Ur-Opa ist verstorben, was meinen Mann sehr mitgenommen hat. Das bekam der Kleine mit und war durcheinander. Nach langem Erklären und Reden (Opa ist im Himmel und Papa ist traurig, weil er ihn da nicht besuchen kann) hat er es aber doch gut weggesteckt. Er ist unglaublich sensibel und ziemlich intelligent.

An sich ist der schlimmste Trotz vorbei und taucht nur bei Müdigkeit wieder auf. Er ist schon sonst kompromissbereit und lieb. Wir erziehen ihn demokratisch, er darf sehr viel mitbestimmen. Aber er kann schlecht Regeln einhalten und probiert es immer wieder, sie zu brechen. Ist ok, er ist drei. Wir versuchen dann logische Konsequenzen folgen zu lassen, das klappt manchmal, aber ist doch mit Zwang verbunden, z.B.: Wenn du nicht die Spielsachen aufräumen hilfst, kommen die Sachen in den Staubsauger, wenn du nicht Zähne putzt, gibts keine Süßigkeiten etc. Nach ein paar Mal durchspielen funktioniert es dann ohne Dramen.

Nun haben wir ein Problem: Er ist impulsiv und wenn er wütend ist, haut oder tritt er nach uns oder unseren Katzen. Dies hat sich seit dem Tod des Opas verstärkt. Wir haben Verständnis, dass er so handelt, aber möchten keine Gewalt tolerieren, da hört es auf. Konkrete Situation gestern Abend:
Beim Fertigmachen zum Schlafen, trat er nach Papa, trotz Warnung, dass Papa ihm dann nichts mehr Vorlesen möchte, trat er nochmal und nochmal. Da mein Mann leider nicht so gut solche Situationen entschärfen kann wie ich (bei mir macht er es seeeehr selten), bestand er auf einer Entschuldigung (Umarmung, Küsschen oder ähnliches). Sohn verweigerte dies. Es endete darin, dass der Kleine zum ersten Mal alleine einschlafen musste, weil Papa ihn nicht ins Bett bringen wollte (hat nicht geweint, ich bin dann noch rein und habe Gute Nacht gesagt). Und das war ihm lieber, als den Papa zu umarmen!

Lange Rede, kurze Frage: Wie gehen wir mit Aggressionen um? Vorschlag, das Sofa oder die Wand zu hauen, funktioniert nur bedingt. Seine Spielsachen an die Wand werfen darf er in seinem Zimmer auch.
Ich bin selbst ähnlich veranlagt, daher verstehe ich ihn.
Aber was lässt man für Konsequenzen folgen? Heute morgen trat er nach mir, ich habe gesagt, mein Bein tut weh und ich kann ihm kein Frühstück machen. Er kam sogleich um sich zu entschuldigen. Aber es fühlt sich irgendwie nicht richtig an. Wenn er sich nicht entschuldigen mag, gehe ich irgendwann auf ihn zu und schlage vor, dass wir uns vertragen, danach ist alles gut.
Ich möchte einerseits kein großes Aufheben um diese Aggressionen machen, weil dies bekanntermaßen diese verstärkt. Aber ignorieren kann ich es auch nicht, weil es mich unglaublich ärgert.

Ich habe das Gefühl, wir sind in einem Kreislauf gefangen und finden nicht heraus, da uns die "richtige" Reaktion fehlt! Wir hätten gern "eine" Reaktion, auf die wir uns einigen, damit wir eine klare und durchschaubare Regel hinkriegen.

Vielen Dank an alle, die sich dieses Epos durchlesen und vielleicht sogar antworten mögen!

Liebe Grüße, Anna

 
53 Antworten:

Re: Wie auf aggressives Verhalten reagieren?

Antwort von Fredda am 24.04.2013, 11:56 Uhr

Das Kind ist 3!!! Was wollt ihr machen, wenn es in die Pubertät kommt? Zur Entschuldigungsumarmung zwingen, meine Güte... Ein kompromissbereiter, demokratischer Dreijähriger?

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Re: Wie auf aggressives Verhalten reagieren?

Antwort von Zafon am 24.04.2013, 12:24 Uhr

Hallo, Euer Sohn ist in einem Alter wo er zum Einen noch keine empathische Gefühle haben kann - er weiß also nicht, dass Hauen Schmerzen bereiten -
und zum Anderen versucht er mit solchen Aktionen Eure Reaktionen/ Gefühlsäußerungen zu "erforschen" und zu schauen, wie ihr von Mimik, Gestik, Handlung reagiert -
das ist spannend für ihn und damit lernt er, wie er selbst damit umgehen wird.

Ihr solltet jetzt durchaus zeigen, dass Hauen, Treten richtig stark weh tut - Aua, Mama, Papa pusten, reiben sehr lange um die Stelle wieder heile zu machen oder sind traurig, weil Kind sie gehauen hat. Wenn diese Reaktion erfolgt sind Kinder meist erschrocken, schauen, was passiert ist - dann könnt ihr mit ihm reden, dass es weh tat (so lernt er z.B.: Hauen=Schmerz). Eltern sollen auch mal sauer sein dürfen, wenn es gerade eurem Gefühl auf eine Situation entspricht.

Irgendwelche Strafen wie nicht mehr ins Bett bringen etc. sind mE unangebracht, weil er ja nicht absichtlich weh tun will - wie gesagt, er testet Eure Reaktion, Euer vehalten. Reagiert so, wie ihr wollt, dass er später auf so etwas reagiert! LG

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Re: Wie auf aggressives Verhalten reagieren?

Antwort von Holzkohle am 24.04.2013, 12:30 Uhr

wir erziehen demokratisch und das Kind darf mitreden - DANN wundert Euch aber auch nicht, dass das Kind mitbestimmt und eben für SICH bestimmt, dass es dieses und jenes jetzt nicht machen möchte.

Wendet Konsequenzen an, die auch durchsetzbar sind und die Euch ERNST sind: Die Sachen kommen in den Staubsauger - da hätte mein Sohn Dir gesagt "haha, versuch doch mal meine Ritterburg aufzusaugen"

Nix Süßes wenn keine Zähne geputzt werden? Ist DAS eine Strafe?! In meinen Augen nicht. Ich würde milde lächelnd mit den Schultern zucken - dann gibts halt keine Süßigkeiten mehr, dafür brauch ICH jetzt aber auch nicht die Zähne putzen...

Seine Spielsachen an die Wand werfen darf er - ansonsten wird GEwalt nicht toleriert? Wie soll ein Kind den Umgang mit Spielzeug oder Wertschätzung lernen (auch im Umgang mit MENSCHEN), wenn es sein Spielzeug an die Wand werfen darf?!

Ich bin sicherlich keine Erziehungsqueen, aber in meinen Augen versagt Euer demokratisches Erziehen komplett und auf ganze Linie!!!! Dein Kind braucht sich nicht entschuldigen, wenn es "nicht mag" - super. Das weiß Dein Kind auch, das hat mit Intelligenz überhaupt GAR NICHTS zu tun!!!! Sondern - nicht Du erziehst Dein Kind sondern Dein Kind erzieht DICH und Euch. Ihr lasst doch alles mit Euch machen, was beschwerst Du Dich? DU entschuldigst Dich sogar noch mehr oder weniger dafür, dass Dein Kind Dich schlägt (wie war das, Gewalt wird nicht toleriert?), es gibt keine Strafen und Du gehst auf das arme Kind zu??? Sorry, wenn ICH Dir jetzt eine runterknalle, so dass Du Schmerzen hast - und ich mach das immer wieder und grins Dir dabei ins Gesicht, kommst dann auch nach 10 min und entschuldigst Dich und fragst mich, ob wir uns wieder lieb haben?! Kann nicht Dein Ernst sein!

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Nachtrag

Antwort von Zafon am 24.04.2013, 13:41 Uhr

Bin vorhin nur auf körperl. Aggression eingegangen ....
Aufräumen macht in dem Alter für Kinder einfach keinen Sinn, es hat ja im Grunde auch keine wirkliche Funktion (darauf kommen sie erst viel später) , deshalb machen sie es einfach nicht freiwillig und können auch mit der Androhung einer Konsequenz nichts anfangen - will man sein Kind dressieren kann man natürlich weiter so verfahren ;)
Gemeinsam aufräumen und daraus ein Spiel machen (Wer ist als Erster mit ... fertig? Wo muss denn nur der Seppl rein - da, da oder da?) Später kann man dann mal einen Aufräumtag einrichten, erst gemeinsam bis Kind alt genug ist es auch allein zu schaffen.

Den Zusammenhang zwischen Süßigkeit und Zähne putzen erschließt sich einem Dreijährigen auch noch nicht - außerdem gibt es meist keinen zeitlichen Zusammenhang - es ist also sinnfrei. Auch da kann man Zähneputzen spielerisch interessant gestalten und wenn Kind weiß, dass die bösen Zahnteufel damit verschwinden macht es sogar Spaß sie jeden Abend wegschnipsen zu sehen - erst vertreib ich sie und den Rest putzt Mama weg.

Aggressionen sollten man dem Kind auch durchaus zugestehen, aber gezielt es darauf bringen Gegenstände/Spielsachen an die Wand zu hauen .... was soll er dann in der Kita machen - dort wird er für das bestraft, was seine Eltern ihm erlauben - Du bringst ihm bei, dass das ok ist und das wäre es für mich nicht, v.a. wenn dann mein 15Jähriger den Fernseher das erste Mal wirft.

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@ Zafon

Antwort von Musikerin am 24.04.2013, 14:05 Uhr

8jährige Kinder verstehen schon warum sie aufräumen sollen und das hat nichts mit dressieren zu tun. Das was du behauptest stimmt so nicht. Bereits dreijährige Kinder verstehen, warum sie aufräumen sollen. Natürlich soll man seinem Kind helfen aber was du gleich hier vom Stappel lässt finde ich eine Frechheit als ob jedes Kind, was mit acht Jahren sein Zimmer aufräumt von seinen Eltern dressiert worden wäre...... so ein Quatsch.
Er ist mittlerweile acht Jahre alt und keine drei mehr da kann man auch erwarten, das er seine Hausaufgaben macht und zum Essen reinkommt.
Meinst du in der Kita oder in der Schule wird auf einen immer gewartet? Viel Spaß dann im späteren Arbeitsleben sage ich nur dazu!
Ich bin auch ehrlich gesagt baff, wie wenig ihr von euren Kindern erwartet.

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Re: Wie auf aggressives Verhalten reagieren?

Antwort von Musikerin am 24.04.2013, 14:07 Uhr

sorry, aber das ein achtjähriges Kind nach der Mutter tritt ist nicht normal!!
Ich würde konsequente Regeln einführen und zwar schnell damit dein Kind eben nicht machen kann was es will!
Und zu Thema demokratische Erziehung: das funktioniert in diesem Alter nur bedingt und sollte auf paar Jahre später verschoben werden!! Du siehst doch, was dabei rauskommt.

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Re: Wie auf aggressives Verhalten reagieren?

Antwort von Tine1 am 24.04.2013, 14:14 Uhr

Also! Ich finde deine demokratische Erziehung super! Wir handhaben es genauso, und unsere Tochter haut nie jemanden. Daran kann es ganz sicher nicht liegen. Aber das individuelle Temperament, gerade was Agressivität betrifft, ist eben auch vorhanden und damit gilt es in deinem Fall, sinnvoll umzugehen.

Bei uns "dürfen" auch Spielsachen durchs Zimmer geworfen werden bei Wut. Kommt sehr selten vor und auch recht zaghaft. Aber trotzdem... Ich denke, Wut zu unterdrücken ist nicht sinnvoll. Das Kind müsste in diesem Fall eine sinnvolle Alternative zur Zerstörung gezeigt bekommen. Das habt ihr probiert und es funktioniert (noch) nicht, und ich denke das ist auch noch zu früh in dem Alter. Bis es eine Alternative geben kann, würde ich es auch tolerieren. Es sind ja seine Spielsachen, wenn was kaputt geht hat er hatl Pech.

Würde meine Tochter MEINE Sachen durch die Gegend werfen, würde ich jammern und mein trauig sein demostrieren, so wie Zafon es auch von körperlichen Angriffen beschrieben hat.

Bei Gewalt euch gegenüber bin ich der gleichen Meinung wie Zafon. Demonstrativ und übertrieben jammern, weinen, sich trösten lassen (vom Partner wenn er dabei ist) und ihm zeigen, wie er es wieder gut machen kann. Er kann dann helfen, ein Pflaster aufzukleben, Kühlakku oder feuchten Waschlappen holen etc. Das wichtige ist, dass er gestärkt aus der Situation hervorgeht und nicht geschwächt. Und dass ist der Fall, wenn eine Umarmung oder eine Entschuldigung eingefordert wird, die er nicht bereit ist zu geben. Eine Umarmung (also körperliche Nähe) einfordern geht meiner Meinung nach einfach garnicht!!! Und eine Entschuldigung ist noch zu abstrakt. Wenn er sich entschuldigt, dann weil er weiß dass das erwartet wird, aber nicht aus Einsicht.

Ansonsten würde ich nochmal überdenken, ob eure Konsequenzen nicht zum Teil doch Strafen sind und wie sinnvoll das ganze ist.

Ich denke in dem Alter sollten Überzeugung, Kompromisse, Ablenkung etc. noch einen höheren STellenwert haben. Beispiel Zähneputzen: Nicht gleich mit Süßigkeitenentzug drohen (die Süßigkeiten am nächsten Tag sind auch gedanklich noch weit entfernt). Sondern z. B. erklären, Bücher kaufen, Bakterien jagen spielen, mit verstellter Stimme Bakterien spielen, die gerade die Essensreste aufessen und danach Pipi auf die Zähne machen wollen (iiiihh!!) spezielle Zahnputzgeschichten erfinden, die nur beim Zähne putzen erzählt werden oder was einem noch so einfällt um das ganze angenehmer zu machen. Dann werden auch die Drohungen unnötig.

Das ganze lässt sich ja auf die meisten anderen Situationen übertragen. Das vermeidet womöglich einiges an Konflikten und Frustrationen und so nimmt unter Umständen auch die Aggressivität ab.

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Re: @ Zafon

Antwort von Tine1 am 24.04.2013, 14:16 Uhr

Es geht doch um ein DREI-jähriges Kind. Geht so jedenfalls aus dem Text hervor. Verstehe nicht wie du auf 8 kommst???? Oder bin ich jetzt komplett verwirrt??? Häh?

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Re: Wie auf aggressives Verhalten reagieren?

Antwort von maxwell am 24.04.2013, 14:39 Uhr

Ein 3jähriges Kind reagiert impulsiv. Die Selbstkontrolle muß er erst noch lernen. Also: Trotz vermeiden, und wenn er müde ist, einfach Fünfe gerade sein lassen.
Wenn er haut, deutlich sagen, daß das wehtut. In einer ruhigen Minute fragen, wie er sich fühlen würde, wenn Ihr ihn hauen würdet. Was Ihr hoffentlich nicht tut, denn sonst könnt ihr ihm schlecht vorwerfen, daß auch er schlägt!
Ein Dreijähriger kann noch nicht aufräumen. Hilf ihm.
Wenn er nicht Zähneputzen will, sagen, daß sie sonst schlecht werden.
Nicht mit Strafandrohung reagieren, das erzeugt logischerweise einen Trotzanfall.
Wenn ein Kind im Trotz um sich schlägt, will es niemanden bewußt verletzen oder wehtun. Es schlägt um sich, um seinen Frust loszuwerden. Manche Kinder hauen den Kopf gegen die Wand. Nimm das nicht so ernst, das ist eine Phase. Und ich denke, daß Du das ganz gut handhabst. mit der "demokratischen" Erziehung - auf alle Fälle besser als diktatorische Erziehung!

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Re: Wie auf aggressives Verhalten reagieren?

Antwort von maxwell am 24.04.2013, 14:41 Uhr

Du vergleichst einen dreijährigen, der im Trotzanfall um sich schlägt, mit einem Erwachsenen, der zuschlägt?
Interessant.

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Re: Wie auf aggressives Verhalten reagieren?

Antwort von LuckyLuke81 am 24.04.2013, 15:18 Uhr

Vielen Dank für eure Antworten!

Witzig, von zu laisser-faire bis zu streng ist alles dabei ;-)

@Tine1 und Zafon: Ich erkenne, ihr lest bei Dr. Posth mit? Ich bin auch ein Anhänger der Posthschen "Erziehungsmethode". Daher haben wir die Induktion der Empathie durch übertriebenes Weinen etc. wegen Schmerzen schon "durch", früher hat es auch durchaus funktioniert. Tut es aber nicht mehr. Im Gegenteil, es verführt ihn dazu, noch mehr und mehr draufzuhauen. Das macht er seit letztem Jahr, nach mißlungenem ersten KiTa-Versuch, Umzug und meiner Wiederaufnahme des Studiums. Gleichzeitig wurde er damals Zeuge, wie mein Bruder und Cousin sich aus Spaß boxten.
Da konnten wir gegensteuern: Er wurde aus der KiTa rausgenommen, meinen Verwandten jegliche Gewalt aus Spaß untersagt und wir haben ihn wieder in unser Schlafzimmer eingeladen. Es war alles gut, kaum Aggressivität.
Ich denke, er ist mit der Gesamtheit der Anforderungen überfordert: Kindergarten, die lange Krankheit und der Tod des geliebten Ur-Opas... In dessen Haus wurde und wird er nämlich 3x die Woche betreut von meiner Schwiegermutter. Deshalb habe ich auch Verständnis. Aber eben keine passende Reaktion.
Das was Zafon schrieb, finde ich sehr interessant: reagieren, wie ich möchte, dass er auf Gewalt reagiert. Das versuche ich auch: mal gehe ich einfach weg (kommt mir weinend nach) oder halte seine Hand fest und sage, das möchte ich nicht, lass es. Hilft für den Moment, aber im nächsten "Wutanfall" passiert es wieder. Wir reden hier übrigens nicht von Dauerschlagen, sondern es passiert alle 2-3 Tage mal, im Moment leider fast täglich.
Zähneputzen: Haben wir alles durch. Fantasievolle Geschichten über Karies, was die Zähne kaputtmacht haben wir rausgeputzt, weggespült, etc. Dann gab es eine Phase mit Ängsten und ich wollte ihm nicht noch mehr Angst vor kleinen Monstern machen. Und es hilft eben zu sagen, wenn du nicht Zähneputzen willst, gibt es keine Süßigkeiten morgen. Als ich das sagte, kam er nach 2 Minuten mit seiner Zahnbürste an und wollte das "Karies rausmachen".
Darum geht es auch nicht. Diese kleinen alltäglichen Situationen haben wir gut im Griff. Konsequent (im positiven und negativen Sinn) und durchschaubar sein hilft bei ihm mehr, als das Posthsche "überreden und erzählen". Ich halte Versprechen ein und es gibt Regeln: z.B. vor dem Staubsaugen wird der Boden aufgeräumt, was noch da liegt, hat Pech gehabt. Daran halten wir uns ALLE. Das sehe ich nicht unbedingt als Strafe.

@ alle anderen: Unser Erziehungsstil an sich ist gut. Das vorläufige Ergebnis gibt uns Recht: ich höre überall, was für ein tolles Kind ich habe. Sozial, hilfsbereit, ruhig, konzentriert am Spielen, freundlich und ja, kompromissbereit. Er ist eben KEIN kleiner Haudegen, der sich nicht zu benehmen weiß, ganz im Gegenteil. Sicher kein Engel, aber er "sticht hervor". Nur Zuhause, wenn er wütend ist, ist eben das Problem, dass er zuhaut.
Und ich ermuntere ihn bestimmt nicht dazu, seine Sachen gegen die Wand zu werfen, sondern reagiere einfach nicht drauf, solange es sich um seine Sachen handelt. Mit unseren Sachen wirft er nicht.
Und ich bin durchaus der Meinung, dass man mit 3 schon zuhause ein wenig mithelfen kann, besonders, da es um seine Sachen und sein Zimmer geht. Es muss nicht immer perfekt aufgeräumt sein, aber ich möchte dort abends durchlaufen können, ohne ständig zu stolpern.
So, unsere Reaktionsweisen wurden (zurecht?) kritisiert, aber wie würdet ihr reagieren??? Ohne es hochzupushen und ohne es untergehen zu lassen? Weitermachen mit "Lass das, ich möchte das nicht" und die Situation verlassen? Geht schlecht, wenn er ohne Windel auf dem Wickeltisch liegt...

Ich bin sehr offen für alle Vorschläge. Das mit dem Einfordern einer Entschuldigung finde ich auch nicht hochoptimal (und es ist mir auch zuwider) und schon gar nicht, wie der gestrige Abend lief. Wie gesagt, normalerweise werden solche Situationen entschärft, durch Ablenken oder Ähnliches. Meist ist er auch daran interessiert, den Frieden wiederherzustellen, aber manchmal verrennt er sich total.
Irgendwie haben wir immer bislang einen Weg gefunden, aber so langsam geht uns bei diesem Thema die Geduld aus und es ist ehrlich gesagt auch ein wenig verletzend, auch wenn ich weiß, dass er es nicht böse meint und wir nur als Ventil da sind... Er ist ansonsten ein sehr liebes Kind, was gern kuschelt und viel Liebe zeigt.

Viele Grüße!
Anna

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Re: @ Musikerin

Antwort von Zafon am 24.04.2013, 15:25 Uhr

"Mein Sohn, gerade 3 Jahre alt, seit Februar in der KiTa ..."

Dreijährige verstehen warum sie aufräumen sollen ... Ja, sie merken, dass Mama das will, aber nicht WARUM Mama das will!!!
Ich glaub, Du hast das Post verwechselt!

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@Maxwell

Antwort von LuckyLuke81 am 24.04.2013, 15:36 Uhr

Danke für deine Antwort! Es ist eben nicht so sehr Trotz, wie "Dampf ablassen" nur eben an der falschen Stelle. Er weiß genau, dass es wehtut. Geredet habe ich mit ihm mit genau deinen Worten, man hat richtig gesehen, wie ihn der Gedanke, "Mama oder Papa hauen mich", nachdenklich gemacht hat. Was ihn nicht daran hinderte, ein paar Tage später Papa im Bett zu hauen, weil der nicht sofort aufstehen wollte...
Er muss natürlich nicht alleine aufräumen, nur helfen, auch wenn er es kann. Wir wollten einmal die Eisenbahn aufbauen, ich sagte "fang schon mal an Platz zu machen", und als ich nach zwei Minuten helfen wollte, war alles perfekt verstaut ;-)
Und er weiß, dass Zähne nicht putzen dieselben kaputt macht. Deshalb ist es für mich wirklich logisch, dass man nichts Süßes essen darf, wenn man die nicht putzt. Das würde ich auch glatt durchziehen.

Viele Grüße!

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Überlege mal:

Antwort von maxwell am 24.04.2013, 16:00 Uhr

Er ist noch nicht lange in der KiTa, wahnsinnig gut gefällt es ihm anscheinend nicht.
Er muß dort die ganze Zeit hören, ruhig sein, die vielen Kinder verarbeiten... Mein Kleiner hatte damals auch aggressive Aussetzer, die daher kamen, daß er etwas rauslassen mußte. Und wo tut ein Kind das? Bei denen, wo es sich geliebt und geborgen fühlt.
Immer wieder wiederholen, daß er Euch wehtut. Auch in ruhiger Minute sagen, daß er gerne auf etwas anderes einschlagen darf. Aber eben nicht auf Euch. Irgendwann sickert das ein - steter Tropfen...
Es kann sein, daß in der KiTa manche Kinder patschen oder hauen, und er sich das abschaut.
Auch wenn ein Kind sich noch nicht so artikulieren kann, kommt es vor, daß es eben "körperlich" reagiert.

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schade maxwell, wenn man Ableitungen und Beispiele nicht versteht

Antwort von Holzkohle am 24.04.2013, 16:25 Uhr

...

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Re: @ Zafon

Antwort von Musikerin am 24.04.2013, 17:19 Uhr

sorry, du hast Recht. Ich dachte, er wäre 8....

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Re: schade maxwell, wenn man Ableitungen und Beispiele nicht versteht

Antwort von maxwell am 24.04.2013, 17:51 Uhr

Deine Ableitung ist falsch, und vergleicht äpfel mit Birnen.

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@Zafon wg. Zähneputzen/Süßes

Antwort von rabarbera am 24.04.2013, 19:07 Uhr

Ich will ja nichts sagen, aber... bei meinem 3,5jährigen nützt es durchaus etwas, ihm anzukündigen, dass es am nächsten Tag nichts Süßes gibt, wenn er nicht die Zähne putzen möchte!
Er kann damit sehr wohl etwas anfangen und lässt sich dann ohne Protest die Zähne putzen, da es ihm sehr wichtig ist, Süßes essen zu dürfen ;-) - hat bis jetzt noch immer funktioniert! Für uns ist diese Konsequenz also nicht sinnfrei, sondern durchaus logisch...
Verstehe irgendwie nicht, wie du darauf kommst, dass 3jährige noch keinen Zusammenhang zwischen Süßigkeiten und Zähneputzen sehen - wenn man ihnen erklärt, dass Süßes/Zucker schlecht für die Zähne ist und Löcher/Zahnschmerzen macht, besonders, wenn man hinterher nicht ordentlich putzt, dann verstehen die das doch??! Auch 3jährige sind nicht doof! Oder ist ausgerechnet mein 3jähriger besonders intelligent und verständig??
LG

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Re: Wie auf aggressives Verhalten reagieren?

Antwort von Tine1 am 24.04.2013, 21:50 Uhr

Hallo nochmal,

ich hatte es zuerst so verstanden, dass ihr generell ein Problem habt mit dem Regeln einhalten, Beispiel Zähne putzen und Zimmer aufräumen und dass daraus die Situationen folgen, in denen er aggressiv wird. Daher die Idee, die Situationen so zu handhaben, dass er sie irgendwie positiv abschließt. Erhöht Selbstbewusstsein - verringert "Trotz" und oppositionelles Verhalten. Aber das muss ich ja nicht schreiben, wenn du ein Anhänger von Herrn Posths Erziehungsmethoden bist. :-)

Aber wie ich dich nun verstehe, hat das eine nicht direkt etwas mit dem anderen zu tun? In welchen Situationen haut er euch denn? Gibt es da keinen Konflikt vorher?

Auf jeden Fall kennst du ja die Gründe für sein Verhalten. Und wenn diese nur vorübergehend und nicht dauerhaft bestehen bzw. bestanden, wird es wohl nicht lange dauern, bis er zu seinem "alten Verhalten" zurückfindet. Aber dass sich seine aggressive Reaktion bei eurer Induktion verstärkt, dazu würde ich gerne mal eine Antwort von Dr. Posth lesen. Vielleicht magst du ihm die Frage ja mal stellen? Ich würde auf jeden Fall weiter signalisieren, dass er euch dadurch Schmerzen zufügt. Vielleicht in der Art etwas variieren...? Und solche Konsequenzen wie kein Frühstück machen oder sowas würde ich trotzdem weglassen. Ich hab die Erfahrung gemacht, dass sich damit Konflikte eher noch verhärten. Dafür würde ich auch kein "wieder vertragen" anbieten wenn ich die "Geschlagene" wäre. Da würde ich auf seinen ersten Schritt warten. Das muss ja kein formuliertes wir-vertragen-uns-wieder oder eine Entschuldigung sein. Wenn er dich darum bittet, mit ihm zu spielen oder so, würde ich darauf natürlich auch eingehen.

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@ Tine1

Antwort von LuckyLuke81 am 24.04.2013, 23:42 Uhr

Danke für deine konstruktiven Worte, das hilft wirklich weiter.
Ich habe es in der Tat etwas mißverständlich ausgedrückt. Früher waren eben diese Maßnahmen der Konsequenz nicht nötig, ich bin sonst immer mit Erklären und Überreden weitergekommen. Dr Posth hat bislang immer funktioniert. Aber in dieser Phase eben nicht mehr. Und da versuchen wir nun klare Linien reinzubekommen, damit er weiß, was bei "Regelbruch" passiert. Es funktioniert ganz gut, außer beim Schlagen. Man merkt eben, dass manche unserer Maßnahmen nicht ok sind, aber man ist echt hilflos dabei. Wenn man das Kind komplett gewaltfrei erzieht, selbst Pazifist durch und durch ist, dann ist sowas echt nicht schön.
Die Situationen sind einfach, wenn er sauer wird. Sei es, weil etwas nicht klappt, oder, weil wir nicht tun, was er möchte. Dann sieht man, dass er uns "testen" bzw. ärgern möchte, dann ist es relativ kaltblütig. Als ob er uns bestrafen wollte. Aber ich weiß nicht so recht, wofür. Vielleicht, dass er in die KiTa muss, vielleicht, weil wir Schwäche gezeigt haben, als wir getrauert haben. Und seine Reizschwelle ist eben recht niedrig im Moment. Hinzu kommt, dass er im Kindergarten einen ziemlich wilden Freund hat und er lässt sich gern von sowas anstecken.
Heute war übrigens ein Tag ohne Hauen ;-)
Wenn ich Dr. Posth anschreibe, habe ich das "Problem der 1000 Zeichen". Wenn ich das alles nicht sinnvoll genug kürze, drückt er mir gleich eine Beziehungsstörung oder Loslösungsprobleme auf. Und das ist es eben nicht, weil ich die Bindung und Loslösung an sich als gut einschätze und ich habe diese Komponenten ausführlich reflektiert... Aber ich kanns ja mal versuchen.
Übrigens kann mein Sohn empathisch reagieren. Er tröstet Teddys und Püppchen, wenn sie "Aua" haben, er drückt die Oma, wenn sie sagt, ihr tut etwas weh, er hat uns auch früher getröstet, macht er manchmal immer noch. Er ist immer betroffen, wenn es jemandem schlecht geht. Und ich denke, wir verdanken dies der anfänglich geglückten Induktion und dem, was man "Hochsensibilität" nennt.
Ich hoffe, diese Phase geht bald vorbei.

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Re: Wie auf aggressives Verhalten reagieren?

Antwort von Zafon am 25.04.2013, 8:26 Uhr

ME hast Du den Schlüssel schon selbst gefunden – und deshalb würde ich in naher Zukunft durchaus sein Handeln reflektieren, aber keine Strafen oder zu strengen Konsequenzen anwenden und ihm Zeit geben, dass auch er sich wieder mit Eurer verstärkten Hilfe und Zuwendung stabilisieren kann.

Ein Trauerfall und die spürbare Trauer im engsten Kreis verunsichert so einen kleinen Kerl noch stärker, weil ihm die kognitive Verarbeitungsfähigkeit fehlt – das kann tatsächlich in Aggression münden, weil er in dem Alter die Geschehnisse nur allein aus seiner Perspektive sehen kann. Er kann also wütend sein, was ihm angetan wurde (ihm wurde der Opa – und damit verschiedene schöne Dinge/Ereignisse/Tage – genommen, die Oma spielt nicht mehr so schön mit ihm, der Papa schimpft mehr oder albert weniger mit ihm .... oder so ähnlich ....).

Ihr seid, falls es das ist, unmittelbar sein Ventil! Das läuft unbewusst, aber ihr solltet verstärkt da sein, um ihm Sicherheit/Orientierung zu geben. Wie verhält er sich denn z.Z. in der Kita?

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Re: @rabarbera

Antwort von Zafon am 25.04.2013, 8:40 Uhr

Ohje nein, kein Kind ist doof!!!!
Kinder in dem Alter verstehen die Konsequenz: keine Zähne putzen bedeutet keine Süßigkeit sofern es immer diese Konsequenz gibt und die Eltern am nächsten Tag bei der Frage nach Süßigkeiten erklären, warum es nichts Süßes gibt: Weil - deshalb
Da es aber keine natürliche bzw. logische Konsequenz ist (sie bekommen also nicht zeitlich unmittelbar die Folgen ihrer Handlung zu „spüren“)
verstehen sie eigentlich nicht den Zusammenhang und v.a. auch nicht den Sinn
(so wie z.B. vielen Rauchern auch die natürliche Konsequenz fehlt und sie deshalb nicht aufhören )

Ob Dein Großer den Zusammenhang zwischen nicht Zähneputzen – Süßigkeiten – Löcher in den Zähnen – Zahnschmerzen bzw. den Umkehrschluss wirklich schon versteht, kann ich nicht beurteilen, aber wenn es momentan so klappt ist es super.
Ich habe z.B. in dem Alter, wo ich dann schon allein putzen durfte/sollte angefangen meine Mama auszutricksen und erst als ich verstanden habe wozu Zähne geputzt werden sollen, war ich der Putzteufel schlechthin
VLG

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Rabarbera, ich finde auch...

Antwort von MM am 25.04.2013, 9:52 Uhr

... Kinder verstehen auch in jungem Alter schon eine Menge Sachen, oft werden sie unterschätzt. Spätestens ab 3 kann man ihnen doch (meiner Erfahrung nach) fast alles (kindgerecht natürlich) erklären und sie verstehen sehr viel! Und gerade das mit dem Zähneputzen ist wirklich logisch, das haben meine auch früh verstanden. Wobei es in dem Alter noch nicht viel Süsses gab, aber OK...

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@Zafon

Antwort von LuckyLuke81 am 25.04.2013, 11:12 Uhr

Danke Zafon, für deine ausführliche Antwort!

In der KiTa haben wir momentan das Problem, dass er sich mit der Trennung morgens schwer tut. Ich muss noch kurz mit dabei bleiben. Was ich gern tue, das Druchsetzen gegen die Erzieherinnen habe ich schon im Blut. Sonst ließ er sich immer von der Erzieherin in der Tür abholen und es war relativ problemlos. Vor zwei Tagen hat er sogar geweint, bin dann wieder hin und danach gings auch. Also immer widerwillig, aber er geht grundsätzlich widerwillig morgens raus. Allerdings freut er sich beim Abholen und erzählt, was er alles gemacht hat. Seit kurzem merke ich, dass er beginnt, sich seinen Platz zu suchen, hat einen Freund und spielt mit Kindern, sonst war er sehr auf die Erziehinnen fixiert. Die lassen ihn nun natürlich öfter mal "links liegen", weil sie denken, er ist ja schon super eingewöhnt und macht keine Probleme dort.
Der Zustand ist also auch verbesserungswürdig, aber ich kann auf das interne Verhalten der Erziehierinnen kaum Einfluss nehmen. Besonders, weil sie ihm den Einstieg wirklich erleichtert haben und sich gut kümmerten. Rausnehmen kann ich ihn auch nicht, es ist mein letztes Semester und ich bin mit Arbeit überhäuft. Ich habe es schon 2,5 Jahre aufgeschoben, damit er nicht in eine Krippe muss.
Ich denke, du hast Recht. Wir müssen einfach öfter mal ein Auge zudrücken und gleichzeitig vermitteln, das Schlagen absolut nicht geht. Es wird schwierig sein, diese Balance zu finden.

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Re: @Zafon

Antwort von Zafon am 25.04.2013, 12:45 Uhr

Schön, dass er einen Freund hat und mit den Kindern spielt auch wenn er in den Erzieherinnen (noch) nicht einen adäquaten Ersatz gefunden hat. Vielleicht könnt ihr das Ungleichgewicht am Nachmittag "aufholen".
Wie maxwell schon geschrieben hat: er hält sich in der Kita entsprechend zurück und das zeigt sich dann noch zusätzlich im vertrauten Rahmen.
Ich drück Euch die Daumen, dass auch Euer Kleiner seine Balance wieder findet!!!

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Re: @Zafon

Antwort von Tine1 am 25.04.2013, 20:50 Uhr

"Es wird schwierig sein, diese Balance zu finden."
Das schafft ihr ganz sicher!!!

Wenn es bei uns Tage gibt, an denen sich blöde Situationen gehäuft haben und ich bzw. mein Freund (und Kindsvater) das Gefühl hatten, wir haben nicht die richtige Reaktion gewählt, dann setzen wir uns am Abend nochmal zusammen und sprechen ganz ausführlich über die einzelnen Situationen, denken darüber nach, was schief gelaufen ist und überlegen uns Handlungsalternativen. Für DIE Situation ist es zwar zu spät, aber für die nächste oder übernächste ähnliche Situation hilft es doch. Es hilft auch uns, uns in Gesprächen immer wieder in Erinnerung zu rufen, wie wir eigentlich handeln WOLLEN und uns immer wieder zu überlegen, wie wir unsere (theoretischen) Werte und Ziele in die Praxis umsetzen wollen. Unsere Begriffe für uns immer wieder neu zu definieren. Um bei deinem Beispiel von oben zu bleiben (ist bei uns auch oft Thema): Was bedeutet "gewaltfreie Erziehung" für uns? Wo fängt Gewalt an? Wie kann man sie vermeiden? Wo ist sie unter Umständen doch notwendig (bei einer weiter gefassten Definition von Gewalt)? Usw.

Mir machen zum Einen die Gespräche immer Spaß, wenn sie offen und ehrlich sind, selbstkritisch und frei von Vorwürfen. Zum Anderen hilft es mir in der Praxis und wir kommen oft nach langer Ratlosigkeit und vielen ersponnenen Vorschlägen doch auf sehr gute Ideen, dritte Wegen die mit einem entweder-oder nichts mehr zu tun haben und auf die ich alleine garantiert nicht gekommen wäre.

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Danke!

Antwort von LuckyLuke81 am 26.04.2013, 16:04 Uhr

Danke für Eure lieben Worte. Das hilft, ein wenig Klarheit zu bekommen.
@ Tine: So ähnlich machen wir das auch. Aber meist rede ich und höre dann ein "Mhm, hast wohl Recht..." Mein Mann ist nicht so kreativ, was Lösungen angeht und öfter mal der Meinung, das wird schon :-)

Seit gestern kristallisiert sich nun heraus, worum es geht: klassische Dr. Posth-Regression. Mama soll ins Bett bringen, Trotzanfälle, die wir schon längst überwunden hatten (beim ersten war ich total verwundert), ich muss ihn wieder Treppen hoch tragen. Die erneute Trennungsangst, das Schlagen und vermehrter Widerstand waren wohl die ersten Anzeichen, nur ich habe es nicht so interpretiert
Ich bin ehrlich gesagt froh darüber, denn ich weiß, das es bald wieder vorbei ist. Bei der letzten Regression sind wir voll drauf eingegangen und nach ein paar Wochen war es ausgestanden und es folgte ein riesiger Entwicklungssprung.
Ich liebe Dr. Posth! Für alles gibt es eine Lösung!
Also, nix wie ran, ans Baby-Spielen!
Lieben Dank an Euch, die sich so viele Gedanken zu unserem Problem gemacht haben!!

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Ehrlich gesagt...

Antwort von MM am 26.04.2013, 20:59 Uhr

... klingt es für mich, als würdest du Dr.Posth vielleicht etwas zu unkritisch bewundern und seine Lehren evt. zu dogmatisch sehen. Nichts dagegen, er hat viele gute Ansätze, aber eine "Bibel" ist das nun auch nicht! ;-)
Und er hat auch schon in manchen Fällen Blödsinn verzapft bzw. ziemlich haarsträubende Ratschläge gegeben... Nix für ungut, fiel mir halt nur ein/auf.

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von LuckyLuke81 am 26.04.2013, 23:23 Uhr

Um Gottes Willen!
Das ganz sicher nicht. Vor allem passt definitiv nicht alles auf mein Kind. Aber ich filtere mir einfach nur das raus, was passt. Mir ist grundsätzlich alles suspekt, was auf alle Kinder passen soll und da finde ich Dr. Posths Lehren noch relativ "flexibel". Und sehr kindorientiert, es hilft einem sehr, manch eine Begebenheit bzw. Verhalten zu verstehen.
Wobei man teils wirklich den Eindruck bekommen könnte, jegliche "mißglückte" (pfui, kein schönes Wort) Entwicklung liegt ausschließlich an der Erziehung. Und es entsteht leicht der Eindruck des utopischen ewig geduldigen und nur liebevollen Mutterideals. Was meiner Meinung nach an der Realität vorbeigeht, wenngleich es nicht schlecht ist, sich diesen Idealtypus vor die Augen zu halten, wenn einem gerade der Kragen am platzen ist ;-)

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von Tine1 am 27.04.2013, 9:40 Uhr

"Und es entsteht leicht der Eindruck des utopischen ewig geduldigen und nur liebevollen Mutterideals."

Echt? Ich hab manchmal eher das gegenteilige Gefühl. Dass er sehr häufig betont, wie viel an Missgeschicken in der Erziehung ein Kind verkraften kann und dass er doch an vielen Stellen dann noch eine relativ (!!!) autoritäre Erziehungsmethode propagiert. Gerade so zu Beginn der Kleinkindphase.

Und in Theorien geht es doch eigentlich immer um einen "Idealtypus", dem man sich den eigenen Möglichkeiten entsprechend annähern, den man aber nie wirklich erreichen kann. Aber auch hier gilt doch: "Seien wir realistisch. Versuchen wir das Unmögliche" (Che)

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Re: schade maxwell, wenn man Ableitungen und Beispiele nicht versteht

Antwort von desire am 27.04.2013, 12:55 Uhr

ich finde holzkohles beitrag gut.

Demokratie funktioniert in meinen Augen nur mit gleichrangigen Partnern.
Aber Kinder sind keine gleichranigigen PARTNER sondernn müssen sich im Leben erstmal zurechtfinden, erst lernen was Respekt und Höflichkeit bedeutet....von alleine lernen sie das nicht...

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von LuckyLuke81 am 27.04.2013, 14:42 Uhr

Ich finde schon, dass einige seiner Ansichten etwas suggerieren, von dem man den Eindruck bekommt, es übersteigt "durchschnittliche" menschliche Möglichkeiten. Wie z.B. möglichst Zähne zusammenbeißen und zusammenbleiben trotz mangelnder gegenseitiger Liebe bzw. partnerschaftlicher Probleme, wenn Kinder vorhanden sind. Es betrifft nicht mich, aber ich würde ein schlechtes Gewissen -das sowieso vorhandene übersteigend- bekommen, wäre ich in der Situation. Weil es eben so subjektiv ist, wo die eigenen persönlichen Grenzen sind.
Zu sehr werden die Eltern außer Acht gelassen und eine Familie ist nun mal eine soziale Gemeinschaft, in der es um das Wohl aller gehen muss.
Ich weiß auch, dass er dieses Problem dadurch relativiert, dass er schreibt, dass er immer vom Standpunkt des Kindes ausgeht. Nur kann ein Erwachsener diesen unmöglich einnehmen (oder?).
Ebenfalls jagen mir seine Ansichten zur zweisprachigen Erziehung einen kalten Schauer über den Rücken. Uralt-bayrische (hoffe, es fühlt sich niemand angegriffen) Ausländerpädagogik, brrr.
Aber er hilft sehr, die Psyche des Kindes und seine Entwicklung zu verstehen. Wobei mein Kind ein wenig von dem Kind, was er beschreibt, abweicht und ich hatte so meine Probleme, zu akzeptieren, dass nicht meine Erziehung "schuld" an dieser Abweichung ist, sondern sein eigenes Wesen.
Wo findest du Posth denn autoritär? Meinst du die "Auszeit" oder ähnliches?

Hach, ich könnte stundenlang über Erziehung und Entwicklung debattieren...

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von Tine1 am 27.04.2013, 17:15 Uhr

Hihi, ich auch.

Ja, das mit dem zusammenbleiben unter (fast) allen Umständen finde ich auch total unmöglich. Und das, obwohl ich selbst ein Trennungskind bin. Ich denke auch, dass eine Trennung für ein Kind durchaus zumutbar ist, WENN man es für das Kind so wenig belastend wie möglich gestaltet. Auf jeden Fall sicher eher, als ewigen Streit oder gar Gewalt mitanzuhören bzw. mitanzusehen oder zu erleben.

Was er zum zweisprachigen Aufwachsen sagt, weiß ich leider garnicht. Aber uralt-bayrische Ausländerpolitik hört sich nun nicht gut an und ich kann es mir so ungefähr vorstellen.

Mit autoritär meine ich z. B. die Auszeit, aber auch das gewöhnen um jeden Preis ans eigene Bett/Zimmer/alleine einschlafen, wobei auch starker Protest seiner Meinung nach in Kauf genommen werden muss. Diese starke Orientierung an gewisse Zeitfenster, von außen zu "bestimmen", wann ein Kind in der Lage ist bzw. sein muss, alleine einzuschlafen oder andere Sachen zu tun.

Auch bin bzw. war ich LZS-Mami, was er ja auch blöd findet wegen Rückbindung und so. Brsutentwöhnung gegen den Willen des Kindes um der Erziehung willen, also nicht weil die Mutter es nicht mehr will, finde ich auch autoritär. Wobei er an anderen Stellen ja sinngemäß schreibt, eine Rückbindung findet dann statt, wenn vonseiten der Mutter aus egoistischen Gründen zu viel Nähe gegeben wird. Also praktisch damit die Mutter ihr eigenes Nähebedürfnis stillt. Eine Rückbindung die vom Kind aus geht, gäbe es nicht. Das widerspricht sich in meinen Augen. Wenn eine Rückbindung nie vom Kind ausgeht, warum dann nicht in aller Ruhe selbst irgendwann abstillen lassen, wenn es dazu bereit ist? Kommt wieder das Zeitfenster, zu dem es dazu bereit sein muss.

Toll finde ich seinen Ansatz, Konflikte im "Trotzalter" weitgehend zu vermeiden und auch seine praktischen Ideen hierzu. Wir haben das noch um einiges ergänzt, aber das schadet ja nichts. Furchtbar hingegen die Ratschläge was zu tun sei, wenn sich der "Trotzanfall" nicht vermeiden lässt. Warum ich dann zusätzlich zum Trotz, der ja entsteht weil sie irgendetwas nicht darf oder nicht bekommt oder nicht kann, was ja schon, noch mit dem Kind schimpfen oder es gar von der sozialen Gruppe trennen soll, leuchtet mir nun wirklich überhaupt nicht ein und soweit ich weiß, begründet er es auch nirgends. Oder ich habe nicht aufmerksam gelesen. Haben wir auf jeden Fall nie gemacht.

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von Tine1 am 27.04.2013, 17:23 Uhr

Wobei bei aller Kritik ja vieles sehr fortschrittlich ist. Das Gewöhnen ans eigene Zimmer zumindest erst im 2. Lebensjahr, Protest ja- aber lautes schreien-nein. Der Umgang mit dem Säugling und das wecken von Verständnis für die Bedürfnisse und Gefühle von Säuglingen. Das Vermeiden bzw. Auflösen von Polarisierungen (Interessen Kind - Interessen Eltern). Und wahrscheinlich noch vieles andere, was mir im Moment nicht einfällt.

Ich finde seine Arbeit im großen und ganzen schon ziemlich gut. Würde mich aber nie dogmatisch an seine Theorien und Ratschläge halten, denn vieles passt zu uns nicht und vieles finde ich auch so nicht so ganz gut.

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von LuckyLuke81 am 28.04.2013, 0:04 Uhr

"...aber auch das gewöhnen um jeden Preis ans eigene Bett/Zimmer/alleine einschlafen, wobei auch starker Protest seiner Meinung nach in Kauf genommen werden muss."
Ja ehrlich, schreibt er das? Das habe ich wiederum nicht so interpretiert, bzw. hätte ich jetzt gesagt, schon, aber nicht um jeden Preis, gerade nicht das alleine einschlafen. Jedenfalls wird unser Sohn immer beim Einschlafen begleitet und wir werden es sicher nicht von uns aus beenden, weil auch wir es schön finden. Diese Altersgrenzen sind mir auch ein Graus, wobei z.B. ohne Körperkontakt einschlafen bei uns tatsächlich mit etwa 15 Monaten hingekommen ist. Aber nur Rufkontakt? Oder gar alleine? Wahrscheinlich würde es mit überreden und sagen, man müsse noch aufräumen o.Ä. klappen, aber nur ungern akzeptiert. Ob das zur Selbständigkeit führt...? Ich weiß nicht. Oder sind wir da schon beim Thema Rückbindung, wie beim Langzeitstillen? Da finde ich seine Meinung auch recht inkonsequent. LZS ja, aber zu lange ist dann doch suspekt. Ich finde, solange ein älteres Kind es irgendwie schafft, sich auch ohne Mamas Brust (z.B. vom Papa) in Krisensituationen zu beruhigen bzw. beruhigen zu lassen und nicht unbedingt darauf angewiesen ist UND die Mutter es gern tut, steht das Stillen in keinster Weise einer Selbständigkeitsentwicklung im Wege. Es ist, denke ich, einfach mit Kuscheln gleichzusetzen. Besser als Kuhmilch ist es allemal, um mal den Ernährungsaspekt zu betrachten. (Ich habe leider nach vier Monaten abgestillt, daher kann ich es schlecht einschätzen. Wie soll das ein Mann denn dann ;-) )
Die Auszeit, da gebe ich dir recht, ist doch ohne übermäßige Autorität (ein um sich schlagendes Kind wegtragen finde ich auch in gewisser Weise autoritär) nicht zu erreichen! Jedenfalls nicht bei uns. Und der Sinn für das Kind erschließt sich mir auch nicht.
Beim Trotzanfall in der Öffentlichkeit soll eine soziale Trennung allerdings
zum Schutz des Kindes vor den Augen Fremder erfolgen. Also, raustragen, austoben lassen, danach weiter einkaufen. Aber das Schimpfen verstehe ich auch nicht, mitten im Wutanfall, der ja durchaus auch Ohnmacht und Verzweiflung ausdrückt. Als Maßnahme zur Vermeidung, also schimpfen, wenn das Kind nach dem Ermahnen etwas tut, was es nicht soll, ist es für mich ebenso legitim, wie meist wirkungslos ;-) Oder bin ich nicht laut genug?
Zur zweisprachigen Erziehung sagt er, man solle es besser lassen, außer das Kind ist außergewöhnlich sprachbegabt. Es solle ansonsten auch daheim die Umgebungssprache sprechen, selbst wenn die Eltern diese nur unvollständig beherrschen. Etwaige Aussprach- und Grammatikfehler wüchsen sich dann aus (tun sie auch gern mal nicht, habe ich schon erlebt). Schlimm, wenn man bedenkt, dass die Muttersprache einen beachtlichen Teil der Identität ausmacht, welchen die Eltern mal eben aufgeben sollen, abgesehen von der absolut künstlichen Interaktion in einer Situation, die authentisch und vom Herzen sein sollte. Ich stelle mit vor, ich müsste zu meinem Kind "Je t`aime, mon amour" sagen. Das drückt nicht das aus, was ich fühle, weil ich auch die Sprache fühle. Ich hoffe, du verstehst, was ich meine...

Aber trotzdem, Posth ist toll und nobody´s perfect. Und auch ich finde, sehr fortschrittlich in vielerlei Hinsicht. Leider habe ich das Forum erst entdeckt, als mein Sohn etwa ein halbes Jahr alt war. Davor habe ich die falschen Rat-geber gehabt. Dennoch habe ich meist auf mein Gefühl gehört und Posth bestärkte mich darin, es auch gegen die landläufige Meinung weiter zu tun und gab mir Argumente in die Hand. Gäbe es ihn nicht, wäre ich z.B. nicht als einzige Mutter 4 Wochen im Kindergarten geblieben und hätte die Warnsignale beim ersten Eingewöhnungsversuch überhört. Und wäre bei Regressionen nicht mitgegangen bzw. hätte sie nicht als solche gesehen.

Als dogmatisch würde ich ihn vielleicht nicht unbedingt bezeichnen. Er steht hinter dem, was er tut und das "alle über einen Kamm scheren" ist ein grundsätzliches Problem der Erziehungsberater bzw. Ratgeber. Leider gipfelt es manchmal in Anleitungen, wie man sein Kind am effizientesten ruhig bekommt. Toll ist an Posth, dass seine Ratschläge auf einen "langfristigen" Erfolg angelegt sind, also ein soziales, selbständiges, glückliches und autonomes Wesen im Hier und Jetzt UND in der Zukunft im Blick haben.

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Re: schade maxwell, wenn man Ableitungen und Beispiele nicht versteht

Antwort von LuckyLuke81 am 28.04.2013, 0:21 Uhr

Was sind denn für dich gleichrangige Partner? Ist der Obdachlose, der mit seiner Dose um Geld für sein nächstes Bier bettelt, ein gleichrangiger Partner?
Oder ist ein Patient einer psychiatrischen Klinik ein gleichrangiger Partner? Warum dann nicht ein Kind? Bzw. mit welchem Alter wird es zum gleichrangigen Partner?
Demokratische Erziehung bedeutet nicht, das Kind auf Gedeih und Verderb in sein Schicksal zu entlassen. Es bedeutet, ihn am sozialen Miteinander in der Familie gleichberechtigt, jedoch auch seine Möglichkeiten berücksichtigend, teilhaben zu lassen. Das ist die beste Vorbereitung für ein Leben in einer Demokratie, da wird schon mal geübt ;-)
Natürlich lernen Kinder Respekt und Höflichkeit, sobald man ihnen dieselben entgegenbringt. Ohne das ich ihm etwas einimpfen musste, ahmte er mich und meinen Mann nach und sagt seit er 1,5 Jahre ist immer "Danke schön" und "Bitte schön, Mama". Zum Thema Respekt: Mein Kind empfand irgendetwas bei uns ihm gegenüber respektlos. Er kann es so noch nicht formulieren, daher haut er uns, um uns das klarzumachen und damit wir es nicht mehr tun.
Extrem autoritäre Erziehung hatte leider Mißerfolge zu verzeichnen, die viele Millionen von Menschen das Leben gekostet haben...

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Re: schade maxwell, wenn man Ableitungen und Beispiele nicht versteht

Antwort von desire am 28.04.2013, 8:56 Uhr

mein Kind ist mein Kind...kein Partner....ein Kind bleibt ein Kind...es ist KEIN kleiner Erwachsener.

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OK, vielleicht kam es nur ein bisschen so rüber...

Antwort von MM am 28.04.2013, 10:26 Uhr

... und du siehst das ja anscheinend wirklich differenzierter und nimmst dir das raus, was dir passt.

Übrigens finde ich gerade das Gewöhnen ans eigene Bett/Zimmer, was hier jemand anführt, gar nicht so falsch. Ich meinte eher andere Sachen, die daneben waren...

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von Zafon am 28.04.2013, 14:15 Uhr

Ich gesell mich mal dazu
Beim Lesen Euer Post fiel mir ein: lass drei Leute ein Buch lesen und sie interpretieren es auf vier verschiedene Arten

Erst einmal bin ich froh, dass er alle bisherigen Erkenntnisse aus der Entwicklungspsychologie zu einem sinnvollen Ganzen zusammengefasst, auch gut aufgeräumt und zusätzlich seine Beobachtungen, Erfahrungen, Schlüsse miteingeflochten hat.
Wenn es nach mir ginge, sollte v.a. sein zuletzt geschriebenes Buch Bestandteil der Literatur für medizinische und pädagogische Berufe sein. So würden einige grundlegende Sachverhalte leichter an die breite Öffentlichkeit kommen und evtl. allmählich eine Menge angestaubter Meinungen relativiert werden. Das dient nicht nur unseren Kindern kurzfristig sondern bringt mE noch eine positive Langzeitveränderung in der Gesellschaft mit sich.

Scheidung/Trennung: so wie ich es verstanden habe sieht er das Dreigestirn als Idealfall für das psychische Wohlergehen des Kindes.
Sofern jedoch eine Trennung unumgänglich ist (zum Wohle der Erwachsenen und letztlich dem Familienfrieden) empfiehlt er ein möglichst freundschaftliches Verhältnis (ohne Streit, Auseinandersetzungen vor dem Kind, kein Schlechtmachen des jeweils anderen vor dem Kind etc.) und für das Kind einen regelmäßigen Kontakt zum ausgezogenem Elternteil.
Wenn man bedenkt, dass evolutionsbedingt ein Kind in eine Gemeinschaft gehört (erst war es der Stamm, dann die Großfamilie und nun ist es der kleine Familienrahmen) ist seine (Wunsch)Vorstellung einfach nur eine logische Konsequenz.
Wenn der Kontakt zum Kindsvater dennoch nicht aufrechterhalten werden kann empfiehlt er engen Kontakt zu einem Alternativablösungsvorbild z.B. Großvater, Onkel.
Entwicklungspsychologen gehen immer vom Idealfall aus – dabei denken sie oft genug sehr eng und mE unrealistisch (v.a. die „Alten“ aus dem 19Jh.) Posth geht für meine Begriffe mit der Zeit: Das Ideal auf der einen Seite – Alternativen auf der anderen.

Ausländerpädagogik? Da stehe ich auf dem Schlauch …. Das habe ich gar nicht registriert …. ???

Mehrsprachlichkeit: Da ist sich die Fachwelt inzwischen einig und ich dachte, dass würde auch Dr. Posth vermitteln...
Zweisprachig erziehen ist für Kinder von großem Vorteil sofern es zwei Muttersprachler sind (da nehme ich mal den perfekt englisch sprechenden Papa mit rein, der während seiner Arbeit auch nur englisch kommuniziert)
und jeder Elternteil mit dem Kind in „seiner“ Sprache redet. Nicht wirklich zielführend sind so Baby-Kleinkindkurse, weil die Kinder ein paar Wörter zwar lernen, sie aber nicht verbinden.

Sagt Dr. Posth, dass Fremdsprachler in Deutschland mit ihren Kindern ausschließlich deutsch sprechen sollen????
Sicher ist das Erlernen einer Sprache ab 4 Jahren schwerer. Beispielsweise wenn die Kinder nur arabisch sprechen, dann mit 4 Jahren in den Kindergarten kommen und innerhalb von 2 Jahre Deutsch lernen sollen, damit sie in die Schule kommen können. Auch ist das verspätete Sprechen einer neuen Sprache ein Hemmnis für das Erlernen der Schriftsprache. Integration wird den Kindern damit schwerer gemacht. Nur in dem Zusammenhang könnte ich mir da eine Einschränkung vorstellen...
Da gibt es auch Möglichkeiten: der Elternteil, der ein bisschen deutsch kann, spricht mit dem Kind vermehrt deutsch (aber nicht ausschließlich) und man geht mit dem Kind regelmäßig in Krabbel-, Turngruppen, Spielplatz etc.

Was das LZS betrifft sehe ich es auch wie Lucky Luck – Stillen sollte nach dem 1.LJ nicht andere Trostvarianten ersetzen, sondern vorrangig Ernährung und Einschlafhilfe sein. Aber wenn es meiner Tochter richtig schlecht geht (Infekt, Zahnen) dann hilft nur die Brust und da bin ich jedes Mal froh, dass ich noch stille.
Körperkontakt beim Einschlafen sollte Kind mE auch entscheiden dürfen – das ist ja auch individuell so unterschiedlich … und irgendwann möchte Kind sowieso auch in dem Bereich Selbstständigkeit erlangen ....

Meint er evtl. das Wegtragen, um z.B. das Kind vor Verletzungen zu schützen?
Das räumliche Trennen bei Konfliktsituation wird von ihm als harte Maßnahme bezeichnet und sollte lt. seiner Aussage nur im äußersten Notfall eingesetzt werden. Dabei weist er auch noch mal darauf hin, dass die Tür/Raum niemals verschlossen sein darf, denn das ist Teil der schwarzen Pädagogik, wie z.B. Stille Treppe und das lehnt er entschieden ab. Die Rückkehr muss immer möglich sein, v.a. aber das Verzeihen und die Trostfindung.
Das Schimpfen meint er mE nicht im ursprünglichen Sinne des Schimpfens sondern der Lautierung um damit die Aufmerksamkeit des Kindes auf die Mutter zu lenken (und damit weg vom Anfall) – das setzt natürlich voraus, dass sonst so gut wie nicht geschimpft wird, denn so verliert sich der Sinn des Schimpfens und es muss laut/intensiv genug sein
(wenn ich zum Beispiel vor Schreck „Nein!“ rufe, reagiert meine Tochter sofort, hält inne und schaut mich an – so kann ich sie bewahren und z.B. schnell auf meinen Arm nehmen bevor etwas passiert – ich weiß aber auch nicht, ob es in einem Jahr immer noch funktioniert

Ich denke auch, dass die Posth-Ausarbeitungen eine Bereicherung für jede Familie sein dürfte und wenn alle Mütter nur seinen Kurztext lesen würden, entstünden nicht so viele Probleme und auch nicht so viele Fragen hier im Forum. Vermutlich steht selbst der Papst nicht hinter allen geschriebenen Worten der Bibel und so zieht man sich auch aus Posth´s Texten das für sich Verwertbare heraus.

Wenn man ein paar grundlegende Dinge über die Welt von Säuglingen und Kindern weiß, entstehen weniger Konflikte; es ist evtl. vergleichbar mit den unterschiedlichen Betrachtungs- und Herangehensweisen von Mann und Frau. Wenn man ein wenig vom Planet Mars erfährt, kann man den Mann auch besser verstehen, Konflikte sind vermeidbar und das Miteinander angenehmer… und da geht es um Partner auf einer Augenhöhe.

Kinder sind über einen langen Zeitraum abhängig. Und trotzdem werden ihnen häufig genug Dinge unterstellt, die aber nur im Kopf eines Erwachsenen entstehen können.
Und dann werden Kinder erzogen, dominiert und man wundert sich, weshalb keine freien, selbstständig denkenden, kreativ und innovative junge Menschen daraus werden – weil ein bisschen Rederei anstrengender ist als dem Kind vorzugeben, was es zu tun und zu lassen hat.
Da ist mir dann doch der Grundgedanke des demokratischen Miteinanders näher auch wenn man nie dem utopischen ewig geduldigen und nur liebevollen Mutterideal entsprechen wird ;) Posth wird nicht müde zu schreiben, dass schon viel passieren muss, bis eine sichere Mutter-Kind-Bindung einen Knacks bekommt.

Ich finde seine Einstellung zum Zähneputzen mittelalterlich. Das Eintrittsalter in die Kita leider nicht zeitgemäß (zum Glück bietet er auch da die Alternative „Sanfte Eingewöhnung“). Ansonsten kann man alles von ihm Geschriebene gut verstehen und sich passend auf das Kind zurechtrücken.
Alles kann – nichts muss!

Sorry, dass ich soviel geschrieben habe - manchmal ist es vielleicht doch gut, wenn man auf 1000 Zeichen beschränkt wird

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Re: schade maxwell, wenn man Ableitungen und Beispiele nicht versteht

Antwort von maxwell am 28.04.2013, 18:40 Uhr

Und es ist immer noch ein Unterschied, ob ein Erwachsener einem anderen grinsend eine runterhaut, oder ob ein dreijähriger so seine Grenzen testet (was man durchaus dem Kind zugewandt bearbeiten kann).
Sobald die Handlungen von Kindern psychologisch mit den Handlungen Erwachsener "verglichen" werden, stellt man das Kind von der Kind- auf eine Erwachsenenposition.

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von Tine1 am 28.04.2013, 22:02 Uhr

Hallo Zafon,

schön, dass du sich dazugesellst. Lese deine Beiträge immer wieder gerne.

Erst einmal muss ich zugeben, dass ich nur "Vom Urvertrauen zum Selbstvertrauen" gelesen hab. Sein neues Buch liegt hier schon, aber noch ungelesen. Nur ins Vorwort hab ich mal reingeschaut, das fand ich toll wegen der dialektischen Sichtweise. Bin aber noch nicht weiter und hab noch ein anderes Buch fertig zu lesen. Vielleicht schreiben wir uns danach nochmal...


Das mit Trennung/Scheidung kommt vermutlich in den Büchern besser raus als in seinem Forum. Im Forum ist mir schon mehrmals aufgefallen, dass er selbst Frauen, die in der Beziehung über massive vom Partner ausgehende Gewalt gegen sie und zum Teil gegen das Kind schreiben, noch antwortet, das Beste sei es in jedem Fall fast immer für das Kind, wenn die Eltern zusammenbleiben. Wenn es nicht anders geht, seien die negativen Folgen für das Kind durch die von dir beschriebenen Umgangsweisen abzumildern. Hier bin ich vielleicht zu untolerant (?) was Gewalt betrifft. Aber ich sehe es gerade im Gegenteil so, dass man als Mutter seiner Verantwortung sich selbst aber auch dem Kind gegenüber in einer solchen Situation am besten nachkommt, indem man Gewalt nicht toleriert und sich umgehend trennt. Dass das in der Situation für die meisten Frauen nicht so einfach ist, ist wieder ein anderes Problem. Wir gehen ja vom "idealen Verhalten" in bestimmten Situationen aus. Zumindest mal würde ich mir hier wünschen, dass er darauf hinweist, wie nötig eine Paar- oder Familienberatung wäre, sollte der Wunsch bestehen, die Beziehung weiter aufrechtzuerhalten.

Auch finde ich die Ansichten über die ideale Familienkonstellation, die er beschreibt, etwas konservativ. Gerade WEIL das Kind evolutionsbedingt in eine Gemeinschaft gehört, die erst seit recht kurzer Zeit in Form der Kleinfamilie besteht, kann ich mir nicht vorstellen, dass andere Konstellationen dem Kind schade, solange es eine liebevolle und zugewandte primäre Bezugsperson gibt und eine oder mehrere Loslösungsvorbilder. Natürlich sollte es eine feste Gruppe sein oder ein fester Gruppenkern, und keine lose Gemeinschaft mit wechselnden Bezugspersonen. Aber ob das Vater und Mutter sind, ein homosexuelles Paar oder Eltern in einer Kommune mit mehreren Bezugspersonen... ich glaube, das ist für ein Kind nicht so wichtig. Meines Wissens nach gab es geschichtlich gesehen die überwiegende Zeit die Gruppenehe, in der nur die Mütter wirklich bekannt waren, und alle Männer der Gruppe dann die Väter waren. Dann die Blutverwandtschaftsgruppen, in denen die Kinder mit ihren Onkeln zusammengelebt haben, nicht aber mit den Vätern, und die Schwestern gemeinsame Mütter ihrer gemeinsamen Kinder waren. Das kann man sich natürlich heute nicht mehr vorstellen, aber vielleicht geht es da mehr um uns, als um die Kinder.

Mit dem Stillen denke ich, wie mit jedem Entwicklungsschritt, dass er idealerweise vom Kind ausgehen sollte. Bei uns traf es ohnehin zu, dass sie sich jenseits des 1. Lj anderweitig beruhigen ließ, bzw. die Brust zur Beruhigung bei Schmerz etc. garnicht mehr wollte (obwohl sie noch fast voll gestillt war). Bei anderen Kindern ist es jedoch anders und ich fände es falsch, das Trost spendende (in dem Fall die Brust) dem Kind vorzuenthalten, damit es lernt, sich anderweitig zu beruhigen. Das lernt es doch so oder so irgendwann.

Und das mit der sozialen Auszeit hab ich aus seinem Buch "Vom Urvertrauen zum Selbstvertrauen". Er schreibt es von 3 aufeinanderfolgenden Handlungen zur Intervention bei Trotz als 3. Zuerst kommt glaub ich der böse Blick, dann schimpfen, und wenn das alles nichts bringt, die Auszeit. Und ja, er schreibt wenn nichts anderes hilft. Aber für mich wäre das absolut überhaupt keine Handlungsmöglichkeit. Wenn wirklich nichts anders hilft, hilft das doch ganz sicher auch nicht (langfristig). Was ich verstehen würde, wäre als Mittel zur Gewaltprävention bei Eltern, die schnell "die Nerven verlieren". Aber eben gerade nicht als Handlungsempfehlung für den "Normal"- oder gar "Idealfall".

Und keine Sorge, ein gerufenes oder ernst gesprochenes "nein" wirkt bei meiner Tochter mit fast 4 immer noch super. So gut, dass ich selbst das so selten wie möglich einsetze. Wird bei dir sicher auch nicht anders sein, wenn du so weiter machst und deiner Tochter auch anderweitig nichts schlimmes widerfährt.

Eine Bereicherung sind seine Texte auf jeden Fall. Trotz meiner vielen Kritik finde ich das meiste ja auch total super. Den gesamten Umgang mit dem Säugling, den er propagiert und super begründet, finde ich ohne jede Kritik total super. Und auch die ganzen auf Deeskalation gerichteten Aspekte der Kleinkindpädagogik.

Und welche Einstellung hat er denn zum Zähne putzen? Ich dachte mal gelesen zu haben, mit Tricks, Geschichten, Liedern und sonstiger Unterhaltung klappt es fast immer. Das ist doch okay, oder? Oder hab ich das falsch in Erinnerung?

Bist du eigentlich im sozialen Bereich tätig, oder "nur" zum Spass und für dein eigenes Kind so informiert?

Lg
Tine

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von Zafon am 29.04.2013, 20:33 Uhr

Liebe Tine, das ist eine nette Begrüßung von Dir! So ein Austausch öffnet wieder ein paar Pforten, selbst wenn wir sicher nicht lang „diskutieren“ werden, weil unsere Ansichten sehr nah beieinander liegen

So regelmäßig lese ich nicht bei ihm
(fand aber bemerkenswert, dass letzte oder vorletzte Woche gleich drei geschrieben haben, dass ihm ein ziemlich fataler Lesefehler unterlaufen ist – Frau schaut ihm scheinbar ganz schön auf die Finger hoffentlich hat es auch die betreffende Mama gelesen)

…. kann es sein, dass er immer erst sozusagen die These aufstellt, wie es am besten wäre und dann erst auf das eigentlich geschilderte Problem individuell eingeht?
Da er selbst so strikt gegen Gewalt in jeglicher Form ist, verwundert mich Akzeptanz von partnerschaftlicher Gewalt …. komisch, aber Du hast es ja gelesen.
Ja klar, Beratungsstelle nennt er bei Problemen mit Säuglingen/Kindern, aber nicht für die Eltern selbst.

Er schreibt beispielweise, dass die Grundvoraussetzung um ein Kind großzuziehen Reife und psychische Stabilität ist. Ich sehe es genauso, aber die Realität sieht ja nun mal bunter aus und vielleicht will er bewusst nicht noch eine „zweite Baustelle“ hier im Forum eröffnen …. Hmm, war nur so ein Gedanke.
Ich finde das erste Jahr mit Kind ist ein besonders sensibler Zeitraum und es braucht schon eine recht stabile Beziehung, einen verständnisvollen Partner und eine belastbare Mutter, um da unbeschadet durchzukommen. Vielleicht meint er auch, dass manchmal zu schnell aufgegeben wird…. Aber richtig antworten kann nur er.

Ja, Du hast Recht. Ein Kind kann selbst ohne Kindsvater (mit einer anderen festen Bezugsperson) glücklich groß werden – jedenfalls glücklicher als z.B. mit trauriger, verängstigter, geschlagener Mutter und gewalttätigem Vater. Zumal es häufig später auch das Kind trifft.

Du machst mir Mut … ich bin jedenfalls auch schon gespannt wie die nächsten Jahre verlaufen, v.a. wenn dann, so wie bei Euch, noch ein Geschwisterchen dazu kommt

Oh, beim Zähneputzen hab ich mich nicht richtig ausgedrückt – spielerisch auf jeden Fall und das nicht nur beim Zähneputzen. Nein, in Bezug auf den Reinlichkeitsaspekt: er schreibt, man brauche erst mit Durchbruch der Backenzähne (also frühestens ab 11. LM) die Zähne zu putzen….
Selbst wenn man seinem Kind nicht speziell ins Zuckerland schickt, finde ich es schon viel eher notwendig. Und was ich immer noch nicht verstehe: Einschlafstillen bis zum 2.LJ, aber Einschlafen ohne Körperkontakt …

Berufsbedingt weiß ich ein bisschen was. Durch Zufall bin ich auf das Forum gestoßen und war/bin sehr froh, dass ich so noch über Dr. Posth "gestolpert" bin.
VLG + ganz bestimmt bis bald

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von Tine1 am 29.04.2013, 22:01 Uhr

http://www.rund-ums-baby.de/entwicklung/Trennen-oder-bleiben_50618.htm

Okay, ich hab ihm etwas unrecht getan. Trotzdem finde ich die Antwort immer noch sehr zögerlich und vage. Die negativen Konsequenzen für das Kind im Falle einer Trennung kommen für mich immer noch sehr deutlich zum Vorschein, während er auf negative Folgen für das Kind durch Gewalt in der Familie eigentlich nicht näher eingeht.

Naja, bin auch eher so tendenziell Pazifistin (mit Einschränkungen) und da vielleicht arg empfindlich.

Bis bald

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von LuckyLuke81 am 29.04.2013, 23:36 Uhr

Hallo, ich sehe, der rege und interessante Austausch geht weiter? ;-)

@ Zafon:
http://www.rund-ums-baby.de/entwicklung/beitrag.htm?id=50523&suche=sprache&seite=1

Grundsätzlich sagt er, zweisprachig ja, aber nur, wenn das Kind ausreichend sprachbegabt ist. Ist es das nicht, sollte nur die Sprache der Umgebung gesprochen werden. Kinder aus Migrantenfamilien sollten deutsch noch vor dem Kindergarten sprechen können, ansonsten würden sie keine der beiden Sprachen richtig erlernen.
Das steht so ziemlich im Gegensatz dazu, was ich formal gelernt und privat erfahren habe. Ich habe deutsch erst mit zehn Jahren in der Schule gelernt und spreche vollständig akzentfrei. Mein Sohn wächst zweisprachig auf, ohne sprachliche Probleme, ganz im Gegenteil. Mein Bruder lernte deutsch mit 15 Jahren, man hört einen leichten Akzent, aber grammatisch spricht er korrekt.
Die Lehrer haben uns damals empfohlen, zu Hause deutsch zu sprechen. Nach ein paar kläglichen Versuchen haben wir es alle aufegegeben, keiner in der Familie fühlte sich wohl.
Dies sind die Empfehlungen der alten auf Assimilation bestehenden Ausländerpädagogik, die in der neuen Interkulturellen Pädagogik bereits obsolet sind (zum Glück).
Etwa 1/3 aller Kinder in Deutschland haben einen Migrationshintergrund, was meist auch eine Zweitsprache bedeutet. Können all diese Kinder wirklich so schlecht deutsch und sind schlecht integriert...? Ich wage es zu bezweifeln!

"Kinder sind über einen langen Zeitraum abhängig. Und trotzdem werden ihnen häufig genug Dinge unterstellt, die aber nur im Kopf eines Erwachsenen entstehen können. "
Ja, das trifft den Kern. Die Erziehungssituation ist immer mit einem Machtungleichgewicht verbunden. Autoritäre Handlungsweisen nutzen diese Macht aus um gewünschten Erfolg zu produzieren, nicht-autoritäre tun das nicht, sondern versuchen, im Gegenteil, dieses Machtgefälle nicht zu betonen. Da gehe ich mit Posth konform, dass das Kind schon durch seine natürliche Umwelt genügend Grenzen erfährt, um ihm nicht noch künstliche aufzusetzen.

Zum Thema Grenzen:
Ich habe heute Winterhoffs Tyrannen-Buch gelesen. Meines Erachtens eine Sammlung von losen Behauptungen und nicht belegbaren Schmarrn. Bis auf eine Sache, auf die ich vorher schon gestoßen bin, das Sich-Abgrenzen, welches man als Eltern können muss. (Winterhoff findet es z.B. unmöglich, in einem Gespräch von seinem Kind unterbrochen bzw. "beklettert" zu werden, da müsste sich die Mutter abgrenzen und klar sagen, dass es nicht geht. Ich werde auch oft beklettert - habe ich einen kleinen Tyrannen?) Das habe ich schon mal irgendwo aufgeschnappt (Jesper Juul?) und fand das sehr interessant. Statt dem Kind Grenzen zu setzen, seine eigenen Grenzen dem Kind verständlich machen.
Wisst ihr zufällig, ob Posth was dazu gesagt hat? Seine Meinung zum Grenzen setzen kenne ich. Ansonsten wären meine persönlichen Grenzen doch ein Teil der natürlichen Grenzen in der Umwelt meines Sohnes, oder?
Komischerweise überschreitet mein Sohn kaum meine Grenzen, außer eben mit Aggressivität. Sucht er Grenzen...? Zum Abgrenzen von mir...?
Sind meine Grenzen zu weit gefasst?

Ach ja, Zafon, ein gerufenes "Nein", wirkt bei meinem Sohn mit 3 Jahren auch immer noch, er bleibt auch stehen und wartet ;-)

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von Tine1 am 30.04.2013, 12:02 Uhr

Hallo,

die Diskussion geht immer noch weiter...

Da ich Winterhoffs Tyrannenbuch auch gelesen habe (und auch unmöglich fand), muss ich nun auch nochmal antworten. Hab mich im Kiga-Forum schonmal drüber ausgelassen...

Winterhoff beschreibt anhand von Beispielen verhaltensauffälliger Kinder aus seiner psychiatrischen Praxis die Lebensrealität von Kindern im Allgemeinen, was eine völlig unzulässige Verallgemeinerung ist. Daraus folgen falsche Schlussfolgerungen.
Seine Arbeitsweise (von einzelnen, verhaltensauffälligen Kindern auf das Verhalten von Kindern im Allgemeinen zu schließen) ist nicht wissenschaftlich. Durch seine berufliche Qualifikation, die er übermäßig häufig erwähnt, gaukelt es dem Leser allerdings eine Wissenschaftlichkeit vor.
Der Titel sagt schon viel: "Warum unsere Kinder Tyrannen werden". Da geht es nichtmal um die Frage, OB (unsere) Kinder Tyrannen werden, nein, es wird erstmal vorausgesetzt, dass dem so ist. Was wiederum kein Wunder ist, wenn er "Kinder" gleichsetzt mit den verhaltensauffälligen Kindern seiner Praxis. Wobei ich es auch in diesem Kontext unmöglich fände, von "Tyrannen" zu sprechen.

Seine Ansätze gehen vom Menschen als einem von Geburt an zunächst unsozialen und triebgesteuerten Wesen aus, das es gilt, durch Erziehung gefügig und gesellschaftsfähig zu machen. Mit einem humanistischen Menschenbild, das sich doch inzwischen weitgehend etabliert haben sollte, haben seine Theorien (wenn man es überhaupt so nennen kann, denn es handelt sich eher um Anekdoten und seine persönliche Weltanschauung) nichts zu tun. Wesentliche "neuere" Erkenntnisse (aus den 70-er Jahren!!!) der Bindungsforschung und Säuglingsforschung ignoriert er schlichtweg.

Er hat keine Studien aufgeführt (geht natürlich auch nicht, weil er nur über seine subjektiven Erfahrungen berichtet), hat auch keine Quellen angegeben. So besteht man nicht einmal im Grundstudium eine Hausarbeit.

Und nicht zuletzt ist er bzw. sein Buch zutiefst reaktionär. Heute ist nicht alles gut, und vieles sogar ziemlich mies. Die gesellschaftlichen Verhältnisse der Kriegs- und Vorkriegszeit bis zu den 50-er Jahre mitsamt ihrer autoritären und überwiegend gewaltvollen Erziehung herbeizuschreiben, ist aber kein gelungener Lösungsansatz. Vertrauen, Freiheit, Empathie und Wertschätzung sind Begriffe, die man im Buch vergeblich sucht. Hier geht es um Unterordnung, Disziplin, Herrschaft der Erwachsenen über die Kinder, Gehorsam, Drill.

Hat uns das nicht alles schonmal in die Barbarei geführt?

An den Punkt, den du nennst, kann ich mich auch noch ganz gut erinnern. Was mich daran aber in seiner Darstellungsweise stört, ist, dass er dennoch so einen Unterschied auch bei diesem Thema zwischen Kindern und Erwachsenen macht. Ich denke auch dass es wichtig ist, die eigenen Grenzen zu wahren. Jedoch nicht nur um der eigenen Grenzen willen sondern auch um dem Kind eine Möglichkeit zu zeigen, wie seine Grenzen gewahrt werden. Lässt du alles über dich ergehen, womit du nicht einverstanden bist um des Kindes willen, lernt es ja weder, die Grenzen von anderen zu akzeptieren noch dass es ein Anrecht darauf hat, dass seine eigenen Grenzen akzeptiert werden. Beispiele die er nennt, sind immer absolut. Mich stört es auch, ständig unterbrochen zu werden. Andererseits stört es mich nicht, während ich mich unterhalte, beklettert zu werden. Hier gibt es eben nichts absolutes, sonst sind ja keine persönlichen Grenzen sondern eben doch nur allgemeine Verhaltensregeln "aus Prinzip". Außerdem unterbreche ich meine Tochter auch nicht (versuche es zumindest) und gehe davon aus, dass sie auf diesem Wege lernt, auch andere Menschen ausreden zu lassen. Winterhoff erwartet von Kindern meiner Auffassung nach auch in dieser Hinsicht von Kindern Unterwürfigkeit. Sie sollen Grenzen akzeptieren, aber als Erwachsener muss man das nicht. Das stört mich. Muss jetzt schnell weg. Sorry für Fehler und Satzbau etc.

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von Zafon am 30.04.2013, 14:04 Uhr

Hallo Ihr Zwei,
da haben wir es beim Thema Mehrsprachigkeit ja wieder: Ideal vs. Realität.
Vorsichtig ausgedrückt: er hat ja im Grunde Recht, aber das nur rein theoretisch!!!
Ein Kind lernt zwei Sprachen parallel „normalerweise“ ohne Probleme; Sprachbegabte durchaus auch mehr. Eine Überforderung erkennt man relativ früh und kann dann dagegen steuern.

So wie Du Dich und Deinen Bruder beschreibst gibt es wirklich noch eine Vielzahl anderer Kindern, die problemlos eine Sprache gelernt haben. Kinder können auch später die Sprache lernen und akzentfrei sprechen. Dabei sollten aber ein paar Voraussetzungen stimmen: Integration, Exploration, Interesse am Spracherwerb, geistige Leistungsfähigkeit und möglichst die Nähe zur germanische oder romanischen Sprache.
Also kurz gesagt: es ist möglich, aber es ist leichter je früher man dem Kind die (Landes)Sprache nahe bringt.
Meiner Meinung nach sollten aber unbedingt die Heimatsprache innerhalb der Familie Bestand haben, weil es, wie Du schon geschrieben hast, Identität bedeutet und das hat einen sehr hohen Stellenwert, gern auch auf Kosten der Akzentfreiheit.

Die Bücher von Winterhoff habe ich nicht gelesen, weil ihnen schon ein so schlechter Ruf vorauseilte – ihr bestätigt es ja wieder … und er war auf der Bestsellerliste ….

Ich sehe es so wie ihr: meine Grenze ist die Grenze für meine Umwelt und das schließt mein Kind, meinen Mann, meinen Nachbarn und den Mann hinter mir in der Schlange im Supermarkt mit ein. Und wenn mein Kind mich bekleckert, weil es irgendwie unaufmerksam oder ungeschickt war ist das keine Grenzüberschreitung. Bekleckert mich mein Kind nur, weil es mich bekleckern will, setze ich da eine Grenze ohne viel Wind.
Wenn ich im Leben MIT meinem Kind meine Grundsätze lebe, wird mein Kind über Kurz oder Lang diese zu ihren Grundsätzen machen, aber sich hoffentlich (!) trotzdem abgrenzen, eigene Erkenntnisse finden und auch mir Dinge aufzeigen und mir Grenzen setzen

Grenzen sind ja nun auch sehr individuell, deshalb gibt es kein „zu weit“ wenn es sich richtig für sich selbst anfühlt.

Posth schreibt, dass Eltern immer die Bestimmungsmacht haben, das Kind aber auch immer die Entscheidungsmacht mit innehaben muss. Das ist eine hierarchische Struktur, die ins Wanken geraten kann, wenn ein Kind die Eltern „in den Griff“ bekommt.
Kommt es zu Konflikten sollten die Eltern schon Grenzen setzen, aber nicht ihre Stärke und Übermacht dem Kind offen demonstrieren damit sich das Kind nicht ohnmächtig den Eltern ausgeliefert fühlt.
Das Beste ist ein unausgesprochenes oder bei Konflikten besprochenes Regelkonzept – ggf. beidseitig. Weiß nicht, ob es das ist, was Du lesen wolltest
LG

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von Tine1 am 30.04.2013, 20:59 Uhr

Nee, seine Meinung zur Mehrsprachigkeit finde ich nach dem Link von Lucky Lucke auch ziemlich doof. Wobei man meiner Meinung nach unterscheiden muss zwischen dem individuell besten Vorgehen innerhalb der bestehenden Gesellschaftsstrukturen und einem Idealzustand in Verknüpfung mit politischen Forderungen. Individuell ist es sicherlich für jedes in Deutschland lebende Kind von großem Vorteil, wenn es völlig akzentfrei Deutsch spricht. Melanie Meier ist sicher auch ein "besserer" Name als irgendein ausländisch anmutender. Das spricht jedoch nicht unbedingt für die "Mehrheitsgesellschaft".

Zum Einen finde ich die Formulierung [...] Wird ein Kind in einem anderen Kultrurraum geboren, als es der ist, aus dem seine Eltern stammen, dann lernt es mühelos die Landessprache des Geburtslandes, es sei denn die Eltern hindern es daran und bringen ihm die Elternsprache bei. [...] aber sehr moralisierend und fast schon diskriminierend.

Zum Anderes stellt er auch in anderen Punkten (bsp. frühe Fremdbetreuung) politische Ideen/Forderungen in den Mittelpunkt. Warum sollte es hier anders sein? Inklusion anstatt Integration könnte das Stichwort sein.

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von Zafon am 01.05.2013, 13:41 Uhr

Hallo, eigentlich meinte ich, dass er v.a. in Bezug auf den hirnorganischen Aspekt Recht hat, aber tw. auch mit dem Fakt an sich.
Es ist mE eine typisch wissenschaftliche Formulierung: logisch, klar, emotionsfrei. Er schreibt immer sehr sachlich und nüchtern.

Wahrscheinlich bin ich ein wenig naiv, aber ich vermutete dahinter nichts Schlimmes oder gar Diskriminierendes. Für mich war klar, dass das Leben letztendlich (und zum Glück) anders aussieht …
das Familie, Zugehörigkeit, Identität wichtiger als Akzentfreiheit sind. Das Fatih Akin in meinen Ohren melodischer klingt als Melanie Meier ;)

Du hast Recht, meist schreibt man von Integration statt Inklusion … da denk ich mal für mich weiter nach.

Sicher reagiert man auf manche Erklärungen/ Bemerkungen/ Erläuterungen die einen selbst betreffen oder die einem wichtig sind und emotional berühren viel sensibler. Anderen geht es bei ihm vielleicht beim Thema Stillen, Familienbett so ....

Was meinst Du mit politischen Ideen/Forderungen bei früher Fremdbetreuung? LG

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von Tine1 am 01.05.2013, 17:22 Uhr

Er ist ja grundsätzlich erstmal gegen die frühe Fremdbetreuung. Im Zusammenhang mit der Loslösung durch den Vater fordert er in "vom Urvertrauen zum Selbstvertrauen" eine Reihe an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Unter Anderem bessere Weiterbildungsmöglichkeiten für Frauen bereits während der Elternzeit, flexiblere Arbeitszeitgestaltungen, die Möglichkeit für Väter, (in seinem Sinn nach 1 1/2 Jahren) in Elternzeit zu gehen, ohne berufliche Nachteile. Ich weiß garnicht, ob er auch höhere Löhne fordert, gehe aber mal davon aus, da das ja der Schlüssel überhaupt ist, damit einer der beiden Partner oder beide im Wechsel drei Jahre beim Kind bleiben kann.

Für Krippen fordert er einen so hohen Betreuungsschlüssel, wie es ihn heute nirgendwo gibt und eine bessere Ausbildung für ErzieherInnen, die speziell auf die Entwicklung von Babys und Kleinkindern gerichtet ist.

Genauso KÖNNTE er es ja für die Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund fordern. Höherer Betreungsschlüssel im Kiga, intensive Sprachförderung, Wohnverhältnisse für alle Menschen, die nicht so wie derzeit eine soziale Segregation bewirken. Und vor allem das Hinwirken auf eine tolerantere Gesellschaft in der jeder Mensch genau so akzeptiert wird, wie er ist. In der es keinen Makel darstellt der nur mit sehr vielen positiven Attributen wieder auszugleichen ist, wenn jemand nicht akzentfrei Deutsch spricht. In der nicht 8 von 10 potenziellen Arbeitgebern trotz des vielleicht melodischeren Namens die Bewerbung von Fatih Akin sofort aussortieren.

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von Zafon am 02.05.2013, 8:14 Uhr

Er zeigt sein Ideal auf, an dem man sich gut orientieren kann und das finde ich bereichernd ohne dass ich z.B. den Anspruch hätte diesen Zustand 100% zu erlangen müssen bzw. zu wollen. Er will mit seinen Büchern auch nicht nur die Familie an sich erreichen sondern ein Umdenken im größeren Rahmen (sog. Fachwelt) bewirken. Sein Focus liegt beim Kind und geht dabei nicht auf umfangreiche Differenzierung ein.

Ja, Du hast Recht: er könnte natürlich näher auf die Problematik der Familien mit Migrationshintergrund eingehen und da ich auch darum weiß, wär ich die Letzte, die dieses Thema nicht für erforderlich erachtet, aber er ist kein Soziologe sondern Arzt und Psychotherapeut.

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von Tine1 am 02.05.2013, 10:23 Uhr

Ich will ihn ja auch nicht "schlecht machen". Finde ja das meiste was er schreibt gut und orientiere mich selbst daran. Aber in vielen Dingen hab ich halt trotzdem eine andere Meinung. Der für mich wichtigste Punkt ist und bleibt, dass er stark das Bedürfnis des Kindes im Auge hat bei all seinen Theorien, dass er scheinbar gegensätzliche Bedürfnisse von Kind und Eltern nicht polarisiert sondern viel mehr versucht, sie "unter einen Hut" zu bekommen. Dass er darauf hinweist, dass Eltern bei nicht miteinander vereinbaren Bedürfnissen eben zurückstecken müssen (und es sich damit langfristig trotzdem einfacher machen). Und das finde ich alles toll.

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von LuckyLuke81 am 02.05.2013, 10:26 Uhr

Hallo ihr Zwei,

es wird ja langsam eine soziologisch angehauchte Diskussion.
Tine, das Bild, das du da nachzeichnest, lässt mich ins Schwärmen geraten. Es ist zugleich so weit von der Realität entfernt, wie es nur geht. Leider wird Posth kaum in der Fachwelt rezipiert, zumindest wüsste ich es nicht. Und es liegt meines Erachtens daran, dass er nicht wissenschaftlich genug arbeitet. Er hat keinen Hochschulrahmen, wie z.B. Lieselotte Ahnert und führt keine empirischen Studien durch. Immerhin bezieht er sich auf solche und kann seine Ausführungen zum Teil so belegen. Ich weiß nicht, ob ich mich bei einer Hausarbeit auf ihn beziehen würde, eher nicht.

Die gesellschaftlichen Veränderungen im Hinblick auf den Umgang mit Familien mit Migrationshintergrund gehen langsam in Richtung Inklusion. Allerdings liegt der Fokus nicht unbedingt darauf, diese Familien/Kinder besonders zu betrachten, sondern es ist vielmehr der Trend zur "inklusiven Schule" bzw. Kindergarten, wo es auch um die Inklusion anderer besonderer Kinder geht, also um den "produktiven Umgang" mit der heterogenen Gesellschaft.
Dass das an den Bedürfnissen so mancher Kinder vorbeigehen dürfte, wird leider außer Acht gelassen. Und etwas daran ändern, dass Fatih Akin trotzdem erst in 5 Jahren eine vernünftige Stelle bekommt, auch nicht.
Kennst du das "Busing", in dem in den USA versucht wurde, die räumliche Segregation von sozial benachteiligten Kindern entgegenzuwirken? Die Kinder wurden in Schulbussen in "weiße" Schulen in besser gestellten Bezirken gebracht. Das Ergebnis war, dass die "weißen" Mittelschichteltern ihre Kinder aus den betroffenen Schulen nahmen oder weggezogen sind.
So ähnlich läuft es in Deutschland ja auch. Es wird leider nur auf kommunaler Ebene Migranten ein Mitspracherecht gewährt. Die Politik geht nur auf Forderungen "weißer Mittelschichteltern", also der Wählerschaft, ein und diese wollen keine Schule für ihre Kinder, in der auf dem Schulhof überwiegen eine andere Sprache vorherrscht...

Aber da kommen wir schon weit von Posth ab. Es ist ja auch nicht sein Gebiet, daher sehe ich ihm die Empfehlungen auch nach, auch wenn ich denke, er sollte diese nicht so starr halten und sich ein wenig informieren, besonders, da nunmal 30% aller Kinder einen Migrationshintergrund haben.
Und ich denke, dadurch, dass ein Kind mit 2 statt mit 4 Jahren deutsch lernt, wird die Problematik, die es durch seine Herkunft erlebt, nicht unbedingt aus der Welt geschafft.
Es war ansich auch nur ein Beispiel, was mir bei Posth sauer aufgestoßen ist.
Sein Spezialgebiet, die Entwicklung des Säuglings und des älteren Kindes beherrscht er durchaus.
Ich muss übrigens sagen, dass wir eine Wiedergutmachung von unserem Sohn gefordert haben, hatten wir ursprünglich auch von Posth. Er schreibt, man soll sein Kind auffordern, auf einfache Weise Wiedergutmachung zu üben, wenn es jemandem wehgetan hat. Und da uns unser Sohn früher immer mit einer Umarmung oder Streicheln oder Küsschen getröstet hat, haben wir das auch so versucht. Dann ist es irgendwann ins "Entschuldigen" gerutscht. Deshalb war mir wohl so unwohl. Nicht genug reflektiert...
Unser Sohn fängt sich übrigens gerade. Er hat noch viel zu knabbern, man merkt ihm die Anstrengung an. Wir hatten neulich auch eine Abschiedsszene im Kindergarten, habe auch ins KIGA-Kids-Forum geschrieben, weil mich das Verhalten der Erzieherin sehr verärgert hat. Heute klappte es besser. Den Trotz haben wir mit der "paradoxen Intervention" und mit kleinen "Wettrennen" (ich bin erster beim...) ganz gut in Griff bekommen, es legt sich langsam.

Viele liebe Grüße

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Re: Ehrlich gesagt...

Antwort von Tine1 am 02.05.2013, 17:24 Uhr

Hallo Lucky Luke,

vielen Dank für deine interessante Antwort.

Leider bin ich gerade auf dem Sprung, möchte aber trotzdem noch kurz antworten.

Zu deinem Einwand, bezüglich der Inklusion: Dieses Problem das du schilderst, wollte ich im vorigen Beitrag noch aufgreifen, erschien mir dann aber zu ausufernd. Was hier im Moment im Gange ist, hat meiner Meinung nach mit Inklusion wenig zu tun. Hier bedeutet ja Inklusion = Kosteneinsparung. Kinder mit Behinderung werden ohne weitere Beachtung/Betreuung/zusätzliche pädagogische oder Lehrkräfte in "normale" Schulen gesteckt. Für eine Inklusion bräuchte man natürlich die passenden Rahmenbedingungen. Ansonsten kann es meiner Einschätzung nach schnell passieren, dass zusätzlich zur fehlenden besonderen Förderung das Kind auch noch zum Sündenbock dadurch wird, dass es die Aufmerksamkeit der ohnehin knappen Betreuungspersonen über Gebühr für sich beansprucht und die anderen Kinder dadurch benachteiligt werden. Davon hat dann am Ende keiner was.

Den Begriff "Busing" kannte ich noch nicht. Vielen Dank für den Hinweis. Werde mich mal informieren...

Ein weiteres wichtiges Problem sprichst du damit an, dass nur auf die Forderung "weißer Mittelschichten" eingegangen wird. Hieran sieht man, dass Rassismus nicht nur die ethnische Herkunft betrifft und das Problem nicht aufhört zu existieren, wenn die kleine Mittelschicht der Migranten auch eine Stimme bekommt. Der Hauptwiderspruch (Klassen oder Schichten) bleibt ja auch dann bestehen.

Freut mich für dich, dass sich der Trotz langsam wieder legt. Hab dir auch im Kiga-Forum geantwortet.

Mit solidarischen Grüßen
Tine

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