Hallo!
Unsere Tochter, 4 Jahre, benimmt sich seit einem 3/4 Jahr extrem respektlos. Im Kindergarten reisst sie sich zusammen und gehorcht, aber zu Hause lässt sie sozusagen "die Sau raus". Wir sind teilweise am ende mit unserem Erziehungslatein. Sie guckt sich dieses Verhalten auch nicht bei uns ab, umso mehr wundert uns ihre Charakterentwicklung. Als ich ihr vorhin beim Wickeln ihrer Schwester sagte, ich könne jetzt nicht ihre Uhr abmachen, wiederholte Sie folgendermaßen: Mama, ich sage dir nochmal, mach mir die Uhr ab! zur Verstärkung hat sie dann mit dem Fuß den Plastikbehälter mit den Feuchttüchern zugedrückt. Ich sagte dann, dass sie sich nicht gut benehmen würde und ich doch nicht beides gleichzeitig machen könne. Ich schob sie dann mit dem Arm zur Seite, damit ich wieder weitermachen konnte, dann hat sie sich absichtlich nach hinten fallen lassen und mir Vorwürfe gemacht, dass ich sie nach hinten gestoßen hätte.
Diese schauspielerischen Aktionen bringt sie dann häufiger mal.... Abends im Bettchen reden wir nochmal in aller Ruhe mit ihr. Sie versucht dann auch zu reflektieren und verspricht Besserung. Eigentlich bin ich danach immer total zuversichtlich, weil sie auch so einsichtig ist. Sie sagt sogar, wir müssen dran erinnern, falls sie es vergisst! Einige wenige Dinge kriegt sie auch schon besser hin, wie zum Beispiel nicht immer erster oder Gewinner im Spiel zu sein, ohne dabei eingeschnappt zu sein.....
Aber hauptsächtlich ihr Tonfall und zu gehorchen, sind ein immer größer werdendes Problem.
Wenn sie eine Freundin zum Spielen da hat, potenziert sich das Ganze und sie kommandiert mich und ihre Freundin. Kompromisse zum Einlenken werden von ihr komplett abgelehnt. Entweder läuft es nach ihrer Nase oder gar nicht. Ich versuche dann meist sie zurecht zu weisen, was sie aber in der Situation nicht annimmt. Meist verweigert sie dann eingeschnappt komplett und ihre freundin steht dumm da.
Was können wir bloß noch tun? Das Verteilen von Sonnen oder Tränen im Kalendar haben wir schon durch. Zurzeit hat sie eine Woche Fernsehverbot, was sie richtig getroffen hat.
Vielen Dank für ihre Hilfe
willi228
Mitglied inaktiv - 18.05.2009, 21:42
Antwort auf:
unsere Tochter benimmt sich respektlos
Hallo Willi
Besser und ausführlicher als BB kann ich Ihnen die Lage, in der sich Ihre Tochter befindet auch nicht beschreiben.
Berücksichtigen Sie bitte stets, dass auch sie zwar Ihre "Große", aber noch ein Kleinkind ist, das Rücksichtnahme und einsichtiges Verhalten erst noch lernen muß. Das Verteilen von Sonnen und Tränen kommt meiner Ansicht nach einem "Erpressen" gleich, mit Dem ein blinder Gehorsam geradezu gefördert wird.:-(
Versuchen Sie bitte einmal so wenig wie möglich zu bestrafen und stattdessen Ihre Tochter aus möglichst LOGISCHEN Folgen eines Grenzen testenden Fehlverhaltens lernen zu lassen.
Können Sie ihr z.B. die Uhr nicht umbinden, weil Sie gerade die Kleine wickeln, sagen Sie es ihr, informieren Sie, wann Sie die Uhr umbinden können und regen Sie Ihre Tochter zu einer ansprechenden Aktivität für die Zwischenzeit an. Tritt sie dann verärgert und provozierend auf die Feuchttücher, weisen Sie daraufhin, dass dann das Wickeln noch länger dauert, sodass Sie gar keine Zeit haben ihr die Uhr umzubinden. Handeln Sie entsprechend konsequent, überhören Sie das evtl. Schimpfen Ihrer Tochter und zeigen Sie wenigstens nach Außen hin eine große Gelassenheit.
Auf diese Weise merkt Ihre Tochter, dass sie mit ihrem Verhalten nichts erreicht und wird sich Ihnen angemessen mitteilen.
Da auch Vierjährige meist spontan handeln, wird ein abendliches "Diskutieren" über ihr Fehlverhalten keine Besserung bringen, da der Vorfall bis zum Abend längst vergessen wurde.
Auch wenn eine Freundin Ihrer Tochter zu Besuch ist empfehle ich Ihnen eine betont große Gelassenheit zu zeigen. Werden Sie kommandiert, weisen Sie ganz ruhig darauf hin, dass Sie auf diese Weise sich nicht mit Ihrer Tochter unterhalten werden weil Sie wissen, dass sie auch freundlich zu Ihnen sprechen kann. Verlassen Sie notfalls den Raum, bevor Sie zu schimpfen beginnen, was Niemandem weiterhelfen wird.
Läuft es dann nicht nach der Nase Iher Tochter, bzw. gar nicht, ist es eben so! Ist Ihre Tochter dann beleidigt, regen Sie deren Freundin zu einer Aktivität an, an Der Sie sich möglichst beteiligen und großen Spaß haben. Ihre Tochter wird kurz erstaunt sein, sich dann aber dem Spiel anschließen als sei nichts vorgefallen.
Viel Erfolg, liebe Grüße und: bis bald?
von
Christiane Schuster
am 19.05.2009
Antwort auf:
unsere Tochter benimmt sich respektlos
Hallo,
ich würde auch gern etwas dazu sagen, wenn Du magst. Mit einer schlechten Charakterentwicklung hat das Verhalten Deiner Kleinen ganz sicher nichts zu tun! Sie verhält sich - auch wenn das anstrengend ist - altersgemäß und normal. Kiga-Kinder haben schon ein sehr starkes Gefühl für ihren eigenen Willen und versuchen auch unermüdlich, ihn durchzusetzen. Dies gehört zu ihrer Persönlichkeitsentwicklung dazu. Natürlich machen sie dabei auch die Erfahrung, dass sie damit an die Grenzen der Erwachsenen oder anderer Kinder stößt, was für sie lehrreich und ebenfalls normal ist.
Der dänische Familientherapeut und Autor Jesper Juul fragt Eltern, die sich über das Benehmen ihres Kindes beschweren, oft: "Wollen Sie, dass Ihr Kind mit 18 Jahren nur gelernt hat, sich zu benehmen - oder wollen Sie, dass es eine Persönlichkeit entwickelt hat, authentisch ist, für sich eintreten kann, seine eigenen Bedürfnisse und die der anderen wahrnimmt und achtet?" Nur gutes Benehmen kann kein Erziehungsziel sein, es ist allenfalls ein Nebenprodukt und kommt mit der Zeit und mit Geduld von selbst, wenn auch Eltern ihrem Kind respektvoll begegnen.
Oft erwarten wir ja vor allem dann von unseren Kindern schon früh Respekt und Gehorsam, wenn wir selbst relativ autoritär erzogen worden sind. Manchmal hilft es da, wenn man sich daran zurück erinnert, ob die eigene Kindheit wirklich so arg glücklich war: Oft haben sich unsere eigenen Eltern mehr für unser gutes Benehmen als für uns selbst interessiert, also kaum für unsere Gedanken, Ideen, individuellen Eigenheiten und Bedürfnisse.
Wir Eltern versuchen dann manchmal, unsere Kinder zu erziehen, indem wir mit Schuldgefühlen arbeiten: Abends wird besprochen, was das Kind alles falsch gemacht hat - Eure Kleine gelobt Besserung etc. Schuldgefühle aber gelten bei Entwicklungspsychologen zu Recht als sehr schlechtes Mittel zur Erziehung: Sie machen ein Menschenkind klein, es fühlt sich immer "falsch", spürt, dass die Eltern nie zufrieden sind, sondern es immer anders haben möchten, als es gerade ist, dass es nie gut genug ist. Wenn man das über viele Jahre hinweg macht, fühlt sich ein Kind irgendwann nur noch verkehrt, lernt, all seine Impulse für falsch zu halten und zu unterdrücken. Das ist der Boden, auf dem im späteren Erwachsenenalter eine Depression entstehen kann.
Mir selbst und der ganzen Familie hat das wunderbare Buch "Das kompetente Kind" von Jesper Juul unheimlich geholfen, das Verhalten meiner Kinder besser zu verstehen. Und warum sie sich in bestimmten Entwicklungsphasen so verhalten müssen, wie sie es tun. Aber auch, was wir Eltern tun können, damit das Kind nicht ständig in Opposition zu uns gehen muss, sondern wieder gern kooperiert. Vielleicht liest Du es einfach mal, man hat wirklich unglaublich viele Aha-Erlebnisse. Bei uns hat es manch angespannte Phasen mit den Kindern entspannt.
Faszinierenderweise verändert ein Kind nämlich fast augenblicklich sein Verhalten, wenn die Eltern ihr Verhalten verändern. Familie ist ja ein lebendiges System, in dem jeder sofort auf jeden wirkt. Wenn ein Kind sich "unerwünscht" oder "schwierig" verhält, hat dies immer auch mit uns Eltern zu tun - und man kann die Situation wirklich viel leichter und schneller verändern, als man glaubt.
Grüßle,
BB
Mitglied inaktiv - 19.05.2009, 10:02