sammy_klein
Hallo zusammen, ich würde mein Kind gerne dreisprachig aufwachsen lassen, da ich selbst sehr sprachbegeistert bin und mir schon als Kind immer die Möglichkeit gewünscht habe, Fremdsprachen zu lernen (war damals noch nicht so einfach). Diese Chance möchte ich meinem Kind nun geben. Der Kindesvater wird mit dem Kind seine Muttersprache Finnisch sprechen, Familiensprache wäre Deutsch. Daneben würde ich das Kind gerne in eine französisch-deutschen Kita schicken, in der sich Muttersprachler mit dem Kind auf beiden Sprachen unterhalten. Allerdings spreche ich selbst Französisch nicht auf Muttersprachlerniveau, d.h. das Kind würde nur in der Betreuung Französisch sprechen lernen. Was meint ihr dazu? Hat jemand etwas ähnliches gemacht? Wie hat sich das auf die Sprachentwicklung ausgewirkt? Angenommen, das Kind ist täglich 4-8 Stunden in der Betreuung, ist die Zeit ausreichend zum Erlernen einer dritten Sprache? Viele Grüße Sammy
Es heißt, dass ein Input von 30 % erforderlich ist, um eine Sprache zumindest passiv zu erlernen. Ob das klappt, hängt auch davon ab, ob es noch echt französichsprachige Kinder in der Kita gibt. Wenn die Kinder untereinander Französisch sprechen, sollte etwas hängen bleiben. Wenn nur die Erzieherinnen ab und an mal einen französischen Satz einwerfen "Lena, passe moi la voiture verte", wird dein Kind nicht viel lernen. Es ist auch die Frage, wie es nach dem Kindergarten weitergeht. Wenn du die Sprache nicht konsequent förderst, ist sie nach einem halben Jahr weg, selbst wenn gute Grundlagen da waren.
Hallo Silvia, vielen Dank für Deine Antwort! Du hast sicher recht, dass eine Sprache sehr schnell wieder verloren geht, wenn sie nicht konsequent angewendet wird. Der Plan war schon, das Kind weiterführend auf eine dt./frz. Schule zu schicken. Allerdings auch nur dann, wenn das Kind die Sprache 'annimmt'. Wenn es natürlich mit 4 Jahren sagt, dass französisch sprechen nur nervt und es keine 3. Sprache sprechen will, würde ich es auf eine deutschsprachige Schule schicken mit normalen Fremdsprachenangebot. Der Kindergarten ist tatsächlich zweisprachig in dem Sinn, dass die Kinder teils zu Hause französisch sprechen und die Umgangssprache daher wohl auch ein Mix aus deutsch und französisch sein wird. Ich denke an die 30% Input würde man rankommen, falls zu mindestens 50% frz. im KIGA gesprochen wird. Viele Grüße Sammy
Ich denke, Du bist Dir überden Unterschied zwischen Fremd- und Muttersprachen noch nicht wirklich klar. Wenn ein Kind mit mehreren Muttersprachen aufwächst, ist das eine Notwendigkeit, man lebt darin und kann nicht anders. Insofern ist die Anwendung eher selbstverständlich und wird weniger in Frage gestellt. Du willst Deinem Kind viele Fremdsprachen ermöglichen, da ist gut gemeint - aber meistens schlecht gemacht. Viel wichtiger ist es für Dein Kind, seine Muttersprachen wirklich gut zu können - ein gutes Sprachgefühl, das mit Vokabeln und Grammatik weniger zu tun hat als mit Sprachphantasie, Sprachrhythmus etc., ist Gold wert!! ich würde viel eher versuchen, Finnisch soviel Zeit wie möglich einzuräumen - die Umgebungssprache wird umso mächtiger, je älter Dein Kind wird. Französisch - da erschließt sich mir der Sinn nicht, außer daß es dem Ehrgeiz oder eben gutgemeinten der Wunsch der Mutter entspringt dem Kind gute Voraussetzungen zu verschaffen. Aber es ha tdoch bereits 2 Sprachen inseinem Leben, aus 2 versch. Sprachräumen zud em _ das ist doch schon viel! Vielleicht ist Den Kind auch gar nicht sprachlich,s ondern eher motorisch oder naturwissenschaftlich begabt und interesiert - hast Du nachgeschaut, ob Du iohm evtl .auch schon Mathekurse oder Physik nahebringst? Ironie off. Nein, es wird dann auch wie Silvia beschreibt werden: Eine Sprache, die man nicht anwendet, verschwindet blitzschnell. Kann manchmal - und je besser gelernt und öfter geübt - wieder aktiviert werden, ja, aber sie kann ja auch ebenso gut als Erwachsener gelernt werden, wenn die notwendige Motivation, z.B. das Leben im betreffenden Land, es erleichtert. Millionen von Menschen, die im Erwachsenenleben ausgewandert sind, beweisen das täglich - und die sind nicht alle in Sprachräume abgewandert, die sie schon in der Schule hatten! . Der KIGA ist ja auchder Ort, wo ein Kind die Umgebungssprache gut lernen kann udn soll - sofern sie zuhause nicht oder unzureichend viel gesprochen wird. Wieviel bist Du zuhause, wie oft kannst Du mit Deinem Kind Deutsch sprechen, ohne daß dem Vater finnische Zeit verloren geht? Auf einen kurzen Nenner gebracht meine ich,daß Fremdsprachenunterricht im Kleinkindalter (und selbst,wenn er im KIGA eher nebenher erfolgt, also eher muttersprachlich abläuft, so ist Französisch eben kein natürlicher Teil Eures Lebens) falscher Ehrgeiz ist und nicht viel bringt. Verschiedene Muttersprachen jedoch sollten und können sehr gut gefördert werden! Alles GUte - Ursel, DK
Liebe Ursel, natürlich haben wir auch Fremdsprachenunterricht geplant, allerdings dachten wir dabei mehr an eine Sprache aus dem asiatischen Raum, um entsprechend etwas zu diversifizieren. In der heutigen global-politischen Situation fände ich es verantwortungslos gegenüber dem Kind, nur auf Europa zu setzen. Ironiemode off: Deine Antworten kämen sicher besser an, wenn sie weniger von oben herab geschrieben wären... Als Sprachwissenschaftlerin kenne ich wohl den Unterschied zwischen Mutter- und Fremdsprache Natürlich werde ich genau beobachten, wie es dem Kind mit der 3. Sprache geht und bei Überforderung oder Ablehnung entsprechend reagieren. Es ist allerdings leider eben nicht wahr, dass man eine Sprache "ebenso gut" im Erwachsenenalter lernen kann. Das muss ich leider an mir selbst feststellen, die ich trotz 4-jährigem Studium einer Sprache diese niemals so beherrschen werde wie eben ein Muttersprachler. Selbst bei Bekannten, die als Kinder nur wenige Jahre in einem fremdsprachigen Umfeld gelebt haben, konnte ich im Gegensatz dazu beobachten, dass Aussprache und teils auch Sprachgefühl wesentlich besser sind als bei erwachsenen Lernern. Daher entspringt die Idee auch wirklich nicht meinem persönlichen Ehrgeiz, sondern der Idee, dass man eben sonst eine Chance verpasst, die es später nicht mehr geben wird. Viele Grüße Sammy
Du hast in einigem Recht. Z.B. daß ein als erwachsener Mensch ins Land Gekommener selten so gut wie ein Muttersprachler spricht. Obwohl mir das kein Däne glaubt , fühle ich im Dänischen immer noch Begrenzungen, die ich im Deutschen nie habe. Dennoch bin ich sicher, daß die Ausländer, die ich kenne und die sich auch auf mehrsprachenforen beteiligen, ihre neue Sprache sehr gut beherrschen… Auch auf Deutsch gibt es immerhin genug Menschen, die weniger differenziert und nicht perfekt sprechen… und wer kann das schon? Die Frage stellt sich trotzdem,wieso es dann so wichtig ist,eine von Dir ausgewählte Sprache deraet muttersprachlich gut zu können? Was, wenn Dein Kind weder an Sprachen noch an einem Leben in Frankreich interessiert ist? Ganz abgesehen davon, daß Dir sogar hier im Forum jeder Pragmatiker mit Erfahrung (!,) bestätigen wird, daß bei 3 Sprachen das muttersprachliche Niveau kaum erreicht werden kann. Ich habe 2 erwachsene Töchter, die in Deutsch mit jedem Deutschen mithalten können. Trotzdem merkt vor allem die Jüngste, daß ihr der tägliche Umgang mit der Sprache fehlt, seit sie ausgezogen ist. Und daß sue so gut Deutsch können, lieg5 zum großen Teil daran, daß ich lange Zeit zuhause war und sie somit sofort nach der Schule wieder mit deutsch zuquatschen konnte, auch daran, daß wir So gut wie nur dt. TV u.ä. Gesehen gaben, und sehr wichtig: daß u sere Familiensprache Deutsch war, weil mein Mann es fließend , wenn auch mit Akzent und kl. Fehlern spricht.Was ihn übrigens nie daran gehindert hat, als Übersetzer unsere Brötchen zu verdienen, obwohl er es erst als Erwachsener wirklich gelernt hat.. Wenn du also meinst, Dein Kind muttersprachlich Französischer aufzurüsten, spricht sehr viel dagegen, daß es gelingen wird. Vielleicht solltest Du die Theorie Über Bord werfen und viel pragmatischer an due mehrsprachige Erziehung gehen.Du hast um Meinungen gebeten und sue bekommen. Daß sie von Deiner abweichen, liegt vor allem dar“n, daß Du von falschen Voraussetzungen ausgehst. Ubd wenn du hier im Forum nachliest, kannst du das aus vielen Beiträgen erkennen. Mutterpachliche Erziehung in mehreren Sprachen ist etwas ganz anderes als ein Studium der Sprachwissenschaft. Und obwohl ich neben dem Zeitfaktor auch die natürliche Anwendung betone, erfordert schon zweisprachige Erziehung einen Einsatz, über den Einsprachige kaum nachdenken (wobei ich unterschätze, daß auch bei einsprachigen Kindern die Muttersprache gefördert werden muß, um wirklich differenziert und gut zu werden. Darüber spricht man ja in Dtld inzwischen immerhin und das weiß ich , weilich in der Schule meiner Kinder im dänischunterricht an leseprojekten u.ä. teilgenommen habe). Ich wünsche Dir viel Glück und wir hören sicher gerne darüber, wie es in ein paar Jahren sprachlich bei Euch läuft. Kennzeichnend für Eltern, die meinen, ihrem Kind aus besten Motiven heraus eine FREMDsprache schon im Kleinkindalter mitgeben zu wollen/müssen, ist leider,faß wir nie wieder von ihnen hören… schade, ihre (vorausgesetzt positiven) Erfahr7ngen könnten sicher nicht nur mich davon überzeugen, uns geirrt zu haben. Aber weiterhin viel Freude, auf Finnisch können wir in unserer Familie nur bis 3 zählen, seit wir mal für 1 Woche eine austauschschülerin mitbetreuten.
Hallo Ursel, danke für die ausführlichen Erklärungen! Klar wollte ich Eure Meinung hören und freue mich auch darüber. Es ist ja nicht so, das ich die Skepsis nicht nachvollziehen kann. Wenn ich mir absolut sicher wäre, dass das klappt, hätte ich wahrscheinlich nicht hier gefragt. Was ich vielleicht nicht ganz klar gemacht habe ist, dass ich schon selbst auch ein großes Interesse und relativ viel Kontakt zur französischen Sprache und Kultur habe. Es reicht nur leider, leider eben nicht, um meinem Kind gutes Französisch beizubringen (abgesehen davon, dass es ja auch von mir Deutsch lernen soll). Ich denke, es muss einiges zusammenkommen, damit es ein Erfolg sein kann: Einerseits natürlich das kontinuierliche Engagement unsererseits, dass das Kind tatsächlich konsequent mit Französisch als Alltagssprache konfrontiert ist, und dann aber auch noch das Interesse und die Begabung des Kindes. Letzteres kann ich wenig beeinflussen und wenn das Kind nicht möchte, macht das Ganze sowieso keinen Sinn und mein Kind darf stattdessen in den Frühmathekurs . Ich habe halt mit 5 angefangen, bei meinen Eltern zu meckern, dass meine beste Freundin zu Hause Französisch lernen darf und ich nicht. Nach endlosem Quengeln wurde ich mit 7 dann in einen Französischsprachkurs geschickt, der sich allerdings hauptsächlich an Kinder gerichtet hat, die auch in der Familie Französisch sprechen (gab nichts anderes damals). Also alles eher suboptimal. Heute sind die Möglichkeiten ganz anders und daher würde ich meinem Kind gerne dieses Angebot machen. Hast Du irgendwelche Erfahrungen dahingehend, ob man damit "Schaden" anrichten kann? Ich gehe eigentlich davon aus, dass falls es "scheitert" und wir das Kind mit 3-4 Jahren in einen deutschsprachigen KIGA schicken, die Sprachentwicklung beim Kind flexibel genug ist und nicht gestört sein sollte durch den französischen Einfluss in den ersten Lebensjahren. Aber vielleicht hast Du anderes gehört? Viele Grüße sammy
Unsere haben im Kindergarten die vierte Sprache (Koreanisch bzw. Japanisch) erlernt, war kein Problem. Allerdings macht das Eintrittsalter und die Sprachförderung schon einen Unterschied. Der Mittlere war gerade 3, als er in den koreanischen Kindergarten kam, den hätte ich mit 6 direkt in die koreanische Grundschule schicken können, er hatte einen gewaltigen Wortschatz und konnte sich in allen Situationen souverän ausdrücken. Die Kleine kam mit knapp 4 in den japanischen Kindergarten und sprach zwar akzentfrei und konnte sich im Kindergartenumfeld problemlos ausdrücken, ihr fehlten aber außerhalb des Kindergartens die Begrifflichkeiten. Der japanische Kindergarten folgte eher dem westlichem Vorbild, freies Spiel und ungezwungener Umgang, der koreanische war sehr strukturiert und Sprache und Ausdrucksfähigkeit wurden bewusst geübt / gepaukt - war für die Sprachbildung aber genau das richtige. Beide haben innerhalb von 6 Monaten alles verloren.
Hallo Korya, danke für Deine Antwort - klingt ja spannend! Darf ich Fragen, wie es dazu kam, dass die Kinder in einen japanischen/koreanischen Kindergarten gegangen sind, obwohl sie schon dreisprachig aufwuchsen? Ihr habt nicht in dem entsprechenden Land gewohnt, oder? Wie lange waren denn die täglichen Betreuungszeiten in den Kindergarten etwa? (halbtags/ganztags?) Schade, dass die Kinder die Sprachen wieder verloren haben. Wäre interessant zu sehen, ob sich Teile wieder "aufwecken" ließen, oder tatsächlich alles weg ist. Viele Grüße sammy
Wir haben in Korea und später Japan gewohnt. Mir war es wichtig, dass die Kinder die Landessprache lernen und einen lokalen Kindergarten besuchen. Ob von den Sprachen etwas nachbleibt, mmmh... ich kenne etliche, die behaupten dass irgendwo etwas hängenbleibt, ich persönlich glaube nicht daran. Wir sind übrigens ein halbes Jahr nach unserem Umzug nach Japan für eine Urlaubswoche zurück nach Korea, Freunde besuchen und nochmal Abschied nehmen. Mein Sohn, der wie gesagt auf hohem Niveau fließend gewesen war, brachte die ganze Woche nicht mal "Guten Tag" oder "Danke" mehr hervor. Erst am allerletzten Tag vor dem Abflug, als wir ein Spieletreffen mit seinen alten Kindergartenfreunden arrangiert hatten, legte sich endlich der Schalter um und er redete mit ihnen wieder Koreanisch, aber ihn fehlten immer wieder einzelne Worte. Ich bin sicher dass ein weiteres Jahr drauf nichts mehr wieder gekommen wäre. LG
Ach so, und zu den Betreuungszeiten: in Korea ging der Kindergarten bis 4 und in Japan bis 6 Uhr.
Danke Dir!
... wenn man eine Sprache in der Kindheit benutzt hat... aber je mehr Zeit vergeht, desto schwerer und langwieriger wird es, irgendwas davon wieder zu reaktivieren...
Ich bin 4-sprachig aufgewachsen (im südlichen Afrika) - 2-sprachig zuhause, weitere 2 Sprachen ab der ersten Klasse. Ab High School, die zwei Sprachen von der Grundschule nicht mehr, sonder 2 andere Sprachen, Deutsch ab dem Studium. Meine Tochter lernt 1 Sprache von mir, 1 von den Großeltern, und Deutsch durch eine biliguale Kita. Sie lernt Lieder in 2 weiteren Sprachen. Aus persönlicher Erfahrung, und auch als Musiklehrerin würde ich sagen, es kommt darauf an, wie die Sprachen gelernt werden, und was Du als Elternteil erreichen möchtest. Ich kann die Sprachen von der Grundschule nicht mehr Sprechen bis auf ein paar Sätze, aber alle Lieder, die wir damals gelernt haben, kann ich bis heute noch. Ich habe von den jeweiligen Kulturen auch sehr viel mitgenommen und kenne noch die Kulturelle Rituale und Feste. Ich würde mir nicht so viele Gedanken machen, ob das Kind später die weiteren Sprachen sprechen kann oder nicht. Hauptsache es hat durch die Sprachen positive Lern-Erfahrungen (auch mit viel Singen), und lernt einen Respektvollen Umgang mit anderen Kulturen zu haben. Die erste Kita, die ich ausprobiert habe, war zwar bilingual, aber eine sehr stressige Umgebung (zu viel Druck auf die Kinder wurde von den Erziehern und auch von den Eltern ausgeübt). Ein respektvoller Umgang mit anderen Kulturen (wie unsere) war eher wenig, sondern die dominante Kulturen wurden als besser gestellt. Bei denen ging es eben nur um die Sprachen, aber alles andere im Konzept hat mir nicht gepasst. Ich habe die Kita gewechselt - auch bilingual, aber hier wird viel Wert auf Kultur gelegt, nicht nur auf Sprache. Es ist auch viel entspannter und die Kinder sind glücklicher. Also mein Punkt ist, bitte lege nicht zu viel Wert auf die Bilingualität - alles andere soll auch Stimmen. Im Grundschulalter oder später kann das Kind auch eine Sprache auf Mutterspracheniveau lernen, insbesondere wenn die Immersionprinzip angewendet wird. VG