Elternforum Rund um die Erziehung

Kleinkind Wut- und Schreianfälle

Kleinkind Wut- und Schreianfälle

sarah

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Hallo, mein Sohn ist 3, 5 Jahre und war die längste Zeit über eher unkompliziert. Ich arbeite nur halbtags im Home office und hatte immer viel Zeit und Aufmerksamkeit für ihn. Der Umgang ist liebevoll und verständnisorientiert. Seit einiger Zeit bekommt er immer mehr Wutanfälle und haut dabei um sich, seinen Kopf auf den Boden, wirft Spielzeug oder schreit sich in Trance. Ich weiß nicht was ich noch machen soll, alle gängigen Tipps ohne Erfolg ausprobiert: Ihn ruhig aber streng ermahnen, ihn in sein Zimmer tun, bei ihm bleiben, ihn in den Arm nehmen, reden, nicht reden,Musik, Ruhe, Massagen, einfach daneben sitzen, ihm ruhig erklären warum das nicht geht, Kissen zum Hauen anbieten, ihn fragen wie er sich fühlt/an seiner Stelle über seine Gefühle reden.... Nichts hilft.  Habt ihr ähnliche Erfahrungen/andere Tipps? Grüße Sarah


Caot

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Wann hat er denn solche extremen Wutanfälle? In welchen Situationen? Was ist der/ein Auslöser? Du schreibst, dass Du Zeit hattest. Hast Du jetzt keine mehr?


JoMiNa

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Meine Erfahrung, ist, dass wenn der Wuranfall erstmal da ist, keine Tipps helfen. Die Kinder sind in der Situation komplett ihren Gefühlen ausgeliefert und da kommt man meist einfach nicht mehr durch. Es gibt da leider keinen Trick und keinen Aus-Knopf... Sei der Fels in der Brandung und versuche, dich emotional etwas von den Gefühlen deines Kindes zu distanzieren. Du kannst nicht alle schlechten Gefühle "wegmachen". Und jeder Wutanfall ebbt wieder ab, manchmal sogar schneller, wenn man nicht eingreift. (Ich weiß, nicht immer einfach.) Wutanfälle vermeiden kann man probieren, ist natürlich nicht immer machbar. Wichtig zu wissen ist, dass es zum einen den "offensichtlichen" Auslöser gibt, also zum Beispiel, Kind kann keinen weiteren Keks haben, oder die Sandburg stürzt zusammen. Aber oft gibt es "versteckt" die eigentliche Ursache: Müdigkeit, Hunger, Krankheit, Überreizung... In so einem Zustand, bei dem auch viele Erwachsene ein dünneres Nervenkostüm haben, reicht oft eine Kleinigkeit, die dann das Fass zum überlaufen bringt. Nach meiner Erfahrung kann man am noch am ehesten Wutanfälle umgehen, indem man entweder das Grundbedürfnis erfüllt (Essen, Schlaf, ein lautes Fest verlassen..), und, solange das nicht möglich ist,  frustrierende Situationen umschifft und dem Kind soweit möglich entgegen kommt. Also zum Beispiel, wenn man von einem aufregenden Tag spät nach Hause kommt, gleich ankündigen "Heute waschen wir nur die Hände und putzen die Zähne", anstatt sich auf einen Kampf unter der Dusche einzulassen. Oder wenn Kind immer hungrig nach der Kita ist, sollte beim heimkommen nicht sichtbar die Kekspackung rumstehen, und auch nicht erst mit kochen anfangen, sondern im Idealfall steht in wenigen Minuten etwas auf dem Tisch. Generell habe ich festgestellt, dass das Motto "Aus den Augen, aus dem Sinn" oft hilft, einen Wutanfall etwas abzukürzen. Damit meine ich, wenn Kind sich zum Beispiel darüber aufregt, dass es etwas haben möchte, was es nicht darf, hilft es viel eher, den "Stein des Anstoßes" aus dem Zimmer zu bringen oder in einen Schrank zu packen, als viele Worte und Erklärungen darüber, warum es das gerade nicht haben darf, oder Trost- und Ablenkungsversuche. Sei für dein Kind da, und sei verlässlich im Alltag. Irgendwann wird es vorbei gehen, bis dahin starke Nerven dir 😉 (Ich habe hier auch eine fast 4-jährige..)


User-1750749248

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Auf jeden Fall dabei bleiben und begleiten. Ermahnen, ihn in sein Zimmer schicken/tun, signalisieren, dass seine Gefühle nicht ok sind. Das wäre das falsche Signal und er würde lernen, seine Gefühle zu unterdrücken. Während der Ausbruchs ist das Gehirn nicht aufnahmefähig, da kannst du reden, soviel du willst. Besser ist es, sich immer wieder in ruhigen Momenten Strategien zu überlegen, zB mit Hilfe eines Buches oder Geschichten. Überlegt zusammen, was man machen kann, um die Wut rauszulassen. Gibt es klare Regeln und Strukturen? Wutanfälle können auch ein Schrei nach Führung durch die Eltern sein. 


kea2

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"Ermahnen, ihn in sein Zimmer schicken/tun, signalisieren, dass seine Gefühle nicht ok sind. Das wäre das falsche Signal und er würde lernen, seine Gefühle zu unterdrücken." Das kommt auf's Kind an.  Unsere Tochter kam nicht runter, wenn einer von uns in der Nähe war, sondern steigerte sich nur immer mehr in ihren Wutanfall rein. Da war die einzige Möglichkeit, sie in ihr Zimmer zu schicken bis sie sich abgeregt hatte. Sie ist jetzt übrigens 18 und zeigt es zwar sozialverträglicher, aber trotzdem immer noch sehr deutlich, wenn sie wütend ist. 


Jorinde17

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Huhu, wir hatten diese Phase auch. Was bei meinem Sohn half, war nicht, ihn zu trösten oder auf ihn einzureden – sondern konstruktiv da heranzugehen. Also eine Lösung anzubieten. Ich habe z.B. zuerst das Gefühl benannt und gesagt: "Ich sehe, du bist wütend. Das verstehe ich. Was könnten wir tun, damit du nicht wütend sein musst?" Manchmal half das, mein Sohn hatte plötzlich einen Einfall, oder ich hatte einen Vorschlag, und wir haben einen Kompromiss gefunden. Eine weitere gute Möglichkeit ist Ablenkung. Bevor das Kind sich warmschreit, sagt man schnell: "Warte mal! Ich hole jetzt den Staubsauger, willst du mir beim Saugen helfen?" "Ich mache jetzt einen Obstsalat, will du mir beim Schnippeln der Äpfel helfen?" "Sollen wir zusammen dein Lieblingsessen kochen?" Manchmal sind Dreijährige einfach deshalb chronisch unzufrieden, weil sie zu wenig mitmachen dürfen. Kleine Kinder wollen nicht immer nur spielen, sie wollen auch groß, nützlich und gebraucht sein in der Familie. Denn sie sind ja mitten im sog. Selbstständigkeitsalter. Dreijährige können schon fast alles: beim Einkaufen, beim Tischdecken, beim Gemüseschneiden helfen (kleines Messer), beim Putzen und Wäschefalten helfen, beim Heimwerken mitmachen, im Garten helfen, die Blumen gießen usw. Ja, das kostet mehr Zeit und das Ergebnis ist nicht perfekt, wenn das Kind hilft. Aber das macht nichts, dafür hat man ein zufriedenes Kind. Ideal ist es natürlich, das Kind von vornherein mit einzubinden, noch bevor ein Wutanfall passiert. Die Anfälle werden dann schnell seltener. Ich habe einen genialen Buchtipp, der bei uns wirklich alles verändert hat: "Mein kompetentes Kind" von Jesper Juul (Familientherapeut, Entwicklungsexperte). Es hat die Wut bei meinem Sohn fast innerhalb von Tagen weitgehend aufgelöst, es war der einzige Erziehungsratgeber, der schnell geholfen hat. Jesper Juul sagte übrigens in einem Interview mal augenzwinkernd: "Trotzalter ist, wenn das Kind selbstständig wird, und die Eltern trotzig." Und da ist was dran.   LG


kea2

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Vermutlich ist er spät dran mit der Autonomiephase. Unser Sohn war ähnlich spät dran damit. Frag Deinen Sohn doch mal in einer ruhigen Minute, was er von Dir erwartet, wenn er so richtig, richtig wütend ist. Will er dann lieber in Ruhe gelassen werden oder getröstet oder was auch immer?  Wenn der Wutanfall durch ist, würde ich mit ihm nochmal über die Situation sprechen. Ansonsten geht diese Phase auch irgendwann vorbei.