Elternforum Rund um die Erziehung

Alltagsprobleme - Vertrauen – Telefonieren

Alltagsprobleme - Vertrauen – Telefonieren

Mitglied inaktiv

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Hallo, Mir fällt auf, dass wenn es um die Umsetzung von Nichterziehung geht, vor allem wenn es um bereits erzogene Kinder geht, viele Panik bei bestimmten Dingen kriegen: Schlafen gehen, Zähne putzen, Verkehr, TV.... Ein guter Tipp ist vielleicht: Man muss nicht gerade beim Schwierigsten anfangen! Und wenn man schon damit anfängt, wird es nicht gleich gut laufen :-) Braucht alles seine Zeit. Wenn das *größte Problem* im Alltag das Telefonieren ist, sollte man sich nicht als erstes darüber Gedanken machen, wie man DAS Problem "mit Nichterziehung" oder "à la Nichterziehung" lösen könnte, als müsste Nichterziehung DAS Patentrezept bieten. Und wenn man DAS Problem (Schlafen, Verkehr, Zähne putzen, was auch immer aktuell ist) nicht ultimativ mit Nichterziehung lösen kann – dann KANN das ja gar nicht funktionieren, so oft die (implizierte) Schlussfolgerung. So funktioniert das aber nicht. Wenn man zu Nichterziehung übergehen will, gilt es zuallererst, das Vertrauensverhältnis wieder herzustellen, und zwar möglichst hin zu 100%. Erst dann kann man sich voll und ganz den krassen Problemen widmen. Und wenn man das dann tun will wird man plötzlich merken, dass sie sich in Luft aufgelöst haben oder eben, durch das Vertrauen sehr sehr leicht zu lösen sind (Kind oder Mama akzeptiert einfach; Kompromiss wird schnell gefunden; andere Lösung wird schnell gefunden; man fragt einfach nach einem freien Abend und das Gegenüber sagt ja klar mach ich...)... Das bedeutet, dass man beim Telefonproblem jetzt z.B., das Verhalten des Kindes nicht unbedingt als ich will stören oder ich will auch telefonieren oder ich will auch Aufmerksamkeit sieht, sondern primär am Vertrauen arbeitet. Was kann ich als Mutter/Vater tun, damit wir uns gegenseitig wieder vertrauen können? Beim Telefon gibt es vielleicht einige Dinge, die man tun kann (was ist das Bedürfnis dahinter etc.) aber vorrangig wird man an der Gesamt-Familiensituation was ändern, am Gesamtvertrauen. Und wenn man einfach keine Lösung findet? Dann weiß man halt nicht, wie man das jetzt mit dem Telefon lösen kann! Nicht schlimm! Dann wird es halt eine Weile ungelöste Probleme geben, na und? es muss ja nicht von vornerein alles glatt laufen, im Gegenteil, es wird zu anfangs mindestens genauso viele Pannen geben, wie bei ERziehung, da kommt man ja her und die ganze Umstellung und überhaupt. Dann wird das Telefon-Problem halt eine ganze Weile weiterhin nerven. Ich habe total viele Probleme total lange nicht lösen können! Und es gibt immer wieder Mal Herausforderungen! Man wird dann in anderen Bereichen irgendwas tun, um das Vertrauen aufzubauen. Man wird nachgeben, man wird mehr ja sagen, man wird eine Ja-Umgebung schaffen, man wird dem Kind was vom Boden aufheben, obwohl es sich das selbst nehmen konnte, man wird dem Kind von vornerein eine Freude machen und irgendwas tun, was sonst immer "verlangt" wird, oder sonst verboten war (Nutellabrot schmieren und zum Fernseher bringen oder so; Lieblingseis einfach kaufen und Mal ausnahmsweise zum Frühstück servieren), Man wird vielleicht Mal Blumen für das Kind kaufen und Liebesbriefe (Zettelchen) schreiben, man wird sich Mal dazu setzen, anstatt über Fernsehkonsum zu motzen, man wird mal schlucken udn man wird seine eigenen Bedürfnisse noch mal ein bisschen zurücknehmen, für eine Weile – das alles einfach, weil wir erst Mal nur am Vertrauen arbeiten. Alles andere ist zweitrangig in der Übergangsphase. Es geht erst Mal darum, dass das Kind Vertrauen fasst: Meine Eltern wollen wir wirklich nur gutes, wir können tatsächlich Freunde sein und: meine Freiheit wird mir WIRKLICH nicht wieder weggenommen. Das Austesten der Freiheiten wird ertragen. Das ist ähnlich bei Kleinkindern, selbst wenn die keine "Übergangsphase" durchmachen! Und zwar wird am gegeseitigen Vertrauen gearbeitet – deshalb wird man auch mal machen lassen, obwohl man es vorher nicht getan hätte, man wird bestimmte Dinge erlauben und frei geben etc. Und man wird viel über Freiheit, Gleichberechtigung, Zusammenleben in der Familie, usw. reden. Und wenn nach und nach das Vertrauen wieder da ist, weil das Kind auch sieht, dass man sich stets bemüht – zwar nicht immer Lösungen findet, aber sich eben stets bemüht, wenigstens, und weil das Kind sich INSGESAMT ernst genommen fühlt (eben nicht nur bei diesem einen Problemfeld), dann werden sich Lösungen und neue Verhaltensweisen auf beiden Seiten (Eltern/Kind) auf andere Probleme übertragen! Dann läuft irgendwann alles von selbst. Die Kreativität fließt, man hat Spaß dabei, weil alles so harmonisch läuft und es so spannend ist, sein Kind dabei zu beobachten, wie es sich frei entfaltet, man ist geübter geworden im finden von Lösungen, das Kind ist älter geworden, die Probleme haben sich geändert – aber jetzt hat es einen echten Partner, auf das es zählen kann, um *gemeinsam* (nicht gegeneinander zugunsten nur einer Person) Probleme zu lösen! Unter diesen Gesichtspunkten wäre zu überlegen, ob das Telefon-Kind (ich weiß gerade den Namen nicht mehr richtig.. Larissa?) der Mama nicht so richtig vertraut, wenn sie sagt, wir spielen danach gleich weiter oder was auch immer sie verspricht? Wenn sie angespannt ist, strahlt sie wohl auch nicht unbedingt mehr Vertrauenswürdigkeit aus. Es irritiert das Kind vielleicht, wenn sie bereits mit den Nerven am Ende ist und voll gestresst am Telefon mehr oder minder anschreit, er soll sie jetzt endlich in Ruhe lassen, was weiß ich – ich spinne nur rum und will nichts in den Mund legen – es geht mir nur darum, dass man da vielleicht eher ansetzen könnte. Ich würde direkt das Kind ansprechen und fragen, ob es selbst Ideen hat, wie Mama telefonieren könnte. In ruhiger Minute und wenn es gerade Zeit hat ("Hast du gerade Zeit?" wie bei einem Erwachsenen.), nicht gerade wenn es irgendwas spannendes macht oder direkt nach einem solchen Streit! Vielleicht hilft eine schriftliche (auch wenn er nicht lesen kann) Bestätigung, dass wir danach wirklcih weiter spielen. Oder ein Brief, etwa so: "Lieber X, ich habe ein kleines Problem. Manchmal möchte ich telefonieren. Du möchtest lieber spielen. Hast du eine Idee für ein Spiel ohne mich, oder ein leises Spiel damit ich telefonieren kann? Ich bin sicher, dir fällt etwas ein. Hoffentlich kannst du mir helfen, denn ich weiß gerade nicht weiter. Deine Mama." Versuch das Mal, kann ja nicht schaden. Weil er wahrscheinlich nicht lesen kann, wird er sich jemanden suchen, der das vorliest, und wenn es du selbst bist. Kinder spüren bereits die Wichtigkeit eines Briefes und des geschriebenen Wortes. Vielleicht ist das ein Weg, wie ihr miteinander in schwierigen Situationen besser kommunizieren könnt (vielleicht auch nicht). Ansonsten fällt mir ein, dass du ihn vielleicht Mal per Handy aufs Festnetz anrufen könntest, und ihr Mal so richtig telefoniert :-) Vielleicht könntet ihr das öfter machen, und vielleicht merkt er, wie gut es ist, wenn man nicht unterbrochen wird. Oder du sagst ihm deine Message per Telefon. Was noch.. ach ja, du könntest noch ihn bei genau dem unterstützen, was er machen will, wenn du telefonierst. Er will ja spielen und Aufmerksamkeit, du willst telefonieren. Vielleicht könntet ihr bestimmte Spiele nur fürs Telefonieren aufheben (also vorrangig). Meine Tochter mag Rückenkraulen total gerne, ich könnte mir vorstellen, dass es bei ihr geklappt hätte, dass ich ihr den Rücken kraule, während ich telefoniert hätte (statt sie danach anzuschreien, was ihr einfällt :-( ). Vielleicht gibt es andere Schmuseweisen, die ihr gern habt? Du könntest ihn fragen, ob er sich vernachlässigt vorkommt, und ob schmusen dann helfen würde. Ihr könntet solche Dinge wie Tic Tac Toe spielen, da braucht man ja nicht so konzentriert sein. Oder Käsekästchen. Oder überhaupt zusammen malen oder schreiben, während du telefonierst... Vielleicht haben andere hier noch Ideen, was man so nebenbei spielen kann, wenn er so gerne spielen will. Vielleicht kannst du dir die Fussnägel lackieren lassen, macht ihm bestimmt Spaß... oder irgendein Steckspiel? Frisör spielen und Haare flechten oder flechten lassen? Kneten? Grimassenschneiden? Vielleicht fällt dir beim zukünftigen Spiel selbst irgendwas auf, was du verwenden könntest. Vielleicht, wenn er merkt, dass du ihm wirklcih entgegenkommst, kommt er dir auch entgegen – diese ganzen Ratschläge helfen aber vielleicht gar nicht, wenn du ansosnten ordentlich erziehst, weil er dann eben nicht das Vertrauen haben kann, dass es nicht doch nur eins deiner "Tricks" ist... Und irgendwann, wenn du ihm sehr viel entgegengekommen bist, und er gemerkt hat, dass du keine Tricks anwendest, sondern einfach nur ganz ehrlich, wenn du telefonieren musst/willst, dann wird es auch reichen, wenn du ihn freundlich bittest, dich mal kurz in Ruhe zu lassen (mit hoher Wahrscheinlichkeit jedenfalls), genau so wie es für dich reicht, wenn er dich freundlich bittet – oder etwa nicht? (vielleicht auch ein Ansatzpunkt). Gruß Johanna www.unerzogen.de


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Hallo Johanna, Nichterziehung als grundsätzliches Konzept ist ja eine Sache, aber Deine Prämisse "erzogene Kinder können kein Vertrauen in ihre Eltern haben, weil die ihre Bedürfnisse und Wünsche nicht ernst nehmen und die Kinder deswegen hinter jeder Aktion der Eltern einen Trick vermuten müssen" finde ich komplett daneben - und entzieht im Grunde jeder Diskussion zwischen Erziehern und Nichterziehern jeden gemeinsamen Boden. Das "deine Kinder können kein Vertrauen zu dir haben!" ist einfach ein Totschlag-Argument, so empfinde ich das zumindest. Damit wird ja suggeriert, dass Erziehung per se gar nicht funktionieren kann, oder? Im übrigen - ich "erziehe ordentlich", und ich bilde mir schon ein, dass meine Kinder Vertrauen zu mir haben, so wie ich Vertrauen in meine Eltern habe, die mich erzogen haben. Im übrigen frage ich auch Erwachsene nicht, ob sie vielleicht gerade Zeit für ein Gespräch haben, das frage ich nur, wenn es für mich konkrete Gründe für die Annahme haben, derjenige könnte gerade keine Zeit haben. Ich würde auch nie sagen "ich möchte heute einkaufen gehen" oder "ich möchte, dass ihr mit mir einkaufen geht", und erst recht nicht "es ist mein Wunsch, du bist eingeladen mitzukommen – und du bist frei, frei zu entscheiden, ob du das eventuell auch möchtest". Meine beiden Kleinen sind 1 und 3, und die sind nicht "eingeladen", zum Einkaufen mitzukommen, die kommen mit. Und meinem Ältesten sage ich "ich gehe einkaufen, willst du mit oder nicht?". Wobei ich auch versuche, die Bedürfnisse/Wünsche meiner Kinder ernst zu nehmen - aber dann sage ich eben, spiel noch fünf Minuten, dann gehen wir einkaufen - und dann ist das auch okay und gibt weder eine Diskussion noch einen "Machtkampf". Eventuell, weil auch meine Kinder Vertrauen zu mir haben, und sich auf meine Ansagen (nicht Vorschläge, sicher) verlassen können..?? Kann ja aber nicht sein, weil ich ja erziehe... Ich erziehe nach dem Motto, soviel Freiheit wie möglich, es gibt Nutellabrote, wenn denn mal jemand will, um Dein Beispiel aufzugreifen, und jede Menge "Freiheiten", und dann darf eben auch mal im Wohnzimmer gekrümelt werden oder sonstwas, und ich bilde mir schon ein, dass ich meine Kinder ernst nehmen. Aber ein paar Regeln fordere ich schon ein und erwarte, dass die Kinder sich daran halten - und merkwürdiger Weise scheint es zu funktionieren, aber wahrscheinlich ist es eh nur Training und konsequentes Aufgeben der Kinder... *grummel* So, jetzt habe ich mal meinem "Bedürfnis", mich über die Prämisse "erzogene Kinder können kein Vertrauen zu ihren Kindern haben" mal so richtig kräftig aufzuregen, hemmungslos nachgegeben und meinen Wunsch dazu ausgelebt - jetzt kann ich mich wieder beruhigen. :-) Gruß, Leena


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o.T.


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Dass alle erzogenen Kinder kein Vertrauen haben sollen, widerstrebt meiner Erfahrung massiv. Ich kann jedem Satz von Dir rundum zustimmen. Gruß Tina


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Danke Johanna, hab mir dein Posting gründlich durchgelesen und bin dir dankbar für deine vielen Ratschläge. Werde auf jeden Fall was ändern! Ein Punkt ist bei uns sicher, dass ich doch sehr impulsiv bin. Einerseits zwar sehr ruhig, aber wenn man mich dann lange genug reizt, dann eben sehr aufbrausend. Daran arbeite ich schon, denn ich weiß, dass das sehr verunsichernd auf ein Kind wirkt...