irgendwasmitJ
Viel zu kurz und doch für immer Es ist der 8. September 2021 – unser zweiter Ultraschalltermin wo wir unseren kleinen Schatz endlich wieder sehen können. Nasse Hände, hoher Puls und eine innere Unruhe begleiten uns zum Arzttermin und doch begleitet uns auch ganz viel Freude und Hoffnung. Vielleicht zum Hintergrund, wir hatten im letzten Jahr bereits eine Fehlgeburt mit Zwillingen in der 11 SSW. Ein Wechselbad der Gefühle aber wir geben uns gegenseitig Mut und Halt. Es ist die 10 SSW also gar nicht mehr lang, bis wir den kritischen Teil endlich überstanden haben. Ich setze mich auf den Stuhl und die Ärztin schallt. Schon auf den ersten Blick erkenne ich, dass da etwas nicht stimmt. Es sah so anders aus im vergleich zu dem Bild, was wir im letzten Jahr in dieser Woche hatten. Da waren unsere Zwillinge deutlich größer. Mein Kopf möchte es nicht einsehen aber ich spüre es. Die Ärztin sagt erstmal nichts und schallt weiter. „Da stimmt etwas nicht...“ sagte sie Stille. Leere. Tränen. Ein Dejavue? Die Ärztin war sehr einfühlsam und emphatisch und nahm uns mit in Ihr Sprechzimmer um uns über die weitere Vorgehensweise aufzuklären. Mir blieb die Stimme weg. Nichts desto trotz waren wir gefasster als beim letzten Mal. Wahrscheinlich weil wir wussten, dass es passieren kann und es schon einmal erlebt hatten. Jedenfalls war es anders. Ab diesem Moment funktioniert man einfach ohne viele Gefühle. Das realisieren kommt später. Die Ärztin machte mir eine Überweisung fürs Krankenhaus fertig, wo ich mich vorstellen sollte und sagte aber auch dazu, dass ich das nicht direkt machen muss sondern wir uns die Zeit die wir brauchen nehmen können, solange ich keine Beschwerden habe. Mein Körper war weiter im Schwangerschaftsmodus und würde erstmal nicht bemerken, dass da kein Leben mehr in mir ist. Selbst meine Fruchthülle ist zeitgemäß entwickelt gewesen für die 10 SSW– nur der Embryo ist in der 8 SSW stehen geblieben. Während mein Herz weiter schlug, blieb das kleine Herzchen stehen, ohne auch nur irgendwelche Anzeichen. Mir war weiterhin übel, meine Brüste wuchsen und auch der Bauch war schon ganz klein aber sichtbar. Ich habe wieder nichts gemerkt. Wieder „missed abortion“. Wieder viele Symptome, die mich in Sicherheit wogen und wieder eine so so große Enttäuschung. Klar, hatte ich Angst dass uns das nochmal passiert aber wirklich damit gerechnet habe ich nicht. Warum spürt man sowas als Mama nicht? Wieder kommen mir so viele Fragen in den Kopf: Warum muss ich bzw wir das schon wieder erleben? Warum klappt es im Freundeskreis so gut und bei uns nicht? Womit habe ich das verdient? Was stimmt nicht mit mir oder meinem Körper? Warum darf unser Kind nicht zu uns kommen? Warum schenkt man uns das Glück schwanger zu werden und nimmt es uns dann wieder? Warum darf ich keine Mama werden? Am nächsten Tag fuhren wir ins Krankenhaus. Dort wurde erstmal wieder Blut abgenommen um den HCG-Wert zu überprüfen. Dann wurde die „missed Abortion“ von der Oberärztin anhand des Ultraschalls bestätigt. Es war eine so nette Ärztin, ganz anders als das was wir im letzten Jahr erlebt haben nach unserer Fehlgeburt mit den Zwillingen in der 11 SSW. Diesmal wurden uns drei Möglichkeiten aufgezeigt wie weiter vorgegangen werden kann. 1. warten und hoffen, dass der Körper die SSW von allein los lässt, dies kann allerdings noch Wochen dauern 2. eine klassische Ausschabung, schnell gemacht mit Vollnarkose, ohne Schmerzen und die am liebsten gewählte Variante der meisten Ärzte (dazu später mehr) 3. Die Einnahme von Cytotec zur Unterstützung des natürlichen Abgangs zuhause Wir bzw ich entschied mich für die dritte Variante. Für mich war es von vorne rein klar, dass ich nie wieder eine Ausschabung machen wollte, wenn es nicht unbedingt sein muss. Beim letzten Mal hatten wir keine Wahl und wurden förmlich dazu gedrängt die Ausschabung zu machen und am liebsten direkt. Uns wurde keine Wahl gelassen und bzgl der Einnahme der Tabletten meinte die Oberärztin im vergangen Jahr (übrigens ein anderes Krankenhaus), dass ich dann vermutlich sowieso in der Notaufnahme lande und danach auf dem OP Tisch, da man dann verbluten würde und und und. Es gäb nur die Ausschabung und Punkt. Egal ob man will oder nicht. Egal wie man sich als Frau dabei fühlt. Kurzen Rückblick auf den Ablauf der Ausschabung: Ich kam morgens im Krankenhaus nüchtern an, bekam ein Bett und musste dort drei Stunden warten bis die Tablette wirkte, die sie mir gegeben hatten damit der Muttermund sich weitete. Das hat natürlich nicht weh getan aber was diese Warterei in diesem sterilen Zimmer mit einem gemacht hat steht außer Frage. Man ist dort eben eine Nummer, die routinemäßig schnell abgearbeitet wird. Mein Mann durfte gott sei dank dabei sein. Er ist eine so unglaublich große Stütze und litt genauso wie ich – zumindest seelisch. Die OP wird wie eine Mandel OP oder andere Routine OP behandelt obwohl es doch so viel mehr ist Man wird mit einem Baby im Bauch in den OP geschoben und kommt ohne nach 20 min wieder raus Klar spürt man da körperlich nix aber man fühlt sich danach einfach nur beraubt. Beraubt um sein Baby, dass einfach aus einem rausgekratzt wurde ohne dabei an die Psyche der Frau zu denken. Egal wie klein es auch war, es war unser Baby. Kein Zellhaufen oder Gewebestück. Sondern unser Baby, mit dem man die Zukunft ab Minute 1 geplant hat und sich so sehr drauf gefreut hat und man hat es vor allem von Angang an geliebt. Es ist wohl das schönste, was eine Frau erfahren kann und ebenso kann es auch das schlimmste werden. Die Op hatte ich körperlich gut überstanden und konnte auch abends wieder nach Hause. Damit war das für die Ärzte abgehakt aber für mich lange nicht. Ich habe mehrfach danach von der OP geträumt und mich so leer gefühlt wie noch nie zuvor. Eben war ich noch schwanger und jetzt bin ich es nicht mehr. Ein so komisches Gefühl. Und kein wirklicher Abschied. Wir haben zwar noch ein Bild bekommen von den Ärzten, wo sie uns die Embryos fotografiert haben aber das war viel zu surreal. Ich könnte noch viel mehr zu dem Thema Ausschabung schreiben aber das wichtigste ist für mich, dass ich hier Frauen Mut machen kann, darauf zu bestehen auch andere Optionen von den Ärzten aufgezeigt zu bekommen und nicht nur diese. Denn dieser Weg macht mehr mit der Psyche als man denkt. Lasst euch zu nichts drängen und gebt euch die Zeit, die ihr braucht, solange es keine Komplikationen gibt. Und wie ich schon mehrfach gelesen habe: Wenn der menschliche Körper nicht selbst in der Lage wäre, den Prozess allein durchzuführen, dann gäbe es doch die Menschheit nicht. Die Ausschabung ist in den meisten Krankenhäusern einfach nur einfacherer abzurechen und mehr nicht. Ich hatte lange mit dieser ganzen Erfahrung zu kämpfen. Es ist eben auch ein kleines Trauma, wenn man sowas erlebt und dann zusätzlich noch Ärzte um sich hat die wenig Emphatisch sind und einem noch viel Angst zusätzlich machen. Das war eine harte Zeit, die wir aber als Paar gut gemeistert haben und uns viel gutes getan haben um seelisch gesund zu bleiben und weiter positiv zu denken. Die Zeit nach der Ausschabung war körperlich auch noch hart, ich hatte viele Blutungen und auch meine erste Periode war ziemlich heftig mit vielen Gewerbestücken. Ich habe mich 3 Wochen krankschreiben lassen. Als ich dann wieder arbeiten war, kam viel wieder hoch und ich war sehr erschöpft. Habe viel geweint aber habe auch viel Rückenwind von den Kollegen bekommen. Was sehr viel wert ist. Nach dieser Erfahrung konnte ich mir nicht mehr vorstellen, jemals nochmal schwanger zu werden. Es hat ein Jahr gedauert bis wir uns dann doch wieder einigermaßen erholt haben und wieder schwanger wurden.Übrigens konnten wir unsere Zwillinge das würdevoll beerdigen. Es gibt bei uns Gott sei dank die Möglichkeit Sternenkinder zu begraben. Es gibt hier auf einem Waldfriedhof einen Gedenkstein für alle Sternenkinder und rund herum sind die Kinder dann begraben. Das ist eine schöne Stelle, wo man nicht allein ist und weiß, dass es vielen anderen gerade ähnlich ergeht. Das tröstet etwas. Zurück zur Einnahme von Cytotec. Ich bekam vier Tabletten mit nach Hause, die ich vaginal einführen sollte. Wann ich das mache, wurde mir überlassen. Empfohlen wurde es Abends zu machen, da man dann die nötige Ruhe hat. Wir haben uns für Sonntagabend entschieden. Waren vorher noch einen Tag am Meer um unserer Seele etwas gutes zu tun und dann bereit diesen Schritt gemeinsam zu meistern. Schon jetzt hatten mein Mann und ich ein besseres Gefühl als beim letzten Mal vor der Ausschabung. Wir hatten das Gefühl einen richtigen Abschied vor uns zu haben. Was uns beim letzten Mal genommen wurde. Wir konnten selbstbestimmt sagen, wann wir bereit sind und uns wurde keine Angst gemacht. Häufige Nebenwirkungen gab es bei dem Mittel kaum welche und auch die Erfahrungsberichte, die ich gefunden habe, waren meistens positiv. Also hatte ich davor keine große Angst – aber natürlich Respekt vor dem, was auf uns zu kommt. Das wir diese Situation als Paar nicht aushalten – darüber habe ich mir keine Sorgen gemacht. Wir meistern alles zusammen. Die guten wie die schlechten Zeiten. 17:35 Uhr: Einnahme der vier Tabletten vaginal 19:00 Uhr: ziehen im Unterleib in Etappen (kleine Wehen) 19:45 Uhr:leichte Blutung 21:00 Uhr Schüttelfrost und weiterhin Unterleibkrämpfe in Etappen (mit Ibu gut in den Griff zu bekommen aber dennoch ordentlich spürbar) 22:30 Uhr starke Krämpfe, Auswurf von viel Gewebe mit Embryo (Hat ausgesehen wie ein Stück Leber, Nabelschnur war gut zu erkenn und kleines Köpfchen mit Körper ebenfalls) Es hört sich vielleicht komisch an aber wir haben den Embryo ganz selbstverständlich aus der Toilette gefischt und uns genau angeschaut. Man konnte ihn gut erkennen. Mein Mann und ich saßen vor der Toilette und es war ein moment des innerlichen Friedens. Wir waren einfach erleichtert, dass wir diesen Moment zumindest bekommen haben um unser Baby zu sehen - auch wenn es unendlich traurig ist, dass es den Weg nicht zu uns gefunden hat und wir es so schnell gehen lassen mussten.Nichts destro trotz war dieser Moment wirklich nicht schlimm sondern eher dankbar für uns. Ich selbst hätte nie gedacht, dass ich so eine Situation meistern kann aber man lernt immer wieder mehr über sich und merkt, dass man stark sein kann und dann einfach funktionert, wenn es um die Liebe geht. Immerhin war es mein Baby, was in meinem Bauch war – wenn auch nur für ein paar Wochen. Ich habe es von Anfang an geliebt. 00:00 Uhr: Die Blutung wurde kräftiger 02:30 Uhr: Ablösung der Plazenta (vermuten wir) Auch diese haben wir aufgefangen und in die Metallbox gelegt zum Embryo, für eine mögliche Untersuchung im Krankenhaus. In dem Moment, wo das Stück abgegangen ist, waren wir etwas übefordert, da wir nicht nochmal mit so einem großen Stück gerechnet hatten und zwischendurch schon geschlafen haben. Danach setzten wir uns aufs Sofa, machten uns Kerzen an und hielten kurz Inne, hielten unsere Hände und waren ein wenig erleichtert, das gröbste einigermaßen gut geschafft zu haben. Wir gingen noch kurz auf den Balkon, schauten in den Sternenhimmel und dann schliefen wir ein wenig. Um 05:00 Uhr nahmen die Unterleibschmerzen ziemlich zu, die Blutungen waren nicht ohne. Ich nahm erneut eine Schmerztablette und versuchte noch zu schlafen. Am Nachmittag brachten wir den Embryo samt Plazenta zur Untersuchung ins Krankenhaus. Dort wird ja leider nur eine normale äußerliche Untersuchung gemacht und erst nach der dritten Fehlgeburt eine genetische. Nichts desto trotz waren wir froh, alles aufgefangen zu haben und dass das Krankenhaus sich zudem auch um die Bestattung kümmert. Es war eine heftige Nacht und auch die Tage danach noch mit heftigen Blutungen (vor allem Morgens mit viel Gewerbestücken) verbunden. Dennoch war es nach wie vor für uns und vor allem für mich körperlich sowie seelisch die bessere Variante um diese Erfahrung zu verarbeiten. Ich kann die Methode mit Cytotec nur empfehlen, da es für mich körperlich/seelisch viel besser war und wir so als Paar zusammen sein konnten und es gemeinsam durchgestanden haben. Man sollte in der Situation auf keinen Fall allein sein, ich kann mir nicht vorstellen, wie es ohne meinen Mann gewesen wäre. Zudem ist viel trinken und vorher gut essen wichtig, damit der Kreislauf stabil bleibt. Aber auch da habe ich ganz normal wie immer gegessen und getrunken und keine großartigen Nebenwirkungen verspürt bis auf den Schüttelfrost für ca. 30-60 Minuten. Wir haben uns ein paar Tage zusammen genommen um uns gutes zu tun, viel zu schlafen und das Erlebte sacken zu lassen. Mein Mann ist am Ende der Woche wieder arbeiten gegangen. Ich dagegen fühle mich noch nicht bereit dazu und nehme mir meine Zeit für die Seele. Ich möchte euch mit meinem Erfahrungsbericht Mut machen und hoffe, es ist mir ein wenig gelungen. Wir sind trotz dieser schlimmen Erfahrung jetzt viel hoffnungsvoller als beim letzten Mal. Glauben daran, irgendwann auch ein Baby im Arm halten zu dürfen und bleiben hoffnungsvoll. Der Schmerz bleibt aber er wird erträglicher. Unsere Sternchen bleiben immer ein Teil von uns und das wird sich nicht ändern. Diese Erfahrung hat viel mit uns gemacht und die Ansicht auf so vermeindlich selbstverständliche Dinge die die Schwangerschaft stark verändert. Jedes Kind ist ein Wunder und ein so kostbares Geschenk. Das war uns auch vorher bewusst aber jetzt umso mehr! Kleiner Nebengedanke: Ich finde es übrigens auch schade, dass in so einer Situation nur die Frauen gehört werden und Männer damit klarkommen müssen. Für die Väter ist es natürlich eine andere Situation aber dennoch zerplatzt auch für sie eine Zukunftsblase, sie müssen zusehen, wie die Frau körperlich leidet und haben das Kind ebenfalls von Minute 1 geliebt. Männer sollten auch zu Wort kommen dürfen uns öffentlich trauern dürfen ohne dass sie gleich dafür verurteilt werden und funktionieren müssen. Ich finde es schade, dass das Thema allgemein noch immer nicht thematisiert wird. Dabei hilft ein offener Umgang damit ungemein. Wir zumindest gehen da offen mit um und fühlen uns damit besser, da es nichts ist, wofür man sich schämen muss und so vielen Paaren passiert. Verliert den Glauben & die Hoffnung nicht! Einen Grund gibt’s in den meisten Fällen nicht aber versucht zumindest das was man untersuchen lassen kann zu untersuchen. Ich werde eine mögliche Gerinnungsstörung untersuchen lassen und dann mal weiter schauen. Erstmal muss das erlebte jetzt verarbeitet werden und ich habe den starken Glaube, dass wir unsere Kinder irgendwann wieder sehen und sie nun im Himmel beschützt werden von unseren verstorbenen Großeltern. Für den Verstand ist es nach wie vor schwer nachzuvollziehen, warum man das erleben musste aber das Leben ist eben machmal einfach so und wir müssen versuchen damit klarzukommen. Durch meine Erfahrung kann ich sagen, dass es auch so viel ausmacht, wenn man sich bei seinem Arzt/Krankenhaus wohlfühlt und dieser auf einen eingeht. Lasst euch zu nichts drängen und sucht euch, wenn ihr kein gutes Gefühl habt, lieber einen anderen Arzt. Uns hat es dieses Mal viel Mut gemacht statt Angst und wir blicken trotz vielen Tränen und vieler offener Fragen optimistisch in die Zukunft. Unser Kinder waren viel zu kurz in meinem Bauch– und bleiben trotzdem für immer in unseren Herzen.
Das tut mir ehrlich leid für euch. Ich wünsche euch ganz viel Kraft und das es bald klappt. Es ist schön das du und dein Mann da so gut für einander sorgt. Das ermahnt einen nochmal die eigene Familie nicht als selbstverständlich zu nehmen. Alles Gute
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