Vorzeitige oder spätere Einschulung

Maedchen mit Zoepfen malt

© Adobe Stock, Oksana Kuzmina

Normalerweise werden Kinder mit 6 Jahren eingeschult. Genau geregelt wird das durch die sogenannte Stichtagregelung

Doch natürlich gibt es immer Kinder, die einfach "etwas früher dran sind" als andere. Die sich im letzten Kindergartenjahr oft fürchterlich langweilen und besser in der Schule aufgehoben wären. Und genauso gibt es Spätzünder, die sich in allem etwas mehr Zeit lassen als ihre Altersgenossen. Und die - obwohl schon alt genug - eben einfach noch nicht reif sind für die Schule. Doch wer kann Eltern bei dieser wahrlich nicht leichten Entscheidung, die ja meist Auswirkungen auf das ganze künftige Schulleben hat, beistehen?

Argumente für und gegen eine vorzeitige Einschulung

Das Hauptargument gegen eine vorzeitige Einschulung bzw. für eine Zurückstellung, das immer wieder von Lehrern, Ärzten und Psychologen vorgebracht wird, ist die Körpergröße des Kindes. Ein kleines, zartes Kind hat es eben schwerer sich gegen große Klassenkameraden oder auch gegen rüpelhafte Dritt- und Viertklässler auf dem Schulhof zu behaupten. Lassen Sie sich hier aber nicht verunsichern. Sie als Eltern können am besten beurteilen, ob seine Körpergröße für Ihren kleinen Schatz ein Problem werden könnte. Oder ob Ihr Kind ganz nach dem Motto "klein aber oho" genügend Selbstbewusstsein mitbringt und sich gegen große Rüpel mit anderen Waffen zur Wehr setzen kann. Wenn Sie als Eltern vor der Entscheidung stehen, sollten Sie sich am besten fragen: Ist unser Kind körperlich, geistig und von seinen sozialen Fähigkeiten her in der Lage, mit seinen Mitschülern mitzuhalten. Unsere Checkliste zur Schulreife zeigt Ihnen, was ein Kind im Einzelnen können sollte, um als "schulreif" zu gelten. Wenn es auf einem dieser Gebiete noch deutlich hinterherhinken sollte, ist es sicher besser, noch ein Jahr zu warten.

Welche Konsequenzen hat die vorzeitige Einschulung

Eine frühere Einschulung bedeutet, dass Ihr Kind nicht nur zum Schulbeginn, sondern in seiner gesamten Schullaufbahn immer zu den Jüngsten gehören wird. Untersuchungen zeigen, dass gerade die vorzeitig Eingeschulten häufig dann später in der weiterführenden Schule Probleme bekommen. 28 Prozent, also ein gutes Drittel von ihnen, muss irgendwann eine Klasse wiederholen. Bei normal eingeschulten Kindern sind es hingegen nur 18 Prozent.

Wer sollte zurückgestellt werden?

Jedes Kind ist anders. Deshalb kann man Empfehlungen immer nur im Einzelfall sehen. Doch gibt es natürlich Anzeichen, die bereits früh darauf hindeuten können, dass ein Kind im Vergleich zu seinen Altersgenossen vielleicht noch nicht reif für die Schule ist. Das gilt z.B. häufig für extreme Frühchen, selbst wenn sie den Rückstand körperlich meist schnell aufgeholt hatten. Oder für Kinder, die aufgrund einer Behinderung den anderen motorisch unterlegen sind. Ein weiteres frühzeitiges Indiz kann auch eine verzögerte Sprachentwicklung sein. Jungs sind meist insgesamt etwas "langsamer" als Mädchen. Wo hingegen Kinder mit älteren Geschwistern allgemein meist schon weiter sind als Erstgeborene zum selben Zeitpunkt. Das Argument, ein Kind wäre noch sehr verspielt, ist alleine übrigens noch kein Grund für eine Zurückstellung. Denn im Normalfall lernen Kinder gerne und werden in der ersten Klasse spielerisch und mit viel Spaß ans Lernen herangeführt.

Welche Konsequenzen hat eine Zurückstellung?

Selbst wenn der Alltag Ihres Kindes so bleibt wie bisher, ändert sich durch die Zurückstellung doch sein Umfeld. Alle gleichaltrigen Freunde gehen nun in die Schule, und es bleibt als einziges im Kindergarten zurück. Hier gehört es nun zu den Ältesten. Das kann sich positiv aber auch negativ auf sein Selbstbewusstsein auswirken. Eventuell fühlt es sich alleingelassen und nicht ernst genommen. Sprechen Sie deshalb wirklich frühzeitig mit Ihrem Kind. Und treffen Sie die Entscheidung auf keinen Fall über seinen Kopf hinweg. Wenn Ihr Kind wirklich in die Schule gehen will, dann sollten Sie es in seiner Entscheidung bestätigen und ihm statt mit einer Zurückstellung lieber durch gezielte Fördermaßnahmen dort helfen, wo es vielleicht noch etwas nachzuholen hat.

Wer hilft bei der Entscheidung?

Zunächst sollten Sie mit Ihrem Kinderarzt sprechen. Er kennt Ihr Kind vermutlich seit vielen Jahren und kann seine körperlichen Voraussetzungen für einen Schuleintritt sicherlich gut einschätzen. Ein geeigneter Zeitpunkt ist dafür die U9, die mit etwa 5 bis 5 1/2 Jahren ohnehin ansteht. Ein weiterer sehr kompetenter Ansprechpartner ist die Betreuerin im Kindergarten. Sie kann vielleicht als einzige außerhalb der Familie wirklich beurteilen, ob Ihr Kind schulreif ist. Sie weiß nicht nur, ob es malen, basteln oder ausschneiden kann, sondern erlebt jeden Tag, wie es mit anderen umgeht. Ob es neue Kontakte knüpfen oder Konflikte lösen kann. Ob es Ordnung halten und Regeln befolgen kann. Und nicht zuletzt, ob es zuhören und sich z.B. in der Vorlesezeit stillhalten und über längere Zeit konzentrieren kann. Gibt es trotzdem noch Zweifel, kann ein Gespräch mit dem Schulpsychologen weiterhelfen. Vergessen Sie bei all den "Experten" aber nicht die Hauptperson! Mitentscheidend sollte am Schluss die Frage sein, ob Ihr Kind in die Schule gehen möchte.

Wie geht man bei einer Zurückstellung oder vorzeitigen Einschulung vor?

Der Antrag zur Zurückstellung oder vorzeitigen Einschulung muss bei der zuständigen Schule schriftlich eingereicht und begründet werden. Oft wird hierzu ein schulpsychologisches oder schulärztliches Gutachten gefordert oder auch eine Empfehlung der betreuenden Kindergärtnerin. Außerdem wird in einigen Bundesländern der Nachweis verlangt, dass Ihr Kind in dem verbleibenden Jahr gezielt gefördert wird, damit es seine Defizite aufholen kann.

Wichtig zu wissen: ein Kind kann immer nur für ein Jahr zurückgestellt werden. Ist es danach immer noch nicht fähig, eine normale Grundschule zu besuchen, muss es auf eine Sonder- oder Förderschule gehen.

Zurückgestellt - und nun?

Ein Jahr geht schnell vorbei. Deshalb sollten Sie unbedingt dafür sorgen, dass Ihr Kind das weitere Kindergartenjahr sinnvoll nützt und nicht einfach die Zeit bis zum Schulanfang verbummelt. Falls es tatsächliche Defizite hat, sollte es unbedingt eine gezielte Förderung bekommen. Ein Logopäde hilft beispielsweise bei Sprach- und Sprechproblemen. Physiotherapie, Ergotherapie oder Krankengymnastik sind bei motorischen und feinmotorischen Entwicklungsstörungen sinnvoll und verbessern Koordination und Gleichgewicht. Hier sprechen Sie am besten mit Ihrem Kinderarzt. Entsprechend der Diagnose, die zur Zurückstellung geführt hat, wird er Sie an einen geeigneten Spezialisten überweisen.

Mindestens ebenso wichtig wie gezielte Fördermaßnahmen ist aber, dass Sie sich mit Ihrem Kind beschäftigen und für es da sind. Die beste Förderung findet daheim statt, indem Sie z.B. viel mit Ihrem Kind sprechen, spielen oder ihm vorlesen. Lesen Sie hierzu auch unsere Tipps unter "Schulreif? Das sollte Ihr Kind können".

Zuletzt überarbeitet: Januar 2019

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