Frage: Käse aus Rohmilch

Guten abend nochmals, ich habe noch einen Nachtrag. Unser Käsefachverkäufer (Vater von 4 Kinder, Franzose und Koch) meinte, die Sache mit dem Verzicht auf Rohmilchkäse in der SS wäre sinnlos. Er meinte in Frankreich wird sehr viel Rohmilchkäse gegessen und zudem, wenn es sich um Hartkäse - eher würzigen - handelt, der jedenfalls 3 Monate gereift ist, überlebt da kein Listerium. Stimmt diese Aussage? Er meinte auch der letzte große Listerienfall ist bei pasteurisiertem Gauda aufgetreten. Das stimmt mich doch bedenklich, wo doch behauptet wir, pasteuriert ist "sicher". Was empfehlen sie? Nochmals vielen Dank und noch einen schönen Abend...

von mary_12 am 08.01.2015, 20:53



Antwort auf: Käse aus Rohmilch

Alsooo, Sie "führen mich in die Versuchung"... Wie soll ich einem französischem Koch, also dem Vertreter der weltbesten Küche und dann auch noch dem Vater von 4 gesunden Kindern widersprechen ?! Dann auch noch den Käse der Konkurrenz aus dem kleinen Nachbarland beurteilen, das uns allen immer wieder im Fußball so viel Kopfzerbrechen bereitet und auch noch unsere Supermärkte mit Käse und Tomaten überflutet ?! Sehr schwierige, komplexe und politisch schwierige Frage... Ich versuche es mal medizinisch, denn von anderen Dingen verstehe ich nicht viel. Der aus Rohmilch hergestellte Hartkäse und auch andere Käsesorten sind im Vergleich von Käsesorten aus pasteurisierter Milch weniger sicher, wenn es um Infektionen geht. Daran gibt es keinen Zweifel, auch wenn der Käsefachvertreter gerne etwas anderes sagt. Dazu gibt es zahlreiche Studien, die allesamt das Gleiche aussagen. Aber ! Dieser Käse ist in den allermeisten Fällen "sauber", d.h. ohne Infektkeime - hier muss ich Ihrem französischem Käsefachvertreter Recht geben. Die Schwierigkeit ist nur, sich vor den ganz wenigen Situationen zu schützen, in denen eben doch Bakterien aus der unbehandelten Milch in den Käse gelangen und überleben. Hingegen gibt es in einer hitzebehandelten Milch gar keine Bakterien und das ist eine Tatsache. Natürlich gibt es viele Arbeitsschritte sowohl bei der Käseherstellung als auch bei der Verpackung, Transport und Aufbewahrung, die mehr oder weniger anfällig sind und bei denen eine Infektion stattfinden kann. Wenn Sie beispielsweise den aus pasteurisierter Milch hergestellten Gouda falsch lagern (z.B. offen im Kühlschrank) oder dieser Käse eine fehlerhafte Packung hat oder beim Verpacken von Leuten in die Hand genommen wird, deren Hände nicht sauber sind.... Insofern kann ein Listerienbefall überall und immer stattfinden. Wer hat also Recht ? Wenn man ehrlich ist - beide. Also Ihr Koch und ich auch. Wären Sie mit einer Aussage meinerseits "pasteurisiert ist anfangs sicherer als nicht pasteurisiert, danach weiß nur der liebe Gott, wie es weiter geht" ?! Ich meine nicht den Gott der Listerien und, falls Sie den sprachlichen Religionsbezug nicht mögen, dann können wir vom "Menschlichen, Allzumenschlichen" reden - und wären bei Nietzsche angelangt... Also doch wieder in Deutschland, weg von den wunderbaren Franzosen und den talentierten Niederländern... Lassen Sie mich bitte doch zusammenfassen: 1. Käse ist kein Gift 2. Käse gilt in allen Formen als eine der gesündesten Speisen, die wir haben 3. In der Schwangerschaft ist ein aus pasteurisierter Milch hergestellter Käse etwas sicherer als einer, der aus Rohmilch hergestellt wird 4. Hartkäse aus Rohmilch ist sicherer als Weichkäse aus Rohmilch. Da Sie mich sozusagen "herausgefordert haben", erlaube ich mir Ihnen die Empfehlungen des Robert Koch Institutes wort-wörtlich zu zitieren - meiner Ansicht nach ist das die seriöseste Informationsquelle, die mir bekannt ist, wenn es um Infektionen geht: "1. Präventive Maßnahmen Listeria monocytogenes werden vor allem in nicht erhitzten vom Tier stammenden Lebensmitteln gefunden (s. hierzu auch im Abschnitt „Infektionsweg“). Lebensmittel, insbesondere vakuumverpackte Lebensmittel, sollten möglichst zügig nach Einkauf und weit vor Ablauf der angegebenen Mindesthaltbarkeit verbraucht werden. Vakuumverpackung und Kühlschranklagerung schützen nicht, wie bei anderen Lebensmittelinfektionserregern, vor einer Vermehrung der Listerien. Im Gegenteil, bei langen Lagerzeiten kann es hierdurch zu einer selektiven Vermehrung der Listerien kommen. Risikogruppen, insbesondere Schwangere und Patienten mit schweren Grunderkrankungen bzw. Immunsuppression, sollten auf den Verzehr folgender Lebensmittel verzichten: •Rohfleischerzeugnisse (z.B. Hackepeter) und Rohwurst (z.B. Salami), •roher Fisch sowie geräucherte und marinierte Fischerzeugnisse, •vorgeschnittene verpackte Blattsalate (Blattsalate selbst frisch zubereiten), •Rohmilchweichkäse. In den letzten Jahren kam es in Deutschland und Österreich zu zwei großen Krankheitsausbrüchen durch Sauermilchkäse (Harzer Käse/Quargel), der aus pasteurisierter Milch hergestellt wurde. Das Infektionsrisiko im Zusammenhang mit dem Verzehr von Weich- und Sauermilchkäsen, die aus pasteurisierter Milch hergestellt wurden, kann derzeit nicht abschließend bewertet werden. Ein vorsorglicher Verzicht auf deren Verzehr ist aber für Risikogruppen ebenfalls sinnvoll. Weitergehende Informationen zum Schutz vor lebensmittelbedingten Infektionen allgemein und speziell mit Listerien finden sich auf den Internetseiten und Merkblättern des BfR. Eine Impfprophylaxe gegen Listeriose ist nicht verfügbar." Zitat aus: Listeriose - RKI-Ratgeber für Ärzte, http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Listeriose.html;jsessionid=761D558CD52198842352AD6981BDEFF3.2_cid381

von Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa am 12.01.2015



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