Frage: Arbeiten gehen und stillen

Hallo, wir erwarten im Oktober unser zweites Kind und wir möchten gerne beide arbeiten gehen. Ich wäre dann nachmittags für ca. 4-5 Stunden weg. Ich möchte aber auf das Stillen nicht verzichten. Bei unserer ersten Tochter hatten wir allerdings ein "schreiproblem ". Eine Stillberaterin meinte es wäre eine Saugverwirrung, mittlerweile glaube ich das es einfach ihr Temperament ist, sie wird immer noch extrem sauer wenn sie hunger hat oder müde ist. Trotzdem mache ich mir Gedanken ob es dann beim zweiten Kind ohne Probleme mit ein oder zwei Flaschen am Tag zurecht kommt. Sollten wir vom ersten Tag an auch mit der Flasche füttern oder erst wenn es sein muß ? Wie geht man sowas am Besten an ? Oder sollen wir einfach schauen was kommt, ohne uns schon vorher soviele Gedanken zu machen ? Liebe Grüße Nicole

Mitglied inaktiv - 14.07.2008, 22:41



Antwort auf: Arbeiten gehen und stillen

Liebe Nicole, Berufstätigkeit ist kein zwingender Abstillgrund, viele Mütter kombinieren Stillen und Arbeiten und das können Sie auch, wenn Sie es wollen. Sie können zum Beispiel so vorgehen: • Sie stillen ausschließlich bis Sie wieder anfangen außer Haus zu arbeiten. Etwa vier Wochen vor Arbeitsbeginn, beginnen Sie damit das Abpumpen und Handausstreichen zu erlernen. Die Milch die Sie beim Üben gewinnen, können Sie schon als Vorrat einfrieren. Sobald Sie dann arbeiten, können Sie dort abpumpen (zum Beispiel in einem leeren Seminarraum, einem Sanitätsraum, einem Büro, im Auto ...). Als stillender Mutter stehen Ihnen in Deutschland und Österreich bezahlte Pausen zum Abpumpen oder Stillen zu. Die Milch können Sie aufbewahren (entweder in einem Kühlschrank oder auch in einer Kühlbox mit Kühlakkus), so dass Ihr Kind sie während Ihrer Abwesenheit bekommen kann. Wenn Sie mit dem Baby zusammen sind, können Sie ganz „normal" stillen. • Sie stillen voll bis zum Beginn Ihrer Berufstätigkeit, lernen aber etwa zwei Wochen vor Arbeitsbeginn, wie Sie Milch von Hand ausstreichen oder wie mit einer geeigneten Pumpe (entweder eine Handpumpe oder eine kleine elektrische Pumpe mit Batteriebetrieb) abpumpen. Ab dem ersten Arbeitstag, streichen Sie immer dann, wenn die Brust zu spannen beginnt oder schmerzhaft prall wird gerade soviel Milch aus, dass Sie sich wieder wohl fühlen (alternativ zum Handausstreichen kann eine Pumpe verwendet werden). Falls möglich, können Sie die Brust auch kühlen, z.B. mit einen kleinen Hot Coldpack, das in den BH eingelegt werden kann. Entleeren Sie wirklich nur so viel Milch aus der Brust, dass die Spannung nachlässt und Sie sich wohl fühlen, nicht mehr, denn dann regen Sie die Milchbildung weiter an. Diese geringen Mengen, die Sie zu diesem Zweck abpumpen oder ausstreichen, können Sie auch notfalls auf der Toilette ausstreichen/abpumpen und dann, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, wegwerfen. Nach einiger Zeit wird sich Ihre Brust daran gewöhnt haben, dass zu diesen Zeiten, während denen Sie arbeiten keine Milch mehr gebraucht wird. Es gilt dann wie oben, wenn Sie mit Ihrem Baby zusammen sind, können Sie stillen, ansonsten bekommt es künstliche Säuglingsnahrung. Bei den ersten Pumpversuchen werden Sie vermutlich nur relativ kleine Mengen (5 ml sind schon ein Erfolg) gewinnen können. Mehr als 30 ml zwei oder drei Mal täglich sollten Sie zunächst nicht abpumpen, da Sie sonst zu sehr in das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage eingreifst. Wenn Sie dann arbeiten, können Sie selbstverständlich mehr abpumpen, um die durch die Trennung ausgefallenen Stillzeiten ersetzen zu können. Außerdem kann ich Ihnen nur dringend raten, sich baldmöglichst an eine Stillberaterin in Ihrer Nähe zu wenden und mit ihr genau zu besprechen, welche Pumpe für Sie geeignet ist und wie Sie damit umgehen. Wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben, suche ich Ihnen gerne die nächstgelegene LLL Stillberaterin heraus. Falls möglich, legen Sie den Berufstart auf einen Mittwoch oder Donnerstag (vorausgesetzt Sie arbeiten von Montag bis Freitag), dann habt ihr nicht gleich eine ganze Arbeitwoche vor euch, sondern könnt nach zwei bis drei Tagen erst einmal verschnaufen. Rechnen sie damit, dass Ihr Kind sich nach Ihrer Rückkehr auf Sie „stürzen" wird und die Nächte zunächst einmal deutlich unruhiger werden. Viele berufstätige Mütter erleben, dass ihr Kind nachts Mama „tanken" muss. Als stillender Mutter stehen Ihnen in D und A bezahlte Stillpausen zu. Ich zitiere aus dem deutschen Mutterschutzgesetz, in dem auch die Stillpausen geregelt sind: „Stillende Frauen haben auf Verlangen Anspruch auf die zum Stillen erforderliche Zeit, mindestens aber zweimal täglich eine halbe Stunde oder einmal täglich eine Stunde. Bei einer zusammenhängenden Arbeitszeit von mehr als acht Stunden soll auf Verlangen zweimal eine Stillzeit von mindestens 45 Minuten oder, wenn in der Nähe der Arbeitstätte keine Stillgelegenheit vorhanden ist, einmal eine Stillzeit von mindestens 90 Minuten gewährt werden. Die Arbeitszeit gilt als zusammenhängend, soweit sie nicht durch eine Ruhepause von mindestens zwei Stunden unterbrochen wird. Durch die Gewährung der Stillzeit darf ein Verdienstausfall nicht eintreten. Die Stillzeit darf von stillenden Müttern nicht vor oder nachgearbeitet und nicht auf die in dem Arbeitsgesetz oder anderen Vorschriften festgesetzten Ruhepausen angerechnet werden. Werdende und stillende Mütter dürfen nicht mit Mehrarbeit, nicht in der Nacht zwischen 20 und 6 Uhr und nicht an Sonn und Feiertagen beschäftigt werden. Ausnahmen (z.B. für Landwirtschaft, Gastronomie und Künstlerinnen) werden im §8 Absatz 3 geregelt. Außerdem dürfen stillende Mütter nicht mit schweren körperlichen Arbeiten und nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen sie besonderen Gesundheitsgefahren ausgesetzt sind, zum Beispiel durch Strahlen, Staub, Hitze, Nässe, Erschütterungen oder Lärm. Verboten sind körperlich schwere Arbeiten wie Akkordarbeit am Flie?band und Heben und Fortbewegen von schweren Lasten (mehr als 5 Kilo). Muss die Arbeitnehmerin ggf. aufgrund der arbeitsplatzbedingten Schutzmassnahmen vorübergehend versetzt werden, darf sie finanziell nicht schlechter gestellt werden: Lohn und Gehaltsminderungen sind verboten." Manche Mütter nehmen diese Pausen zum Abpumpen, andere als zusammenhängende Zeit um später anzufangen oder früher zu gehen. Wenn Sie sich über das Thema Stillen und Berufstätigkeit noch weiter informieren wollen, ist zum Beispiel die Ausgabe 2/2000 (März) des „buLLLetin die andere Elternzeitschrift für den Still und Erziehungsalltag" (die deutschsprachige Zeitschrift der La Leche Liga) empfehlenswert. Sie beschäftigt sich unter dem Titel „Beruf und Berufung" mit dem Thema Stillen und Berufstätigkeit. Neben praktischen Tipps (Abpumpen, Aufbewahren von Muttermilch usw.) finden Sie in diesem Heft auch Erfahrungsberichte. Vielleicht ist der Inhalt dieses Heftes auch interessant für Sie. Das buLLLetin kann sowohl im Abonnement als auch als Einzelheft (buLLLetin Versand, Simone Kamer, Neumattstraße 20, CH3053 Münchenbuchsee oder auch beim Stillshop auf dieser Seite) bezogen werden. Eine Saugverwirrung ist ein ernst zu nehmendes Problem und es ist schon gut, wenn Sie sich Gedanken darüber machen. Eine Saugverwirrung kann in jedem Alter und auch mit jedem künstlichen Sauger entstehen, doch mit zunehmendem Alter wird das Risiko dafür immer geringer. Am größten ist die Gefahr innerhalb der ersten Wochen, deshalb sollte in den ersten Wochen auf alle künstlichen Sauger (auch Schnuller) verzichtet werden, damit Mutter und Kind die Gelegenheit haben, dass sich eine gute Stillbeziehung einspielt und das Kind lernt gut und korrekt an der Brust zu trinken. Die Schwierigkeit ist halt, dass unsere Kinder nicht mit einer Gebrauchsanweisung auf den Bauch geklebt auf die Welt kommen, auf der steht „Vorsicht, neige zu Saugverwirrung" oder „Keine Sorge, ich komme mit allen Saugern klar". So kann niemand wirklich vorhersagen, welches Kind tatsächlich eine Saugverwirrung entwickeln wird und welches nicht. Es hat sich bei einer Konstellation wie bei Ihnen bewährt, dass immer der Vater (bzw. die Betreuungsperson) die Flasche gibt und nie die Mutter. Auf diese Weise bleibt für das Kind klar „Mama Brust, Papa Flasche". Sollte das Kind beginnen an der Brust das Saugverhalten zu verändern oder die Brust sogar verweigern (z.B. raus schieben, an der Brust zappeln, ansaugen und sofort wieder loslassen), dann ist die erste Hilfe, alle künstlichen Sauger wegzulassen und sich sofort mit einer Stillberaterin in der Nähe in Verbindung setzen. Eine Saugverwirrung kann überwunden werden, vor allem, wenn bereits bei den ersten Anzeichen gehandelt wird. Das Kind sollte dann nach Möglichkeit keine Flasche mehr erhalten, sondern mit einer anderen Fütterungsmethode (z.B. Becher oder Softcup) gefüttert werden, während die Mutter nicht da sein kann. Zum Becherfüttern gibt es spezielle Becher, aber Sie können auch einfach einen kleinen Becher in der Größe eines Schnapsglases (oder den Verschlussbecher von Babyflaschen) verwenden. Der Vorteil der Säuglingsbecher ist, dass sie eine Maßskala haben Sie wissen also, ob Sie 30 oder 40 g hineingetan haben. Bei der Becherfütterung wird der Becher dem möglichst aufrecht im Schoß der Mutter/des Vater sitzenden Kind an die Unterlippe angelegt. Sie kippen den Becher dann langsam und vorsichtig, so dass die Milch in den Mund des Babys läuft. Achten Sie darauf, dass immer nur so viel Milch fließt, wie das Baby problemlos schlucken kann und setzen Sie immer wieder ab. Wird die Becherfütterung richtig durchgeführt verschlucken sich die Babys nicht. Bereits frühgeborene Babys können mit dem Becher gefüttert werden. Spezielle Babyfütterbecher gibt es von den Firmen Ameda und Medela und können in der Apotheke bestellt werden. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 15.07.2008



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