8 monate altes baby steht nachts jede Stunde auf

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: 8 monate altes baby steht nachts jede Stunde auf

Hallo, Mein Sohn ist 8 Monate alt und will Nachts jede Stunde gestillt werden. Er möchte auch keine Schnuller sondern nur die Brust. ch gebe ihm vor dem Einschlafen Hafer-Obstbrei. Davon isst er aber nur 5-7 Löffel und im Elternbett wird er noch mal gestillt. Er will öfter nicht zuende trinken, weil er satt ist aber die Brust will er aufjedenfall vor dem Schlafen gehen. ch muss dazu noch sagen, dass er im Elternbett schläft und Nachts will er nicht beim Liegen gestillt werden, sondern auf dem Stillkissen. Mittags bekommt er Gemüse-brei aber davon isst er auch nur 5-7 Löffel. Desweiteren will er tagsüber nur mich an seiner Seite. Er schreit los sobald ich den Raum verlasse und weint, schreit solange bis ich bei ihn bin, obwohl der Vater auch im Raum ist. Ich kann nur kochen, wenn der Vater ihn hochnimmt und anfängt im Raum zu laufen oder sich mit ihm in der Küche aufhällt. Ich will ihn nicht schreien lassen, weil er dann den ganzen Tag schreit, aber manchmal ist es unumgänglich, wenn ich z.B. auf die Toilette muss. Sobald er sieht, dass ich den Raum verlasse, fängt er sofort an zu schreien und weint bis ich ihn hochhebe. Er hat auch Angst vor fremden Personen. Wenn jemand ihn zu sich nehmen möchte, schreit er sofort. Vielleicht sind diese Punkte auch zuschlaggebend, wieso er Nachts stündlich aufwacht. Er steht nicht jede Nacht stündlich auf sondern in der Woche 3-4 mal. An anderen Nächten sind es manchmal alle 2 Stunde, wenn ich Glück habe alle 3 Stunden. Meine Frage nun: Könnte es sein, dass er nicht satt wird? Oder spielen andere Faktoren eine Rolle (Zahnen, Ängste usw,)? Ich bedanke mich im Vorraus auf Ihre Antwort

von YavuzSelim am 12.10.2017, 08:23



Antwort auf: 8 monate altes baby steht nachts jede Stunde auf

Liebe YavuzSelim, das Verhalten deines Kindes wird sicher von manchen Menschen als extrem anhänglich oder mutterfixiert bezeichnet, doch es ist ein vollkommen normales Verhalten für ein Baby. Es ist sogar wichtig, dass ein Kind zunächst eine feste und verlässliche Bindung zu einer Person aufbaut (und diese Person ist bei einem gestillten Kind naturgemäß fast immer die Mutter). Aufbauend auf dieser Erfahrung kann das Kind dann später seinen Horizont erweitern und Beziehungen zu anderen Menschen aufbauen. Doch das "Fundament" der engen Beziehung zur ersten Bezugsperson sollte fest sein und so zum Fundament der Beziehungsfähigkeit und Bindungsfähigkeit überhaupt zu werden. Wie schnell oder langsam das Kind dann seine Fühler ausstreckt und Kontakt zu anderen aufnimmt und dort Bindungen knüpft ist ebenso wie das Laufenlernen oder Sprechen von Kind zu Kind verschieden. Jedes Kind hat da seinen eigenen Zeitplan. Du würdest niemals an einer Blume ziehen, damit sie schneller wächst, denn Du weißt, dass sie dadurch verkümmern oder sogar sterben würde. Genau so wenig können wir an unseren Kinder "ziehen", um ihre Entwicklung zu beschleunigen. Keine Angst, dein Baby wird weder ein „Muttersöhnchen“ noch ein ewig unselbstständiger Mensch, sondern Du legst jetzt den Grundstock für einen in sich ruhenden, selbstbewussten und selbstständigen Menschen. Dein Kind kann nicht "verwöhnt" werden, wenn es viel Nähe und Zuwendung bekommt. Eine Kollegin von mir hat dazu einen schönen Text geschrieben, aus dem ich jetzt einen Abschnitt zitiere: "Das Kind wird verwöhnt und verzogen. "Ja, das ist jetzt schon total verwöhnt" "Ihr verzieht das Kind, nachher will es nur noch auf den Arm" "So lernt das Kind ja nie alleine einzuschlafen, alleine zu spielen, sich mit sich selbst zu beschäftigen ..." "Wie soll das Kind denn seinen Rhythmus finden, wenn Du es ständig mit der herumziehst". So und ähnlich lauten viele Aussagen wohlmeinender Freunde, Verwandte und auch wildfremder Menschen, von denen man auf der Straße angesprochen wird. Was ist dran an dieser Theorie, dass das Baby durch die Zuwendung, die es erhält verwöhnt und verzogen wird? Bernadette Stäbler beschreibt in ihrem Buch "Mama" die Angst, sein Kind nicht richtig zu erziehen: "Und schon ist sie da, diese Angst, sein Kind zu verziehen. Welche Ursachen hat sie? Denn, wer dieses unschuldige Baby anschaut, fühlt sich sehr glücklich. Niemand kann sich vorstellen, dass es eines Tages unerwünschte Handlungen vollbringen wird. Wenn wir also von "verziehen" sprechen, haben wir ein älteres Kind vor Augen. Das Kind im Trotzalter, das immer "nein" ruft, läßt seine Mutter denken: "Was für einen Dickkopf habe ich mir großgezogen. Sicher habe ich es falsch gemacht!" Ist es wirklich so wichtig, dass unsere Kinder vor der Zeit lernen, alleine zu schlafen, alleine zu sein und sich mit sich selbst zu beschäftigen? Ist es notwendig, dass wir Erwachsenen unseren Lebensrhythmus ändern und an das Baby anpassen, damit sich das Kind gut entwickelt? Auch hierzu möchte ich wieder aus dem Buch von Bernadette Stäbler zitieren: "In vielen ursprünglich lebenden Kulturen, die wir "primitiv" nennen, wurden inzwischen Untersuchungen durchgeführt, deren Ergebnisse eine Umwälzung unserer Ansichten über die herkömmliche Kindererziehung mit sich brachten. Ich möchte eine afrikanische Studie herausgreifen und vereinfacht darstellen: Die erste Gruppe gebar ihre Babys zuhause und ließ diese keinen Moment allein. Geborgen bei der Mutter, wurden sie nach Bedarf gestillt und mussten niemals schreien. Bald ging die Mutter wieder auf das Feld, um die gewohnte Arbeit zu verrichten, das Neugeborene in ein Tragtuch geschlungen. Die Kontrollgruppe bekam ihre Babys im Krankenhaus mit aller medizinischen Hilfe, einschließlich schmerzlindernden Medikamenten. Gleich nach der Geburt wurden Mutter und Kind getrennt, um zu ruhen. Die Babys bekamen Fläschchen und Schnuller, weil dies "das Moderne" war. Daheim schliefen die Kinder in ihrem Bettchen, in ihrem eigens dafür hergerichtetem Zimmer. Allein, ohne Körperkontakt. Alles ging recht zivilisiert zu, nämlich nach einem genauen Zeitplan, denn die Kinder sollten sich früh an ein geordnetes Leben gewöhnen und weder kleine Tyrannen noch nervös werden. Ein Jahr später offenbarte sich das Unerwartete: Die Kinder der ersten Gruppe waren in allem den anderen voraus: Sie waren intelligenter in ihren Verhaltensweisen und auch viel sozialer eingestellt, selbst die körperliche Entwicklung war besser, obwohl sie die ganze Zeit "festgebunden" waren. Ähnliche Ergebnisse ergaben vielseitige Studien in den verschiedensten Kulturkreisen. Wenn wir versuchen, dies mit einer natürlichen, einfühlsamen Intelligenz nachzuvollziehen, wissen wir, warum das Ergebnis so ausfallen musste. Das Baby fühlt sich bei seiner Mutter geborgen. Es muss seine Kräfte nicht für das Weinen verbrauchen. Der mütterliche Körper gibt ihm Wärme. Wenn das Baby sich an seine Mutter schmiegt, fühlt es ein wenig von dem Glück, das es neun Monate lang im Mutterleib haben durfte. Es kennt von daher ja auch schon die Herztöne seiner Mutter, es kennt sogar schon ihre Stimme und nun sieht es endlich ihr Gesicht, ihre Augen und darf an der Brust trinken, wenn es möchte. Das ist das Glück, die mütterliche Liebe, die Impulse gibt für die Intelligenz und das soziale Verhalten. Wenn das Baby sich an die Körperbewegungen der Mutter anpassen muss, während sie ihre alltägliche Arbeit verrichtet, übt es in wundervoller Weise seine Muskeln und den Gleichgewichtssinn." (Aus: Denise Both: „Tragen") Auch der Wunsch von uns Großen, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. (Und sicher ja auch brauchen.) Also, ganz klar: Du hast nichts falsch gemacht, und es liegt auch nicht an dir, dass dein Kleiner sich verhält, wie er sich verhält! (wäre es anders, warum glaubst du gibt es soooo viele Ratgeber zum Thema??) Du kannst jetzt mit vielen Tricks versuchen, die Situation zu verändern, aber es wird nur Stress und Tränen geben, denn dein Kind IST einfach in der Phase, in der es dich so viel braucht. Ein Baby muss eine gewisse Reife erreichen, um längere Zeit schlafen zu können. Wann dieser Zeitpunkt erreicht wird, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Eine Flasche mit künstlicher Säuglingsnahrung (oder ein Abendbrei) verbessern das Schlafverhalten nicht (das wurde in Studien nachgewiesen). Es gibt nicht wenige Kinder, die dann sogar noch weniger schlafen. Auch wenn das Kind am Tag viel isst, schläft es nicht besser, denn es wacht ja nicht nur wegen dem Hunger auf, sondern sucht Nähe und Geborgenheit! Die unruhigen Tage und Nächte sind furchtbar anstrengend, daran kann ich mich auch noch gut erinnern. Trotzdem: Sie sind normal und werden garantiert irgendwann vorbei sein. Wann, kann ich leider nicht sagen. Aber sie gehen wirklich vorbei! Bis dahin kannst du probieren, dir den Alltag so einfach wie möglich zu machen, so dass auch du tagsüber mal ein kurzes Nickerchen machen kannst. Vielleicht hilft euch der Kinn-Trick. Der ist oft sehr hilfreich bei Babys, die die Brust fast ein wenig aus Gewohnheit im Mund haben wollen beim Schlafen. Dabei legst du, wenn du die Brust dem schlafenden Kind aus dem Mund gezogen hast, einen Finger längs unter die Unterlippe, so dass die Lippe beim "Suchen" einen gewissen Widerstand spürt. Dieser Widerstand wirkt beruhigend auf viele Kleinen, und sie schaffen es sich zu entspannen und eine tiefere Schlaf-Ebene zu erreichen... Das geht auch, wenn das Kind im Schlaf oder Halbschlaf wieder zu "suchen" beginnt: Man drückt ganz sanft sein Kinn nach oben. Bei vielen Babys wirkt das Wunder und sie schlafen plötzlich auch ohne Brust weiter/wieder ein. Manche Mütter berichten, dass es sogar geholfen hat, wenn sie ein kleines Kuscheltier ans Kinn des Kindes gelegt haben... Da ist es natürlich wichtig darauf zu achten, dass die Atemwege nicht blockiert werden :-). Ich hoffe, es ist etwas dabei, das dir weiterhilft! Überlege dir auch einmal zu einem Stillgruppentreffen zu gehen und tausch dich dort mit den anderen Müttern aus. Vielleicht hast Du sogar das Glück so wie ich vor Jahren, dass Du dort Mütter oder eine Stillberaterin kennen lernst, die bereits ältere Kinder haben und Du kannst miterleben, dass es sich lohnt noch etwas durchzuhalten. Ganz llliebe Grüße, ich hoffe, Du fühlst dich ein wenig gestärkt Biggi

von Biggi Welter am 12.10.2017



Antwort auf: 8 monate altes baby steht nachts jede Stunde auf

Ich glaube das ist einfach eine Phase. Als meine Kleine in dem Alter war, hab ich sie teilweise nachts alle 30 Minuten gestillt. Ich war so fertig dass ich ans abstillen dachte. Heute bin ich froh dass ich durchgehalten habe. Sie ist jetzt fast eins, und wird noch so 1-2 mal pro Nacht wach. Insofern kann ich dir nur sagen dass es besser wird :) Die fremdelphase hingegen hat bei uns erst jetzt begonnen. Im Moment geht nur Mama, selbst Papa wird kaum akzeptiert, was für meinen Mann extrem schwer zu ertragen ist :( ich wünsche euch alles Gute!

von Kornblume2016 am 12.10.2017, 10:59



Antwort auf: 8 monate altes baby steht nachts jede Stunde auf

Vielen Dank für ihre ausfürliche Antwort. Es bestätigt meine Vorgehensweise. Wie Sie es schon beschrieben haben, spielen äußere Einflüsse eine große Rolle, vor allem wissen die älteren Generationen es viel viel besser und finden das ganze falsch. Aber ich kann mein Kind nicht bewusst weinen und schreien lassen, damit es mir gut geht. Deswegen verrichte ich den Haushalt mit einem Tragetuch (was für andere nicht selbstverständlich ist). In dieser Phase weint mein Kleiner auch sehr viel, wie kann ich es vorbeugen? Was kann ich machen, damit er nicht mehr so viel weint? Ich werde versuchen Ihn mit zu nehmen, wenn ich den Raum wechsele, würde diese Vorgehensweise ausreichen? Ich danke Ihnen nochmals. Sie haber mir aus der Seele gesprochen.

von YavuzSelim am 12.10.2017, 13:45