Guten Tag,
ich bin 32 Jahre und in der 11 SSW. Die Schwangerschaft wurde letzte Woche festgestellt. Ich fühle mich rund um gut. Keine Übelkeit etc. Lediglich hin und wieder ein Ziehen im Unterleib. Meine FA hat nach Feststellung der Schwangerschaft von einer möglichen Nackenfaltenuntersuchung gesprochen. Diese soll mir mehr Sicherheit geben. Nun bin ich allerdings etwas hin und her gerissen. Jeder sagt etwas anderes. In unseren Familien sind keine Chromosomenanomalien bekannt. Was würden Sie mir empfehlen? Wie gesagt ich bin 32 Jahre, soweit gesund, rauche und trinke nicht.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Susanne N.
Mitglied inaktiv - 20.05.2010, 09:54
Antwort auf:
Ersttrimester screening
Liebe Susanne,
Pränataldiagnostik (vorgeburtliche Diagnostik zum Ausschluss oder Risikoeinschätzung genetischer Störungen und Missbildungen) ist sicher immer mehr auch ein sehr sensibles Thema, bei dem die objektive Information und Aufklärung durch Frauenärztin/Frauenarzt im Vordergrund stehen sollte, wenn die schwangere Frau dieses anspricht oder sich aus der Vorgeschichte die Notwendigkeit ergibt, darüber zumindest zu sprechen.
Sofern kein besonderes familiäres Risiko für genetische Störungen oder Missbildungen vorliegt, die Frau nicht 35 Jahre oder älter ist und sie auch nicht schon vorweg ein entsprechendes Bedürfnis nach Informationen zur vorgeburtlichen Missbildungsdiagnostik äußert, würde sicher nicht generell zu einer weiterführenden Diagnostik geraten werden.
Dem behandelnden Arzt obliegt hier eher die Aufgabe, objektiv zu informieren; weniger, zu einer bestimmten Entscheidung oder einem bestimmten Verfahren zu drängen.
Die Besprechung zu diesem Thema kann natürlich auch schon zu jedem Zeitpunkt vor diesem Alter stattfinden.
Ist die schwangere Frau 35 Jahre oder älter und/oder gibt es ein familiäres Risiko für genetische Erkrankungen oder Missbildungen, sollte man mit ihr bei Kinderwunsch oder zu Beginn einer Schwangerschaft schon über die damit verbundenen Risiken für Mutter und Kind sprechen und dazu gehört eben auch das Thema Pränataldiagnostik inklusive der Möglichkeit einer unabhängigen genetischen und ggf. psychosozialen Beratung in einer unabhängigen Einrichtung.
Bestandteil der Aufklärung/Information von Frauenärztin/Frauenarzt zu diesem Themenkomplex sollte immer auch die individuelle Information über mögliche Konsequenzen, Grenzen der Verfahren und Risiken sein, so dass die Eltern den Sachverhalt gut nachvollziehen können, um ihnen die Möglichkeit zu geben, dann eine eigene Entscheidung für oder gegen eine weiterführende Diagnostik zu treffen.
Es steht meines Erachtens also zunächst die ausführliche Information der jeweiligen Methoden im Vordergrund stehend. Die Entscheidung selbst kann und sollte aber nur das betroffene Elternpaar selbst fällen.
Über die nicht invasiven Verfahren der Pränataldiagnostik, wie z.B. die Nackentransparenzmessung, das Ersttrimesterscreening, differenzierter Organultraschall/Missbildungsultraschall um die 22. SSW sollte man, sofern gewünscht, ebenso mit der Schwangeren/ dem Paar sprechen, wie auch über die invasiven Verfahren, wie Amniozentese (Fruchtwasserpunktion) oder Chorionzottenbiopsie.
Über den Triple-Test muss man zumindest informieren; empfehlen kann man dieses Verfahren kaum mehr.
Das Risiko für die Geburt eines Kindes mit einer Trisomie 21 (Down-Syndrom) liegt bei einer 25jährigen (keine familiäres Risiko vorausgesetzt) bei 1: 1352, bei einer 30jährigen bei 1:895,bei einer 32jährigen 1:659, bei einer 36jährigen bei 1:280, bei einer 38jährigen 1: 167 und bei einer 40jährigen bei 1:97.
Ebenso steigt bei einer Frau ab dem 35. Lebensjahr das Risiko für schwangerschaftsspezifische Komplikationen, wozu auch Fehlgeburten gehören, an.
Das Risiko einer Fehlgeburt infolge einer Fruchtwasserpunktion oder einer Chorionzottenbiopsie liegt in etwa bei 1:100, was dem Risiko einer 40jährigen für die Geburt eines Kindes mit einem Down-Syndrom entspricht.
Wenn die Frau/die Eltern sich gegen eine invasive Diagnostik wie der Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie zum Ausschluss einer Trisomie oder ähnlicher Chromosomenstörungen entscheiden, weil sie das Risiko z.B. für eine Fehlgeburt nicht eingehen möchten, dann ist der Frau (insbesondere, wenn sie älter ist, als 35 Jahre) in erster Linie die Messung der Nackentransparenz oder das Ersttrimesterscreening zwischen der 11.+14. SSW zu empfehlen.
Die Entdeckungsrate für das Down-Syndrom ist abhängig von der Anzahl der einbezogenen Faktoren und von der Sorgfalt, mit der die Untersuchung durchgeführt wird:
Für das Alter der Mutter allein 30-50%
Alter und o.g. Laborwerte 60%
Alter plus Nackentransparenz 80%
Alter plus o.g. Laborwerte + Nackentransparenz + Nasenbein 95-97%
Bitte nicht vergessen:
1.der sichere Ausschluss von Chromosomenstörungen ist nur durch eine Chorionzottenbiopsie oder Fruchtwasserpunktion möglich.
2. mit der Amniozentese oder der Chorionzottenbiopsie können nicht alle genetischen Störungen, Stoffwechsel-, Muskel- oder Erbkrankheiten erkannt werden. Sofern das genetische Ergebnis der Amniozentese/Chorionzottenbiopsie unauffällig ist, werden damit Erkrankungen und Fehlbildungen des Ungeborenen nicht ausgeschlossen.
Dazu können u.a. Herzfehler, Spaltbildungen im Gesicht, Fehlbildungen, wie z.B. Extremitätenfehlbildungen und auch geistige Behinderungen oder Stoffwechselkrankheiten gehören.
Denn solche Fehlbildungen und Erkrankungen sind nicht zwangsläufig mit einer erkennbaren Abweichung im Chromosomensatz verbunden.
Eine Garantie für ein Kind ohne eine genetische Erkrankung kann keine Methode der Pränataldiagnostik geben. Pränatale Diagnostik wird eben zur Identifizierung diagnostizierbarer Probleme unter klarer Indikation angewendet.
3.Die hohe Zuverlässigkeit der Nackentransparenzmessung oder des Ersttrimesterscreenings hängt sicher ganz wesentlich von der Qualifikation und Erfahrung des Untersuchers, sowie des Ultraschallgerätes ab. Diese Voraussetzungen erfüllen deshalb vor allem Ärzte für Pränataldiagnostik in den dafür spezialisierten Zentren.
Dieses setzt deshalb voraus, dass es sich bei dem Untersucher/Untersucherin um einen entsprechend der Vorgaben der Fetal Medicine foundation in London zugelassenen und qualifizierten Arzt handelt. Handelt es sich um eine spezielle Einrichtung für Pränataldiagnostik, ist von einer solchen Qualifikation erfahrungsgemäß auszugehen. Fragen Sie also vorher nach der Qualifikation und der Häufigkeit, mit der dieses Verfahren vom Anbieten denn durchgeführt wird!
4.neben den üblicherweise drei vorgesehenen Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft wird bei besonderen Indikationen (Risiko aus der Vorgeschichte oder dem Alter, Auffälligkeiten, Wachstumsretardierung, andere Besonderheiten) ein so genannter differenzierter Organultraschall/Feinultraschall/Missbildungsultraschall zwischen der 19. + 23. SSW von einem Arzt mit entsprechender Qualifikation in der Pränataldiagnostik durchgeführt.
Meist in einer Spezialpraxis oder einem Perinatalzentrum. Hierbei schaut der Untersucher/in nach der kindlichen Aktivität, dem Bewegungsmuster, dem Profil des Gesichts der Fruchtwassermenge und der Plazenta. Darüber hinaus wird nach sichtbaren Fehlbildungen im Bereich der Weichteile, Organe, Knochen, des Zentralnervensystems, des Herzens und der Extremitäten geschaut.
Gegebenenfalls wird auch die Versorgungslage des Kindes mit Hilfe eines Dopplers ergänzend durchgeführt.
Wichtig in dem Zusammenhang ist aber , dass ein Ausschluss von Chromosomenanomalien per Ultraschall als Alternative zu einer invasiven Diagnostik (wie der Fruchtwasserpunktion, Chorionzottenbiopsie oder der Nabelschnurblutentnahme ) nur beschränkt durch den Nachweis von charakteristischen, aber nicht obligatorisch vorhandenen Hinweiszeichen auf Chromosomenanomalien möglich ist.
VB
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 20.05.2010
Antwort auf:
Ersttrimester screening
Hallo,
also ich kann nur aus meiner Erfahrung über das Screening sprechen, aber ich habe es damals gemacht, ist das nicht sowieso eine übliche Untersuchung? Sicherlich macht man sich im Vorfeld Gedanken darüber, was ist wenn der Arzt einen Befund gibt der nicht mit den eigenen Erwartungen übereinstimmt. Ich habe mir aber damals gesagt, ich mache das Screening, weil ich genau wußte, ich würde mir den Rest der Schwangerschaft ansonsten Gedanken machen. Außerdem dauert die Untersuchung ja eh etwas länger und es wird auch die restlichen Entwicklung (Organe etc.) des Kindes genauer geprüft, als bei einem "einfachen" Routinebesuch. Ich hatte damals meine Mama mit und ich muss sagen ich habe das Screening mit Ihr sehr genossen und meine Mama hat danach voller Stolz sämtlichen Bekannten von ihrem achso tollen Enkelkind berichtet :o).
Mitglied inaktiv - 20.05.2010, 10:01