Mehrsprachig aufwachsen

Forum Mehrsprachig aufwachsen

"künstliche" Zweisprachigkeit

Thema: "künstliche" Zweisprachigkeit

Hallo Mein Mann und ich haben beide jahrelang in England bzw. USA gelebt und ich habe jahrelang auf englisch gearbeitet. Wir sind also beide fließend und fast akzentfrei. Aber für und beide ist deutsch die Muttersprache. Wir leben in deutschland aber haben viele englischsprachige Freunde in dtland und überall auf der Welt und würden unsere Tochter - jetzt 10 Monate - gerne zweisprachig erziehen. Bislang haben wir nur deutsch mit ihr gesprochen, aber sie hat uns schon mit freunden englisch sprechen hören und oft sprechen wir miteinander sprechen wir auch oft englisch weil zumindest Diskussionen uns auf englisch einfacher fallen. Wir lesen auch englische Bücher in der originalsprache, bzw. Schauen alle Filme und Serien nur im original. Gibt es erfahrungen mit kunstlicher zweisprachigkeitserziehung? Eine Freundin riet uns davon ab, weil wir ja doch nie fehlerfrei sprechen könnten als nicht Muttersprachler. Wie sollten wir es angehen? Wie können wir sie zweisprachig erziehen?

Mitglied inaktiv - 07.02.2010, 14:04



Antwort auf diesen Beitrag

ich kenne eine Familie, die das macht. mein mann spricht auch fast (aber eben nur fast) perfekt und ich spreche sehr gut englisch. wir würden es nicht machen, denn ich glaube, dass emotionale Inhalte in einer Nicht-Muttersprache nicht richtig transportiert werden. Will heißen: alberne wortspielereien mit Kosenamen werden dir schwerer fasllen und nicht so natürlich rüberkommen akute warnschreie (Stehenblebien! da fahren Autos!!!!!) werden kaum auf englisch kommen usw. lieber dann immer mal wieder englische lieder singen, vielleicht englische kinderbücher lesen, da ihr dann die Sprachmelodie und die aussprache schon mal "ins gehirn prägt". aber echt zweisprachig erziehen, also, dass einer von euch wirklich ausschließlich englisch mit ihr spricht---finde ich nicht so ideal... aber hier kommen sicher noch weit qualifiziertere Antworten-ich hab nur gerade zeit und langeweile...

Mitglied inaktiv - 07.02.2010, 17:00



Antwort auf diesen Beitrag

Doch, das englische ist mir besonders auf einer emotionalen Ebene geläufiger als das deutsche. Wie gesagt - wenn ich auf deutsch nicht weiter weiß, kann ich mich auf englisch besser ausdrücken. Mein Mann und ich diskutieren oft auf englisch weil es uns leichter fällt wenn es emotional wird. Auch arbeitsvorträge halte ich einfacher auf englisch.

Mitglied inaktiv - 07.02.2010, 18:30



Antwort auf diesen Beitrag

Ich finde, es wäre einen Versuch wert. Ich erziehe meine Kinder als Französin in D auf Französisch aber ich gebe Dir Recht in vielen Bereichen nach 15 Jahren D kommen mir die Wörter eher auf D als auf F. Pauschal kann keiner Euch etwas raten, Ihr wisst allein, wie euren Englisch ist. Mein Deutsch ist nicht perfekt würde aber reichen, wenn ich in Frankreich die Kinder auf Deutsch weiter fördern wollte, würden wir in F wohnen. Vielleich könnt ein Elternteil unter Euch aussuchen, der/die die Englische Seite übernimmt. Es ist aber nicht verboten auch mal die andere Sprache zu sprechen, wenn es an feste Situationen abhängig macht. Wenn Ihr gerne auf Englisch diskutiert, könntet Ihr alle beim Essen nur noch Englisch verwenden. Wenn du Kinder Lieder oder Bücher eher auf D hast, dann lesen und singen nur auf D. etc.... Es wäre nämlich Schade, wenn das Kind nichts versteht, wenn Ihr im Englischen Sprachraum auch mit Freunden in D bewegt. Einfach probieren, viel Glück. PS: Emotionen kann man auch sehr gut in eine andere Sprache als die Muttersprache rüberbringen. Wie könnte ich sonst mit meinem Mann kommunizieren, er spricht kein F?!

Mitglied inaktiv - 08.02.2010, 08:57



Antwort auf diesen Beitrag

Hier findest Du eine lange Diskussion zu dem Thema: http://www.rund-ums-baby.de/mehrsprachig/beitrag.htm?id=31343 Silvia (künstlich D/E) in D mit 2 Töchtern, 8 und 10 J.

Mitglied inaktiv - 07.02.2010, 17:47



Antwort auf diesen Beitrag

Hallo, Silvia hat ja schon einen ausfuehrlichen Thread angegeben. Ich denke, dass es sehr schwer ist, insbesondere, da ihr beide sagt, dass Deutsch fuer Euch Muttersprache ist. Arbeitsenglisch bereitet einen eben nur unvollkommen auf Baby- und Kindersprache vor. Habt Ihr vielleicht vor, wieder ins englischsprachige Ausland zu gehen? Dann waere der Anreiz bestimmt groesser. Falls Ihr die kuenstliche Zweisprachigkeit wirklich durchziehen wollt, solltet Ihr Euch eine Umgebung suchen, in der auch andere englischsprachige Kinder sind (Krabbelgruppe, spaeter Kindergarten, Babysitter etc.), so dass das englische Umfeld groesser wird. Ausserdem (und das bestaetigt ja auch Silvia) muesst Ihr Euch darueber im Klaren sein, dass die Umgangssprache sehr viel dominanter ist und es sehr viel Disziplin erfordert, auch in schnellen Situationen sofort auf Englisch zu reagieren. Darueber hinaus wird Euer Kind wohl trotzdem keine zwei Muttersprachen haben, sondern Englisch nur frueher lernen als andere Kinder. Inwieweit Euch dieses die ausserordentliche Disziplin wert ist, muesst Ihr Euch selber beantworten. In jedem Fall alles Gute, wie auch immer Ihr Euch entscheidet. Gruss FM

Mitglied inaktiv - 08.02.2010, 11:29



Antwort auf diesen Beitrag

Ich würde es nicht so dramatisch betrachten, wie es andere hier sehen. Wenn man immer nur Mehrsprachigkeit als akzeptabel betrachtet, wenn sie von einem perfekt sprechenden Muttersprachler gelehrt wird, dann dürfte kaum jemand von uns qualifiziert genug sein, seinen Kindern seine Sprache mitzugeben, denn jedes Elternteil hat gewisse Defizite, wenn es mit seiner Muttersprache nicht in dauerndem Übungskontakt ist (und eine mehrsprachige Familie kann immer nur mit EINER aktiven Umgebungssprache in Kontakt sein, d.h. der andere Ehepartner wird IMMER mit einer "künstlichen Mehrsprachigkeit" erziehen), geschweige denn Akzente oder sogar Dialekte, etc. mitbringen. Also alle gute Vorsätze in Ehren, etwas nicht zu probieren, weil es nicht "perfekt" sein kann, finde ich falsch. Dann dürfte es keinen Schulsprachunterricht geben, denn auch hier sind die Bedingungen alles andere als perfekt. Wenn es für Dich und Deinen Mann wichtig ist, Eurem Kind eine Zweitsprache mitzugeben, die ihr beide beherrscht, dann tut es. Das Zauberwort hierbei heisst aber: Konsequent sein - es ist eine Entscheidung für die Zukunft. Ich bin zweisprachig Spanisch/Deutsch aufgewachsen, und Englisch/Französisch habe ich über Schule/Beruf gelernt, Italienisch kommt im Moment über meine Partnerin hinzu. Ich kann behaupten, in Englisch nahezu genauso sattelfest zu sein, wie in meiner Muttersprache Spanisch, und das obwohl kein Muttersprachler mich perfekt getrimmt hat. Wovon ich aber fest davon überzeugt bin, ist dass ich wesentlich schneller und effektiver Englisch (und auch die anderen Sprachen) als Andere aufnehmen konnte, weil ich von Klein auf mit mehreren Sprachen umzugehen lernte. Dass meine Englischlehrer teilweise künstliches Schulenglisch sprachen, hat mich nicht negativ beeinflusst, denn die Leichtigkeit im Umgang mit Sprache, die man in die Wiege gelegt bekommt, haben es mir einfach gemacht, schnell auf andere Sprachquellen zuzugehen und dort unbewusst die Sprache weiter zu perfektionieren, als ich in die Teeniejahre kam. Ich betrachte deshalb mehrsprachige Erziehung mehr als ein "Anlagen für die Zukunft schaffen", d.h. das Kind kapazitätsmäßig auf ein Leben vorzubereiten, in dem der Umgang mit verschiedenen Sprachen, schnelles Wechseln zwischen diesen, das Aufnehmen unterschiedlicher Laute und die Erweiterung des Wortschatzes so ins Fleisch un Blut übergeht, dass Sprachen spielerisch und mit Leichtigkeit gelernt werden können. Es ist erwiesen, dass die Sprachzentren im Gehirn von Mehrsprachlern anders funktionieren als die von Menschen, die Fremsprachen auf den üblichen (Schul)wegen lernen. Diese Disposition ist dann für alle Sprachen da, nicht nur für die Sprache, die das Kind von euch gelernt hat. Ob Euer Kind aber diese Anlagen auch über seine Kindheit hinaus nutzen wird, das liegt natürlich bei ihm und seinen Interessen bzw. natürlichen Begabungen. Das könnte man auch mit einer sehr frühen musischen Erziehung vergleichen. Es ist relativ irrelevant, ob das Kind Klarinette, Geige oder Klavier in die Wiege gelegt bekam - es wird ihm immer leichter fallen, ein neues Instrument zu lernen und zu perfektionieren, als Kindern, die erst spät mit dem ersten Instrument beginnen. Da ist es nicht so wild, ob bei der Flöte die Fingerstellung 100% richtig war.

Mitglied inaktiv - 08.02.2010, 13:09



Antwort auf diesen Beitrag

Ich sehe es auch nicht so dramatisch, "denn [wenn] man immer nur Mehrsprachigkeit als akzeptabel betrachtet, wenn sie von einem perfekt sprechenden Muttersprachler gelehrt wird" (mal aus Yalnins Text rauskopiert, da ich es auch zutreffend finde) dürfte auch kein Lehrer, wenn er nicht aus dem Land kommt, die er unterrichtet und die Sprache seine Muttersprache ist, unterrichten, denn auch er spricht nicht akzent- und fehlerfrei. Und den erste Abschnitt von Yalnin setze ich noch hier drunter. Also wenn ihr fließend englisch sprechen könnt, dann erzieht euer Kind zweisprachig, es wird es später viel leichter haben!

Mitglied inaktiv - 08.02.2010, 14:51



Antwort auf diesen Beitrag

Hallo, ich lebe in Italien und spreche auf der Arbeit deutsch und italienisch. Es ist ein zweisprachiges Ambiente. Da fällt es mir nicht schwer in deutsch zu sprechen (bin Deutsche in Dtl aufgewachsen, lebe aber seit meinem 21. Lebensjahr hier, sind 17 Jahre. Mein Mann versteht und spricht kein deutsch, dh Familiensprache ist italienisch. Ich versuche mit meiner Tochter (4,5 Jahre) auf deutsch zu sprechen. Sie versteht alles, spricht aber weniger und mit einem italienischen Satzbau und Grammatik. Italienisch kann sie sehr sehr gut. Ich falle auch oft ins Italienische, vor Allem wenn ich gestresst bin usw. Ich würde mit Eurer Tochter Englisch reden, zumal es ja auch sozusagen Eure Familiensprache ist. LG Karin

Mitglied inaktiv - 09.02.2010, 11:53



Antwort auf diesen Beitrag

Wenn Ihr nicht das Gefühlt habt, Eurem Kind falsches Englisch beizubringen, und Ihr viel Kontakt zu Muttersprachlern habt, warum nicht? Ich würde aber versuchen, regelmäßigen Kontakt zu Muttersprachlern, etwa durch eine Krabbelgruppe, einen englischen oder bilingualen Kindergarten zu fördern. Dann dürfte mit etwas Glück der Rest an deutschem Akzent eliminiert werden und auch kindgerechtes Englisch gesprochen werden, und auch der kindgerechte Wortschatz (ich denke da an Tiernamen, Begriffe aus Märchen etc.) gepflegt werden können.

Mitglied inaktiv - 09.02.2010, 20:58



Antwort auf diesen Beitrag

hi, wie erziehen unsere kinder zweisprachig -sp u dt- allerdings ist spanisch meine muttersprache. ich kenne einige beispiele von familien bei den englisch/dt gesprochen wird obwohl beide elternteile deutschsprachig sind und kann dir nur davon abraten. ich wohne in dt seit 11 jahren und konnte schon vor meiner einreise sehr gutes deutsch (oberstufe goethe institut) und habe noch hier einiges an spr. weiterbildung gemacht und würde trotzdem meine kinder nicht auf deutsch ansprechen wollen. zum einen es ist unmöglich "fast akzent frei" zu sein, das glauben wir mal gerne =) aber das stimmt leider nicht. somit hören die kinder nicht was sie hören sollen und zum anderen kannst du sehr schwer gefühle vermitteln. dazu kommt es noch, dass dir das ganze repertoire an kinderlieder, kosenamen für dinge, und und und fehlt! es ist sehr schwer in dem alltag mit dem kind auch bei exzellentem spr. niveau mitzuhalten. das würde ich meinem kind nicht antun. stattdessen freue ich mich mit meinen mädels backe backe kuchen vom papa zu lernen =). LG ana

Mitglied inaktiv - 10.02.2010, 15:12



Antwort auf diesen Beitrag

Warum nicht? Freunde von uns hier in Spanien erziehen ihre Tochter zweisprachig. Englisch + Spanisch, wobei bei beiden Muttersprache Spanisch ist. Er aber sehr lange in den USA gelebt habt. Ich finde sein Englisch nicht perfekt (auch Aussprache nicht), aber ich denke, es kann nichts schaden, wenn die Kleine von klein auf eine andere Sprache hört. In so genannten zweisprachigen Kindergärten ist das Niveau der Erzieherinnen oft schlechter!!! Ausserdem soll die Kleine später in den amerikanischen Kindergarten und dann in die entsprechende Schule gehen. Das ist essentiell! Und ich denke, nur dann kann künstliche Zweisprachigkeit klappen. d.h. wenn die Kids auch Kontakt zu Muttersprachlern haben. Sei es im Kindergarten, in der Schule, in der Krabbelgruppe.... Ausserdem: andere Freunde (leben in Dtld., er Venezolander, sie Deutsche) haben als Familiensprache Deutsch, obwohl er alles andere als perfekt Deutsch spricht (und er ist der Hausmann, also bei den Kids, während sie arbeitet). Die beiden Jungs sprechen perfekt deutsch.

Mitglied inaktiv - 14.02.2010, 12:45



Antwort auf diesen Beitrag

Es funktioniert! Ich schließe mich Yalnik an, warum soll man nicht dem Kind mitgeben, was man kann - Zweisprachigkeit heißt nicht unbedingt, beide Sprachen müssen perfekt und "gleichberechtigt" gesprochen werden. Mein Mann und ich sind beide deutschsprachig und unsere Tochter hat von klein auf englisch mitbekommen. Ich habe Englisch studiert, wir waren länger in USA (vor der Geburt unserer Tochter) und Englisch ist uns beiden sehr wichtig. Der Kleinen haben wir von Geburt an englische Büchlein vorgelesen, englische Lieder gesungen etc. Dabei gibt es durchaus nicht nur das OPOL - one parent, one language - Prinzip, wie es viele hier als das "einzig gute" Prinzip gelten lassen. Unsere Tochter hat von Anfang an auch einen englischen Wortschatz entwickelt und erweitert ihn ständig. Sie hat von klein auf ein Bewusstsein dafür entwickelt, dass es verschiedene Sprachen gibt. Ihre beste Freundin ist zweisprachig Französisch-Deutsch und im Kindergarten gibt es noch viele andere zweisprachige Kinder, z.B. polnisch-deutsch, russisch-deutsch und noch "exotischere" Sprachen. Jetzt ist unsere Tochter 4 und versteht viel Englisch, spricht aber selber nur einzelne Wörter, zum Teil vermischt mit Deutsch ("Ich male einen Butterfly"), und wenige englische Sätze (z.B. "I am very careful, Mama" oder "What are you doing, Daddy?"). Je älter sie wird, desto mehr muss ich mich ranhalten, dabei zu bleiben. Leider haben wir keine englischsprachigen Kinder in der Umgebung. Als wir mit ihr in London im Urlaub waren hat sie nicht nur sehr aufmerksam den Muttersprachlern zugehört, sie hat sich auch gar nicht schwer getan, dort Englisch zu reden und hatte keine Hemmungen. Ich bereue es nicht, ihr die Sprache, die ich sehr liebe, von klein auf nahegebracht zu haben. Da gibt es ein Buch von Elke Montanari, das mich anfangs sehr ermutigt hat, es zu versuchen. Ich weiß den Titel jetzt gerade nicht mehr ("Mit mehreren Sprachen groß werden" oder so ähnlich), aber wenn du bei Amazon oder so guckst, findest du es bestimmt. Viele liebe Grüße, Suse

Mitglied inaktiv - 14.02.2010, 17:05