Mehrsprachig aufwachsen

Forum Mehrsprachig aufwachsen

Mehrsprachig contra "Familien-Sprache"

Thema: Mehrsprachig contra "Familien-Sprache"

Hallo, mein Mann ist Kenianer, ich Deutsche, wir leben in Kenia. Zu Hause sprechen wir englisch. Fuer unsere kleine Maus (11 Monate) ist das sozusagen die Haupt-Sprache - neben Swaheli, in der vor allem unsere Haushaltshilfe/ Nanny und manchmal mein Mann mit ihr spricht und ein bisschen Kamba, wenn wir mit der Familie meines Mannes zusammen sind. Von mir sollte die Kleine eigentlich deutsch lernen (was ich wichtig finde). Allerdings ertappe ich mich immer oefter dabei, dass ich mich fast zwingen muss, deutsch mit ihr zu reden, weil wir uns in der Familie ja auf englisch unterhalten. Sogar wenn ich mit ihr allein bin "rutsche" ich da automatisch ins englische, weil mein Hirn irgendwie drauf programmiert ist. Meine Frage: Wie macht Ihr das? Ich finde es immer faszinierend in Euren Foren-Beitraegen zu lesen ".... mein Mann redet DIE EINE Sprache mit unserem Kind, ich DIESE ANDERE Sprache". Aber wie sieht das praktisch aus wenn die Familie, wie bei uns, sehr oft zusammen ist, dann redet doch die Familie automatisch in EINER Sprache miteinander (wie bei uns englisch). Wechselt Ihr dann immer hin und her mit den Sprachen, wenn Ihr uer Kind direkt ansprecht? Ich finde das irgendwie schwierig und unnatuerlich und unpraktisch, dieses hin- und her-gewechsel, zumal mein Mann kein deutsch versteht und ich kein Swaheli. Andererseits wollen wir die Kleine aber auch so erziehen, dass sie alle ihre Muttersprachen (zumindest deutsch, swaheli, englisch) versteht. Waere schoen Eure Erfahrungen und Anregungen zu hoeren. Danke!

von T.E.A.M. am 02.08.2012, 16:51



Antwort auf Beitrag von T.E.A.M.

Hallo! Ich habe kein Problem damit die Sprachen zu wechseln. Fuer mich ist das mittlerweile normal. Ich habe vor Jahren auch mal auf der Arbeit 3 Sprachen gesprochen (deutsch mit dem Chef, griechisch mit den Kollegen und englisch mit allen) und musste oefters mal von der einen Sprache in die andere wechseln. Ich spreche mit meinem Kind immer deutsch. Allerdings versteht mein Mann auch etwas deutsch. Notfalls wird mal kurz uebersetzt. Lg aus Italien

von germanit1 am 02.08.2012, 17:09



Antwort auf Beitrag von germanit1

Hi, danke fuer Deine schnelle Antwort und Gruss nach Italien.. Tja, das Problem ist ja nicht das ich nicht in der Lage bin, die Sprachen schnell zu wechseln. Die Frage geht in eine andere Richtung. Vielleicht noch ein Beispiel zum besseren Verstaendnis: Ich habe noch einen 11jaehrigen Sohn, er ist Deutscher. Wenn ich mit ihm allein bin, spreche ich deutsch mit ihm. Klar! Wenn wir als Familie zusammen sind sprechen wir alle englisch, weil mein Mann nur so wenig deutsch versteht, dass es einfach unhoeflich waere und auch auersst unpraktisch waere, deutsch zu sprechen wenn ich meinen Sohn anspreche und dann vielleicht noch immer zu uebersetzen. Die gesamte Familien-Konversation waere unterbrochen. Das gleiche passiert jetzt mit unserer Kleinen (11 Monate). Wenn wir als Familie zusammen sind sprechen wir alle automatisch englisch, auch mit ihr. Da spricht mein Mann ja auch nicht swaheli oder kamba mit ihr, obwohl die Kleine es schon versteht, weil der Grosse und ich das nicht verstehen. Und wenn ich allein mit der Mausi bin versuche ich mich selbst immer dran zu erinnern, mit ihr deutsch zu sprechen. Meine Frage ist: Wenn Ihr im Forum immer schreibt, dass der eine Partner NUR in der einen Sprache zum Kind redet und der andere Partner NUR in der anderen Sprache, heisst dass wirklich NUR oder "betreibt" Ihr einen aehnlichen mix, wenn Ihr als Familie zusammen seid wie wir. Ich frage danach wie Ihr es handhabt weil wir als familie sehr viel zeit miteinander verbringen, dadurch bedingt also viel englisch bzw. swaheli (mit der nanny) gesprochen wird. Ich mach mir ein bisschen Sorgen wie es dann mit dem Lernen der deutschen Sprache bei der Kleinen wird. Das noch mal als nachklapp. Danke fuer Eure Antworten.

von T.E.A.M. am 02.08.2012, 17:31



Antwort auf Beitrag von T.E.A.M.

Hej! na, dann melde ich mich mal zu spätester Stunde aus den ferien u.ä. zurück und versuche zu beschreiben,wie wir das machen. Bei uns redet in der Tat jeder seine Sprache mit den Kindern (es sei denn, es sind Menschen zugegen, die die jeweils andere Sprache nicht verstehen, wobei mein Mann dabei noch konsequenter bei Dänisch - in Dtld. - bleibt als ich hier umgekehrt). Dannsieht eine Fahrt im Auto oder ein Familiengespräch durchaus bunt gemnischt aus: ich rede deutsch, die Kinder antworten mir auf Deutsch, mein mann wirft einen dänischen Satz ein und bekommt eine dänische Antwort der Kinder oder eine deutsche von mir. Darauf antwortet dann er wieder dänisch - oder zu mir deutsch. Letzteres, weil wir hier in DK lebend (und "nur" mit 2 Sprachen befaßt) und weil wir beide jeweils die Sprache des anderen gut verstehen und sprechen, weil wir also aus diesen gründen die Sprache, die die Kinder sonst weniger hören/sprechen würden, zur Familiensprache gemacht haben, also Deutsch. Bei Euch ist es nun so, daß die Familiensprache Englisch ist. Gut. Dann solltest Du und Dein Mann aber wirklich jede, aberauch jede Möglichkeit nutzen, mit den Kindern die eigene Sprache zu sprechen, wenn Ihr zumindest allein seid. Bei 3 Sprachen läuft man wohl immer ein noch größeres Risiko, daß mind. 1 Sprachezu kurz kommt,weil die Zeit ja immer dieselbe ist: ein tag hat nun mal nur 24 Std. Und es macht eben einen Unterschied, ob man diese Std. durch 2 oder 3 oder noch mehr Sprachen teilen muß. Wichtig ist eben der Zeitfaktor. Für Muttersprachen gilt fdasselbe wie für Fremdsprachen: je mehr man sie hört und übt, umso besser lernt man sie. Wichtig ist aber auch,d aß Ihr Euchals Familie mit EURER Lösung wohlfühlt. Ich könnte gar nicht anders als Deutsch mit meinen Kindern sprechen. Dänisch rede ich nu mit ihnen, wenn dän. Gäste dabei sind. Du hast Recht: Da würden Übersetzungen, vor allem beim Alter meiner Töchter und den daraus folgenden tiefergehenden Gesprächen den Gesprächsfluß entscheidend stören (weshalb ich auch immer bezweifele, daß die höchstkonsequente OPOL-methode bis ins höhere Scuhlalter der Kinder wirklich durchgeführt werden kann). MIR wäre trotz allem die Familienhar,monie wichtiger al sdie Sprachen, dennes gibt ja fdie Möglichkeit, außerhalb gemeinsamer Akiivitätendie eigene Sprache zu vermitteln. Beim Kleinkind wäre ich da duchaus noch weniger kompromißbereit, denn diese kleinen Sätze versteht man doch fast in jeder Sprache oder kann sie schnell erklären. Und für alle wäre es natürlich sinnvoll, wenn jeder die Sprache des anderen - evtl. jetzt mit dem Kleinkind aufbauend - ein wenig besser lernen könnte. Wenn es Dir zu sehr widerstrebt, i ner Gegenwart deines mannes deine Sprache mitden Kindern zu sprechen, dann ist das so. Wobei: In versch. Forendieser Art hat die erfahrung gezeigt, daß sich Eltern noch umgewöhnt haben und nach anfänglichen Umstellunswidrigkeiten es ganz dann doch sehr natürlich fanden, dauernd die Sprachen zu wechseln. Ich hoffe, Dir kann noch jemand antworten, der auch 3 Sprachen vermitteln "muß" und wo der eine die Sprache des anderen nicht versteht. Denn daß bei uns eine sehr günstige Konstellation vorliegt, will ich gar nicht leugnen. Viel Spaß weiterhin beim Sprachenmix und -wechseln - Ursel, DK --- jetzt ins Bett wandend und noch im Schlaf sprechend, wenn überhaupt.

von DK-Ursel am 03.08.2012, 01:25



Antwort auf Beitrag von DK-Ursel

Ich seh das so aehnlich wie Ursel. Bei uns ist das wie folgt: Muttersprache Deutsch, Vatersprache Englisch, Elternsprache Englisch, Umgebungssprache Deutsch. Ich sprech mit dem Kleinen (10 Mon.) nur Deutsch und mein Mann nur Englisch.. Wenn wir bspw. an Tisch sitzen, wechseln sich die Sprachen ab.. Ich spreche den Kleinen an auf deutsch, mein Mann wirft was auf Englisch ein, ich greife das auf deutsch auf, wir Eltern reden kurz auf Englisch miteinander, usw. Mein Mann hat erst vor 2 Jahren angefangen, Deutsch zu lernen, und er lernt - sagt er - wohl auch mit dem Kleinen noch viel mit. Ich wiederum kenne trotz fortgeschrittener Kenntnisse der englischen Sprache viele Begriffe fuer Kinder nicht. Das Gewechsel, das dir aber schwer faellt, faellt mir leicht, denn ich bin selbst auch zweisprachig aufgewachsen und hab da den Schalter, den ich ganz leicht umlegen kann... Ich kann mitten im Satz und beim Denken umschalten. Vielleicht ist das wirklich ein Vorteil. Ich wuerd als Idee fuer euch auch sagen: probiert noch aus, was fuer euch passt. Wer weiss, was dabei rauskommt. Viel Erfolg und liebe Gruesse Agi

von agi1978 am 03.08.2012, 03:06



Antwort auf Beitrag von T.E.A.M.

Hallo! Bei uns ist das so: Mein Mann kommt auch aus Afrika, wir leben aber in Deutschland, Familiensprache ist Deutsch (wir haben uns die 10 Jahre vor dem Kind auch schon immer auf Deutsch unterhalten und es fühlte sich "unnatürlich" an zu wechseln). Wir haben uns entschieden, dass unsere Tochter (7 Monate) deutsch-französisch aufwachsen soll, weil sie mit Französisch mehr anfangen kann als mit den afrikanischen Sprachen, die außerhalb des Dorfes niemand kennt und weil auch in der Familie meines Mannes die Familiensprache Französisch ist. Im Alltag spricht mein Mann Französisch mit der Kleinen (was gut funktioniert; wobei aber ein großer Vorteil ist, dass ich die Sprache verstehe), wenn wir zu dritt sprechen wechseln wir meist ins Deutsche. Die Sprachen aus seinem Dorf bringt mein Mann nur manchmal im Spiel (als Floskeln) ein. Außerdem singt er viel auf Französisch und wir haben für später schon franz. Bücher zum Vorlesen gekauft. Ich denke, dass dein Kind einen großen Vorteil hat, weil es in einer mehrsprachigen Gesellschaft aufwächst. Ich habe mit afrikanischen Kindern die Erfahrung gemacht, dass es für sie viel selbstverständlicher ist, dass Menschen verschiedene Sprachen (auch mehrere gleichzeitig) sprechen und daher z.B. Vokabeln auch umschreiben können, wenn man sie in einer Sprache nicht versteht. Meine Tochter ist im ganzen Bekanntenkreis das einzige mehrsprachige Kind und daher immer etwas "exotisch". Wenn du also soviel Deutsch einbringst wie es geht, ohne sich zu verbiegen, ist das doch gut. Viele Grüsse BiBi

von BiBi82 am 03.08.2012, 09:58



Antwort auf Beitrag von T.E.A.M.

Bei uns ist es aehnlich, da wir in englischsprachiger Umgebung leben und mein Mann kein deutsch kann. Die Familiensprache ist also gezwungenermassen englisch. Ich spreche inzwischen nur dann deutsch mit den Kindern, wenn er nicht im Raum ist. Dauernd uebersetzen ist naemlich wirklich nicht praktikabel. Mag noch gehen, wenn man ganz kleine Kinder hat, aber spaetestens, wenn sie in der Schule sind, ist auch das vorbei. Damit bin ich ziemlich konsequent, sie bekommen also schon einiges an deutschem Input von mir. Sie sind in deutsch sicherlich nicht auf muttersprachlichem Niveau, aber durchaus fliessend. Gruss aus Calgary, Canada Beatrix

von Beatrix in Canada am 03.08.2012, 16:50



Antwort auf Beitrag von Beatrix in Canada

Vielen Dank Euch allen fuer Eure Antworten. Es hat mir sehr geholfen Eure Erfahrungen zu lesen. Hab schon angefangen, konsequenter mit der Kleinen deutsch zu reden - zumindest wenn ich mit den kids allein bin. Ansonsten gehts wohl eher in die Richtung, wie auch Beatrix aus Calgary es beschrieben hat. Asante sana, thank you, danke!

von T.E.A.M. am 03.08.2012, 17:02



Antwort auf Beitrag von T.E.A.M.

Was Du m.E. vor Augen führen solltest, dass für die Übermittlung der deutschen Sprache - Deine Muttersprache - ausschliesslich Du verantwortlich bist. Wenn Du sie nicht vermittelt, dann macht das niemand . Auch würde ich vor Augen führen, wie es wäre, wenn das Kind später bei Grosseltern, Verwandten etc. Wäre und sich mit ihnen nicht unterhalten könnte. Ich denke, wenn man diese Punkte mal bedent, dannfällt es einem etwas leichter, mit dem Kind konsequent die Muttersprache zu sprechen, auch wenn es in der Tathäufig mühsig und anstrengend ist und ich michauch mal blöd fühle, in einem Raum voller deutsche in einer Sprache zu sprechen die sonst keinerversteht.

von Fuchsina am 16.08.2012, 00:15