Mehrsprachig aufwachsen

Forum Mehrsprachig aufwachsen

Kind kann kaum deutsch

Thema: Kind kann kaum deutsch

Hallo Mammis, meine Freundin hat mich gebeten, hier für sie diese Frage zu stellen. Also, es geht darum, dass ihre Tochter (4 Jahre) wächst mit 3 Sprachen auf. Sie geht seit einem Jahr in den Kindergarten. Die Erzieherin regt sich wohl auf, weil das Mädchen wenig Deutsch kann: sie kann keine vollständige Sätze oder längere Ketten. Ein Bsp. dazu - sie sollte auf Deutsch ein Bild erzählen, wo ein Bär auf den Baum geklettert hat, um sich den Honig zu holen und zu essen. Bei ihr klang es so: Bär...Baum..essen. Meine Freundin meint, das Kind kann auch die andere 2 Sprachen nicht SO gut, aber besser. Italienisch wird zu hause gesprochen und das kann das Mädchen am besten, aber halt auch nicht viel, kleinere Sätze sind aber drin. Nun hat ihr auch ihre KIÄ geraten, zum Therapeuten zu gehen, das Mädel behandeln zu lassen, weil sie wohl motorische und Wahrnehmungsprobleme hat und es sei nicht normal, in diesem Alter kaum Deutsch zu können. Meine Freundin macht sich Gedanken, weil es nicht so ist, dass das Kind mehrere Sprachen vermischt, wie es öffters der Fall ist, sondern wirklich wenig redet. Was denkt ihr darüber? Hat das Kind wirklich ein Problem mit Sprachen (bzw. mit dem Deutschen, nach 1 Jahr Kindergarten)? Oder ist es normal, wenn es mit mehreren Sprachen gleichzeitig konfrontiert wird?

Mitglied inaktiv - 01.01.2010, 19:32



Antwort auf diesen Beitrag

Hallo, das hat nix mit Deutsch oder Mehrsprachig i. d. S. zu tun. Es gibt nunmal Kinder, die sind im Sprechen fixer, andere im motorischen Bereich. Gerade wenn das Mädel in allen 3 Sprachen deutlich hinter dem "Durchschnitt" herhinkt, ist es ein Zeichen dafür, dass es sich einfach mit Sprache schwer tut. Am besten das Kind mal einer Logopädin vorstellen, die können am besten beurteilen, ob wirklich ein behandlunsbedürftiges Problem vorliegt, oder die Kleine einfach nur ein Spätzünder ist. Tipp: am besten dem Logopäden erst mal nichts von der Mehrsprachigkeit erzählen....leider gibt es auch dort immer noch "Fachleute", die dann gleich mal alles da drauf schieben bzw. empfehlen, die anderen Sprachen weg zu lassen. Bei unserer Jüngsten war es genauso: deutsch-arabisch...in beiden Sprachen sehr deutlich hinter dem Altersdurchschnitt. Sie bekam jetzt insgesamt 30 Stunden Logopädie und ist jetzt absolut altersgerecht. Und um es noch mal deutlich zu schreiben: Das Sprachproblem betraf bei ihr BEIDE Sprachen....und obwohl die Logopädie "nur" in Deutsch stattfand, hat sich zeitgleich beide Sprachen verbessert. Das Problem "sprechen lernen" hat nichts mit den Sprachen an sich zu tun.... LG Amula

Mitglied inaktiv - 01.01.2010, 20:12



Antwort auf diesen Beitrag

Ich sehe das Problem so wie Amula. Das Kind scheint ja insgesamt mehrere Probleme zu haben, dann steht es ihr zu, dass sie in den Sprachen hinterher hinkt. Vielleicht kann man das Kind auch mal in einem sozialpädiatrischen Zentrum zur Abklärung / Fragestellung weiterer Probleme vorstellen. Ich habe eine Freundin, die Lehrerin für geistig behinderte Kinder ist. Sie sagt, sie hat einen geistig schwer behinderten Schüler der im Alltag nicht zurecht kommt, aber bei französich-deutschen Eltern beide Sprachen perfekt spricht (aber sonst nichts kann), also wer weiß, was die Tochter deiner Freundin noch alles lernen kann...

Mitglied inaktiv - 01.01.2010, 20:52



Antwort auf diesen Beitrag

Die Erzieherin soll sich zuerst mehr informieren bevor sie sich aufregt! Ich begreife nicht wie solche Leute überhaupt im Kiga arbeiten !!!! Das ist NORMAL , daß das Mädchen noch wenig spricht. Laßt ihr Zeit! Die hat 3 Sprachen. Also ich bin völlig aufgeregt. Vergiß Logopäden. Die haben sowieso keine Ahnung über Mehrsprachigkeit. Tut mir Leid für das Mädchen, hoffentlich wird der Druck für sie nicht zu groß so daß sie wirklich echte Probleme kriegt....

Mitglied inaktiv - 01.01.2010, 22:32



Antwort auf diesen Beitrag

1. Es ist NICHT normal, dass ein Kind, dass mehrsprachig groß wird, automatisch später spricht, oder sich mit dem Sprechen schwerer tut. Dieses Vorurteil ist mittlerweile mehrfach wiederlegt. Gerade auch an meinen beiden Mädels, die ja beide die gleiche Vorraussetzungen mitbekommen, sehe ich, wie unterschiedlich es laufen kann. Noch mal: das eine Kind lernt früher sprechen - das andere später...eines lernt es relativ unproblematisch - das andere braucht, warum auch immer, Unterstützung und Hilfe....und das ist bei allen Kindern rund um dem Globus so, egal ob ein- oder mehrsprachig 2. Natürlich sollte sich eine Erzieherin nicht "aufregen", weil ein Kind nicht gut sprechen kann. Aber es ist m. E. der Job einer Erzieherin, die Eltern darauf aufmerksam zu machen, wenn ein Kind in IRGENDEINEM Entwicklungsbereich deutlich hinter dem Stand der gleichaltrigen Kinder zurückliegt. Gerade als Eltern fehlen einem ja oftmals genau diese objektiven Vergleichsmöglichkeiten. Und nicht selten wird durch einen Erstverdacht eine aufmerksame Erzieherin eine Störung überhaupt erst entdeckt und dann behandelt. 3. NEIN, nicht die Logopäden vergessen. Die sind nunmal die wichtigsten Fachleute in Fragen des Sprechens lernen. Und ich durfte mit meiner Tochter mehre gute Logopäden kennen lernen, die sich sehr wohl auch mit Mehrsprachigkeit auskennen. Aber bitte genauso wenig in die andere Richtung verallgemeinern: bei den Logopäden gibt es genau wie bei allen anderen therapeutischen Berufen Gute und Schlechte....jede von uns kennt garantiert irgendwo einen miserablen Arzt, von dem wir uns nie behandeln lassen würden. Trotzdem würde niemand sagen "vergiss alle Ärzte, die haben keine Ahnung von Krankheiten"....genauso kenn ich einen Frisör hier bei uns, zu dem ich NIE gehen würde (es sei denn, es würde doch endlich mal mit meiner Bewerbung in der Geisterbahn klappen *ggg*). Trotzdem gehe ich zum Frisör und hab eine sehr gute gefunden, der ich mich auch mit verbundenen Augen ausliefern könnte (Und ihr Frauen da draußen aus Nah und Fern wisst, dass das mehr bedeutet, als sich einem Chirurgen auszuliefern, oder? *gggg*) Also: Das Kind braucht vermutlich Hilfe....im Anfangsposting stand ja auch was, dass schon der Verdacht einer Wahrnehmungsstörung besteht. Der Weg geht einfach da hin, dass jetzt erst mal abzuklären, ob eine Störung vorliegt und die dann eben entsprechend zu therapieren...ob das dann letztendlich in das Gebiet einer Logopädin oder einer Ergotherapeutin oder was auch immer liegt, wird wohl die Diagnose zeigen. Und sollte diese Störung in irgend einer Form mit der Sprachverzögerung in Verbindung stehen, wird sich die Sprache verbessern. Und zwar, so lehrt uns die Erfahrung: in ALLEN beteiligten Sprachen. LG

Mitglied inaktiv - 01.01.2010, 23:32



Antwort auf diesen Beitrag

Hej allesammen - und ein gutes neues Jahr! Ich schließe mich Amulas kompetenten Ausführungen an! Ich bin ja auch jemand, der sich schnell überdie Unfachlichkeit von ädagogen,Ärzten und Logopäden etc. aufregt, aber solange sich keiner dahingehend geäußert hat, eine Sprache wegzulassen bzw. nur noch Umgebungssprache zu sprechen, weil die vielen Sprachen Ursache für das späte (falsche etc.) Spprechen sind, solange liegt ja keine Unfahclichkeit vor. Wenn das Kind anscheinend auch andere probleme hat, ist es dochgut, dies alles mal abklären zu lassen. Sauer und sehr (!!) kritisch würde ichers,wenn mir als (einzige?) Therapie geraten würde, die anderen Sprache(n) wegzulassen. Denn weder hätte bei dem Sohn meiner Schulfreundin so das Stottern aufgehört (was rät man dann einsprachigeren Kindern, die stottern?) noch hätte Amulas Kind oder die Frühchen as einer Listenbekannten sich sprachlich So sehr ich also manche Aufregung verstehe: Hier liegt leider bei dei manchen noch ein Denkfehler vor: Sprache ist nicht gleich Sprachen. Wenn jemand sich für Sprache interessiert, heißt das noch nicht, er lernt gerne viele (Fremd-)Sprachen. Meine Tochter ist sprachlich begabt, will aber keinen Beruf mit Sprachen, wohl aber mit Sprache machen. Und Sprache wird eben NICHT nur durch Sprechen, sondern auch durch Musik, Bewegung, Rhythmus etc gefördert. (Fremd-)Sprachen lernt man jedoch natürlich durch viel Sprechen und Hören, Wortschatz etc. Daher: Abklären lassen, (ob) was schiefläuft in der Gesamtentwicklung, und dann Maßnahmen ergreifen. Den Frühchen hat man übrigens dringend geraten, sich mit einer Sparche zu begnügen; die Mutter tat es nicht und hat heute zwei Spätzünder, die wunderbar beide Sprachen sprechen. Der stotternde Junge hat ohne jegliche Behandlung, aber mit 2 Sprachen irgendwan ndas Stottern von selber aufgehört - die Mutter fand den Ansatz der Logopädin zu Recht zu schlichtgestrickt. manches richtet sich von selbst, anderes kann gefördert und unterstützt werden, sicher aber nicht durch schlichtes Weglassen einer Sprache (wie sollten denn Menschen dann "überleben", die solche Probleme in einem zweisprachigen land haben und gezwungen sind, mehrere Sprachen zu beherrschen? Da geht es ja auch!) In diesem Sinne - ein gutes neues Jahr und viel Rückgrat und Mut für die Freundin, gegenüber manchen "Fachleuten" wird sie sich vielleicht behaupten müssen, aber noch ist Offenheit wichtig! Ursel, DK

Mitglied inaktiv - 03.01.2010, 14:06



Antwort auf diesen Beitrag

Hallo, vielleicht hat das alles nicht mit der Mehrsprachigkeit zu tun. Wenn du schon sagst, dass sie motorische Schwierigkeiten hat und Wahrnehungsstörungen, könnte das sich auch auf die Sprache übertragen. Hast du schon mal von KISS gehört?? Habe schon oft gehört, dass die KISS-Behandlung manchen Kindern sehr geholfen hat ihr sprachliches Defizit aufzuholen, nicht nur sprachlich, natürlich auch motorisch. lg Zara (die auch ein KISS Kind hat)

Mitglied inaktiv - 02.01.2010, 00:38



Antwort auf diesen Beitrag

Hallo! Ich wuerde auch mal zu einem Therapeuten gehen. Vielleicht findet ihr ja jemanden, der mit mehrsprachig aufwachsenden Kindern Erfahrung hat. Wenn sie in allen Sprachen Probleme hat, liegt es bestimmt nicht daran, dass sie zu wenig Deutsch hoert :) . Da wird ein anderes Problem hinterstecken, was man hoffentlich mildern oder beheben kann. Die Bemerkung, dass es nicht normal sei, in diesem Alter kaum Deutsch zu koennen, finde ich nicht OK. Mein Kind ist auch 4 Jahre alt und spricht kaum deutsch (deutsch hoert er nur von mir, von CD's und im Fernsehen). Dafuer kann er sich aber auf italienisch verstaendlich ausdruecken. LG aus Italien

Mitglied inaktiv - 03.01.2010, 21:39



Antwort auf diesen Beitrag

"Die Bemerkung, dass es nicht normal sei, in diesem Alter kaum Deutsch zu koennen, finde ich nicht OK. Mein Kind ist auch 4 Jahre alt und spricht kaum deutsch (deutsch hoert er nur von mir, von CD's und im Fernsehen). Dafuer kann er sich aber auf italienisch verstaendlich ausdruecken." Es ist verständlich, dass dein Kind kaum deutsch spricht, wenn es eben Deutsch nur von dir hört....aber es ist in der Umgebungssprache (Italienisch) ja offensichtlich altersgerecht. In deinem Fall bestände -vergleichsweise zum o. g. Fall- Sorge, wenn er auch in italienisch sich kaum ausdrücken könnte... Im o. g. Fall wächst das Kind erstens in Deutschland auf, geht also vermutlich bereits auch seit längerem in einen deutschen Kindergarten. Umgebungssprache ist also Deutsch und wir alle kennen doch das Problem, dass gerade die Umgebungssprache meistens von alleine die mächtigere Sprache wird. Noch dazu: auch die anderen Sprachen sind ja offensichtlich noch nicht altersgerecht vorhanden. Einerlei, wie sehr wir uns hier den Kopf zerbrechen: wir kennen das Kind nicht, haben es nicht einmal aus erster Hand geschildert bekommen, also können wir wohl alle keine Diagnose stellen. ...... by the way: Sprache ist etwas merkwürdiges und doppeldeutiges....automatisch wurde der Erzieherin aufgrund der Aussage über Dritte unterstellt, dass sich hinter "sie regt sich auf, weil sie so wenig deutsch kann" etwas negatives stehen muss. Automatisch wurde "aufregen" mit "schimpfen, wütend sein, genervt sein" gleich gesetzt. Aber es gibt ja noch eine andere Bedeutung....nämlich in dem Sinne, dass sie "in Aufregung vor Sorge" um das Kind war. Dass es ihr ein drigendes Bedürfniss war, die Eltern darauf hinzuweisen, dass das Mädchen deutlich weniger spricht, als ihre Altersgenossen und sich vielleicht sogar gewundert hat, dass da nicht schon längst etwas unternommen wurde.... Tjaja....das geschriebene Wort und was wir immer meinen, da genau zu wissen.... .... Also: bleibt der Hinweis aus der Erfahrung vieler, vieler Eltern von Mehrsprachlern, dass die "Probleme" höchstwahrscheinlich NICHTS mit der Mehrsprachigkeit zu tun hat und sich die Eltern bitte nicht vorschnell von Pauschal-Therapeuten sowas einreden lassen sollen, sowie der freundliche Tipp baldmöglichst das Kind auf Entwicklungsstörungen/Gesundheitsstörungen (wäre nicht das erste Kind, das einfach nur lange Zeit unentdeckt schwerhörig durch die Gegend wuselt und ggf. einfach nur ein Paukenröhrchen braucht....) untersuchen zu lassen, sodass, sollte da etwas vorliegen, baldmöglichst Hilfe einsetzen kann, damit das Mädel bald durchstarten kann.... LG

Mitglied inaktiv - 03.01.2010, 22:11



Antwort auf diesen Beitrag

Hej Amula! Ach, was bin ich mit Dir einig! Nur eine Randbemerkung: Deine Sätze: "Es ist verständlich, dass dein Kind kaum deutsch spricht, wenn es eben Deutsch nur von dir hört....aber es ist in der Umgebungssprache (Italienisch) ja offensichtlich altersgerecht. In deinem Fall bestände -vergleichsweise zum o. g. Fall- Sorge, wenn er auch in italienisch sich kaum ausdrücken könnte..." regen in mir einen leichten Widerspruch, weil man daraus lesen KÖNNTE, daß die Nicht-Umgebungssprache automatisch die "schwächere" Sprache ist. Es kommt ja immer darauf an, wieviel das Kind von ihr - und der Umgebungssprache hört. Auch ich bin und war die einzige deutsche Bezugsperson, dennoch sind die Sprache n bei uns gleichberechtigt. Aber VERSTÄNDLICH ist es natürlich, daß eine Nichtumgebungssprache in gewissen lebensphasen in den Hintergrund tritt - so mit Eintritt in eine Tagesinstitution (zu der ich auch tagesmutter zähle), jedenfalls sobald das Kind deutlich mehr Umgebungssprache hört. letztendlich jetzt Pfennigfuchserei - und alle Deine Hinweise ansonsten unterschreibe ich voll. Da beide Sprachen Defizite haben, hat das Kind generell perobleme mit Spreche = Sprechen. Woran das liegt, sollte im Alter von 4 Jahren langsam abgeklärt und ggf. behandelt werden; an der Mehrsprachigkeit liegt es höchstwahrscheinlich nicht. Eine gute Woche Euch allen - Ursel, DK

Mitglied inaktiv - 04.01.2010, 07:47



Antwort auf diesen Beitrag

...ich gebe zu, obiger Satz war tatsächlich von mir so gedacht, im Sinne, dass i. d. R. die Umgebungssprache stärker oder zumindest gleich stark wie die anderen Sprachen. - so ja bei euch Allerdings meinte ich nicht, dass die Umgebungsspache automatisch die stärke sein muss. Nunja....hoffen wir, dass die Fragestellerin jetzt das alles an ihre Freundin richtig weitergibt und dem Mädel bald geholfen wird

Mitglied inaktiv - 04.01.2010, 11:33



Antwort auf diesen Beitrag

Hej Amula! Genau - und darauf kommt es erstmal an! Wir beide sind uns ja einig prost Neujahr nochmal - Ursel, DK

Mitglied inaktiv - 04.01.2010, 20:53



Antwort auf diesen Beitrag

Danke an alle!! habe euere Antworten weitergeleitet. Das Kind geht bereits zum Ergotherapeuten und zum Logopeden gehen sie dann auch noch.

Mitglied inaktiv - 06.01.2010, 11:41