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Frz. sprechen, wenn frz. meine eigene schwache Muttersprache ist?

Thema: Frz. sprechen, wenn frz. meine eigene schwache Muttersprache ist?

Hallo, ich bin selbst mehr oder weniger zweisprachig in Deutschland aufgewachsen. Ein Elternteil sprach Französisch mit mir, allerdings hatten wir sonst kein großes französisches Umfeld hier (Bücher, Filme, dann und wann Besuch der Familie). Mein Französisch ist nun nicht so arg dolle, d.h. ich habe wenig Akzent, mir sind Kinderbegriffe und -lieder geläufig, aber ansonsten hapert es dann schon mit dem Vokabular, und teilweise auch mit der Korrektheit von Redewendungen oder ab und zu auch mal der Grammatik. Beim Sprechen muss ich mich ziemlich anstrengen. Nun ist die Frage, ob ich mit meinem Kind (13 Monate) Französisch sprechen soll? Ich hatte es ganz zu Anfang mal probiert, nach 6 Wochen verworfen, und vor ein paar Wochen aus Gewissensbissen einen zweiten Versuch gestartet - man will seinem Kind ja nicht etwaige Chancen verbauen. Bisher habe ich den Eindruck, er versteht ein paar wenige Worte. Abends sitze ich dann da und pauke. Gibt es hier jemanden, der ebenfalls seine zweite Muttersprache "schlecht" spricht, und sein Kind zweisprachig erzogen hat (oder es zumindest versucht hat)? Meine Befürchtung ist ja, dass mein Kind auf einem ganz miserablen Niveau hängen bleiben wird, und ich die die Entwicklung seines Denkens - durch fehlenden sprachlichen Unterbau - behindere. Außerdem ist es auch nicht schön, wie hölzern ich mit ihm spreche. Aber das kann ja durch Büffeln noch werden, oder? Danke für alle Meinungen & Erfahrungen, Canelle

Mitglied inaktiv - 31.01.2011, 11:39



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... hört sich jetzt vielleicht so an, als wäre mein Französisch die Vollkatastrophe. Ganz so ist es nicht, ich spreche immer noch wesentlich besser und sauberer als jemand, der vielleicht französisch Leistungskurs absolviert hat, und habe auch in Frankreich schon arbeitsmäßig ein paar Vorträge erledigt.

Mitglied inaktiv - 31.01.2011, 11:41



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MMmhm, vielleicht ist es eine Chance für dich wieder reinzukommen? Hast du Lust dazu? Ihr könntet doch auch ergänzend in eine frz Krabbelgruppe gehen, Bücher lesen (da wird die Grammatik schon richtig sein...hihi), Cds anhören etc. und wenn du erstmal wieder mehr frz sprichst "flutscht" es bald vielleicht wieder. Immerhin ist es deine Muttersprache. Schau dir frz DVDs an usw, fahrt im Sommer nach F in den Urlaub usw. Ich glaube, ich würde den Versuch wagen (dann aber konsequent bleiben). Was hast du zu verlieren? Dass dein Kind nicht perfekt frz spricht,....nacja, sonst spricht es gar kein frz. Ich würde dir eher Mut machen dazu. Mal sehen, was die anderen sagen. Karina

von blessed2011 am 31.01.2011, 13:44



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Ich würde an deiner Stelle nochmal in mich gehen und den Grund / die Motivation prüfen, warum du es möchstest: nur wegen des schlechten Gewissens und der "verbauten" Chancen oder doch weil es von herzen kommt und dir ein bedürfnis ist, mit deinen Kind in frz zu kommunizieren.

von blessed2011 am 31.01.2011, 13:46



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Hallo Carina danke für Deine Worte! Vielleicht hast Du recht, ich sollte mir einfach selbst mehr Zeit lassen und mich selbst mehr der Sprache aussetzen. Mit französischer Krabbelgruppe wird es in unserem deutschen Kaff allerdings leider nichts :-) Was ich zu verlieren habe: Hab gelesen, dass Kinder von zu Hause aus eine Sprache brauchen, die sie sehr gut beherrschen. Nun ist mein Mann, die deutsche Fraktion, nur selten zu Hause, und der Kleine kommt demnächst in die Krippe - da frage ich mich schon, wie er da vernünftiges Deutsch lernen soll, zwischen lauter Kindern, die es auch nicht können :-). Das ist jedenfalls schon meine erste Prio, dass er ordentliches Deutsch sprechen lernt, und nicht mit 10 Jahren nur so ein radebrechendes Simpel-Deutsch spricht. Ich habe kürzlich zum ersten Mal das Wort "Halbsprachigkeit" gehört, also Kinder, die nicht zweisprachig sind, sondern die zwei Sprachen nur so halb sprechen. Das scheint, laut derzeitiger Lesart jedenfalls, ein ziemlicher Hemmschuh für die geistige Entwicklung eines Kindes zu sein. Naja, ich möchte eben nix falsch machen, und mein - wie ich als Mama natürlich finde: intelligentes ;-) - kleines Bürschchen nicht verdummen, indem ich ihm die Möglichkeit nehme, sich, seine Gefühle und Gedanken, gut auszudrücken. Ach, vielleicht mache ich mir auch einfach zu viele Gedanken? Je mehr man darüber liest, desto mehr wird man - als nicht perfekter Muttersprachler -verunsichert Danke Canelle

Mitglied inaktiv - 31.01.2011, 14:24



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... von Herzen kommt es derzeit leider nicht. Ist mir eher eine Last, muss ich eingestehen. Aber vielleicht - so die Hoffnung - legt sich das ja nach einiger Zeit Vielleicht hat das hier ja jemand mal durchgemacht, und kann von seinen Erfahrungen berichten

Mitglied inaktiv - 31.01.2011, 14:26



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Durch das Leben in Deutschland ohne Foerderung der Vatersprache habe ich als Teenager auch geschwaechelt. Das hat mich total frustriert und ich habe ein massives Sprachwiederbelebungsprogramm gestartet, von Deutschland aus, innerhalb meiner vier Waende: Buecher laut lesen, Filme gucken etc. Bin aus dem Kaemmerchen gekommen als wiedergeborene Muttersprachlerin. Vielleicht ist dein Kind fuer dich eine gute Gelegenheit die Sprache voll zu entfalten? Ihr koenntet zusammen sprechen und lernen. :)

von Pamo am 31.01.2011, 15:40



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Hallo Pamo danke, das macht Mut! Umgekehrt habe ich die Erfahrung gemacht, dass man eine Sprache nie so gut lernt, wie wenn ihr im Alltag ausgesetzt ist. Hört, wie die Leute um einen herum sprechen, und vor allen Dingen sprachlich selbst gefordert wird und gespiegelt wird. Offenbar hast Du das nicht gebraucht; vielleicht gelingt es mir also auch. Wie bist Du vorgegangen in Bezug auf Deine "Materialauswahl"? Ich habe das Gefühl, dass man mit den "dummen" Zeitschriften z.B. erst mal eine ganze Menge mehr für den Alltag mitnimmt, während die akademischen Dinge einen dafür - zunächst - nicht wirklich weiter bringen. Sartre hilft mir jedenfalls nicht beim Badespaß mit dem Junior :-) Danke Dir!

Mitglied inaktiv - 01.02.2011, 09:37



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Ich wuerde an deiner Stelle parallel Folgendes machen: - Franzoesische Buecher lesen, die dir persoenlich gefallen. Laut lesen, Vokabeln nachschlagen, Besondern schwierig sind Woerter, deren Bedeutung dir vage bekannt ist, diese genau nachschlagen, das hilft ungeheuer zum Bessern des Sprachniveaus. - Wenn du Mut hast, raff dich auf und suche einen Muttersprachler und schwaetze mit dem. - Franzoesische Sprachsoftware, die dir Feedback gibt, z.B. Rosetta Stone. - Unterrichte Franzoesisch fuer Anfaenger, das gibt dir Selbstbewusstsein. - Franzoesische Kinderbuecher erst allein lesen, dann mit dem Kinde, je frueher desto besser. Mein Kind hat bereits ab 6 Monate gerne vorgelesen bekommen. - Vielleicht kannst du eine franzoesischsprachige Krabbelgruppe gruenden, wenn es auch nur 2 Kinder beinhaltet. Viel Glueck!

von Pamo am 01.02.2011, 15:19



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... ob Dein Französisch (zu) "schwach" ist, denn das kann man bei entsprechender Motivation recht schnell auf Vordermann bringen (Bücher lesen, Filme gucken, im Internet in der jeweiligen Sprache lesen und posten...). Eher ist die Frage, ob Du Dich damit wohl fühlst, ob es sozusagen "von Herzen kommt", Frz. mit Deinem Kind zu sprechen - und das ausschliesslich bzw. überwiegend. Denn wenn dem nicht so ist, hält man das in einer anderssprachigen Umgebung kaum durch. Ich meine jetzt nicht kleine Anfangsschwierigkeiten (die überwindet man), sondern so das Grundgefühl. Denn Sprache ist ja nicht nur "mechanisches" Verständigungsmittel, sondern drückt ja auch eine Beziehung aus, gerade bei Babys und Kleinkindern ist dieser Aspekt ja ganz wesentlich. Ich (zweisprachig deutsch-tschechisch) fand dies mit Deutsch immer schwierig, und das obwohl ich meine Kindheit in Dtl. verbracht habe (aber als Kind tschechischer Emigranten) - ich finde Deutsch ist nicht so geeignet, um Gefühle auszudrücken, ist "distanzierter", hat nicht so viele Nuancen... - deshalb habe ich das vermehrte Deutschsprechen mit den Kindern erst später angefangen zu praktizieren. Ich denke, jeder muss "sein Modell" finden, wie die zweisprachige Erziehung gehen könnte - es muss für einen selbst, die Familie und die Gesamtsituation passen. 0815-Schemata wie "um jeden Preis OPOL und nix anderes" sind auch nicht immer der Weisheit letzter Schluss...

von MM am 31.01.2011, 18:57



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Hallo Canelle! Mein Mann kam mit 10 Jahren nach D. Bis dahin war seine Muttersprache arabisch. Ich wollte schon immer gern, daß er mit unseren Kinder arabisch spricht. Ich selbst verstehe es so lala und es würde dann ja besser. Leider habe ich beim ersten Kind lange gebraucht, ihn dazu zu überzeugen. Tochter war dann schon 2 Jahre. Sie fing bei den ersten Vesuchen an fürchterlich bockig zu werden und hat meinem Mann das Leben schwer gemacht. Das Ende vom Lied war, daß er wieder deutsch sprach.... Allerdings geht es ihm wohl ähnlich wie Dir. Er sagt auch, daß er arabisch nicht soooo gut spricht ( was nicht stimmt ). Fakt ist, daß er sich mit deutsch wohler fühlt. Mittlerweile habe ich das akzeptiert Er verwendet bestimmte Redewendungen und situationsgebunden arabisch. Das verstehen unsere Kinder. Außerdem hat es sich so entwickelt, daß wir häufiger Besuch aus arabischen Ländern haben. Dann hören unsere Kinder die Sprache viel. Wenn sie darin angesprochen werden reagieren sie eigentlich auch immer adäquat. Obwohl es nicht unbedingt aus der Situation ableitbar wäre. Auch, wenn weit weniger als arabisch, fließt noch norwegisch in unsere Familie ein (ebenso nahe Verwandschaft). Für mich ist mittlerweile viel wichtiger als die Sprache, daß die Kinder die andere Kultur begreifen, offen mit den Differenzen umgehen und ihren eigenen Standpunkt vertreten können. So weit zu meinen Erfahrungen... Alles Gute für Dich

von Sally_98 am 31.01.2011, 21:06



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Hallo Zusammen danke Euch allen für Eure Erfahrungsberichte! Alleine das macht mir Mut, mich hinzusetzen und zu büffeln, und es einfach zu versuchen. Mit der Zeit werde ich dann schon sehen, ob und wie es bei meinem Kind anschlägt, und dann kann man die Strategie ja entsprechend anpassen. Zumindest konntet Ihr alle mir die Angst nehmen, dass ich etwas kaputt machen kann - vielen Dank dafür!

Mitglied inaktiv - 01.02.2011, 13:16



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Deine Situation ist immer noch besser als meine: ich bin Deutsche in Deutschland und spreche trotzdem mit meinen Kindern Englisch, einfach aus Liebe zur englischen Sprache. Wenn Du es wirklich willst geht es, der Anfang ist schwer. Allerdings setzt es ständiges Lernen Deinerseits voraus. Ich bin oft an dem Punkt, wo ich denke, nun kann mich nichts mehr überraschen und dann kommt meine Tochter aus der Schule und will ein mathematisches Problem erklärt haben und ich stelle fest, dass ich nicht einmal weiß, was spitzer und stumpfer Winkel auf Englisch heißt. Dann heißt es hinsetzen und Geometrie-Vokabeln pauken. Früher war es Bauernhof- und Werkzeugwortschatz. Es ist ein ständiger Lernprozess. Solange Du in der Grammatik halbwegs sattelfest bist, kannst Du eigenlich nicht viel kaputt machen. Sehr hilfreich fand ich es, eine muttersprachliche Freundin zu haben, die mir immer willig Auskunft gegeben hat, wenn ich sprachliche Fragen hatte. Meine Töchter sind übrigens inzwischen 9 und knapp 12 Jahre alt und verstehen sehr gut Englisch (auf muttersprachlichem Niveau, vorausgesetzt es ist kein zu extremer Akzent) und sprechen etwas holprig mit hörbarem deutschen Akzent. Ihr Deutsch hat keinen Schaden genommen. Viel Erfolg. Silvia

von Silvia3 am 31.01.2011, 20:52



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Hallo Silvia das finde ich gut zu wissen - mir ist es einfach sehr wichtig, dass mein Sohn sehr gutes Deutsch spricht, und ich an der Stelle kein Risiko eingehe. Woher beziehst Du eigentlich dieses Spezialvokabular? Ich habe schon häufig bemerkt, dass man einiges nicht im Wörterbuch findet, meist auch nicht die Einbettung in die Sprache (also z.B. was ist das passende Verb dazu), und bisher beschränkt sich meine Technik darauf, im Internet nach muttersprachlichen Beispielen zu suchen... nicht gerade effizient. Viele Grüße Canelle

Mitglied inaktiv - 01.02.2011, 13:13



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Mein Englisch ist schon relativ gut, meist sind es einzig die Spezialvokabeln die fehlen und da eher Substantive. Wenn ich das Wort dann sehe, kommt auch oft der "Aha"-Effekt und ich weiß welches Verb dazugehört bzw. wie es in einer Satzkonstruktion gebraucht wird. Sollte dies mal nicht der Fall sein, dann mache ich es ähnlich wie Du, ich suche über Google entsprechende muttersprachliche Beispiele und in echten Problemfällen habe ich einige Muttersprachler an der Hand, die ich fragen kann. Das ist m.E. die allerwichtigste Stütze. Wenn es Dir möglich ist, suche Dir Muttersprachler, z.B. Mütter mit etwa gleichaltrigen Kindern, mit denen Du Französisch sprechen kannst und die Du in Zweifelsfällen fragen kannst. Dies ist auch für Dein Kind gut, weil es merkt, dass diese komische Sprache, die Mama da spricht, auch von anderen Leuten, besonders Kindern gesprochen wird. Vielleicht gibt es ja in Deiner Nähe eine internationale Frauengruppe oder gar eine französische Krabbelgruppe (beim Konsulat nachfragen). Silvia

von Silvia3 am 01.02.2011, 15:28