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2-sprachig aufwachsen lassen ohne Muttersprachler zu sein

Thema: 2-sprachig aufwachsen lassen ohne Muttersprachler zu sein

Hallo, wir bekommen bald ein kleines Mädchen und ich habe schon lange den Wunsch, mein Kind direkt mit deutsch und englisch aufwachsen zu lassen. Wir sind jedoch beide Deutsche, ich spreche aber sehr gut englisch und bin durch Beruf und Auslandsaufenthalte auch sehr gut in der allgemeinen Umgangssprache. Nun habe ich von mehreren Seiten schon gehört, dass ein Kind für jede Sprache eine Bezugsperson haben soll, d.h. jeder Elternteil nur die eine Sprache mit dem Kind sprechen soll. Ich will das versuchen, bin mir aber nicht sicher, ob es mir möglich ist, all meine Gefühle etc. in einer mir zwar sehr vertrauten, aber jedoch nicht vollkommen muttersprachlich gelernten Sprache auszudrücken. Wird es dem Kind schaden, wenn ich zwischendurch auch deutsch mit ihm rede? Ich würde mich über Erfahrungen oder Tips von eurer Seite freuen... Liebe Grüße Jemima

Mitglied inaktiv - 02.12.2004, 16:37



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Ich will Dich ja nicht sesillusionieren, aber ich glaube das wird nicht so einfach klappen. Dein Sohn wird instintiv spüren, ob du "echt" mit ihm redest. Und manche Sachen/Gefühle kommen einfach auf Deutsch/Muttersprache raus, grad am Anfang, wenn man mit einem Baby redet. Nur als Beispiel, wobei würdest Du Dich wohler/harmonischer fühlen, wenn Du Dein kleines Baby im Arm hast, "Hallo mein kleines Mäuschen" oder "Hello sweetheart"? Ich war 6 Jahre mit einem Engländer zusammen, unser Sohn wurde nach 1,5 Jahren geboren und wuchs bis 3,5 Jahre zweisprachig auf. Mein Freund sprach kein Deutsch, deshalb habe ich zu Hause auch nur Englisch geredet, auch weil mein Freund sich ausgeschlossen gefühlt hat, wenn ich Deutsch redete. Trotzdem, manche Sachen, Schlaflieder usw. kommen gefühlsmäßig in der Muttersprache. Nach unserer Trennung habe ich bewußt versucht, mit unserem Sohn Englisch zu sprechen, da wir in Deutschland blieben (Papa in England) und ich wollte, daß er die Sprache behält.... war ein totaler Reinfall. Mein Sohn meinte nur "sprich doch mal richtig", er hat mich zwar verstanden, die Sprache bei mir aber nicht akzeptiert und auch deutsch geantwortet. Lange Rede kurzer Sinn, ich glaube nicht daß man es als Nicht-Muttersprachler durchhält und emotional glaubwürdig bleibt, nur in einer anderen Sprache zu reden, egal wie gut man diese beherrrscht. Dann schon lieber früh spielerisch Englisch nahebringen, mit Bücher, Liedern ect. Liebe Grüße, Josepha

Mitglied inaktiv - 03.12.2004, 00:09



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Mitglied inaktiv - 03.12.2004, 00:11



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Hi Ött, danke für die Info. Das ist genau die Befürchtung, die ich habe. Vielleicht ist es dann wirklich besser, direkt deutsch zu reden und das Englische spielerisch beizubringen, das ist sicherlich auch ebenso sinnvoll. Ich habe auch die Erfahrung bei Verwandten im Ausland gemacht, dass ich mit deren Baby nicht auf Englisch oder in der Muttersprache hebräisch geredet habe (die ich eh nicht wirklich beherrsche), sondern auf deutsch, obwohl alle immer lächelnd gesagt haben: oh je, jetzt fängt der Kleine nachher an zu sprechen und spricht deutsch *hihi*. Echte Gefühle kann man wohl nur in der Muttersprache ausdrücken. Immerhin kriegt unsere Kleine eine andere Sprache mit, denn der Opa hat schon den Auftrag, mit unserer Kleinen hebräisch zu sprechen, um sie schon früh an die Sprache zu gewöhnen. Also, vielen Dank für die Rückmeldung, ich werde mir das nochmal ernsthaft überlegen. Gruß Jemima

Mitglied inaktiv - 03.12.2004, 09:25



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Hallo Jemima! Ich bin in erster Linie hellhörig geworden, weil du etwas von hebräisch geschrieben hast, und es so klang, als hättet ihr Verwandte in Israel... (und das liest man hier fast nie ;o) ) Mein Mann ist Israeli, redet aber momentan (leider?) nur englisch mit unserem Zwerg, also auch nicht seine Muttersprache. (Er hat allerdings einige Zeit in Australien gelebt bevor er zu uns nach Deutschland gekommen ist; ). Eigentlich hatten wir auch hebräisch angedacht, aber das war ihm irgendwie komisch, da der Kleine ja noch nicht antwortet (bzw. kaum), und er sich jetzt so aufs Deutsch lernen konzentriert hat, da fiel es ihm leichter englisch zu sprechen.... Ich bin nicht sicher, ob ich das wirklich gut finden soll, klar braucht man englisch mehr, aber einen Akzent hört man natürlich trotzdem, und so 100 prozent fehlerfrei redet man meist als nicht Muttersprachler ja auch nicht... Da wir untereinander noch öfter in englisch kommunizieren, passiert es mir manchmal versehentlich, dass ich auch mit dem Kleinen englisch rede, aber grundsätzlich bin ich doch froh, mit ihm deutsch sprechen zu können. das ist halt das, was automatisch da ist, und wo ich mich doch am besten ausdrücken kann. Wie ist das eigentlich bei euch? Kommen euere (deine?)Eltern ursprünglisch aus Israel? Du bist dann aber nicht zweisprachig aufgewachsen, oder? Ich würd mich freuen nochmal von dir zu hören (auch ob ihr euch schon entschieden ahbt, was ihr bezüglich der WZeisprachigkeit tun werdet) .. du kannst mir acuh gerne mailen, wenn du lust hast liebe Grüße mara

Mitglied inaktiv - 04.12.2004, 15:53



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Wir erziehen zweisprachig obwohl wir beide Deutsche sind. Ich spreche Englisch mit den Kindern (3 und 5 Jahre) und mein Mann Deutsch. Wir leben in Deutschland. Es läuft relativ gut. Meine Große versteht sehr gut Englisch, mag es aber nicht sprechen. Sie kann es aber. Natürlich mit deutschem Akzent. Finde ich aber nicht schlimm, schließlich sind wir Deutsche. Die Kleine ist richtig zweisprachig, spricht mit mir Englisch, mit Deutschen Deutsch. Es ist besonders am Anfang sehr schwer sich zu disziplinieren und wirklich nur Englisch mit dem Baby zu sprechen. Nach ca. einem halben Jahr war es aber die natürlichste Sache der Welt. Das Argument des Gefühlsmäßigen kann ich nicht ganz nachvollziehen. Denn was sagt man zu einem kleinen Baby, was man auf Englisch emotional nicht rüberbringen könnte? Eigentlich nicht viel. Die üblichen Phrasen sind doch alle leicht übersetzbar. Und meine Kinder haben selbstverständlich deutsche Kosenamen. Warum auch nicht? Ich denke man muß sich darüber klar sein, daß man aus den Kindern keine Muttersprachler machen kann, sondern daß man bestenfalls erreicht, daß die Kinder zu einem sehr frühen Zeitpunkt eine Fremdsprache lernen. Mit deutschem Akzent, evtl. auch mal mit Fehlern. Die Frage ist nur, wenn sie es mit zehn Jahren von mehr schlecht als recht englischsprechenden, deutschen Lehrern in der Schule lernen, wird ihr Englisch dadurch besser? Wohl eher nicht. Das größte Problem ist meiner Erfahrung nach, daß man auch mit sehr guten Englischkenntnissen früher oder später an die Grenzen seiner Englischkenntnisse gelangt. Es gibt einfach Dinge, bei denen man spontan nicht weiß, wie man sie richtig ausdrückt. Gehe mal mit offenen Augen durch deine Stadt und stelle die vor, welche Fragen Dir eine dreijährige zu Gebäuden, Baustellen (ein sehr schwieriges Thema), Feuerwehrfahrzeugen, Pflanzen etc. stellen könnte und ob Du die spontan auf Englisch beantworten könntest. Es geht hier nicht um einzelne Vokabeln, die kann man meistens nachschauen, sondern um eine authentische Ausdrucksweise. Ich komme da immer wieder ins schleudern und stammele mir dann etwas zurecht, obwohl mein Englisch sicher sehr gut ist. Wenn Du das Projekt angehen willst, solltest Du in Deinem Umfeld eine englische Person haben, die Dir bei all diesen Fragen willig Rede und Antwort steht. Ansonsten wird es sehr schwer. Silvia

Mitglied inaktiv - 04.12.2004, 23:36



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Hallo Jemima, ich habe vor ein paar Tagen meinen kleinen Sohn bekommen und auch er soll zweisprachig aufwachsen, obwohl wir beide Deutsche sind. Allerdings haben wir zwei Jahre in Großbritannien gelebt und gearbeitet (ich im Customer Service am Telefon, was doch recht hohe Anforderungen an das Sprachvermögen stellt, wenn auch überwiegend bezogen auf ein konkretes Gebiet). Wichtig ist wirklich, dass Du Dich fragst ob Du auch Gefühle in der Fremdsprache herüber bringen kannst. Das war mein großer Zweifel, bevor unser Kleiner kam. Aber ich habe ihn - ohne überhaupt darüber nachzudenken - bereits im OP auf Englisch begrüßt. Mir ging das "hello my little darling" so leicht von den Lippen, als hätte ich nie etwas anderes getan. Es ist bestimmt nicht leicht das auch weiterhin immer und in jeder Situation wirklich durchzuhalten, zumal man in doch gewissermassen in einer Aussenseiterrolle ist - im Krankenhaus haben schon manchmal andere Mütter komisch geschaut wenn sie mitbekamen, dass ich mit meinem Zwerg Englisch gesprochen habe, aber ein Anfang ist gemacht. Daher kann ich Dir nur raten, es erst mal auf Dich zukommen zu lassen. Auch wenn man normalerweise nicht zwischen den Sprachen wechseln solltest, in den ersten Wochen ist das sicher noch kein Problem. Also sieh zu, wie Du Dich dabei fühlst, wenn Du mit Deiner Tochter Englisch sprichst. Fühlst Du Dich nicht wohl dabei, lass es lieber. Fühlst Du Dich gut und kommen die Worte in Englisch ohne großes Nachdenken über Deine Lippen, solltest Du es tun. Ich glaube nicht, das man generell sagen kann, dass man mit einem Kind nur in seiner Muttersprache sprechen sollte. Liebe Grüße platschi

Mitglied inaktiv - 05.12.2004, 13:04



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Hallo, nochmal ein Dankeschön an alle, die mir auf meine Frage so offen geantwortet haben. Es ist wirklich ein schwieriges Thema, aber die Erfahrungen von einigen von euch zeigen mir, dass es ja auch gehen kann. Ich muss diesbezüglich wirklich nochmal in mich gehen und das mit meinem Mann besprechen. Mahara, dir antworte ich nochmal direkt per Email. Lieben Dank für Eure Hilfe. Jemima

Mitglied inaktiv - 05.12.2004, 15:55



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Hallo, unsere beiden Kinder wachsen auch zweisprachig auf. Ich spreche deutsch, mein Mann italienisch. Und trotzdem sprechen unsere Beiden mit einem leichten deutschen Akzent italienisch. Also obwohl mein Mann seine Muttersprache spricht, ohne deutschen Akzent;-) Unsere Kinder lernen jetzt im Kiga englisch. Da es ja heißt: eine Person, eine Sprache macht die Erzieherin es so, dass sie eine Handpuppe hat. Diese Puppe spricht NUR englisch. Das wäre viell. auch eine Idee für zu Hause. Lass die Handpuppe doch jeden Tag eine Geschichte auf englisch erzählen, oder nimm sie mit auf den Spielplatz... Was hälst du davon ? LG Marion

Mitglied inaktiv - 05.12.2004, 20:45