Sehr geehrter Herr Dr. Busse,
Beim Abschlussgespräch der psychologischen Testungen unseres Sohnes (knapp 12) kam nun doch noch eine vermutlich wichtige Erkenntnis:
Er fiel bei den Tests zur Erkennung von Emotionen komplett durch, sie fragte sogar ob er “gesichtsblind“ sei, sicher sei aber eine pragmatische Kommunikationsstörung. Das würde auch erklären, warum für ihn ein Schultag am Gymnasium (30 teils wechselnde Kinder, jede Stunde neuer Lehrer, anstrengender Pausenhof...) eine absolute Herausforderung ist, da er ja ständig die ganze Kommunikation “zwischen den Zeilen“ analysieren muss, wer mit wem wie ... usw. Was den Stresslevel so hochtreibt, dass er davon Migräne oder asthmatische Probleme bekommt. Auch kann er seine eigenen Emotionen vermutlich nicht erkennen und merkt die Migräne/das Asthma erst, wenn es zu spät ist.
Diese Erkenntnis überrascht mich ehrlich gesagt nicht, die Erziehungsratgeber der letzten 11 Jahre (das hochsensible/hochbegabte/überreizte/explosive/....Kind - immer in dem Versuch, mein Kind endlich zu verstehen) mündeten für mich oft in der Idee “Asperger Autismus“.
Nun ist er zudem in allen kognitiven Bereichen überdurchschnittlich intelligent, ein absoluter Kopfmensch meint die Psychologin, der durch die Intelligenz die o.g. Schwächen wohl kompensiert , zumindest in der Öffentlichkeit. Er fiel bisher zumindest außer Haus nie durch schlechtes Verhalten auf.
Er bekommt erst mal Kopfschmerz/Entspannungstraining gegen die Migräne. Das Asthma ist momentan (immer noch hochdosiert Viani) stabil.
Meinen Sie, das reicht aus oder sollte ich dranbleiben und versuchen, eine offizielle ASS-Diagnose zu bekommen? Wenn ich mir die Diagnosekriterien anschaue, passt sehr sehr viel, allerdings weiß ich ja nicht, wie stark diese Auffälligkeiten für eine Diagnosesicherung sein müssten . Auch unser KiA meinte, dass bei der Anamnese vor einem Jahr im Rahmen des KiA-Wechsels an einigen Stellen seine Alarmglocken läuteten - mehr sagte er jetzt aber nicht.
Ich will unseren Sohn nicht in eine “Schublade“ stecken. Verpassen wir irgendwelche Fördermöglichkeiten wenn wir die Diagnostik nicht vorantreiben?
Natürlich werden wir zuhause (noch ) mehr Verständnis aufbringen und mit dem Lehrer würde ich auch reden .
Was denken Sie?
Vielen lieben Dank im Voraus für eine kurze Einschätzung zum Thema Förderung/Schublade!
Herzliche Grüße
Anna
Mitglied inaktiv - 20.04.2017, 21:52
Antwort auf:
Aut. Spekt. Störung Diagnose herfeiführen
Liebe A.,
ich kann dieses komplexe Problem leider nicht aus der Ferne beurteilen. Der Kinderpsychologe, Kinderpsychiater und Kinderarzt werden Sie anhand der Untersuchungsergebnisse ja aber sicher kompetent beraten, wie Ihr Sohn am besten unterstützt und behandelt werden kann.
Alles Gute!
von
Dr. med. Andreas Busse
am 21.04.2017
Antwort auf:
Aut. Spekt. Störung Diagnose herfeiführen
Hi Anna, ich musste da gleich an Pflegegeld denken. Ich denke es ist nicht verkehrt sich eine Diagnose zu holen. Den SBA kannst du auch ohne beantragen, das würde ich an deiner Stelle auch machen. Denn das ist das erste was man macht um eingeschätzt zu werden.
Mit einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung müsste dir ein solcher zustehen.
https://www.autismus-verstehen.de/recht/behindertenausweis.html
Bei uns war es so, das der Kleine eine Hemiparese hat/te. In den SPZ Schreiben stand immer "Verdacht auf Hemiparese". Bei ihm war es allerdings sehr mild ausgeprägt und Dank super Unterstützung von allen Seiten und seinen unerschütterlichen Willen merkt man davon heute nahezu nichts mehr. Die Ärztin im SPZ überließ es mir ob ich diese Diagnose haben möchte oder nicht. Bei uns war es aber so, das die Gefahr bestand das er evtl.später höhere Versicherungsbeiträge zu leisten hätte, denn mit dieser Diagnose - welche bleibt und nicht verschwindet - wäre das lt. SPZ denkbar.
Da er sich so toll entwickelte, lehnte ich "dankend" ab.
Dennoch werde ich wohl rückwirkend versuchen wegen all dem Aufwand nachträglich den SBA zu beantragen, mithilfe der Unterstützung vom SPZ (welche mir das angeraten hatten).
Bei euch wäre die Diagnose um einiges wichtiger als bei uns - sehe ich zumindest so.
Evtl bietet bei euch das Gym auch einen Nachteilsausgleich an?
http://www.autismus.de/fileadmin/RECHT_UND_GESELLSCHAFT/Stellungnahme_des_Wiss._Beirats_zum_Nachteilsausgleich_in_der_Schule.pdf
Auch später für das Studiumwäre eine Diagnose vllt gut:
http://autismus-kultur.de/autismus/bildung/nachteilsausgleich-fuer-autisten-im-studium.html
https://www.studentenwerke.de/de/content/nachteilsausgleich-antragsverfahren-und-nachweise
Liebe Grüße
von
EarlyBird
am 21.04.2017, 13:06
Antwort auf:
Aut. Spekt. Störung Diagnose herfeiführen
Hallo EarlyBird,
Siehst Du, genau das meine ich... bumms Schublade “behindert“.(nicht böse gemeint!!!)
Genau das will ich nicht. Aber das Gespräch mit der Psychologin ist noch recht frisch, ich muss das erst mal verdauen. Tatsächlich braucht er viel mehr Unterstützung als der normale 11 jährige, was aber durch die jüngeren Geschwister gar nicht sooo auffällt. Und vieles vieles andere... man hat sich arrangiert.
Wobei für die Schule, da wäre eine Hilfe wahrscheinlich gut. Er hat schon rund 60 Fehltage (Asthma, Infekte, Migräne). Aufgrund absoluter Verweigerungshaltung zu Hause irgendetwas für die Schule zu machen, kathastrophalster Heftführung und Schrift... ein Zustand, der selbst bei guter Intelligenz nicht weiter tragbar sein wird. Schon allein Englisch und Latein so aufzuarbeiten, dass er in Kl. 7 ohne Lücken weitermachen kann, wird wohl nur mit Unterstützung zu schaffen sein. Notenmäßig ist er von eins (4.Kl) über die zwei (5.Klasse) Richtung drei gerutscht, in den letzten Wochen gab es die ersten vierer - und der Trend wird so weitergehen wenn wir nichts machen. Vielleicht könnte man hier mit Diagnose einfacher eine Hilfe bekommen?
Ich weiss nicht...
Mitglied inaktiv - 21.04.2017, 14:08