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Tochter redet zu Hause immer mehr Französisch

Thema: Tochter redet zu Hause immer mehr Französisch

Hallo, ich bin Deutsche und mit einem Franzosen verheiratet. Wir leben in Frankreich. Ich habe mit meinen beiden Töchtern zu Hause immer Deutsch geredet (auch mein Mann kann sehr gut Deutsch). Seit kurzem redet meine jüngere Tochter (8) aber plötzlich nur noch Französisch zu Hause mit uns. Sollte ich sie lassen (weil es für sie so anscheinend natürlicher ist) oder sie darauf hinweisen, dass wir zu Hause mehr oder weniger nur Deutsch reden? Ich habe Angst, dass sich das so einbürgert und sie dann ihr Deutsch wieder verlernt (was ja schade wäre, auch im Hinblick darauf, wenn sie Oma und Opa in Deutschland besucht und die sich dann nicht mehr mit ihr verständigen können).

von Kl.Leon am 16.07.2019, 15:31



Antwort auf Beitrag von Kl.Leon

Sprech einfach weiter Deutsch mit ihr.

von germanit1 am 16.07.2019, 16:28



Antwort auf Beitrag von Kl.Leon

ich würde sie auch einfach lassen. antworte halt auf deutsch, auch wenn es komisch ist. und: sie "verlernt" nichts, es gerät höchstens ein bisschen aus der Übung, kommt aber bei Bedarf schnell wieder ins Bewusstsein

von Kacenka am 16.07.2019, 18:26



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Hej! Weitermachen - auch mein Rat! Du wirst es nie erzwingen können, ob und wieviel Dir Dein Kind in Deiner Sprache antwortet, aber Inkonsequenz / Aufgeben signalisiert ja nur, daß Du Dich beugst und Deine Sprache unterordnest. Was Dein Kind spricht, hast Du nicht in der Hand, wohl aber, was DU sprichst - das ließe ich mir auch von keinem Kind (oder Erwachsdenen ) vorschreiben!! Es ist natürlich, daß die Umgebungssprache vorherrschend wird, zumindest in die"Gefhar rückt", es zu werden. Da mußt Du gegensteuern -- aber nicht erzwingen!!. Es ist ja auch natürlich, daß Dinge, die in der Umgebungssprache erlebt und besprochen werden, auch zuhause in dieser Sprache referiert werden - gib Deinem Kind die Vokabeln, solche Geschichten auch in Deiner Sprache zu erzählen. Wiederhole also das Gesagte in Deiner Sprache und schließe eine Frage an, so daß die Geschichte weitergeht. Mach Dir klar, daß es frustrierend sein kann, eine Sprache anwenden zu müssen, die man weniger gut beherrscht - ich kenne das von Dänisch bei mir selbst bis heute --- also rüste Dein Kind aus mit deutschen Strukturen und Wörtern, damit sich das Gefühl, Französisch gehe schneller, besser, differenzierter, gar nicht erst manifestiert. Es ist Deine Verantwortung (wie beim Essen), anzubieten und auszurüsten, es liegt beim Kind, anzunehmen und anzuwenden. Genauso wenig wie beim Essen solltest Du (dauernd) darauf hinweisen,was angenommen, was gesprochen werden soll! Das obliegt dem Kind. Und selbst, wenn es eben nicht konsequent oder überhaupt Deutschspricht: Dem passiven Einfluß kann es sich nicht entziehen - daher kann Deutsch schnell aktiviert werden, wenn das Kind der Notwendigkeit ausgesetzt wird. Nur Mut - es geht nichts verloren, wenn Du durchhälst! Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 18.07.2019, 10:05



Antwort auf Beitrag von Kl.Leon

Die Kinder sprechen natürlich spontan und am besten immer die Sprache des kulturellen Großumfelds, also des Landes, indem sie zur Schule gehen, ihre Freunde haben etc. Deutsch wird für Deine Tochter langfristig nur eine Zweitsprache bleiben. Trotzdem kannst Du sie zweisprachig erziehen: Um das Deutsche zu erhalten, solltest Du weiterhin konsequent Deutsch mit ihr reden, und das auch nicht mit Französisch mischen. Es ist wichtig, sich hier aufzuteilen: Dein Mann kann Französisch mit ihr reden, Du aber nur Deutsch. Falls Dein Mann Deutsch kann, wäre es auch gut, wenn Ihr Euch bei den Mahlzeiten auf Deutsch unterhalten würdet. Streue bei Dir selbst keine französischen Sätze ein, und bestehe darauf, dass Deine Tochter Dir auf Deutsch antwortet, das ist wichtig. Es ist für sie etwas unbequem, denn Französisch kann sie besser. Aber das macht nix, bleibe hier ruhig stur. Sage ihr, dass Du nur reagierst und antwortest oder eine Bitte erfüllst, wenn sie dasselbe auf Deutsch sagt. Das muss man eine Weile ein bisschen erkämpfen bzw. einen Konflikt aushalten, weil das Kind vielleicht mault oder es ignoriert. Es lohnt sich aber, diese neue Regel durchzusetzen, Deine Tochter gewöhnt sich mit der Zeit daran. LG

von Lillimax am 23.07.2019, 10:12



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" Streue bei Dir selbst keine französischen Sätze ein, und bestehe darauf, dass Deine Tochter Dir auf Deutsch antwortet, das ist wichtig. Es ist für sie etwas unbequem, denn Französisch kann sie besser. Aber das macht nix, bleibe hier ruhig stur. Sage ihr, dass Du nur reagierst und antwortest oder eine Bitte erfüllst, wenn sie dasselbe auf Deutsch sagt. Das muss man eine Weile ein bisschen erkämpfen bzw. einen Konflikt aushalten, weil das Kind vielleicht mault oder es ignoriert. Es lohnt sich aber, diese neue Regel durchzusetzen, Deine Tochter gewöhnt sich mit der Zeit daran." Dem widerspreche ich sehr energisch. Druck erzeugt Gegendruck, und Du kannst ein Kind niemals ZWINGEN mit Dir zu reden oder die Sprache zu wählen, die es mit Dir redet. (Ähnliche Erfahrungen machen Mütter ja beim Essen oder Schlafengehen: Zwang löst das Problem NIE!) Ein Kind wählt eine Sprache aus verschiedensten Gründen zu oder ab - je besser es aber die Sprachen beherrscht, umso leichter fällt ihm die Antwort in der entsprechenden Sprache, Insofern ist es natürlich, wie du ja auch anfangs schreibst, an der Mutter, Deutsch zu reden. Damit, und indem sie evtl .sogar auf Deutsch wiederholt, was das Kind auf Französisch erzählt, aus einem Erfahrungsbereich, den es erstmal auf Französisch erlebt und mit Worten benannt hat, erweitert die Mutter den Wortvorrat, ohne daß das Kind sich gegängelt und korrigiert fühlt. Ganz falsch ist es doch, die Sprache, an der dem Kind eh weniger liegt,(auch weil sie evtl. noch zuviel Mühe macht) auch noch zum Prinzip zu machen, das man dann - als Kind - sehr gut ablehnen kann. Und eine Sprache, meine Sprache, dazu zu verwenden, die Kommuniklation zu erschweren - mein Mitwirken in anderen Dingen zu verweigern, weil mein Kind mich nicht auf Deutsch darum bittet: Da stellt sich doch die Frage, was wichtiger ist. Sprache oder ein gutes Verhältnis zueinander???? Aus ERFAHRUNG kann ich Dir sagen, daß nichts so sehr schmerzt als ein Kind,das nicht mehr mit einem reden will - umgekehrt gilt das sicher genauso. Ein Kind, das Sprache als Machtmittel erleben muß, wird diese Sprache niemals lieben. es wird niemals Ehrgeiz und Freude darin setzen, sie zu lernen, es wird sie - verständlicherweise! - ablehnen und einer Mutter verweigern,die ihrerseits vormacht, wie man Sprache verweigert und mit Sprache trennt statt vebrindet. Sprache ist für mich immer Kommunikation zum Miteinander, bei uns wird auch das Dänische VOR und MIT den Kindern gepflegt, weil sie lernen sollten, daß Sprache Kommunikation ist, die uns Menschen zueinander führt und gerade NICHT trennt.. Beide haben sehr gut trotzdem oder vielleicht gerade darum (?) Deutsch gelernt. Wichtig ist die Zeit, daher ist Dein Rat mit der Familiensprache auch gut, sofern derVater Deutsch versteht/spricht. Wichtig ist auch die Selbstverständlichkeit - je selbstverständlicher es ist, daß in einer Familie mehrere Sprachen vorkommen, umso leichter fällt es allen, dies zu akzeptieren. Dein Modell baut Zwang und Schulerfahrungen auf, die in einer Familie kontraproduktiv sind (in der Schule im Prinzip auch) und jegliche Motivation gerade ins Gegenteil verkehren statt zu befördern. In keinem der Mehrsprachenforen, in denen ich bin, in keiner der vielen zweisprachigen Familien, die ich zum großen Teil auch persönlich kenne, wird es so praktiziert, wohl weil den Müttern/Vätern wichtig(er) ist, mit ihren Kindern zu sprechen als mit ihren Kindern ihre Muttersprache zu sprechen. Man selber als Erwachsener bleibt natürlich beiseiner Sprache und pflanzt dem Kidn so Wörter und Struktutren zum Gebrauch ein - denn es kan nsich ja nichtdem nicht verschließen, Ohren sind immer auf Empfang. Aber dem Kind bleibt die Wahl, wie es antwortet - und wenn ein Kind in Frankreich dann fließend Deutsch versteht, ist das deutlich mehr als viele einsprachige französische Kinder vorweisen können, zumal dieses passive Deutsch sehr schnell aktivitiert werden kann, wenn es denn auch mündlich gebraucht wird. Zwang beim Lernen ist niemals gut - und Dein Modell kommt einem Liebesentzug gleich, der dem Kind eine schöne Sprache, die Muttersprache, verleidet statt näherbringt --- und die Mutter gleich dazu. ICH würde sie niemals anwenden, ich würde niemals jemandem dazu raten. Weil ich mein Kinder und meine Sprache, Deutsch, liebe und zueiannder führen möchte, nicht trennen.. Gruß Ursel, DK

von DK-Ursel am 23.07.2019, 10:56



Antwort auf Beitrag von Lillimax

Wie meine Vorschreiberin bereits ausführlich erläutert hat, bringt Druck in diesem Fall gar nichts. Wenn man das Kind zwingt, eine Sprache zu sprechen, in der es sich nicht wohl fühlt, wird es sich wahrscheinlich komplett verweigern. Außerdem hat man dann permanent Kampf Zuhause. Sprache ist ja allgegenwärtig, sie ist nicht wie "mittwochs räumst du immer dein Zimmer auf, und wenn du das nicht machst, darfst du nicht Fernsehen gucken". Ich würde selbst konsequent Deutsch sprechen, und wenn das Kind etwas auf Französisch sagt, dieses auch manchmal auf Deutsch wiederholen (aber auch das lässt sich mit zunehmenden Alter des Kindes nur schwer durchhalten) und ansonsten möglichst regelmäßig Telefonate (Skype o.ä.) mit deutschen Verwandten initiieren sowie oft nach Deutschland fahren, deutsche Spielgruppen besuchen usw. Immersion ist immer noch der beste Weg, eine zweite Sprache zu fördern. Wenn das Kind dann (viel) älter ist, wird es hoffentlich bewusst mit der Mutter Deutsch sprechen. Es wird auch Deutsch können, selbst wenn es das als Kleinkind nicht oft gesprochen hat. Silvia

von Silvia3 am 25.07.2019, 07:31



Antwort auf Beitrag von Lillimax

Du bist nicht allein mit dieser "Methode" des Einforderns der schwächeren Sprache, ich kenne andere Eltern, die es auch so gemacht haben. Und ja, die Kinder gewöhnen sich daran und ordnen sich dem Zwang unter (was bleibt ihnen auch anderes übrig), aber langfristig wirkt es sich eher negativ aus. Die Mehrsprachigen, welche so aufgewachsen sind, die ich kenne, haben eine eher ambivalente oder sogar neative Einstellung zu dieser Sprache entwickelt. Daher bin ich auch bei Ursel: selber bei der schwachen Sprache bleiben, aber tolerieren, wenn das Kind nicht in dieser Sprache antworten möchte. Sowas kann sich auch wieder auswachsen und selbst wenn nicht, das ist doch letztlich auch nicht so schlimm. Wir Eltern geben alles mit, was wir können, aber die Kinder dürfen ruhig selber entscheiden, was sie davon brauchen. Passive Sprachkenntnisse aus der Kindheit lassen sich später bei Bedarf auch super ausbauen, dann ist auch Motivation da und eine neutrale oder positive Grundeinstellung, das geht dann rasend schnell. Eine mit der Sprache verbundene negative Erfahrung aus der Vergangenheit lässt sich dagegen nur schwer später wieder "ausradieren" oder überwinden...

von Kacenka am 27.07.2019, 16:06