Hallo Dr. Posth
Meine Tochter ist 5 ½ Monate alt und schläft tagsüber nur in Tragetuch und mit Schnuller im Mund. Zum Einschlafen muss ich stark „Wippen“, wenn sie einmal schläft, reicht ein sanftes Schaukeln. Nachts wird sie in den Schlaf gestillt, was tagsüber leider nicht klappt.
Ich bin ein grosser Trage-Fan, doch sie wiegt schon 9kg ich stosse an meine körperlichen Grenzen (Rücken, Knie). KiA empfiehlt mir, sie müde und satt hinzulegen und dann bei ihr zu bleiben, bis sie schläft. Wenn sie zu weinen beginnt, soll ich sie mit Schnuller, Zureden, Festhalten etc. beruhigen, sie aber nicht aus dem Bettchen nehmen. Sie meint, es sei in Ordnung, wenn sie weint bevor sie einschläft (auch bis 15 min), solange ich immer bei ihr bin und sie tröste. Kann sie in diesem Alter lernen, den Tagschlaf im Bettchen zu machen? Wann wird sie von alleine nicht mehr ins Tragetuch wollen? Stimmen sie der Empfehlung vom KiA zu? Welche alternative Vorgehensweise würden Sie mir empfehlen?
Vielen Dank
Mitglied inaktiv - 23.01.2012, 07:36
Antwort auf:
Tagesschlaf nur im Tragetuch
Hallo, dieses Problem hätten die Menschen heute nicht, würden sie ihre Kinder noch in Wiegen legen, wie das einmal vor Hunderten von Jahren der Fall gewesen ist. Ein bisschen nachahmen kann man dieses Schaukeln aber noch durch ein Bettchen auf Rädern (die es im Baumarkt gibt). 9 kg für einen 5 Monate alten Säugling ist aber auch Obergrenze! Was sagt denn Ihr KiA dazu?
Es stimmt, dass Weinen bei Anwesenheit und Tröstungsversuchen der Mutter oder eine anderen Bezugsperson nicht so viel Stess bereitet wie Weinen alleine, d.h. verlassen. Aber das kann immer nur eine unausweichliche Notsituation sein, wenn alles andere nicht mehr hilft. Eine Methodik daraus zu konstruieren, ist nicht viel besser als programmiertes Weinen-lassen zu Konditionierungszwecken. Ihr KiA hat dieses Vorgehen wahrscheinlich bei Aletha Solter aus den USA gelesen. Ich halte nicht viel davon. Das Konzept basiert auf grundsätzlichen Missverständnissen, z.B. dem, dass in diesem Weinen heilsame Trauer zum Ausdruck käme und ein Säugling ein Recht hätte zu trauern. Aber eine so immens schwierige emotional-kognitive Strategie zum Abbau von seelischen Belastungen kann ein Säugling überhaupt nicht vollbringen. Er entwickelt nur Wut, Angst und Verzweiflung. Und er ist deswegen noch ganz auf die Ko-Regulation seiner primären Bezugsperson angewiesen. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 24.01.2012