Lieber Dr. Posth,
unsere Tochter ist 22 Monate und hat seit bereits einigen Wochen eine komische Angewohnheit, die wir nicht richtig zuordnen können. Sie bietet jemandem etwas an (egal ob Spielzeug, Essen, etc.) und fragt z. B.: „Opa auch“ sagt dieser „ja“ dann schreit sie und ärgert sich. Sagt er jedoch „nein“ dann ist alles ok.
Dies macht sie bei vielen Leuten. Nur bei Papa und Mama ist es ok, wenn wir mitmachen bzw. zustimmen.
Wir haben schon alles versucht: ihr zu erklären, dass man so etwas nicht macht; dass sie nicht fragen soll, wenn sie etwas nicht teilen möchte, nein sagen, etc. etc.
Wie kann man ihr Verhalten zuordnen und vor allem wie gehen wir am besten damit um?
Vielen Dank für Ihre Hilfe und Liebe Grüße!
Mitglied inaktiv - 19.03.2012, 07:03
Antwort auf:
Nicht-teilen-Wollen?
Hallo, auf der Entwicklungsstufe des Kleinkindes können die Kinder noch nicht den sozialen Akt des Teilens begreifen. Sie sind der Auffassung, man nähme ihnen den Gegenstand ab, denn wo teilen nicht möglich ist, gibt es nur entweder habe ich es oder du. Das sich Kinder mit 2 Jahren aber über den vermeintlichen Besitzt von Gegenständen positiv attributieren, also im Selbstbewusstsein aufwerten, heiße Abgeben einen Verlust einzugehen. Daher die abwehrende Reaktion Ihrer Tochter. Bei Ihnen als Eltern ist das etwas anderes. Sie sind Bindungspersonen, die von Ihrer Tochter im Kopf "abgebildet" sind und quasi zu ihr gehören. Man sagt, das Elternbild (Elternimago) ist verinnerlicht. Da bedeutet Teilen nicht unbedingt auch einen Verlust einzugehen. Eltern und manchmal auch Geschwister haben also einen Sonderstatus. Aber auch nur, wenn Bindung und Loslösung stimmen.
Will man also vom Kind etwas erhalten, muss man ihm im Gegenzug etwas einigermaßen Attraktives zum Tausch anbieten. Im gezielten Suchlauf gibt es dazu das passende Stichwort "Tauschen und Teilen". Echtes Teilen gelingt erst nach dem 4.-5. Lebensjahr. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 19.03.2012