Frage: Großelterliche Betreuung ab 7.Monat oder später

Hallo Herr Dr. Posth, ich habe Ihre beiden Berichte "Emotionales Bewußtsein" gelesen und finde sie sehr gut! Aber nun bin ich mir absolut nicht mehr sicher, ob ich meiner 5 Monate alten Tochter nicht einen Schaden zufüge, wenn ich wie geplant vorgehe. Ich hatte mit meinem Verlobten geplant, sie ab dem 7.Monat einmal in der Woche (Mittwochs) für ca. 8 Stunden zu den Großeltern zu bringen, und zwar eine Woche zu meinen Eltern und die nächste Woche zu meinen Schwiegereltern. Montags und Dienstags würde ich sie betreuen, Donnerstags und Freitags mein Verlobter, am Wochenende wir beide. Die Kleine ist laut Kinderarzt ein sehr aufmerksames ("kriegt viel mit") und sensibles Kind. Im Wesentlichen ist sie ein eher ruhiges Kind, hatte aber in den ersten Monaten auch täglich mehrmals kurze bis mittlere Phasen, in denen sie quengelig war oder geschrien hat, aber wir konnten sie immer beruhigen (manchmal mußten wir vieles ausprobieren und es hat auch mal länger gedauert, aber es ist uns letzendlich immer gelungen). Ich habe sie beispielsweise oft umhergetragen auf meiner Schulter oder sie auf meinem Bauch einschlafen lassen. Andererseits schreit sie fast nie vor Hunger, weil sie ein schlechter Esser ist. So quengelt sie zwar morgens vor Hunger, aber schläft trotzdem wieder ein, wenn man zu lange braucht, um das Fläschchen warm zu machen (d.h. sie würde es zunächst akzeptieren, wenn sie nichts bekäme). Sie hat recht früh angefangen durchzuschlafen (22 bis 7 Uhr). Derzeit wecken wir sie aber um 24 Uhr nochmal zu einer Mahlzeit, denn sie trinkt sehr wenig. Sie ist bis jetzt überwiegend bei mir. Ich lasse sie aber gelegentlich bis zu 4 Stunden bei meinem Verlobten, der aber auch von Anfang an soviel wie möglich die Kleine mitbetreut (3 Wochen nach der Geburt, an den Wochenenden, mehrere verlängerte Wochenenden, abends nach der Arbeit). Er füttert sie auch seit 2,5 Monaten morgens und abends, da ich Milch abpumpe und die Entlastung gut gebrauchen kann. D.h. sie hat ihn als Person kennengelernt, die sich viel um sie kümmert und auch ernährt. Kann er daher auch in der Zeit des Fremdelns und der Anhänglichkeit als sichere Basis für die Kleine dienen? Kann er quasi Donnerstags und Freitags als Mutterersatz dienen? Die Großeltern hat sie bisher nur selten gesehen, wir wollen aber eine Kennenlernzeit durchführen. Wie lange sollte die sein? Wie oft pro Woche? Sollte zunächst nur ein Großelternpaar die Mittwochs-Betreuung machen? Wenn ja, ab wann das zweite Großelternpaar hinzunehmen? Soll die Betreuung in unserer Wohnung oder auch in deren stattfinden(geplant: meine Eltern bei uns, Schwiegereltern bei sich)? Oder sollten wir im ersten Lebensjahr die Großeltern ganz herausnehmen und ich dann auch mittwochs das Kind betreuen? Notfalls könnte ich das mit meinem Arbeitgeber vereinbaren (wieviele Monate wäre das nötig?). Hinzufügen möchte ich noch, das ich die Betreuung nicht immer so gut hinbekommen habe, wie ich es mir vor der Geburt vorgestellt hatte, sodaß die Betreuung durch den Vater und die Großeltern vielleicht auch Vorteile bringt. Jeder, auch ich, geht dann mit frischen Kräften an die Betreuung heran und ist insofern besser gelaunt, wenn das Kind auch mal einen schwierigen Tag hat. Wenn ich Ihre Artikel richtig verstehe, wäre es wohl das Beste, wenn ein Kind von einer emotional ausgeglichenen Mutter betreut wird, die stets auf die Interessen ihres Kindes eingeht. Ich befürchte aber, diesem Idealbild nicht zu entsprechen. Ich komme ihm aber näher, wenn ich die Betreuung des Kindes mal abgeben kann. Mich würde nun interessieren, was Sie von unserem Betreuungsmodell halten und welche negativen Auswirkungen Sie für das Kind vermuten. Wird meiner Tochter die "existenzielle Rückversicherung in Form der Mutter" fehlen? Wird sie in Panik geraten? Da Sie schreiben, dass der Säugling den Verlust seiner primären Bezugsperson dramatisch erlebt, befürchte ich jetzt, die Beziehungsfähigkeit oder emotionale Stabilität des Kindes dauerhaft zu schädigen. Das will ich unbedingt vermeiden ! Ich wäre Ihnen sehr dankbar für eine baldige Antwort. Viele Grüße Patrizia

Mitglied inaktiv - 17.07.2003, 20:30



Antwort auf: Großelterliche Betreuung ab 7.Monat oder später

Liebe Patti, zunächst einmal bin ich sehr positiv davon angetan, daß Sie und die anderen Mütter sich jetzt überhaupt soviele Gedanken um die Fremdbetreuung Ihrer Kinder machen. Darüber hat man sich bislang meines Erachtens nämlich viel zu wenig Gedanken gemacht und dem Säugling all das einfach zugemutet. Haben die Säuglinge dann durch Schreien protestiert, wurde das salopp abgetan mit Sprüchen: "da muß er sich dran gewöhnen" oder "das hat noch niemandem geschadet", etc. Grundsätzlich kann man immer dann Fremdbetreuung in Anspruch nehmen, wenn zwei Dinge beachtet werden: Erstens muß die fremdbetreuende Person, egal ob Oma oder Babysitterin immer einige Tage vorher in Anwesenheit der Mutter dem Kind bekannt gemacht worden sein. Dabei erkennt man auch, ob eine spontane Sympathie vorhanden ist oder nicht. Wie oft das geschehen muß, hängt von den Charaktereigenschaften des Kindes ab und von dem "Überspringen des Funkens" Sympathie. Selten, wenn überhaupt, gelingt das auf Anhieb. Zweitens sollte das häusliche Umfeld nach Möglichkeit nicht gleichzeitig gewechselt werden und auch nicht der Tagesrhythmus. Das ginge erst, wenn die Ersatzbindung auch funktioniert. Der Vater zählt normalerweise nicht als Fremdbetreuung, es sei denn, er lebte nicht mit im Haushalt oder wäre ständig auf Reisen. Trotzdem kann er aber von ganz empfindlichen Säuglingen auch einmal angefremdelt werden. Deswegen ist es so wichtig, daß sich der Vater von Anfang an in der Pflege des Säuglings engagiert und sich als prinzipielle Ersatzfigur in die Mutter-Kind-Dyade einschaltet. Oder umgekehrt, wenn der Vater die primäre Bezugsperson ist. Die Eltern müssen sich weitestgehend abwechseln können und sich gegenseitig entlasten, bis auf einzelne, sehr instabile Phasen beim Kind. Ich würde übrigens nicht gleich beide Großeltern im Wechsel als Babysitter "einführen", sondern die einen den anderen erst folgen lassen, wenn die Sache gut funktioniert. Die Zeiträume richten sich am besten nach der Reaktionsform des Säuglings. Aber so geht es meines Erachtens ohne große negative psychische Auswirkungen. Aber als Mutter/Vater sollte man generell auf Abruf stehen, was heutzutage im Handyzeitalter sicher kein großes Problem mehr ist. Für diese Situationen hätte man die Handys erfinden müssen. Viele Grüße und viel Erfolg

von Dr. med. Rüdiger Posth am 19.07.2003



Antwort auf: Großelterliche Betreuung ab 7.Monat oder später

Hallo Patti, ich hätte da mal eine Frage: Ist das Dein erstes Kind? Wenn ja, dann lese ich aus Deinem Text sehr viel Besorgthaeit heraus, was als Mutter völlig normal ist. Finde ich auch in Ordnung, wenn Du alles hinterfrägst. Anfangs war ich auch sehr besorgt, was meinen Sohn, heute 10 1/2 Mon., angeht, mit "von der Oma oder Schwiegermutter betreuen"; Ernährung; etc. ! Aber mit der Zeit habe ich "locker" gelassen. Ich sehe nicht mehr alles so eng. Kann meinen Kleinen jetzt auch schon mal ein mal im Monat übers ganze Wochenende bei meinen Eltern oder der Schwiegermutter lassen, ohne mir gleich sämtliche Gedanken machen zu müssen, "was macht er jetzt wohl ohne mich", "wie geht es Ihm", "schläft ewr auch hoffentlich", ...! Mein Mann und ich haben unseren Sohn schon von Klein auf immer wieder mit zu meinen Eltern oder Schwiegermutter genommen, wenn Festchen waren oder einfach nur so und haben Ihn dann auch anfangs für 1 bis 2 Std, in deren Obhut gelassen. So hat er sich daran gewöhnt, daß er für kurze Zeit auch mal von Oma oder Opa betreut wurde. Nach win paar Monaten haben wir dann die Zeitspanne auf das Aufpassen unseres Sohnes auch auf 3 bis 4 Std. verlängert und da Ihm dies auch nichts auszumachen schien, haben wir Ihn dann nochmal nach einiger Zeit, da war er so 6 Monate alt, auch mal bei meinen Eltern oder der Schwiegermutter übernachten lassen. Und es hat Ihm nichts ausgemacht. Im Gegenteil; immer, wenn mein Mann und ich Ihn dann wieder geholt haben, hat er uns angestrahlt und sehr gefreut. Mit Fremdeln haben wir mit unserem Sohn bisher keine Schwierigkeiten. Und ich schätze mal, daß er auch nicht mehr fremdeln wird. Eher etwas anhänglicher zu Mama und Papa. Aber nicht, daß er nicht mehr bei Oma oder Opa allein bleiben will! Ich schätze mal, daß das daher kommt, dass er schon von Klein auf das Betreuen von anderen Personen. Ich hoffw, ich konnte Dir ein wenig weiterhelfen und Du hast Antwort auf Dine Frage erhalten. Auch ich bin gespannt, was Dr. Posth dazu schreibt. Gruß, lio

Mitglied inaktiv - 18.07.2003, 08:46



Antwort auf: Großelterliche Betreuung ab 7.Monat oder später

Hallo Patti, ich kann mich der vorangegangenen Antwort nur anschließen. Ich habe 3 Monate nach der Geburt meines Sohnes wieder angefangen zu arbeiten. Vorher wurde David von seinem Vater und mir gemeinsam betreut, jetzt kümmert sich sein Papa allein um ihn. Allerdings habe ich einen kompletten Tag die Woche frei, den ich dann für meinen Sohn nutze, und an dem sich mein Mann dann auch mal um andere Dinge kümmern kann! Das klappt ohne Probleme! Die Großeltern besucht mein Mann je einmal die Woche! Als wir vor 3 Monaten umziehen mußten, haben wir den Kleinen auch schon mal ganze Tage dort gelassen. Es hat gut geklappt. David liebt besonders seine beiden Omas und strahlt über das ganze Gesicht, wenn er sie sieht. Er zappelt dann so auf meinem Arm, dass ich ihn kaum festhalten kann und will unbedingt zu Oma! Momentan hat mein Mann eine Verletzung und kann sich daher nicht gut allein um den Kleinen kümmern, da ich keinen Urlaub nehmen konnte, ist er nun an insgesamt 4 Tagen pro Woche bei den Großeltern mit dem Kleinen. Wir waren sehr froh, dass wir wußten, dass es kein Problem mit David und seinen Großeltern geben wird, sonst hätte uns diese Situation sicher vor Probleme gestellt. Ich denke, Du solltest versuchen, Euer Kind langsam an die Großeltern zu gewöhnen! Nichts überstürzen und auch selbst mal loslassen lernen (was nicht immer einfach ist)! Ich bin sicher, dass unser Sohn viel Positives aus der Bindung zu seinen Großeltern ziehen kann! Ich bin auch sehr gespannt auf die Antwort von Dr. Posth! Sicherlich ist das Verhalten jedes Kindes aber auch unterschiedlich! Also probier es nach und nach aus! Liebe Grüße Steffi

Mitglied inaktiv - 18.07.2003, 11:15



Antwort auf: Großelterliche Betreuung ab 7.Monat oder später

Hallo, mach dir nicht so viele Gedanken! Mein Sohn ist jetzt sechs Monate alt und er wird gemeinsam von mir und meinem Freund betreut.Wir haben ihn das erste Mal vor etwa sechs Wochen bei den Großeltern übernachten lassen, ging super!Ich denke, man braucht auch wirklich mal einen Abend frei oder die Zeit, um zu arbeitem, etc.Wichtig ist, dass Du zu Deinem Kind eine sichere Bindung aufbaust, also zeigst, dass Du immer für es da bist, es tröstest und so weiter.Dann wird es sicher kein Problem sein, denn Du bleibst ja die feste Bezugsperson. Alles Gute!

Mitglied inaktiv - 18.07.2003, 14:46



Antwort auf: Großelterliche Betreuung ab 7.Monat oder später

Hallo, ich finde es traurig, dass du dein Kind abgeben must, um emotional ausgeglichen zu sein. Meine Tochter habe ich damals auch mitm einem Freund abwechselnd betreut und das hat super geklappt. Für meinen kleinen bin ich seit 15 Mon. 24 Std. da (bis auf wenige Ausnahmen, wenn der Papa mal 2-3 Std. aufpasst, was bis jetzt ca. 5 mal war). Ich bin aber trotzdem emotional ausgeglichen. Die Großeltern würde ich erstmal nicht dazu nehmen. Das wäre bestimmt zuviel auf einmal. lg monika

Mitglied inaktiv - 19.07.2003, 06:58



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