Frage: Masernausbruch in Berlin, KEIN Nestschutz

Sehr geehrter Herr Prof. Wahn, ich habe meine Frage eben auch im Forum von Dr. Busse gestellt und erst hinterher gesehen, dass sie vielleicht hier besser aufgehoben ist - ich hoffe, das ist in Ordnung und bitte ggf. um Nachsicht... Ich wohne in Berlin, im Bezirk Prenzlauer Berg, der leider für seine "Impfmüdigkeit" bekannt ist. In der Praxis unserer Kinderärztin sind bereits zwei Masernfälle aufgetreten. Meine ältere Tochter, 4 Jahre alt, hat beide MMR-Impfungen gemäß Impfkalender erhalten und ist auch ansonsten komplett durchgeimpft. Die jüngere Tochter, 4 Monate alt, ist ebenfalls gemäß STIKO geimpft, aber eben natürlich noch nicht gegen MMR. Ich habe bis gestern den aktuellen Masernausbruch noch recht gelassen genommen, da mein Vater, selber Arzt, immer sehr aufs Impfen bei uns Kindern geachtet hat, mein Impfpass regelmässig kontrolliert wurde (u.a. bei Untersuchungen im Tropeninstitut) und immer wieder gelobt wurde, wie gut mein Impfschutz ist. Gestern nun warf ich sicherheitshalber doch noch mal einen Blick in meinen Impfpass und sah zu meinem Entsetzen, dass ich KEINE EINZIGE MMR-Impfungen erhalten habe. Mein Vater ist sich eigentlich sicher, dass ich geimpft wurde, die Felder im Impfpass sind jedoch nicht mit einem Kreuz (wie sonst überall), sondern nur mit einem Strich gekennzeichnet - ich gehe also von fehlender Impfung aus, vermutlich wegen meiner Neurodermitis/Asthma und Verdacht auf Allergie gegen Hühnereiweis...anders kann ich mir das nicht erklären. Damals war die Gefahr, sich mit Masern zu infizieren, ja extrem gering und mein Vater (der große Angst vor allergischen Reaktionen bei mir hatte), hat wohl einfach abgewogen. Ich habe mich gestern sofort nachträglich gegen MMR impfen lassen, muss jedoch nun davon ausgehen, dass für meine 4 Monate alte Tochter keinerlei Nest- oder Impfschutz besteht. Dazu folgende Fragen: 1. Die Kinderärztin riet daraufhin, belebte Orte, öffentliche Verkehrsmittel, Apotheken, Arztpraxen etc. zu meiden. Daran halte ich mich nun, so gut es irgend geht. Zu meiner Impfung gestern jedoch musste ich mit der Tram fahren und war mit der Tochter (in der Trage) auch kurz beim Arzt. Ich durfte jedoch sofort ins Labor durchgehen und kam auch rasch dran - muss ich mir dennoch wegen dieser Situation Sorgen machen? 2. Ich gehe mit meiner Tochter eigentlich 1x pro Woche in einen Pekip-Kurs. Dort wurden nun alle mit unklarem oder unvollständigem Impfstatus aufgefordert, zu Hause zu bleiben, der Kurs wird allgemein aber fortgesetzt, angeblich nach Rücksprache mit dem Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (wo man gesagt haben soll, dass die in den Medien zitierte Empfehlung, mit Säuglingen in Berlin zu Hause zu bleiben, eine Falschmeldung sei). Wie schätzen Sie das ein? Kann ich den Pekip-Kurs besuchen, sobald ich genug Antikörper gebildet habe nach der Impfung? Wann wäre dies der Fall? Oder bleibt das Infektionsrisiko (Babys haben z.T. ältere Geschwisterkinder etc.) für mein Baby doch zu groß? 3. Mein Vater empfahl eine Titer-Bestimmung, um nachträglich zu klären, ob ich nicht doch als Kind gegen MMR geimpft worden bin und meiner Tochter damit einen gewissen Nestschutz mitgegeben habe. Macht diese Bestimmung jetzt noch Sinn, obwohl ich am 4.3. (erneut??) gegen MMR geimpft wurde? Oder wäre das Ergebnis ohnehin durch die neue Impfung verfälscht? 4. Sind mein Mann und meine ältere Tochter (beide MMR-geimpft) potentielle Masern-Überträger? D.h.: könnte meine Tochter Masern-Viren aus der Kita "einschleppen" und das Baby infizieren? Die Kitaleitung geht leider davon aus, dass nicht alle Eltern ehrlich über eventuell fehlende Impfungen der Kinder Auskunft geben und tw. auch bei Krankheitsanzeichen nicht immer so reagieren, wie es wünschenswert ist. Bisher sind in der Einrichtung keine Masern aufgetreten, es sind aber einige Kinder zur Zeit krank. 5. Wie strikt sollte ich mich mit dem Baby nun einigeln? Und vor allem: wie lange? Ich finde es schwer, in der aktuellen Lage die Balance zwischen notwendiger Vorsicht (ich habe v.a. natürlich Angst vor SSPE) und Hysterie zu finden.... Es tut mir leid, dass es so lang geworden ist - vielen herzlichen Dank für Ihre tolle Arbeit hier im Forum! kleine Löwin

von kleine_Löwin am 05.03.2015, 21:58



Antwort auf: Masernausbruch in Berlin, KEIN Nestschutz

Der Nestschutz ist mit 4 Monaten sowieso weitgehend weg, daher brauchen Sie sich darüber keine Gedanken machen. Zu 1: Nein Zu 2: Ich weiß leider nicht was ein Pekip Kurs ist. Vermutlich sind da auch andere Kinder. Da Sie jetzt geimpft wurden, haben Sie in ca. 2 Wochen einen Schutz und können dahin gehen. Trotzdem irgendwann 2. Impfung nachholen. Ihr 4 Monate altes Kind wird durch Ihre Antikörper natürlich nicht geschützt, Sie stellen als Geimpfte für das Kind aber keine Gefahr dar. zu 3: Wenn Sie am 4.3. geimpft wurden und heute Antikörper haben, dann stammen diese nicht von der heutigen, sondern von der alten Impfung. Wenn man es ganz genau wissen will, muss das Labor IgG und IgM unterscheiden. Zu 4: Wer vollständig geimpft ist kann keine Masern übertragen. Zu 5: In der aktuellen Situation dürfen Sie die Impfung schon mit 9 Monaten machen. Sollte Ihr Baby mit Masern direkten engen Kontakt haben, dürfen Sie nach abgeschlossenem 6. Monat eine sog. Inkubationsimpfung machen. Bis zu diesem Zeitpunkt würde ich unbedingt die Empfehlung der Kinderärzte beachten.

von Prof. Dr. med. Volker Wahn am 06.03.2015



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