Frage im Expertenforum Gestärkt durch die Kinderwunschzeit an Dipl.-Psych. Sally Schulze:

Nächste Schritte

Dipl.-Psych. Sally Schulze

Dipl.-Psych. Sally Schulze
Psychologische Psychotherapeutin

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Frage: Nächste Schritte

Marie0795

Hallo Frau Schulze, ich weiß noch gar nicht recht, was ich mit diesem Beitrag bezwecken möchte, aber vielleicht können Sie mich beraten, wie ich weitermachen kann.  Ich bin im Oktober 2023 spontan schwanger geworden. Die Freude war groß und das Leid auch, als dann in der 11. Woche plötzlich das Herz nicht mehr schlug. Dann folgte eine Ausschabung und die schlimmsten 2-3 Monate meines Lebens. Es ist anscheinend ganz normal, sagten alle. Klappt schon wieder, meinte meine Mutter als sie überhaupt zum ersten Mal von dem Kind und dessen Versterben gleichzeitig gehört hat. Ich schlafe seit ca. März wieder sehr gut. Nur nimmt zunehmend der Frust so extrem zu. In ganz schlimmen Momenten wünsche ich mir, nicht da zu sein, dann wäre das Leiden weg. Ich habe das Gefühl, dass es niemand verstehen kann. Passiert doch so oft, oder? Nun, es ist so, dass ich seit der Fehlgeburt eine Hormonstörung habe (ich weiß nicht wie es vorher war), was ich und die Ärzte über mehrere Monate hinweg festgestellt haben. Nicht zu wissen, ob diese sich mit irgendwelchen Medikamenten beheben lässt, macht mich so traurig und fertig. Und wir haben schon ein paar Dinge ausprobiert... Ich nehme jetzt schon zwei Monate lang einen Prolaktinhemmer und bin im Kinderwunschzentrum. Wir hatten auch schon vorher, Mai + Juni, bei der Frauenärztin zwei Monate Clomifen und Progesteron probiert, worauf ich gut angesprochen habe, abgesehen von starken Bauchschmerzen, aber es hat zu keiner SS geführt. Meine neue FÄ ist super nett und einfühlsam. Aber sie musste mich leider an ein Kinderwunschzentrum überweisen, wo ich aktuell eben nur den Prolaktinhemmer nehme. Aber bisher hat es am Zyklus nichts verändert, sodass ich davon ausgehe, dass ich aktuell unfruchtbar bin, denn die 2. Zyklushälfte ist nie länger als 6-7 Tage. Leider ist die Ärztin im KiWuZe nicht sehr einfühlsam. Sie hat noch nie gefragt, wie es mir geht. Beim ersten Termin mit meinem Partner fragte sie "was wir denn hier schon machen" und als ich sagte, dass wir überwiesen wurden meinte sie, dass das nur des Geldes wegen wäre, denn die FÄ bekomme dafür zu wenig Geld, sie aber auch. Wir sind geblieben.. Ich kenne nicht den langfristigen Behandlungsplan... Sie will erst das Prolaktin senken und "dann sehen wir weiter".  Ich hab so Angst, dass sich das so zieht und am Ende auf eine künstliche Befruchtung hinausläuft. Ich weiß nicht, ob eine künstliche Befruchtung ist, was ich will. Was wenn sie auch zu nichts führt?  Mein Partner kann sich z.B. keine Adoption vorstellen im Worstcase. Ich habe über ein Forum eine Frau in meinem Alter kennengelernt, der das gleiche passiert ist und es gibt mir Trost mich auszutauschen. Ich kann auch mit meinem Partner reden, aber ich will ihn nicht immer vollheulen. Manchmal wünsche ich mir, dass der Wunsch weg wäre, dann würde ich nicht so leiden. Mein Partner sagt aber, dass das nicht klappen würde. Ich möchte nicht mehr mit anderen Freundinnen drüber reden, ich fühle mich allein. Gut gemeinte Ratschläge, wie, bei meiner Tante hat's noch mit 38 mit Zwillingen geklappt, möchte ich gar nicht mehr hören. Ich bin erst 29, aber kann mir nicht vorstellen, dieses leidige Thema mehr als 5 Jahre mit mir rumzuschleppen. Ich glaube dann gebe ich einfach freiwillig auf. Eine andere gute Freundin meinte zu mir, dass sie niemals solche Medikamente nehmen würde. Sie hat auch einen unerfüllten Kinderwunsch. Ich bin auch auf Distanz gegangen zu Freunden mit Kindern. Aber das geht doch auch nicht langfristig. Was raten Sie mir? Wäre eine spezialisierte psychologische Betreuung sinnvoll? 


Liebe Marie0795, danke für Deine Nachricht und Dein Vertrauen. Es tut mir sehr leid zu hören, was Du durchgemacht hast und was Du aktuell erlebst. Es klingt unglaublich schwer, und es ist verständlich, dass Du Dich damit überfordert, frustriert und einsam fühlst. Es ist sehr mutig von Dir, dass Du Dir die Zeit genommen hast Deine Gedanken zu sammeln und das alles hier aufzuschreiben. Zuerst möchte ich Deine Ängste ansprechen. Das wichtigste zum Thema Angst, was ich Dir mitgeben will, ist: Wenn man Angst hat, geht es nicht, keine Angst zu haben. Es gibt jedoch ein Gefühl, das stärker sein kann als die Angst, auch wenn die Angst dadurch nicht verschwindet, und das ist Mut. Mut heißt nicht, Du hast keine Angst. Mut heißt, Du hast schon Angst und Du schafft es aber, Dich trotzdem zu überwinden und eine Sache trotzdem zu machen. Versuch mal diese Logik gedanklich anzuprobieren. Was passiert, wenn  Du sagst: "Es ist ok, dass ich Angst vor einer künstlichen Befruchtung habe und das ich das nicht möchte. Aber wenn es notwendig ist, dass werde ich es irgendwie schaffen.” Davon geht die Angst in der Regel nicht weg, aber viele Menschen fühlen sich dann nicht mehr so angstgetrieben, sondern wieder wie sie selbst und als Person, die Entscheidungen trifft. Das ist eine Möglichkeit mit Angst umzugehen.  Ich verbinde das jetzt mit den Kommentaren, die Du von Deinem Umfeld bekommst. Erstmal ist es verständlich, dass es schwer für Dich ist, aus mehreren Richtungen zu hören, dass alles okay wird und dass das alles normal ist. Ich finde es verständlich, dass Du traurig bist, Ängste hast und Dich das “einfach positiv Denken” dieser Kommentare nicht abholt. Solche Kommentare mögen gut gemeint sein, aber sie rühren auch ein bisschen von Unwissen und vielleicht Ungeduld her. Hast Du auch gute, einfühlsame Zuöhrer in Deinem Umfeld? Die sagen “Ich verstehe das es schwer ist und in Deiner Situation wüsste ich auch keine schnelle Lösung. Wie hast Du es denn bis hierher geschafft?” Diese Frage hilft Dir, Dich mit Deinen Ressourcen zu verbinden, die Dich bei hierher geführt haben.  Alle beiden Denkansätze üben wir jede Woche in meiner Onlinegruppe Kinderwunschzeit. Schau mal auf www.meine-mentalstark.app vorbei und überlege Dir den kostenlosen Probemonat zu machen. In der Gruppe musst Du nicht mehr alles mental alleine machen. Vielen Frauen hilft das sehr.  Weiterhin kann ich nachvollziehen, wie frustrierend es sein kann, sich von der Ärztin im Kinderwunschzentrum nicht aufgehoben zu fühlen. Die Kinderwunschzeit ist gerade eine herausfordernde Zeit und Mitgefühl und Unterstützung helfen oft. Leider weiß ich aber auch, dass es nicht leicht ist das ärztlichen Personen gegenüber anzusprechen oder die Ärztin zu wechseln. Womit ich gute Erfahrungen gemacht habe ist ein Wechsel innerhalb des Zentrums. Dan musst Du nicht Wunderns neu anfangen und oft merken Ärzte auch, wenn die Zusammenarbeit hakt. Die andere Möglichkeit ist, dass Du versuchst mit ihr umzugehen und zu sagen “Frau xy ist für mich keine Quelle des Trosts und der Kraft. Sie ist nur meine medizinische Beraterin für nächsten Schritte. Die emotionale Versorgung hole ich mir woanders. Wie bei der Sache mit Mut und Angst triffst Du die Entscheidung eine schwierige Situation anzuerkennen und damit umzugehen. Ich hoffe ich habe das gut genug erklärt? Auch zu solche Fragen besprechen wir bei MentalStark regelmäßig in meinem Webinar Psychologie montags, denn vielen geht es so wie Dir.  Es freut mich zu hören, dass Du jemanden zum Austausch gefunden hast. Der Austausch mit Menschen, die Ähnliches durchmachen, kann entlastend und unterstützend sein. Es ist auch verständlich, dass es Dir schwer fällt, mit Freundinnen über das Thema zu sprechen, besonders wenn sie selbst Kinder haben. Was Du machen kannst, wenn Du im Kontakt bleiben möchtest, ist es, ihnen zu sagen, dass Du im Moment einfach nur als Freundin bei ihnen sein möchtest, ohne über Kinderwunsch und Schwangerschaften zu reden. Damit kommunizierst Du Deine Grenzen einfach und klar. Dies ist auch ein Teil der Selbstfürsorge. Dein Wohlbefinden hat die Priorität.  Außer Grenzen zu setzen, gibt es andere Wege Selbstfürsorge auszuführen. Mache regelmäßig Pausen. Oft merkt man erst während einer Pause wie anstrengend es eigentlich gerade ist. Beschäftige Dich mit Sachen, die Dir gut tun. Zum Beispiel Spazieren an der frischen Luft, Musik hören, die Du magst oder gesund kochen. Es kann sein, dass DU dabei nicht völlig abschalten kannst, aber Du weißt immer “Diese Dinge sind gut für mich” und so gewinnst Du wieder eine Entscheidung für Dich. Nämlich Dich selbst aufzubauen.  Und noch sehr wichtig: sei geduldig mit Dir selbst: Es ist normal, dass diese Situation sehr belastend ist und dass Du manchmal Phasen der Verzweiflung erlebst. Gib Dir selbst Zeit und Raum, diesen Prozess durchzustehen. Ich hoffe ich konnte Dir hiermit weiterhelfen. Schreib mir, wenn Du noch Fragen hast.  Viele Grüße, Sally


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