Frage: Ich kann nicht mehr

Liebes Team, ich hätte niemals gedacht, dass ich mal an diesem Punkt stehen würde. Nach Kinderwunschbehandlunh wurde vor 3 Jahren unser Sohn geboren. Bereits nach einem Jahr bin ich wieder 80% in meinen Job eingestiegen, er war jedoch ein anderer als vor der EZ. Ich bin mit Menge und arbeitsvolumen sowie den Ansprüchen an mich total überfordert und weine sehr oft, auch im Büro. Ich habe keine Vertretung, und muss daher auch an beiden freien Nachmittagen oder im Urlaub tätig und erreichbar sein. Wenn ich krank bin, türmt sich und ich komme noch mehr in Bedrängnis. Ich weiß einfach nicht mehr weiter und traue mir auch keinen Jobwechsel zu. Ich weiß nicht was ich tun soll. Eine Therapie habe ich versucht, aber es gibt keine Plätze und ich weiß auch nicht ob eine std/ Woche reicht. Ich habe seit dem auch 3 frühe Fehlgeburten nach ICsi durchmachen müssen. Ich weiß einfach nicht, wie ich Weiter machen soll. Evt haben Sie einen Rat.  

von Evelina86 am 13.02.2024, 19:27



Antwort auf: Ich kann nicht mehr

  Liebe Evelina86, was du beschreibst, klingt für mich sehr belastend. Deine Zeilen erwecken bei mir den Eindruck, dass es dir derzeit gar nicht gut geht. Ich schreibe Dir jetzt einen ziemlich langes Text mit verschiedenen Möglichkeiten. Es ist völlig ausreichend, wenn Du Dir eine Idee davon raussuchst und damit anfängst. Alles gleichzeitig ist viel zu viel zum Umsetzen. Aber ich möchte Dir eine Auswahl geben.  Du schreibst, dass du mit der Menge und dem Arbeitsvolumen auf deiner Arbeit überfordert bist und auch nach Feierabend und im Urlaub erreichbar sein musst.  Für mich klingt das nach einem sehr ungesunden Arbeitsverhältnis. Bist du selbstständig tätig oder angestellt? Bei einem Angestelltenverhältnis kann dein:e Arbeitgeber:in nicht von dir verlangen, dass du an deinen freien Nachmittagen oder im Urlaub erreichbar bist und sogar arbeitest. Außerdem ist dein:e Arbeitgeber:in dafür verantwortlich, dass dein Aufgabenbereich in deiner regulären Arbeitszeit schaffbar ist. Du schreibst, dass du dir keinen Jobwechsel zutraust. Dementsprechend klingt es für mich so, als gäbe es für dich nur die Option in deinem jetzigen Job zu bleiben. Dann kann ein Gespräch mit deinem:r Arbeitgeber:in sinnvoll sein. Du darfst und solltest ihm/ihr rückmelden, dass die Arbeit in deiner Arbeitszeit nicht schaffbar ist und, dass du nach Feierabend nicht mehr für die Arbeit erreichbar sein möchtest. Das ist auch eine Art der Selbstfürsorge. Du darfst da für dich und deine Rechte einstehen.  Du schreibst allerdings auch, dass du bereits eine Therapie probiert hast, es aber keine Plätze gibt. Meinst du damit, dass du schon einmal eine Therapie gemacht hast, oder, dass du versucht hast einen Psychotherapieplatz zu finden? Wenn du "nur" versucht hast, einen Psychotherapieplatz zu finden, möchte ich dich ermutigen dranzubleiben. Es erfordert leider viel Durchhaltevermögen einen Therapieplatz zu bekommen, aber wenn du hartnäckig bleibst, wirst du früher oder später einen Therapieplatz kriegen. Ich biete im Rahmen meines Programms zur Begleitung von Menschen während der Kinderwunschzeit auf https://www.meine-mentalstark.app/ einen Lotsendienst an. Wenn du eine Mail an hello@mentalstark.online mit deiner Postleitzahl schreibst, können dich meine Mitarbeiter:innen bei der Therapieplatzsuche unterstützen.  Du schreibst allerdings auch, dass du nicht weißt, ob eine einstündige Therapie 1x die Woche ausreicht. Das zeigt mir, dass es dir derzeit wirklich schlecht geht. Neben einer ambulanten Therapie gibt es auch noch die Möglichkeit eine stationäre oder teilstationäre Therapie zu machen. Eine stationäre Therapie findet in psychiatrischen oder psychosomatischen Kliniken statt. Der Gedanke klingt für viele erst einmal erschreckend. Ein stationärer Aufenthalt ist aber ganz anders, als man ihn von Klischees und Filmen kennt. Bei einem stationären Aufenthalt hättest du rund um die Uhr Ansprechpartner und (nahezu) jeden Tag verschiedene Therapien. Neben der Einzelgesprächstherapie je nach Klinik z.B. auch Gruppengesprächstherapien oder Ergotherapie. Eine teilstationäre Therapie kennt man häufig besser als "Tagesklinik" hier gehen die Patient:innen morgens in die Klinik und nachmittags wieder nach Hause. Das Therapieprogramm ist dabei ganz ähnlich wie bei einer stationären Therapie.  Vielleicht wären das Optionen für dich? Damit kämst du für ein paar Wochen aus deinem Arbeitsumfeld raus und bekämst in dieser Zeit professionelle Hilfe.  Du erwähnst auch noch, dass du 3 frühe Fehlgeburten hattest. Eine Fehlgeburt ist für sehr viele Menschen eine sehr schwierige und schmerzhafte Erfahrung. Dabei kommt es auch nicht darauf an, in welcher Schwangerschaftswoche der Abort war und wie groß oder klein dein Kind zu diesem Zeitpunkt war. Du hast dein Kind verloren und das tut weh. Mit diesen Gefühlen bist du nicht alleine. Diese Erfahrung hast du gleich dreimal machen müssen. Ich kann mir also gut vorstellen, dass es dir derzeit schlecht geht. Auch nach einer Fehlgeburt kannst du professionelle Hilfe bekommen.  In meinem Onlineprogamm auf  https://www.meine-mentalstark.app/ gibt es  Onlinegruppen, die immer auch von einer Psychologin betreut werden. Je nachdem, wie lange deine letzte Fehlgeburt schon her ist, kannst du  in unsere Gruppe Fehlgeburt- psychologische Ersthilfe kommen. Die Gruppe richtet sich an Menschen, die innerhalb der letzten vier Wochen eine Fehlgeburt hatten und ist kostenlos und ohne Registrierung besuchbar. Unter https://www.meine-mentalstark.app/  findest du unseren Gruppenstundenplan. Die Gruppe findet donnerstags um 18 Uhr statt. Du kannst dann einfach um 18 Uhr im Gruppenstundenplan auf das rote Feld mit der Gruppe klicken und wirst in einen Online-Raum weitergeleitet. In diesem Raum findet die Online-Gruppe statt. Wenn deine letzte Fehlgeburt schon länger als vier Wochen zurückliegt, bieten wir für dich auch die Gruppe Austausch Fehlgeburt an. Die Gruppe findet ebenfalls donnerstags um 18 Uhr statt. Für diese Gruppe brauchst du allerdings ein Benutzerkonto. Du kannst mein Programm einen Monat lang gratis nutzen. Als letzte Möglichkeit mochte ich auch noch die Mutter-Kind-Kur erwähnen. Dass ist, anders als andere “Kuren” eine Leistung der gesetzlichen Krankenkasse und Du fährst 3 Wochen lang mit Deinem Sohn dorthin. Es gibt Beratungsstellen, die im Vorfeld zu dieser Unterstützung beraten und auch Deine Hausärztin oder Frauenärztin kennt sich (wahrscheinlich) damit aus. Frag da ruhig mal nach.  Das waren jetzt ziemlich viele Informationen, aber ich hoffe ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen. Wenn Du zu einem der Punkte noch Fragen hast, schreib mit gerne.  Viele Grüße, Sally

von Dipl.-Psych. Sally Schulze am 14.02.2024



Antwort auf: Ich kann nicht mehr

Liebe Sally, vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Ich denke leider, dass ich um eine längere Therapie nicht herumkommen werde. Ich habe mic lange gewehrt, aber es wird alleine nicht mehr gut. Ich habe nur bedenken, dass ich keinen Platz in einer Tagesklinik bekomme. Vollstationär will ich wegen meines Sohnes nicht. Wie geht man hier vor? Hast du einen Tipp? Darf ich die Kinderwunschbehandlung noch weiter machen? Deinen Kollegen habe ich geschrieben, und die App habe ich auch schon. Ich wünsche mir einfach so sehr ein normales Leben zurück, bei dem es mir wieder gut geht. 

von Evelina86 am 19.02.2024, 09:39



Antwort auf: Ich kann nicht mehr

Liebe Evelina86, deine Mail ist bei meiner Kollegin angekommen. Sie wird sich zeitnah bei dir melden. Wenn du gerne einen Platz in der Tagesklinik möchtest, würde ich dir raten dir einen Termin bei deinem:r Hausärzt:in zu machen. Er/Sie kann dir eine Einweisung in die Tagesklinik geben. Mit dieser kannst du dich dann bei Tageskliniken in deiner Nähe auf die Warteliste setzen lassen. Frag mal bei deinem/deiner Hausärzt:in nach, ob er/sie dir die Kliniken nennen kann, die für deinen Wohnort zuständig sind. Oft findet dann in den Tageskliniken ein Vorgespräch statt um zu schauen, ob du dir die Therapieangebote in der Klinik vorstellen kannst und, um einzuschätzen, ob du in dieser Tagesklinik richtig bist. Manche Tageskliniken haben auch Schwerpunkte auf bestimmte Erkankungsbilder. In der Regel können dir die Tageskliniken dann auch einen ungefähren Zeitrahmen nennen, wie lange du bis zu einem Therapieplatz warten musst. Das werden vermutlich mehrere Wochen sein. Aus meiner Sicht spricht erstmal nichts dagegen die Kinderwunschbehandlung fortzusetzen. Es kann passieren, dass spontan früher Klinikplätze frei werden. Das könnte dann gegebenenfalls zu einer Überschneidung mit deiner Kinderwunschbehandlung führen, aber ich möchte Dir Mut machen. Das schaffst Du dann schon, es irgendwie zu jonglieren, oder vielleicht auch einen Zyklus zu verschieben. Ich weiß leider nicht, wie gut du während du in der Tagesklinik bist, Termine in der Kinderwunschklinik wahrnehmen kannst. Das wäre aber eine Frage, die du in einem Erstgespräch klären könntest. Ich hoffe ich konnte dir weiterhelfen. Viele Grüße, Sally

von Dipl.-Psych. Sally Schulze am 19.02.2024



Antwort auf: Ich kann nicht mehr

10000 dann. Ich fühle mich das erste mal gesehen und ernst genommen, das hilft schon sehr!

von Evelina86 am 20.02.2024, 10:01



Antwort auf: Ich kann nicht mehr

von Dipl.-Psych. Sally Schulze am 20.02.2024