Hallo Frau Hartz,
aktuell bin ich in der 12. SSW und in der Kita meiner 3-jährigen Tochter sind Ringelröteln ausgebrochen - was für Schwangere ohne Immunschutz wie mich zu einer Fehlgeburt führen kann. Wir wissen nicht, ob sie sich bereits angesteckt hat bevor wir davon erfahren haben.
Ich bin in ärztlicher Betreuung, aber durch die lange Inkubationszeit zieht es sich nun ewig, bis wir Gewissheit haben ob eine Infektion bei mir vorliegt (ca. 4 Wochen mindestens).
Ich weiß gerade nicht, wie ich diese Zeit überstehen soll. Täglich achte ich panisch auf Symptome bei meiner Tochter (obwohl die Infektion auch symptomlos sein kann), google und mache mich selbst nur fertig.
Ich kann mich seitdem absolut nicht mehr freuen, dabei war es ein totales Wunschkind und das 1. unsichere Trimester sogar fast geschafft. Es ist fast, als würde ich die Schwangerschaft "verdrängen" aus Angst sie ist eh bald vorbei. Was mich super traurig und mir irgendwie auch ein schlechtes Gewissen gegenüber dem Baby macht - noch ist ja eigentlich alles ok. Zudem ist der psychische Stress sicher nicht gut für das Baby - also eine erneute Angst dass dieser schaden könnte (ich kann ihn aber nicht abstellen).
Auch meiner ersten Tochter gegenüber habe ich ein schlechtes Gewissen, denn statt die Zeit mit ihr zu genießen, denke ich nur über das Thema nach.
Mein Umfeld und Mann sehen die Situation viel positiver ("es muss doch gar nichts passiert sein"), das versuche ich so sehr aber ich schaffe es nicht. Ich denke es liegt an den vielen schwierigen Erfahrungen in Bezug auf Kinderwunsch und Schwangerschaft (7 künstliche Befruchtungen, drohende Fehlgeburt, drohende Frühgeburt in der 28. Woche inkl. Krankenhaus, Saugglockengeburt - um nur ein paar Dinge zu nennen).
Haben Sie einen Tipp, wie ich die nächsten Wochen etwas besser überstehen könnte? Ich habe bereits an eine Psychologin gedacht, allerdings ist das Thema so akut - bis ich dort einen Termin hätte ist es (egal ob gut oder schlecht) bereits vorbei.
Vielen Dank für Ihre Hilfe!
Nina
von
.Nina.
am 08.02.2024, 20:07
Antwort auf:
bereits Schwanger / Angst vor Fehlgeburt durch Infektion
Liebe Nina,
da Ringelröteln in der Schwangerschaft durchaus schwerwiegende Auswirkungen haben können, sind Ihre Sorgen und Gedanken total nachvollziehbar und angebracht. Das liegt auch nicht (nur) an den bisherigen Erfahrungen zum Thema Kinderwunsch, sondern einfach daran, dass sie in dieser sehr schwierigen Situation sind.
Sie schreiben, dass Sie sich Ihrer Tochter gegenüber so schlecht fühlen und auch Angst davor haben, was der psychische Stress für das Baby in Ihre Bauch bedeuten könnte. Lassen Sie mich Ihnen an dieser Stelle einmal spiegeln, dass Sie durch Ihre Vorsicht und Ihre schützenden Gedanken gerade die beste Mutter sind, die Ihre Kinder sich wünschen könnten. Auch wenn Sie dadurch gerade gestresster oder weniger präsent sind, ist Ihre größte Bemühung gerade der Schutz Ihrer Familie und das ist doch genau richtig so.
Dass ihr Mann versucht Sie zu beruhigen kann Halt geben. Und er hat in Teilen ja auch recht … es ist nicht klar, ob eine Ansteckung stattgefunden hat. Gleichzeitig ist es aber auch ein Spiel mit Wahrscheinlichkeiten, ob es zur Ansteckung gekommen ist oder noch kommt. In diesem Spannungsfeld müssen Sie beide zu einer Vorgehensweise finden, die unter Abwägung aller Risiken zu Ihrer Familie passt.
Zur Ansteckung selbst kann ich Ihnen leider keinen sicheren Rat geben, da ich keine Ärztin bin. Ich empfehle Ihnen, noch mal Kontakt zu Ihrem Hausarzt/ihrer Hausärztin aufzusuchen und sich noch mal bezüglich der Inkubationszeit und einer eventuellen Isolation beraten zu lassen. Sie sehen, ich nehme das Thema und Ihre Sorge ernst und möchte Sie ermutigen , sich und Ihre Familie ohne schlechtes Gewissen zu schützen, auch wenn das vielleicht ein paar Tage Isolation bedeuten könnte.
Was ich Ihnen allerdings für das Überstehen der nächsten Zeit mitgeben kann ist, dass Sie sich wegen des Stresses keine Sorgen um das Baby in Ihrem Bauch machen müssen. Schwangerschaften können sehr viel Stress aushalten. Wenn Sie sich allerdings in Sorgen „verlieren“, könnte es Ihnen vielleicht helfen, den Sorgen eine Zeit oder einen Raum zu geben. Sie könnten beispielsweise sagen, ich darf mir immer in der Küche Sorgen machen. Oder während ich diesen Kaffee trinke, darf ich mir Sorgen machen. Danach verlassen Sie die Situation wieder und versuchen Ihre sorgenvollen Gedanken dort zu lassen und sich in einem anderen Raum anderen Gedanken zu widmen, wie z.B. Organisation der Familienlogistik, Spaziergang, ein leichtfüßiges Buch lesen usw.
Es ist also ganz normal und vollkommen ok, dass Sie sich Sorgen machen, Sie sind gerade in einer schwierigen Situation. Und wenn die Sorgen einen festen Platz bekommen, müssen Sie nicht dagegen ankämpfen, die Sorgen zu besiegen, sondern die Sorgen sind herzlich willkommen als gute Begleiterinnen Ihrer Intuition. Mit dieser Haltung kann sich wieder etwas Raum öffnen, um ein bisschen leichter durch den Alltag zu gehen.
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute
Herzlichst, Miriam Hartz
von
Dipl.-Psych. Miriam Hartz
am 10.02.2024