Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Wie oft / wie lang stillen?

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Wie oft / wie lang stillen?

samy_84

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Hallo, ich hätte da eine Frage... Meine Kleine ist heute 12 Tage alt und ich bin mir nicht sicher, ob ich das so richtig mache mit dem Stillen. Es gibt Stunden am Tag, wo sie dauerhaft trinkt, so 30 Min., herzhaft die Brust loslässt, einschlummert, 20 Min. später das gleiche mit der anderen Brust. Das kann über Stunden so gehen. Im Krankenhaus meinte man, das ist zu viel, da nuckelt sie nur (sie hat aber einen guten Zug drauf), ich solle zufüttern. Was ist hier deine Meinung darüber? Wie oft / wie lang sollte gestillt werden? Gestern am Abend zB war es mir dann irgendwann zu viel, da hat mein Partner ihr ein Flaschi ggegeben – 60 ml hat sie verputzt und hat dann 7 Std. durch geschlafen... auch nicht gut für die Milchproduktion, ich weiß, sollte ich in der Zwischenzeit dann abpumpen, damit vielleicht mal nicht mehr zugefüttert werden muss? Ich muss dazu sagen, dass wir von Anfang an etwas zufüttern mussten, weil ich leider eine dramatische Geburt hatte und die ersten Tage nicht optimal für mein Kind sorgen konnte und auch jetzt noch nicht ganz am Dampfer bin. Für das klappt es ja jetzt schon ganz gut mit dem Stillen und es gibt nur noch ein Mal am Abend eben ein Flaschi... Vielen Dank! lg


Biggi Welter

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Liebe samy_84, das von dir beschriebene Verhalten entspricht schon fast „lehrbuchmäßig" dem eines wenige Tage oder Wochen alten Babys, das eben nicht zehn bis 15 Minuten an der Brust trinkt und danach zufrieden einschläft (Baby, die sich so verhalten, sind so schwierig zu finden, wie eine Nadel im Heuhaufen). Babys haben ein über das reine Ernährungssaugen hinausgehendes Saugbedürfnis und diesem „non nutritiven" Saugen kommt eine sehr große Bedeutung zu. Nun werden viele Menschen sagen: „Dafür gibt es ja einen Schnuller". Doch das ist eine sehr zweifelhafte Antwort. Der Schnuller ist eine Brustattrappe und von der Natur ist vorgesehen, dass das non nutritive Saugen an der Brust stattfindet. Wird der Schnuller eingesetzt, kann es nicht nur zu Saugproblemen kommen, er kann auch dazu führen, dass das Kind zu wenig Zeit an der Brust verbringt, so dass die Brust nicht ausreichend stimuliert wird und das Kind nicht die Milch bekommt, die es braucht. Der Gebrauch des Schnullers ist sehr kritisch zu sehen. Die anderen Nebeneffekte, wie häufiges Aufstehen der Mutter, weil das Kind den Schnuller verliert, sind natürlich auch nicht gerade angenehm. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys (und keinesfalls ein Einschlafproblem). Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Alterstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Ein Wachstumsschub ist mit etwa zwei Wochen zu erwarten. Das Dauerstillen kann sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, dass die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Wird in dieser Situation zugefüttert, so wird in das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage eingegriffen und das kann der Beginn des unfreiwilligen, vorzeitigen Abstillens sein. Dazu kommt: Menschenbabys sind Traglinge, die den Kontakt zur Mutter brauchen. Es ist von der Natur nicht vorgesehen, dass sie alleine sind und auch nicht, dass sie alleine schlafen. Das widerspricht dem Bild vom süß in der Wiege schlummernden Baby, das fast alle Frauen (zumindest beim ersten Baby) haben. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn Ihr Kind nicht pausenlos schlafen will und ständigen Körperkontakt sucht. Außerdem schlafen die meisten Babys sehr viel weniger als es von den Eltern angenommen wird. Babys sind soziale Wesen, die die Welt, in die sie hineingeboren wurden erkunden und kennenlernen wollen und das geht nicht im Schlaf Es gibt auch noch weitere Gründe, warum dein Kind aufwacht, sobald Du es hinlegst. Es wird einfach deshalb wach, weil es durch die Lageveränderung von senkrecht zu waagerecht geweckt wird. Eine solche Lageveränderung reizt das Gleichgewichtsorgan im Ohr und kann dazu führen, dass das Baby aufwacht. Wenn ein Baby liegend (an der Brust) einschläft und liegen bleiben kann, die Lageveränderung also wegfällt, sind die Chancen, dass es weiterschläft erheblich besser. Das gemeinsame Schlafen hat eine ganze Reihe von Vorteilen und verhilft der Mutter zu mehr Schlaf. Möglicherweise wird dein Kind auch wach, weil das Bett kälter ist als der Körper von Mutter oder Vater. Diese Temperaturunterschiede können ebenfalls zum Aufwachen führen. Hier hilft es, das Baby in eine Decke zu wickeln und in die Decke eingewickelt hinzulegen. Auch der Kopf sollte in der Decke liegen. Ich kann dir gerne empfehlen, einmal ein Stillgruppentreffen zu besuchen oder zumindest einmal mit einer Stillberaterin in deiner Nähe ein direktes Gespräch (auch am Telefon) zu führen. Viele Unsicherheiten lassen sich im direkten Gespräch sehr viel besser ausräumen und der Austausch mit anderen stillenden Müttern kann sehr ermutigend sein und vor allem wirst Du sehen und erleben, dass sich andere Babys genau so verhalten wie dein kleines Menschlein. Adressen von Stillberaterinnen findest Du im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). LLLiebe Grüße, Biggi


samy_84

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Ps.: Da habe ich noch meine 2te Frage vergessen: Unsere Kleine will immer getragen werden, Wärme/Nähe ist wohl ganz wichtig. Wenn sie einschläft und wir erwischen den richtigen Moment (wo wir aber noch nicht wissen, welcher das ist ;) können wir sie ablegen, ansonsten wacht sie sofort auf und protestiert... Ist das in dem Stadium in Ordnung? lg


samy_84

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Vielen Dank für die rasche und lange Antwort! Da bleibt mir nur noch eine Frage offen: ist es dann in Ordnung, wenn mein Baby nachts 7 Std. durchschläft? (heute nämlich schon wieder). lg


Biggi Welter

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Kein problem, genieße es :-). Welche aune hätten wohl wir Erwachsenen, wenn man uns einfach so und ohne zwingenden Grund aus dem Schlaf reißen würde? Wir wären wohl auch nicht gerade hoch beglückt über einen solchen Eingriff. Ein voll ausgetragenes, gesundes und gut gedeihendes Kind kann schlafen, so lange es will. In der Regel weiß das Baby selbst am besten, was es wann braucht, gleich ob es sich dabei um Nahrung oder Schlaf handelt. Die einzige Ausnahme wäre ein schlecht zunehmendes Baby. Diese Kinder müssen unter Umständen von der Mutter geweckt und zu häufigerem Stillen angeregt werden. Genieß deine ruhigen Nächte so lange sie andauern, es kann schnell wieder anders werden. LLLiebe Grüße Biggi


samy_84

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Danke für die rasche Antwort! lg,die dauerstillende Samy


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