Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Wie kriege ich noch die Kurve?

Frage: Wie kriege ich noch die Kurve?

seidner

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guten Tag, mein Sohn wurde etwas zu früh mit einem Notkaiserschnitt geboren und kam deshalb für 48 Stunden zur Überwachung auf die Kinderintensivstation. Da wir eine ähnliche Geburt bei meinem großen schon hatten und danach das versuchte Stillen eine einzige Kathastrophe war, habe ich dieses Mal darauf bestanden trotz der Vollnarkose direkt zu pumpen und auch in der Nacht geweckt zu werden, damit meine Brust animiert werden kann. Was man dann auf Station auch getan hat, am nächsten Tag durfte ich dann endlich meinen Sohn auch besuchen gehen (17 Stunden nach der Geburt) und konnte ihn weitere vier Stunden später das erste Mal versuchen anzulegen. Er konnte einige Züge ziehen, bekam dann aber Flaschennahrung, da er ja wenigstens 5 - 10 ml getrunken haben musste und noch zu schwach war sich an der Brust durchzukämpfen und meine Pumperfolge waren noch nicht so weit, dass die Vormilch in der Flasche angekommen ist. so ging das dann bis Samstags abends, dann wurde mein Sohn zu mir verlegt und in der Nacht konnten wir endlich gemeinsam starten: anlegen - abpumpen - flasche geben (mit Mumi oder Flaschennahrung); 24 Stunden später haben wir die letzte Flaschennahrung zu gefüttert und ab Montag hat er zwei Mahlzeiten ohne abpumpen alleine geschafft. Dann stieg noch einmal der Billi-Wert an, seit dem schläft mein Kind, den Schlaf der gerechten. Seit Dienstag sind wir zuhause und haben ihn imme rzuerst an der Brust trinken lassen und dann nocheinmal abgepumpt, weil er doch so müde und fertig ist, dass er für "fünf Minuten" saugen ca. 60 min brauchte. und weiter abgenommen hat. An die Brust geht er seit gestern (mittwoch) gar nicht mehr und nachdem ich mich so da hinain gesteigert habe, dass ich mein Kind nicht ernähren kann, war abends kaum noch Milch beim abpumpen da und wir haben wieder angefangen beizufüttern. Heute bin ich ruhiger, weil ich merke, dass die zusätzliche Nahrung meinem Sohn gestern gut getan hat. Meine Milch hat sich zwar wieder gesteigert beim pumpen, jedoch fehlen gute 20 ml pro Mahlzeit um den Junior satt zu bekommen. Einen richtigen Milcheinschuss habe ich auch noch nicht. Heute ist Tag7 nach dem Kaiserschnitt. ist da noch was zu retten, was kann ich tun ich will noch nicht aufgeben? Sandra Eidner-sistig


Biggi Welter

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Liebe Sandra, natürlich ist das möglich, die Milchmenge lässt sich steigern! Wichtig ist es aber, dass Ihr Baby weiterhin die Brust akzeptiert und nicht saugverwirrt wird. Die Trinktechniken an Brust und Flasche (künstlichem Sauger) unterscheiden sich grundlegend. Manche Kinder kommen mit dem Wechsel zwischen den beiden Techniken nicht klar und versuchen dann mit der falschen Technik an der Brust zu trinken. Das funktioniert nicht, das Kind bekommt an der Brust keine oder nur wenig Milch, ist frustriert und lehnt die Brust dann im schlimmsten Fall sogar ab. In dieser Situation spricht man dann von einer Saugverwirrung. Nun kann ein verhängnisvoller Kreislauf beginnen: da das Kind mit der falschen Technik an der Brust trinkt, wird es an der Brust hektisch, saugt an, lässt wieder los, dreht den Kopf hin und her schluckt viel Luft (die wiederum führt möglicherweise zu Bauchproblemen) und da es die Brust nicht mehr richtig stimuliert kommt es zu einem Rückgang der Milchmenge und damit zu weiterem Zufüttern, wenn dieser Kreislauf nicht unterbrochen wird. Eine Saugverwirrung ist alles andere als lustig und Stillberaterinnen wissen aus Erfahrung nur zu gut, warum sie künstlichen Saugern wie Schnuller und Flasche kritisch gegenüberstehen, denn beide bescheren uns immer wieder eine Menge „Beschäftigung". Wenn eine Frau merkt, dass ihre Milchmenge nicht mehr für der Bedarf des Kindes ausreicht, dann ist die erste Maßnahme, das Kind häufiger anzulegen. So erhält die Brust das Signal „es wird mehr Milch gebraucht" und reagiert mit einer gesteigerten Milchbildung. Wird in dieser Situation zugefüttert geschieht genau das Gegenteil: der Brust wird ein noch geringerer Bedarf vorgegaukelt und die Milchbildung verringert sich, statt sich zu erhöhen. Bis die Milchmenge wieder ausreichend ist, können Sie weiterhin zusätzlich abpumpen. Abpumpen ist eine Fähigkeit, die gelernt und geübt werden muss. Um erfolgreich abzupumpen, muss die Frau nicht nur die geeignete Pumpe zur Verfügung haben und in der richtigen Pumptechnik unterwiesen werden. Der Schlüssel zum erfolgreichen Abpumpen ist das Auslösen des Milchspendereflexes. Um den Milchspendereflex anzuregen hilft es, wenn die Frau sich in eine angenehme Umgebung zurückziehen kann, in der sie so wenig wie möglich gestört wird und sich entspannen kann. Das Einhalten eines Rituals beim Abpumpen und Konzentration auf das Baby (vor einem Foto des Babys oder neben dem Kind abpumpen) tragen dazu bei, den Milchspendereflex auszulösen. Wärmeanwendungen und Massage der Brust stimulieren den Milchspendereflex ebenfalls. Es hat sich bewährt, nach dem Schema 7 Minuten pumpen unterbrechen zum Massieren der Brust 5 Minuten pumpen massieren der Brust 3 Minuten pumpen, vorzugehen. Eine Brustmassage kann auch dazu beitragen den Fettgehalt der abgepumpten Milch erhöhen. Die besten Erfahrungen habe ich mit vollautomatischen, elektrischen Pumpen mit Doppelpumpset gemacht. Diese Pumpen sind von den Firmen Medela und Ameda erhältlich und können auch in Apotheken und Sanitätshäusern ausgeliehen werden. Da eine Pumpe nicht die gleichen Gefühle auslöst wie ein Baby, müssen Sie wie oben schon erwähnt vor allem anfangs ihren Milchspendereflex anregen. Dazu können Sie einige der folgenden Methoden der physischen und psychischen Stimulation einsetzen: Abpumpen in einer vertrauten und angenehmen Umgebung, vielleicht immer am gleichen Platz, im gleichen bequemen Sessel (ideal wäre ein Stuhl, der ihre Arme in einer bequemen Haltung stützt und es Ihnen ermöglicht den ganzen Körper zu entspannen). Störungen so gering wie möglich halten. Sie sollten z.B. das Telefon aushängen, etwas entspannende Musik anschalten und alles was Sie brauchen könnten bei der Hand haben. Dazu können ein Glas Wasser oder Saft, ein gesunder Imbiss oder etwas zu lesen gehören. Einhalten eines Rituals vor dem Abpumpen. Das Einhalten eines bestimmten Ablaufs vor dem Abpumpen, kann ihren Milchspendereflex anregen und auch als psychologischer Auslöser dafür wirken. Einige der folgenden Vorschläge können eventuell auch Ihnen helfen: • Wärmeanwendungen auf den Brüsten, entweder trocken oder feucht. Dazu können feuchte, warme Kompressen oder ein Heizkissen verwendet werden, oder aber Sie duschen warm. • Da Wärme entspannend wirkt, sollte Sie sich eine Decke oder eine Jacke über die Schultern legen, oder sich in die Nähe einer Heizquelle setzen. • Sanfte Brustmassage, entweder in der Dusche oder direkt vor dem Abpumpen. Das hilft besonders dann, wenn Sie angespannt sind. • Brustwarzenstimulation, durch sanftes Reiben oder Rollen der Brustwarzen. • Fünf Minuten Entspannung. Die Anwendung der Atemübungen aus der Geburtsvorbereitung oder einfach nur ruhiges Dasitzen und sich dabei etwas Angenehmes vorstellen (einen warmen Sandstrand mit Wellen, die ans Ufer plätschern, ein Gebirgsbach oder eine tropische Brise). Das Abpumpen mehrmals unterbrechen um die Brust zu massieren. Es sollte möglich sein, den Milchspendereflex mehrfach stimulieren, indem Sie das Abpumpen nach etwa zehn Minuten unterbrechen, ihre Brust massieren und dann wieder pumpen. (Bei der La Leche Liga Deutschland können Sie das Infoblatt „Die Marmet Methode" über das Handausstreichen und Massieren der Brust bestellen) Rhythmische Bewegungen beim Abpumpen um das Saugverhalten des Babys nachzuahmen. Um ihren Milchspendereflex möglichst wirkungsvoll anzuregen, sollte Sie versuchen, das Saugverhalten ihres Babys an der Brust nachzuahmen. Um die Milchproduktion richtig in Gang zu bekommen, sollten Sie häufiger als fünf Mal pro Tag pumpen. Ein Baby würde jetzt mindestens acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden an Ihrer Brust trinken. Versuchen Sie etwa ebenso oft zu pumpen, wie ein Baby trinken würde, also etwa alle zwei bis drei Stunden. Ob Sie nachts eine längere Pause einlegen (etwa sechs Stunden) oder nicht, müssen Sie ausprobieren. Manche Mütter bevorzugen eine Nachtpause, andere kommen besser zurecht, wenn sie auch in der Nacht regelmäßig weiter pumpen. Insgesamt sollten Sie auf eine Pumpzeit von mindestens 100 Minuten innerhalb von 24 Stunden kommen. Es ist sinnvoller häufiger kürzer abzupumpen als seltener und länger. Essen Sie genügend und ausgewogen (ausreichend kohlenhydrathaltige Nahrung) und trinken Sie entsprechend Ihrem Durstgefühl. Eine zu hohe Flüssigkeitsaufnahme wirkt sich nicht positiv auf die Milchmenge aus. Viel trinken mach NICHT viel Milch, im Gegenteil. Solange Sie sich nicht ausgedörrt fühlen, ihr Urin hell ist und Sie keine Verstopfung bekommen, trinken Sie genug. Es gibt keinen wirklichen Beweis für die Wirksamkeit von Milchbildungstees. Wenn Sie Milchbildungstee trinken wollen, dann bitte nicht mehr als zwei bis drei Tassen täglich, mehr kann Bauchprobleme beim Kind verursachen. Versuchen Sie so viel Ruhe und Entspannung wie es in Ihrer stressbeladenen Situation möglich ist zu finden. Es wäre gut, wenn Ihr Baby keine Flasche und keinen Schnuller bekommt, damit das gesamte Saugbedürfnis an der Brust gestillt werden kann. Wenn Sie zufüttern, sollten Sie eine alternative Fütterungsmethode wählen, z.B. das Bechern. Ihr Kleiner wird ein paar Anläufe beim Bechern brauchen, bis er den Dreh raus hat, wie er die Milch aus dem Becherchen bekommt. Vielleicht hilft dieses Video: http://www.youtube.com/watch?v=OAQcvHkFbdc Es wäre günstig, wenn Sie sich an eine Stillberaterin vor Ort wenden würden, die Ihnen im direkten Gespräch Tipps geben kann und eventuell auch sieht, wie Ihr Sohn an der Brust trinkt. Adressen von Stillberaterinnen finden Sie im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). LLLiebe Grüße, Biggi


Jendriks_Mama

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Hallo Sandra, ich kann Dir vielleicht etwas Mut machen. Mein Sohn musste nach der Geburt für 5 Tage auf die Säuglingsintensiv. Da ich nach der Geburt nicht sitzen konnte (Steißbeinrückbruch), gestaltete sich das Stillen dort als unmöglich. Heute ist Jendrik 8 Monate alt (gelogen, morgen wird er genau 8 Monate alt) und ich stille ihn nach Bedarf. Der Weg dorthin, wo wir jetzt sind (nämlich bei einer guten Stillbeziehung) war wirklich schwierig - aber machbar! Ich habe täglich mindestens alle 3 Stunden gepumpt (auch nachts) und ihn immer und immer wieder angelegt. Er wusste mit der Brust allerdings nicht allzuviel anzufangen - wurde er doch auf der Intensivstation gleich mit Pre-Nahrung aus der Flasche gefüttert. Aber ich gab nicht auf. Meine Hebamme zeigte mir Stillpositionen (sehr gut die Football-Haltung!), machte mir Mut, zeigte mir, wie man ihn richtig anlegt. Leider ohne Erfolg. Als Hebi wieder weg war, wollte es einfach nicht funktionieren. Es war für mich so deprimierend, nachts alleine im Wohnzimmer zu sitzen und zu pumpen, während nebenan Mann und Sohn friedlich schlummerten. In meiner Nähe gibt es leider weder Stillberaterinnen noch Stillgruppen, so dass ich mich ziemlich allein gelassen fühlte. Bis - ja bis ich dieses Forum entdeckte. Hier erfuhr ich, dass der Schlüssel in einer Mama-Baby-intensiv-Wochenbett-Erfahrung liegen kann. Ich zog mich mit meinem Baby 48 Stunden komplett ins Bett zurück. Ich stillte ihn, sobald sich ein Hüngerchen bei ihm zeigte, kuschelte viel mit ihm, ließ die Welt die Welt sein. Die Milchbildung war nun also einigermaßen im Gange - das Problem war leider weiterhin das Anlagen. Ich bin wirklich eine große Anlege-Niete! Der richtige Durchbruch kam, als ich telefonisch und per Mail Kontakt mit einer Stillberaterin aufnahm. Nach einem längeren Gespräch fragte mich die Stillberaterin, wie lange Jendrik nachts am Stück schlafe. Ich antwortete, es seien eigentlich schon an die sechs Stunden. "Nun, warum lässt Du Deinen Sohn nicht neben Dir schlafen? Dann kann er im Halbschlaf andocken, wann er will. Das klappt meistens ganz gut." Und was soll ich sagen - es klappte. Jendrik und ich lernten das Andocken im Schlaf. Nach wenigen Tagen waren wir so weit, dass ich auch tagsüber mit ihm zum Stillen ins Bett verschwinden konnte. Und wiederum nach wenigen Tagen begann er, die Flasche zu verweigern! Ich räumte Pumpe und Fläschchen weg und ließ es drauf ankommen. Und seit dem 25.05. hat Mausbär die Flasche nicht mehr gesehen - und meine Brüste die Pumpe nicht mehr. Was brauchst Du, damit es klappt? 1. Ruhe. Absolute Ruhe mit Deinem kleinen Schatz. Du hast noch ein zweites Kind? Hol Dir Hilfe ins Haus. :-) Das Wochenbett ist ganz wichtig in Deiner jetzigen Situation! 2. Vertrauen. Vertraue Dir, vertraue Deinem Körper und vor allem: vertraue Deinem Baby! 3. Unterstützung: lass Dir von niemandem einreden, dass Du Deinem Kind damit etwas schlechtes tust, es UNBEDINGT stillen zu wollen. Lass Dir von niemandem sagen, dass alles einfacher wäre, würdest Du zur Flasche greifen. Das ist es nicht! 4. Mut. Du brauchst den Mut, die Pumpe wegzustellen. Du brauchst noch mehr Mut, die Fläschchen in der Ecke stehen zu lassen. Stille Dein Baby alle 2 Stunden, oder jede Stunde oder jede halbe Stunde. Egal. So lernt ihr es, so regt ihr gemeinsam die Milchproduktion an. Besser, als es eine Pumpe je könnte! Ich drücke Dir dolle, dolle die Daumen! Und nun ab ins Bett mit Deinem kleinen Schatz, mit freiem Oberkörper (bei den Temperaturen ja sowieso, oder ;-)) und lernt gemeinsam das Stillen. LG Sarah und Jendrik


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