Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

was ist, wenn man nicht stillen kann

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: was ist, wenn man nicht stillen kann

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ich lese immer von kuhmilchfreier ernährung bis zum 1. lebensjahr. was macht man, wenn man nicht stillen kann? ist (bei keinem allergierisiko) die ernährung mit künstlicher säuglingsnahrung (HIPP PRE) nicht schon ein risiko? es müssten doch dann alle nicht gestillten kinder probleme bekommen? muss es quasi immer HA-nahrung sein? man könnte doch alle anderen säuglingsnahrung dann abschaffen tschüss und danke


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Liebe Sandy, ich kann deinen Wunsch nur zu gut nachfühlen und ich bin SICHER, Du kannst es schaffen, dein Kind zu stillen, wenn Du dich richtig vorbereitest. Die Brustwarzenform spielt beim Stillen keine Rolle. Das englische Wort für „Stillen“ verdeutlicht so schön, dass die Form der Brustwarze nicht unbedingt wichtig für den Stillerfolg ist: Stillen heißt „Breastfeeding“ also Brusternährung. Es heißt nicht etwa „Nipplefeeding“ sondern „Breastfeeding“. Das Kind trinkt nicht ausschließlich an der Brustwarze, sondern an der Brust. Ein korrekt angelegtes Kind umfasst nicht nur die Brustwarze, sondern auch einen Teil des Warzenhofes. Wenn ein Kind ausschließlich die Brustwarze beim Saugen an der Brust fasst, dann führt das zu wunden Brustwarzen. Die beste Vorbereitung auf das Stillen besteht darin sich so gut wie möglich zu informieren. Wunden Brustwarzen und anderen Stillproblemen kannst Du am besten dadurch vorbeugen, dass Du dich informierst. Wunde Brustwarzen entstehen in über 80 % der Fälle durch falsches Anlegen oder Ansaugen. Es ist extrem wichtig, korrekt anzulegen. Deshalb ist es entscheidend, dass Du dich möglichst gut über das Stillen und die grundlegenden Dinge wie korrektes Anlegen und Ansaugen, das Prinzip von Angebot und Nachfrage, Stillen nach Bedarf usw. informierst. Ganz wichtig ist dass Du weißt, wie korrekt angelegt ist und woran Du erkennst, dass dein Baby richtig ansaugt und effektiv an der Brust trinkt. Hierzu bietet sich neben dem Lesen der entsprechenden Literatur (z.B. „Stillen - Rat und praktische Hilfe für alle Phasen der Stillzeit“ von Marta Guoth-Gumberger und Elizabeth Hormann, „Das Handbuch für die stillende Mutter“ von der La Leche Liga, „Stillen - einfach nur stillen“ von Gwen Gotsch, das erste bekommst Du im Buchhandel, die beiden letzteren im Buchhandel, bei der La Leche Liga oder jeder LLL-Stillberaterin) der Besuch einer Stillgruppe an. In einer Stillgruppe triffst Du nicht nur andere stillende Mütter, sondern Du lernst auch gleich eine kompetente Ansprechpartnerin kennen, für den Fall, dass es nach der Geburt zu Stillproblemen kommen sollte. Wenn Du mir deinen Wohnort mit Postleitzahl angibst, suche ich dir gerne die nächstgelegene LLL-Stillberaterin heraus. Ansonsten sollte darauf geachtet werden, dass die Brustwarzen und der Brustwarzenhof beim Waschen nur mit klarem Wasser abgespült wird. Seife oder gar Alkohol (wird manchmal immer noch zum Abreiben der Brustwarzen empfohlen) trocknen die Haut aus und machen sie anfälliger für wunde Brustwarzen. Wenn deine Haut sehr trocken ist und auch die Haut der Brustwarzen sehr trocken ist, kannst Du sie ganz sparsam und dünn mit hochgereinigtem Lanolin einreiben (gibt es unter dem Handelsnamen Purelan, Lanosin oder Lansinoh in der Apotheke). Hochgereinigtes Lanolin muss vor dem Stillen nicht abgewaschen werden, aber bitte wirklich nur hauchdünn verwenden. Während der Schwangerschaft bewirken Hormone, dass die Brust sich auf die Stillzeit einstellt. Die Haut wird geschmeidiger und elastischer, um sich der Brustentwicklung anzupassen, während Brustwarzen und Brustwarzenhof sich vergrößern und die schützende Pigmentierung zunimmt. Die Montgomerydrüsen, kleine Erhebungen am Brustwarzenhof, sondern eine pflegende und schützende Substanz ab, die die Brustwarzen und den Brustwarzenhof vor Austrocknung und Abschuppung schützt. Daher ist sind Abhärtungsmaßnahmen wie Rubbeln mit Frotteetüchern und dergleichen nicht sinnvoll, denn dabei würde diese Schutzschicht entfernt. Viele Frauen machen gar nichts zur Vorbereitung, andere finden es angenehm ihre Brust in den letzten Wochen der Schwangerschaft zu massieren. Als Grundregel gilt: sei liebevoll mit Deiner Brust und tue nichts, was Dir unangenehm ist. Ich wünsche dir eine schöne restliche Schwangerschaft und eine gute Geburt, solltest Du weitere Fragen haben, bin ich gerne für dich da. LLLiebe Grüße Biggi


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Hallo, Karolin, dass man nicht stillen kann, ist die Ausnahme - überleg mal, die Menschheit hätte anstonsten nicht Millionen Jahre überlebt in Zeiten, in denen es keine künstl. Babynahrung gab. Es wird einem immer suggeriert, dass es Glücksache ist, ob man stillen kann oder nicht. Tatsache ist, dass es zum grössten Teil von der richtigen Information und Motivation abhängt, und dann ist es die Ausnahme, wenn es nicht klappt. Ich darf das mit Fug und Recht behaupten: wir hatten einige Stillprobleme, ich hätte um ein Haar 2 Wochen nach der Geburt abgestillt, und alle , aber auch alle PRobleme lagen an Fehlinformationen. Der Satz "wenn Sie nicht stillen wollen oder können" - der auf aller Babynahrung draufsteht (draufstehen muss wie der Satz "Zu Risiken und nebenwirkungen" auf Medikamentenwerbung sein muss), der soll suggerieren, dass es nicht der Normalfall ist, wenn man stillen kann. Scharenweise Frauen erzählen mir, sie hätten zuwenig Milch gehabt, und wenn ich sie frage, ob sie nach Bedarf gestillt haben, sagen sie, nein, natürlich nicht, sondern nach demRythmus, den mir meine Hebamme, mein Arzt, die Kinderschwester, die Schwiegermutter oder sonstwer empfohlen hat. Die LLL schätzt, dass allenfalls 2 - 3 Prozent der Frauen physiologisch gesehen nicht stillen können. Wenn man schaut, wieviele dies aber glauben, ist man schon über 50 %. In der Tat ist die Ernährung mit künstlicher Säuglingsnahrung ein Risiko: und zwar das Risiko, dass man die gesundheitlichen Vorteile und Präventionen des Stillens nicht nützt, sondern eben die Krankheiten riskiert, vor denen das Stillen schützt oder deren Risiko das Stillen vermindert. Das sind z.B. für das Baby: * Magen- Darm-Infekte * Atemwegsinfekte * Blindarmoperationen * Morbus Crohn * Notwendigkeit logopädischer Behandlung * Diabetes Mellitus * plötzlicher Kindstod * Kieferfehlstellungen * Mittelohrentzündungen * bestimmte Krebsarten, die in der Kindheit vorkommen * Sprue (eine allergische Reaktion des Darmes) * Multiple Sklerose * Herzkranzgefässerkrankungen * Übergewicht im Kindes- und Erwachsenenalter (ich kann für all diese Ergebnisse die Quellen medizinischer unabhängiger Studien anführen, falls Du das möchtest) für die Mutter: * Brustkrebs * Gebärmutterhalskrebs * Osteoporose Wenn dieses Wissen verbreiteter wäre,dann wäre es wirklich so, dass fast alle künstliche Säuglingsnahrung abgeschafft werden könnte - oder den Müttern zur Verfügung gestellt würde, die wirklich nicht stillen können. Für alle anderen Mütter wäre dann ja vielleicht das Stillen ebenso Teil der natürlichen Fürsorge für das Baby wie Baden oder Wickeln - was ja auch kein Mensch ablehnen würde. Leider aber steht auf den Babynahrungspackungen nicht drauf " Der Gesundheitsminister warnt: Nichtstillen gefährdet Ihre Gesundheit und die Ihres Babys... die Gabe dieser Nahrung beinhaltet dieses und jenes und verursacht die und die Krankheiten". traurig aber wahr. Wenn viele Mütter das wüssten, würden sie vielleicht nicht so sorglos die "tolle, moderne" Babynahrung geben. lg Doro


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Liebe Karolin, in HA-Nahrung wird das Eiweiss aufgespalten, so dass es nicht mehr so allergen wirken kann. In den anderen künstlichen Säuglingsnahrungen auf Kuhmilchbasis ist das Eiweiss nicht aufgespalten und in der normalen Kuhmilch selbstverständlich auch nicht. Kuhmilch hat deutlich mehr Eiweiss als Muttermilch und auch einen höheren Salzgehalt. Künstliche Säuglingsnahrung (sofern es sich um adaptierte Nahrungen handelt Bezeichnung PRE oder 1) ist an die Zusammensetzung der Muttermilch angeglichen. Ich zitiere dir hier aus einem Artikel über künstliche Säuglingsnahrungen, den meine Kollegin Denise Both im Beraterinnen-Rundbrief der LLL veröffentlicht hat: „Die EU-Norm unterscheidet zwischen drei verschiedenen Nahrungsarten: · Säuglingsanfangsnahrung · Folgenahrung · Antigen-Reduzierte Nahrung Säuglingsanfangsnahrungen sind künstliche Säuglingsnahrungen, die den Nährstoffbedarf eines Babys in den ersten vier bis sechs Monaten als Alleinnahrung decken und zusammen mit geeigneter Beikost das gesamte erste Lebensjahr gegeben werden können. Sie tragen die Silbe "Pre" oder die Zahl "1" im Namen. Unter einer Pre-Nahrung wird eine adaptierte Säuglingsnahrung verstanden, die der Muttermilch weitestgehend angeglichen ist, was ihre Zusammensetzung an Mineralstoffen, Kohlenhydraten, Fett und Eiweiß betrifft. Pre-Nahrungen können, wie Muttermilch, nach Bedarf (ad libitum) gegeben werden. "1" steht für teiladaptierte Nahrung. Diese Säuglingsnahrung ist zum Teil der Muttermilch angeglichen, enthält mehr Eiweiß und außer Milchzucker noch weitere Zucker sowie Stärke. 1er-Nahrung ist nicht so dünnflüssig wie Pre-Nahrung und hält länger vor. Teiladaptierte Nahrung sollte nicht nach Bedarf gegeben werden. Folgenahrung wird durch eine "2" gekennzeichnet. Sie ist nicht mehr als alleinige Nahrung für den Säugling gedacht, sondern sollte frühestens ab dem fünften Monat zusammen mit Beikost gegeben werden. Ihre Zusammensetzung unterscheidet sich grundlegend von der der Muttermilch. Für allergiegefährdete Babys, zu denen zur Zeit etwa ein Drittel aller Neugeborenen zählen, gibt es antigen-reduzierte Nahrungen, die durch die Abkürzung "HA" erkennbar sind. "HA" steht für hypoallergen und es bedeutet, dass in diesen Nahrungen das Kuhmilcheiweiß in kleinere Bestandteile aufgespalten wurde. Durch die Zerlegung des Eiweißes kann das Allergierisiko verringert werden. Außer den oben aufgezählten Nahrungen gibt es noch Spezialnahrungen (zum Beispiel laktosefreie Säuglingsnahrung oder Nahrungen mit sehr geringem Phenylalaningehalt), die besonderen Situationen vorbehalten sind." Ich hoffe, dir damit die Unterschiede einigermaßen erklärt zu haben. LLLiebe Grüße Biggi


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Hallo Doro, nun - auch schon früher gab es Probleme, die zeitweise von "Ammen" gelöst wurden oder mit anderer Nahrung ausgemerzt wurden. Sicher sind das Ausnahmen ABER: Nicht nur die Physische Sache kann Anlass sein, nicht stillen zu können, vielmehr auch die Psychische. Ein Beispiel: Ich selbst wollte unbedingt stillen. Meine Tochter kam in der 28 SSW zur Welt, lag im Inkubator. Diese Situation machte mir so sehr zu schaffen daß es nicht ging. Stundenlange Versuche abzupumpen scheiterten. Je weniger Milch kam, umso größer wurde der psychische Druck, eine schlechte Mutter zu sein! Selbst Hebammen und Ärzte waren überfordert und rieten mir dann nach 12 Tagen doch abzustillen. Ich habe das sehr bedauert und war letzlich doch froh, den Druck nicht mehr ertragen zu müssen. Anlegen konnte ich die Kleine ja nicht, da sie zu schwach war und über Sonde ernährt wurde! Noch heute bedauer ich das ich nicht stillen konnte! Allerdings habe ich inzwischen viele Mütter mit Frühgeborenen kennengelernt, denen es ähnlich ging! Sorry, aber ich denke einfach es gibt auch noch andere Erklärungen, nicht stillen zu können als nur "falsche Beratung"! Ich will dich mit meinem Text nicht angreifen, lediglich mal aus einer anderen Perspektive zeigen, wie sehr es "Druck" ausarten kann, wenn man stillen möchte und es einfach nicht klappen will. Viele liebe Grüsse Liona


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Hallo, Liona, da stimme ich Dir absolut zu. Ich meine, Notfälle oder psychischer Druck (echter psychischer Druck und nicht eine Schwiegermutter,die halt unbedingt ihre Liebe zum Enkel mit der Flaschengabe zeigen will) stehen ausserhalb der Diskussion. Mir hat auch zu denken gegeben, was Biggi geschrieben hat: Frauen, die in ihrer Kindheit misshandelt werden, und dann die Nähe nicht ertragen. Auch hier ist natürlich diese Betrachtungsweise nicht angemessen. Was ich meine, ist die Gabe künstlicher Säuglingsnahrung ohne Not, weil man den Vorurteilen erliegt (man darf angeblich als Stillmutter nicht alles essen, Stillen ist anstrengend, zehrt aus, in der Öffentlichkeit unmöglich und so weiter) oder weil man gesagt bekommt, die Gabe von Flaschennahrung sei absolut gleichwertig und dann denkt man: na wenn das so ist, kann ich mir die wunden Brustwarzen sparen. Das meinte ich. Mütter,die wirklich nicht stillen können, stehen ausserhalb dessen. Stimme Dir daher zu 100% zu. Und die Diskussion, ob man als stillende Mutter eine bessere Mutter ist, ist müßig - das ist dummes Zeug. Ich hätte, wie gesagt, auch fast abgestillt, weil man mir sagte, ich könne nicht stillen, ohne dass mir die gesamte Stillzeit die Brustwarzen vor Schmerzen abfallen würden, und meine Tochter würde immer schreien beim stillen, während der gesamten Zeit, und da wäre die Flasche doch SOO TOLL. Gott sei Dank habe ich eine liebe und geduldige Stillberaterin gefunden und eine gute Hebamme. Und siehe da: keinerlei Probleme mehr. Sicherlich, ich hatte Glück, hätte auch anders laufen können. Liona, Frühchenmütter geniessen sowieso meinen hohen Respekt, ob sie stillen oder nicht. Also, nur dass keine Missverständnisse auftreten. liebe Grüße von Doro


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hallo liona, ich kann mir vorstellen, wie es dir ging. und ich hoffe, du machst dir nicht mehr zu viele gedanken. und vor allem denk nur nicht, daß du deswegen irgendwie schlechter wärst. es gibt die verschiedensten gut nachvollziehbaren gründe, warum eine frau nicht stillt (und auch genügend nicht für mich nachvollziehbare). aber in einem muß ich dir widersprechen. ich finde schon, daß bei dir die beratung nicht grad gut war. denn zu einer guten stillberatung gehört für mich eben auch die psychische seite. für mich hat stillen sehr viel mit der psyche zu tun. und bei dir wäre es vielleicht angebracht gewesen, dir nicht einfach eine pumpe in die hand zu drücken und dir die technische seite des pumpens zu erklären, sondern dich einfach mal in den arm zu nehmen, mit dir über die ganze belastende situation zu reden, auch über den druck, den du dir vielleicht aufgebaut hast und diesen druck von dir zu nehmen. keine ahnung, wie es dann gelaufen wäre. vielleicht hättest du dich trotzdem zum abstillen entschlossen. aber vielleicht mit positiveren gefühlen was ja auch schon was wäre. nun ja, es ist müßig darüber nachzudenken, was hätte sein können. und du solltest dir darüber eh keinen kopf machen. das sollten eher ärzte, hebammen und stillberaterinnen. ich hoffe, es geht deiner tochter gut. liebe grüße susanne


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