Frage: Überfütterung - Clusterfeeding

Liebe Frau Heindel, liebe Frau Welter, Unser Sohn (7 Wochen) sendet keine eindeutigen Signale, wenn er Hunger hat bzw. ich erkenne sie nicht. Immer, wenn er sich nicht anders beruhigen lässt und weint obwohl er scheinbar keine Schmerzen hat oder müde ist (eine volle Windel scheint ihn gar nicht zu stören), stille ich ihn und bis auf ganz wenige Ausnahmen trinkt er dann auch immer – meist ziemlich lange. Ich stille ca. alle 2h, nachts auch mal alle 3-4h. Er nimmt sehr gut zu (seit seiner Geburt 2400g von 3900g auf 6300g) und ich habe Angst, dass ich ihn vielleicht doch überfüttere (obwohl ich gelesen habe, dass man Stillkinder nicht überfüttern kann). Muss ich mir Sorgen machen oder kann ich weiter stillen wie bisher? Abends ist es bei uns immer so, dass unser Sohn sehr lange trinkt, dann rumort es mächtig in seinem Bäuchlein (er hat sehr oft am Tag mit Blähungen / Bauchschmerzen zu kämpfen), er fängt an zu weinen und saugt jetzt nicht mehr ruhig wie zuvor, sondern panisch an der Brust, lässt die Brustwarze immer wieder kurz los, windet sich und fängt gleich wieder an, panisch zu saugen. Irgendwann weint er so sehr, dass ich ihn auf den Arm nehme, dort windet er sich weiter und ca. 10-15 Minuten später weint er wieder und ich stille erneut. Am Anfang geht alles gut, dann fängt irgendwann wieder das panische Saugen und das Weinen an, wir hören auf zu stillen usw. Das wiederholt sich manchmal nur einmal, manchmal aber auch fünfmal. Irgendwann schläft er dann ein und schläft auch richtig gut. Handelt es sich hierbei um das Clusterfeeding und können wir das so beibehalten oder sollte ich etwas anders machen? Noch eine letzte Frage: Ich schlafe gern auf der Seite, dabei werden die Brüste aber ein bisschen zusammengequetscht – kann sich das negativ auf die Milchproduktion auswirken bzw. einen Milchstau auslösen? Vielen Dank schon einmal für Ihre Antwort! :)

von Zhara am 29.07.2013, 08:25



Antwort auf: Überfütterung - Clusterfeeding

Liebe Zhara, ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einige, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am Besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte. Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiten einzuhalten. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch. Babys gibt es in verschiedenen Größen und die Bandbreite ist da sehr groß. Wie ein Kind als Baby aussieht, sagt auch nichts darüber aus, wie es später als Erwachsener aussehen wird. Die Statur der Kinder ist genetisch festgelegt und bei einem Kind das nach Bedarf gestillt wird, ist nicht zu befürchten, dass dadurch der Grundstein für ein späteres Problem mit Übergewicht gelegt wird. Im Gegenteil, Stillen schützt vor Übergewicht. Das heißt jedoch nicht, dass nicht auch ein gestilltes Baby zwischendurch wie ein kleiner Buddha aussehen kann. Im Gegensatz zur (industriell) stark weiterverarbeiteten Nahrung enthält Muttermilch keine leeren Kalorien. Es gibt keinen Beweis dafür, dass ein gestilltes Kind, das rasch zunimmt, als Erwachsener Gewichtsprobleme haben wird. Im Gegenteil es gibt mehrere Untersuchungen, die zeigen, dass Stillen eindeutig vor Übergewicht schützt und dass dieser Schutz nicht nur im Kindesalter sondern auch beim Erwachsenen anhält. Das Fett, das sich in der relativ passiven Phase vor dem Krabbelalter möglicherweise ansammelt, stellt einen Vorrat für die sehr aktive Phase dar, in der das quirlige Krabbelkind keine Zeit zum Essen haben will. Im Alter von ein bis zwei Jahren werden die Kinder, die schnell zugenommen haben, gewöhnlich von alleine schlanker. Gerade Kinder, die nach Bedarf gestillt werden, behalten ein gutes Gefühl dafür, wann sie satt sind, denn sie entscheiden ja selbst, wann und wie viel sie trinken. Also keine Sorge, durch das Stillen nach Bedarf wird sicher nicht den Grundstein für spätere Gewichtsprobleme gelegt. Auf Anhieb gibt es mehrere mögliche Ursachen für das Verhalten deines Babys. Zum einen erlebt dein Kind jetzt seine Umwelt immer bewusster und muss daher die Ereignisse des Tages verarbeiten. Das bedeutet für manche der kleinen Menschlein, dass sie sehr unruhig sind, weinen und an der Brust ebenfalls unruhig sind. Hier hilft es, die Tage möglichst ruhig verlaufen zu lassen, den Abend sanft ausklingen zu lassen und dem Kind Nähe, Ruhe und Halt zu geben. Keine hektischen Versuche mit immer neuen Ideen das Kind zur Ruhe zu bringen, sondern so wenig „Action" wie möglich. Den Raum abdunkeln, beruhigend mit dem Baby sprechen oder ihm etwas leise vorsingen. Besonders unruhige Babys, die sich an der Brust steif machen und nach hinten überstrecken, können auch gebündelt werden. Beim Bündeln wird das Baby gut in eine Decke eingewickelt, so dass seine Schultern nach vorne geneigt und die Arme unterhalb der Brust gekreuzt sind. So kann es den Kopf nicht zurückwerfen. Bei manchen Babys bewährt es sich, wenn die Decke unten offen bleibt, so dass die Füße frei bleiben. Wenn ein Kind auf diese Weise eingepackt ist, sieht es wie ein „C" aus, mit dem Kinn auf der Brust und angezogenen Beinchen. Häufig reicht diese Maßnahme aus, das Baby zu beruhigen und es trinkt dann besser an der Brust. Manche Babys brauchen Halt im wahrsten Sinne des Wortes um weniger zappelig zu sein. Eine andere Ursache kann der Schnuller sein. Schnuller können wie alle künstlichen Sauger zu einer Saugverwirrung führen. Ist das Kind dann auch noch erregt oder besonders müde, dann „erinnert" es sich unter Umständen nicht mehr an die korrekte Trinktechnik für die Brust. In diesem Fall hilft nur konsequentes Verzichten auf alle künstlichen Sauger. Als nächstes kannst Du einmal eine Stillzeit ganz genau beobachten. Verschluckt sich dein Baby sehr leicht? Hast Du den Eindruck, dass die Milch sehr rasch aus deiner Brust fließt? Fließt deinem Kind Milch aus den Mundwinkeln, weil es beim Schlucken nicht nachkommt? Wenn Du die obigen Fragen mit „Ja" beantworten kannst, dann könnte es sein, dass Du einen sehr starken Milchspendereflex hast und dein Baby mit der plötzlich in großer Menge fließenden Milch nicht zurechtkommt. Bei einem sehr starken Milchspendereflex hat es sich bewährt, das Baby von der Brust zu nehmen sobald die Milch zu fließen beginnt (leg dir eine Windel zum Auffangen der Milch hin und vergiss nicht den Saugschluss zu lösen) und erst nach ein bis zwei Minuten weiter zu stillen, wenn der Milchfluss etwas nachlässt. Eine weitere Möglichkeit ist das „Berg auf Stillen". Dazu hältst Du dein Baby so, dass sein Kopf, Nacken und Hals höher liegen als Deine Brustwarze. Beim Stillen mit dem Rückengriff lehnst Du dich dabei nach hinten, beim Wiegengriff stützt Du dein Baby von unten mit zwei Kissen in deinem Schoß und lehnst dich, möglichst in einem bequemen Sessel sitzend, zurück. Weitere Möglichkeiten einem starken Milchspendereflex zu begegnen sind: erhöhe die Häufigkeit der Stillmahlzeiten. Dadurch verringert sich die Menge der gestauten Milch und damit die Milchmenge, die während des Milchspendereflexes freigegeben wird. Wenn Du die Abstände zwischen den Stillmahlzeiten vergrößerst, verschlimmert sich das Problem noch weiter. biete nur eine Brust pro Mahlzeit an. Diese Vorgehensweise kann durchaus hilfreich sein, obwohl es nicht zu dem passt, was üblicherweise gesagt wird. Aber das Ziel ist es die Brust weniger zu stimulieren. Wenn dein Baby quengelt und oft trinken möchte, kann es nötig sein, dass Du ihm mehrere Male dieselbe Brust über einen Zeitraum von zwei bis drei Stunden anbietest, bevor Du die Seite wechselst. Wenn sich die zweite Brust zwischendrin zu voll anfühlt oder spannt, solltest Du gerade soviel Milch ausstreichen, dass Du dich wohlfühlst, um die Milchproduktion nicht zu sehr anzuregen. stille dein Baby wenn es gerade wach geworden ist. Es wird dann eventuell nicht so stark saugen, wie wenn es richtig wach und hungrig ist. Wenn das Baby weniger intensiv saugt, ist häufig auch der Milchspendereflex weniger stark. versuche verschiedene Stillpositionen (auch das oben beschriebene Berg auf Stillen) Eventuell kann dein Baby auch schon an deiner Brust trinken während es auf deinem Bauch liegt. So könntest Du dann im Liegen stillen und das Baby anschließend auf deinem Bauch einschlafen lassen.) lass das Baby oft aufstoßen. vermeide den Gebrauch von künstlichen Saugern und Schnuller. Mit dem Schnuller lässt sich ein Baby vielleicht hinhalten, aber es bleibt hungrig. Die Milch wird dann um so mehr mit Macht herausschießen, vor allem je mehr das ausgehungerte Baby kräftig saugen wird Versuche überhaupt einmal verschiedene Stillpositionen, möglicherweise gefällt deinem Baby die von dir bevorzugte Haltung nicht. Zusätzlich ist es ein guter Gedanke, dass Du dich an eine Kollegin vor Ort wendest, die dich und dein Kind im Gegensatz zu mir sehen kann und damit sehr viel gezielter beraten kann. Adressen von Stillberaterinnen findest Du im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). Im Prinzip kannst Du schlafen wie Du willst, Du musst es selbst ausprobieren, ob dein Körper schnell mit einem Milchstau reagiert. Meist dreht man sich im Schlaf automatisch um. LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 29.07.2013



Antwort auf: Überfütterung - Clusterfeeding

Hallo, es wird selten so erwähnt, aber es gibt Studien und Erfahrungen, die darauf hindeuten, dass manche Babys ihre Ausscheidungen machen wollen und darum zappelig werden. Weil sie dann nicht die Möglichkeit haben, so die Theorie, tuts im Bauch weh, weil sie sich verkrampfen. Was helfen kann, einen Versuch wäre es ja wert, ist, dem Kind beim Stillen die Windel abzumachen und ein Asiatöpfchen (kann man googlen und im Internet bestellen, ist nicht teuer) unterzuhalten. Dann kann es sein Geschäft machen und weiterstillen oder schlafen. Wenn die Windel schon voll ist, hilfts nichts mehr. Der Moment ist, wenn sie "müssen", in dem es sie stört. Mehr Infos findest Du, wenn Du "windelfrei" oder "topffit" googlest. Bei uns war das so, ich hab aber leider vorher nie was davon gehört, also wusste ich es nicht. Später hab ich dann aus Instinkt die Windel oft weggelassen und es beim Stillen drauf ankommen lassen (Moltontuch unters Kind gelegt, und tatsächlich wurde unser Kind viel ruhiger und die angeblichen Bauchschmerzen hörten auf. Mit jetzt 21 Monaten, durch sehr sparsames Verwenden von Windeln und viel popofrei und darauf achten, wann wohl Pipi oder "Kacki" dran ist, ist unser Kind so weit, selbstständig zuverlässig aufs Töpfchen zu gehen (wenn es keine Hose an hat, sonst wird noch Hilfe beim Ausziehen benötigt) bzw. zu sagen, wenn sie muss. Windeln werden so gut wie keine mehr gebraucht. Hätte ich das früher gewusst, wäre mir das windelfrei Großziehen echt lieber gewesen als die ewige Wickelei und Windelschlepperei. Man glaubt, das ist leichter, aber tatsächlich ist es viel aufwändiger. ;-) Versuchs doch mal. Man kann auch einen kleinen Rührtopf verwenden, der hat einen umgebörtelten Rand und geht zur Not auch. Alles Gute! Liebe Grüße Sileick

Mitglied inaktiv - 29.07.2013, 14:45