Mitglied inaktiv
Gibt es einen Mindestabstand zwischen den Stillmahlzeiten? Meine Hebamme meinte ich solle meine 12 Tage alten Sohn nicht in kürzeren Abständen als 2 Stunden an die Brust legen zum Stillen. Im Moment macht er mir nämlich ziemliche Kopfschmerzen, denn tagsüber schreit er ganz fürchterlich. Die Hebamme war dann gestern nochmal da und meinte, er hätte einen harten Bauch, was eventuell von der Vormilch kommen könnte. Sie hat mir Milchbildungsöl dagelassen, das ich ihm auf den Bauch einmassiere, danach schreit er zwar noch ein wenig, schläft dann aber wenigstens ein. Kann das wirklich daran liegen, daß er beim Stillen nur Vormilch abbekommt, die dann in seinem Magen Blasen macht, die zu Bauchschmerzen führen? Das letzte Wochenende wollte er nämlich fast stündlich trinken...weil es so heiß war. Was soll ich tun? Liebe Grüße und vielen Dank für die Antworten, die Du immer so schnell gibst, Ilka
? Liebe Ilka, bitte vergiss alles, was Du je über einen angeblich notwendigen Mindestabstand gehört hast. Manche Babys haben ein stärkeres Saugbedürfnis als andere und manche Babys sind auch unruhiger als andere und dein Sohn kann gerade schlicht und ergreifend einen Wachstumschub haben. Aber auch ohne Wachstumsschub ist es vollkommen normal, wenn ein so kleines Baby mindestens acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden will. Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden Mit Muttermilch kannst Du dein Kind nicht überfüttern und vergiss bitte den Blödsinn über die „frische Milch auf angedaute Milch"-Theorie. Dein Baby kann und darf so oft und so lange an der Brust trinken, wie es möchte, ohne dass es dadurch Schaden nimmt. Ich werde dir an die Antwort einen Artikel anhängen, der sich mit dem angeblich notwendigen „Mindestabstand" beschäftigt. LLLiebe Grüße Biggi Woher kommt der Mythos vom „Mindestabstand" ? Von Denise Both, IBCLC „Sie dürfen nicht so oft anlegen, dann hat die Brust ja keine Zeit, sich wieder zu füllen." „Zwischen zwei Stillzeiten MUSS ein Abstand vom mindestens zwei Stunden liegen sonst bekommt das Kind Bauchschmerzen" „Frische Milch darf sich nicht mit bereits angedauter Milch vermischen, deshalb dürfen Babys frühesten nach zwei Stunden wieder angelegt werden" Wohl jede von uns ist schon mit diesen Aussagen konfrontiert worden. KinderärztInnen, Hebammen und auch wohlmeinende Mitmenschen kommen immer wieder damit. Ist ein Mindestabstand wirklich notwendig oder sinnvoll? Die Antwort auf diese Frage ist ein klares NEIN. Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einig, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am Besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Es ist nicht sinnvoll, den Abstand zwischen den Stillzeiten lange zu halten „damit sich mehr Milch ansammelt", denn die Brust funktioniert nicht wie eine Flasche, die wieder aufgefüllt werden muss. Der größte Teil der Milch wird während des Stillens gebildet. Ebenso ist es ein Ammenmärchen, dass ein Baby einen Mindestabstand zwischen zwei Stillzeiten einhalten müsse, um zu verhindern, dass frische Milch auf angedaute Milch kommt. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. Es gibt keinen Beweis, für die „Frische Milch auf halbverdaute Milch-Theorie", die besagt, dass zwischen zwei Stillmahlzeiten ein Mindestabstand von zwei Stunden eingehalten werden müsste, weil das Baby sonst Bauchschmerzen bekäme. Doch woher kommt diese Meinung? Die Vorstellung, dass der Magen zwischen zwei Mahlzeiten vollständig geleert werden müsse, geht wahrscheinlich auf den Kinderarzt Prof. Adalbert Czerny (1863 – 1941) zurück, vor allem auf das, was er in seiner 1893 erschienen Veröffentlichung „Die Ernährung des Säuglings auf Grundlagen der physiologischen Funktionen des Magens" und seinem 1922 veröffentlichten Buch „Der Arzt als Erzieher des Kindes" geschrieben hat. Czerny hielt es einerseits für absolut notwendig feste Abstände zwischen den Stillmahlzeiten einzuhalten, damit sich zwischen den Mahlzeiten der Magen komplett entleert und sich die Magensäure (Salzsäure) ansammeln und antiseptisch wirken kann und andererseits maß er dem streng einzuhaltenden Stillrhythmus einen hohen erzieherischen Wert bei. Nach seinen Beobachtungen entwickelten sich mit künstlicher Säuglingsnahrung (zur damaligen Zeit überwiegend Kuhmilch) gefütterte Babys besser, wenn zwischen den Mahlzeiten ein Abstand von vier Stunden eingehalten wurde. Daraus schloss er, dass es auch für gestillte Kinder besser sei, einen Mindestabstand und festen Rhythmus einzuhalten. Nachdem er festgestellt hatte, dass Muttermilch nach eineinhalb bis zwei Stunden den Magen vollständig verlassen hatte und Kuhmilch nach drei Stunden, legte er die Abstände der Mahlzeiten für gestillte Kinder auf mindestens drei Stunden, für kuhmilchgefütterte Kinder auf mindestens vier Stunden fest. Es wurde – wie so oft – einfach eine Vorgehensweise, die für nicht gestillte Kinder sinnvoll sein konnte, auf gestillte Kinder übertragen und bis heute hält sich die Vorstellung von dem Mindestabstand in vielen Köpfen, zum Leidwesen vieler junger Mütter und ihrer Babys.