Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillen

Frage: Stillen

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Liebe Biggi, da ich noch schwanger bin und gerne Stillen möchte habe ich ein paar Fragen. Ich bin schon 4-5 Tage vor der Geburt, habe also nicht mehr sooo viel Zeit für Fachliteratur und hätte gerne von Dir die wichtigsten Stilltips und Triks. Was sollte ich alles Zuhause haben? Soll ich auch gleich Milchpulver besorgen falls es mit dem Stillen nicht klappt? Und wenn welches ist das Beste? Was für Stilleinlagen sind die Besten und brauche ich eine Milchpumpe? Welche Sauger (für Tee) sind der Brustwarze am ähnlichsten? Vielen Dank schon mal! Sonja (40 ssw) mit Sina im Bauch


Biggi Welter

Biggi Welter

Beitrag melden

? Liebe Sonja, na dann fangen wir mal an:-). Für eine erfolgreiche Stillbeziehung braucht frau ein Baby und ihre Brust. Sämtliches andere „Zubehör" abgesehen von eventuell Stilleinlagen ist überflüssig. Welche Stilleinlagen Du verwendest hängt davon ab, was Du als angenehm empfindest. Du kannst Einmalstilleinlagen, Baumwollstilleinlagen, Mikrofaserstilleinlagen, Wolleseide-Stilleinlagen oder zusammengelegte Herrentaschentücher verwenden. Manche Frauen brauchen auch nie Stilleinlagen. Ein besonderer Still-BH ist ebenfalls kein Muss, wie überhaupt ein BH nicht zwingend sein muss. Es gibt Frauen, die die gesamte Stillzeit hindurch keinen BH tragen, andere bevorzugen Bustiers wieder andere ganz normale BHs, die sie zum Stillen einfach hochschieben. Eine Milchpumpe brauchst Du auch nicht unbedingt. Millionen Frauen auf dieser Welt stillen und wissen noch nicht einmal, dass es so etwas wie eine Milchpumpe gibt. In besonderen Fällen (Frühgeburt, berufstätige Mutter oder aus anderen Gründen von dem Kind getrennte Mutter) kann eine Milchpumpe ein sinnvolles Hilfsmittel sein, bei „normalem" Stillverlauf brauchst Du keine. Falls Du dir eine Handpumpe anschaffen willst, dann bitte nicht so ein Modell mit Gummiball. Diese Dinger gehören alle in den Müll. Ein voll gestilltes Baby braucht keinerlei andere Flüssigkeit oder Nahrung außer Muttermilch. Auch KEINEN Tee! Daher brauchst Du auch nicht zwingend eine Flasche und Sauger. Es ist absolut möglich ein Kind komplett ohne Flasche und jegliche künstlichen Sauger groß zu bekommen. Ganz gleich, was die Werbung verspricht, gibt es keine wirklich mutterbrustähnlichen Sauger und KEIN Sauger dieser Welt ist so, dass er keine Saugverwirrung hervorrufen kann. Das Original lässt sich nun einmal nicht wirklich nachmachen. Nun zum praktischen Stillen. Als erstes solltest Du dir so schnell wie möglich die Adresse der nächstgelegenen Stillberaterin besorgen. Falls es zu Problemen oder Fragen kommen sollte, hast Du gleich die Telefonnummer einer kompetenten Ansprechpartnerin parat. Wenn Du mir deinen Wohnort mit Postleitzahl angibst, suche ich dir die nächstgelegene LLL-Stillberaterin heraus. Du musst wissen, wie ein Baby korrekt angelegt wird. Wunde Brustwarzen entstehen in über 80 % der Fälle durch falsches Anlegen oder Ansaugen. Es ist extrem wichtig, korrekt anzulegen, nicht nur um wunde Brustwarzen zu vermeiden, sondern auch, damit die Brust gut stimuliert und richtig entleert wird und so die Milchbildung gut in Gang kommt bzw. aufrecht erhalten wird. Hier eine Beschreibung des korrekten Anlegens: Beim korrekten Anlegen wartest Du, bis das Babys seinen Mund weit öffnet - wie zum Gähnen. Dann ziehst Du es rasch an die Brust. Der Mund des Babys sollte mindestens zweieinhalb Zentimeter des Brustwarzenhofes bedecken. Das Kinn und die Nasenspitze des Babys berühren die Brust während der Stillmahlzeit. Die Lippen des Babys sind „aufgeschürzt" und entspannt. Die Zunge des Babys liegt unter der Brust. Schläfen und Ohren des Babys bewegen sich während des Saugens. Dein Baby liegt mit dir Bauch an Bauch. Es liegt auf der Seite, so dass sein ganzer Körper Dir zugewandt ist. Sein Kopf ruht in Deiner Ellenbeuge, sein Rücken wird von Deinem Unterarm gestützt und Du hältst seinen Po oder Oberschenkel mit Deiner Hand. Ohr, Schulter und Hüfte des Babys bilden eine Linie. Der Kopf sollte gerade liegen und nicht zurückgebogen oder zur Seite gedreht sein. Natürlich sind auch andere Haltungen möglich, solange das Kind die Brust richtig fasst und seinen Kopf und Körper nicht verdrehen muss und die Mutter sich in bequemer Haltung befindet. Eine gute Beschreibung der korrekten Anlegetechnik findest Du in dem Infoblatt „Stilltechniken, die funktionieren", das Du bei jeder La Leche Liga-Stillberaterin beziehen kannst. Noch besser wäre es, wenn Du dich mit einer Stillberaterin in deiner Nähe in Verbindung setzen könntest, die dir zuschauen kann und dir ZEIGEN kann, wie ein Baby richtig angelegt ist und woran Du erkennst, ob es richtig saugt. Du solltest das Prinzip von Angebot und Nachfrage kennen. Das heißt, je häufiger dein Kind angelegt wird, um so mehr Milch wird dein Körper bilden. Weitere „Schlagworte" sind „früh anlegen, häufig anlegen, ohne Einschränkung anlegen". In den ersten Tagen wird dein Baby nur geringe Mengen trinken, sein Magen ist aber auch sehr winzig. Es ist gut, wenn das Kind schon vor dem Milcheinschuss gelernt hat die Brust gut zu fassen und effektiv zu saugen. Der Milcheinschuss verläuft weniger unangenehm, wenn das Baby oft angelegt wird. Sollte die Brust beim Milcheinschuss sehr prall werden und die Brustwarze dadurch flach, kannst Du vorsichtig etwas Milch mit der Hand ausstreichen (auch das bitte von jemandem zeigen lassen, der es kann) oder abpumpen, damit die Brust besser greifbar wird. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Alterstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Das Dauerstillen kann sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, das die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Wird in dieser Situation zugefüttert, so wird in das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage eingegriffen und das kann der Beginn des unfreiwilligen, vorzeitigen Abstillens sein. Nach den allerersten Tagen kannst Du an den folgenden Anzeichen erkennen, ob dein Baby genügend Muttermilch bekommt: • mindestens fünf bis sechs nasse Wegwerfwindeln hat (um zu sehen wie nass „nass" ist, kannst Du sechs Esslöffel Wasser auf eine trockene Windel geben). Diese Regel gilt aber nur für voll gestillte Kinder, das heißt das Baby bekommt nichts außer Muttermilch (kein Wasser, Tee, Saft usw.). • in den ersten sechs Wochen täglich mindestens zwei bis vier Stuhlentleerungen (später sind seltenere Darmentleerungen normal) • eine durchschnittliche wöchentliche Gewichtszunahme von mindestens 110 g pro Woche ausgehend vom niedrigsten Gewicht • eine gute Hautfarbe und eine feste Haut, • Wachstum in die Länge und Zunahme des Kopfumfangs • ein aufmerksames und lebhaftes Verhalten des Babys in den Wachphasen. In den allerersten Tagen sind es noch weniger nasse Windeln. Dein Baby wird zunächst etwas an Gewicht verlieren, doch spätestens nach zehn Tagen bis drei Wochen sollte es sein Geburtsgewicht wieder erreicht haben und es sollte nicht mehr als 7 bis maximal 10 % des Geburtgewichtes verlieren. Sollte dein Baby eine verstärkte Neugeborenengelbsucht entwickeln, braucht es weder Tee noch Wasser, sondern Muttermilch. Tee oder Wasser können die Gelbsucht sogar verstärken. Babys mit verstärkter Neugeborenengelbsucht sind oft schläfrig und müssen zum häufigen Stillen geweckt und angeregt werden. Jegliche andere Flüssigkeit oder Nahrung sollte nur auf Verordnung des Arztes gegeben werden und ist bei normalem Verlauf nicht notwendig. Falls tatsächlich ausnahmsweise etwas gegeben werden muss, sollte auf die Flasche verzichtet und eine alternative Fütterungsmethode (Becher, Löffel, Pipette) verwendet werden. Falls Du es noch schaffst, kauf dir ein Stillbuch (z.B. „Stillen - Rat und praktische Hilfe für alle Phasen der Stillzeit" von Marta Guoth-Gumberger und Elizabeth Hormann, „Das Handbuch für die stillende Mutter" von der La Leche Liga, „Stillen - einfach nur stillen" von Gwen Gotsch). Auch wenn Du es jetzt nicht mehr komplett liest, kannst Du zumindest gezielt Dinge nachschlagen. Ich hoffe, der lange Text ist dir nicht zu unübersichtlich. Alles Gute für die Geburt und eine schöne Stillzeit. LLLiebe Grüße Biggi


Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Liebe biggi, ganz herzlichen Dank für die tollen Tips. Ich denke ich werde so schon Morgen anwenden können, die Wehen haben eingesetzt und ich fahre nun in die Klinik! Sonja


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.