Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillen nachts

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillen nachts

Mitglied inaktiv

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Liebe Biggi! Ich hoffe du hast vielleicht nochmal einen Rat für mich. Obwohl mein Kleiner (10 Monate) während meines KH Aufenthaltes fast ganz ohne nächtliche Nahrung ausgekommen ist, hab ich nun mindestens alle 30 min an der Brust hängen. Er nuckelt zwei, drei Mal: Aha! Alles in Ordnung, Mama ist noch da! Und kurz danach wieder und wieder und wieder. Er hat schon immer oft nachts getrunken und wird jede Nacht locker 10 mal wach, aber so langsam kann ich so nicht mehr. Zumal er auch des Öfteren beißt (im Halbschlaf.... und das mit mitlerweile 6 Zähnchen). Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann würde ich mir wünschen, dass er nur noch trinkt wenn er wirklich Hunger oder Durst hat´. Das ist schwer zu realisieren ich weiß. Aber es muss doch einen Weg geben, dass er auch ohne Gebrüll versteht, dass ich noch da bin obwohl er nicht an die Brust geht. Ich hab mir immer gewünscht bis zum Ende des ersten Lebensjahres zu stillen und im Laufe des zweiten Abzustillen. Solange es uns beiden dabei gut geht wäre es mir auch egal ob das nun mit 14 oder 20 Monaten ist. Kann ich irgendwas machen? Und einen Ratschlag wieso er grundsätzlich so schlecht schläft hast du wahrscheinlich nicht, oder? Nadine


Biggi Welter

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Liebe Nadine, Langzeitstillen beginnt nach dem ersten Geburtstag ;-), das wird dich vielleicht schon etwas beruhigen. Es ist bei den Meinungen rund um das Thema Schlaf nicht anders als bei anderen Themen: es gibt immer unterschiedliche Meinungen. Die meisten Mütter haben durchaus noch ein Gefühl dafür, was ihre Kinder brauchen und schaffen es, trotz aller Ratschläge von außen, doch ihrem Gefühl zu folgen. Einige Frauen haben zwar noch das Gefühl, dass ihr Kind Bedürfnisse hat, die gestillt (ist es nicht interessant, dass hier von "stillen" gesprochen wird) werden müssen, sind aber so verunsichert, dass sie gegen ihre innere Stimme handeln. Hör auf dein Herz, Du weißt am besten, was dein Kind braucht und was vielleicht nur eine liebe Angewohnheit ist. Wenn DU sicher bist, dass Du nicht mehr dauerstillen möchtest in der Nacht, dann stehe das mit deinem Kind zusammen durch, es wird anfangs nicht ohne Tränen gehen, aber dein Kind wird lernen, dass Du nicht dauerverfügbar bist. Ich hänge dir noch einen interessanten Artikel an, der mir damals sehr geholfen hat. LLLiebe Grüße Biggi Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen Prim. Dr. Franz Paky, Leiter der Schreiambulanz (Ambulanz für Schreien und Schlafstörungen) der Kinderabteilung des LKH Mödling Schlafen, Alleinsein, Finsternis Für ein Kind gibt es nichts Schlimmeres, als den Schutz und die elterliche Geborgenheit zu verlieren. Mit der Finsternis der Nacht reißt die Gewißheit ab, dass der elterliche Schutz gegeben ist. Nichts ist leichter verständlich, als dass sowohl das Einschlafen als auch das nächtliche Aufwachen für ein Kind mit Angst verbunden ist. Es ist ebensowenig verwunderlich, dass viele Methoden entwickelt wurden, den Übergang vom Wachzustand in den Schlaf für das Kind zu erleichtern. All diesen Riten ist gemeinsam, dass sie die elterliche Gegenwart in den Schlaf hinein zu erhalten suchen (Wiegenlied, Gute Nacht Geschichte, Gute Nacht Kuß, Kuscheltier als Übergangsobjekt usw.). Schlafen Loslassen Nicht nur für das Kind ist mit dem Einschlafen eine Trennung von den Eltern verbunden. In ähnlicher Weise erleben die Eltern das Einschlafen des Kindes als Trennung. Insgeheim stellt sich die Frage: Wird das Kind ohne unsere Hilfe einschlafen? Wird sich das Kind ohne weiteres (?) von mir trennen? Wird es auch wieder von selbst wach? Zwei Arten von guten Schläfern die echten und die resignativen Nicht alle Kinder, die unkompliziert einschlafen und durchschlafen, sind zu beneiden. Wenn Babys spüren, dass ihr Schreien in der Nacht die Eltern unter keinen Umständen auf den Plan rufen kann, geben sie auf und schlafen den Schlaf der Resignation. Auf diesem Mechanismus beruht der scheinbare Erfolg der älteren Generation, ein Kind beim Einschlafen unbegrenzt schreien zu lassen. Die Entwicklung des Babys und das Schlafproblem Um das sechste Lebensmonat erweitern Babys ihren sozialen Horizont beträchtlich. Sie lernen zwischen ihren vertrauten Eltern und fremden Menschen zu unterscheiden ("Fremdeln"). Die Angst, die damit einhergeht ("Achtmonatsangst"), führt nicht selten zu einer Störung des Schlafes. Kinder, die in den ersten Lebensmonaten zur Freude ihrer Eltern bereits durchgeschlafen haben, beginnen dann nachts mehrmals wach zu werden. Oft brauchen sie nicht mehr als die Versicherung, dass alles in Ordnung ist. Ein kurzes Nuckeln an der Brust oder allein der Zuspruch einer vertrauten Stimme genügen, dass das Kind weiterschläft. Häufig führt aber die Schlafstörung zur Sorge der Mutter, dass das schon größer gewordene Kind mit ihrer Milch nicht mehr genug hat. Dann erhält das Kind an Stelle des Trostes, den es braucht, mehrere Mahlzeiten, die eigentlich überflüssig sind. Welcher Erwachsene, der gut schlafen will, würde sich absichtlich zu diesem Zweck den Bauch voll schlagen? Das Schlafparadoxon Wenn wir den Schlaf dringend herbeisehnen, stellt er sich am zögerndsten ein. Eine ganz ähnliche Erfahrung machen wir mit unseren Kindern. Wenn wir am wenigsten darauf angewiesen sind, schläft unser Kind am leichtesten ein. Brauchen wir dagegen unseren eigenen Schlaf dringend, weil wir am nächsten Tag früh aufstehen müssen oder einen schwierigen Termin haben, dann spielt das Kind nicht mit. Es will und will nicht einschlafen. Und noch weniger gönnt es uns einen ununterbrochenen Schlaf. Man gewinnt fast den Eindruck, als würden wir das Kind mit unserer Aura des Schlafzwanges am Schlaf hindern. Wenn sich ein Vater, der sein Kind mit allergrößten Mühen zum Einschlafen gebracht hat, auf leisesten Sohlen vom Bett fortschleicht, weckt er das Kind mit seiner Angst, dass es wieder wach werden könnte, tatsächlich auf. Dieses Phänomen zwingt uns dazu, über den eigenen Schatten zu springen. Wir müssen uns nach dem Rhythmus des Kindes richten und aufhören, ihm unsere Bedürfnisse aufzuzwingen. Individueller Schlafbedarf Jedes Kind braucht wie übrigens erwachsene Menschen auch eine individuelle Zahl von Schlafstunden. Die Spannbreite liegt bei Kindern im zweiten Lebenshalbjahr bei 9 bis 14 Stunden (Largo Kinderjahre 1999, S. 27). Behinderung der Selbstregulation Groß ist die Gefahr, dass sich Eltern in guter Absicht in Vorgänge einmischen, über deren Ablauf das Kind selbst bestimmen soll. Als Beispiele seien das Essen und das Trinken, die Kleidung und die Kontrolle von Stuhl und Harnausscheidung genannt. Die Selbstregulation über diese Vorgänge wird vom Kind im Lauf seiner normalen Entwicklung übernommen. Greifen die Eltern allerdings in diese Entwicklung ein, wird die Selbständigkeit nicht erreicht. Den Eltern bleibt damit die Bürde der Kontrolle erhalten, und das Kind bleibt in Abhängigkeit. In typischer Weise tritt dieser Mechanismus beim Schlaf auf. In der Meinung, dass die Eltern die volle Verantwortung für die Tiefe und die Dauer des Schlafes ihres Kindes tragen, wird dem Kind seine Selbständigkeit verwehrt und die Eltern zerbrechen an der Bürde der Kontrolle, die sie selbst nicht abgeben können. Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen Auf übermüdete und erschöpfte Eltern wirkt es vermutlich zynisch, wenn ich davon spreche, dass es bei der Kunst, sein Kind schlafen zu lassen, um die eigene Gelassenheit und das Loslassen des Kindes geht. Nach allem, was man schon versucht hat, sollte es gerade mit dem Loslassen funktionieren, wo man doch weiß, dass nichts schwerer ist im Leben als das Loslassen. Vertrauen in die Selbstregulation des Kindes ist der Schlüssel zum Loslassen und damit auch zum Schlafenlassen des Kindes. Wenn man dieses Vertrauen erwirbt, wird man sich vom Kind für die Zeit des Schlafes trennen können, ohne den Kontakt ganz zu verlieren. Das Kind wird auch in einer unruhigen Umgebung und ohne großes Geschrei einschlafen können. Vor allem wird es möglich sein, das Kind im Elternbett schlafen zu lassen und auf diese Weise das Stillen nach dem natürlichen Bedarf von Mutter und Kind beizubehalten. Jedes Kind kann schlafen lernen Weil es schwierig ist, diese Zusammenhänge bewußt zu machen, erfreuen sich Bücher, die sich auf ein Training bzw. auf eine Dressur des kindlichen Verhaltens beschränken, großer Beliebtheit. Am populärsten sind zur Zeit wohl Methoden der dosierten Frustration. Anstatt bei sich selber anzufangen, läßt man das Kind etwas länger schreien, so lange, bis es davon überzeugt ist, dass man als Nachtwächter oder Tröster nicht in Frage kommt. Der Erfolg stellt sich scheinbar ein, indem das Kind den Schlaf der Resignation schläft. Die Chance, dass sowohl die Eltern als auch das Kind aus dem Problem des gestörten Schlafes etwas lernen und auch für sich gewinnen, wird damit aber vertan. Wir sollten die Chance wahrnehmen, die darin liegt, die Kunst zu erwerben, sein Kind schlafen zu lassen.


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Habe dazu gerade auch mal bei Dr Posth gelesen und bin sehr ernstaunt, dass er meint das das nächtliche Stillen im zweiten Lebenshalbjahr ernährungsphysiologisch nicht mehr vorgesehen sei. Zitat dazu: "Vielleicht vestehen Sie jetzt auch, warum ich Bedenken gegen das Langzeitstillen habe, wenn es ernährungsphysiologisch nicht erforderlich ist [...]Einjährige Kinder haben in der Regel Zähne (oder mindestens harte Kiefer), können kauen und haben einen Verdauungstrakt, der nahezu alles aufnehmen kann, was der Mensch ißt. Eine Mutter, die sich für Langzeitstillen entscheidet, und das respektiere ich vollkommen, muß wissen, was auf sie zukommt. Das Problem liegt v.a. darin, daß es ab einem gewissen Zeitpunkt keine elegante Lösung für das Entwöhnungsproblem mehr gibt. Es gibt einen schönen, neuen Begriff für solche Verstrickungen in der Psychologie, und der lautet: das Zeitfenster ist nun zu." Ich denke Babys brauchen im ersten Lebensjahr ihre Milchportionen und Milupa wächst doch nicht an Bäumen..... Ist das denn so verkehrt wie es hier läuft? Ich dachte immer ich nehme den natürlichen Weg und so soll es wohl richtig sein, aber ich komme bei solchen Aussagen doch sehr ins Wanken..... Ich möchte nicht, dass mein Sohn weinen muss, nur weil ich ein Zeitfenster verpasst habe.....das halte ich nie durch, aber genauso wenig möchte ich auf ewig so weitermachen.....


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