Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillen bei Narkoseuntersuchung

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

zur Vita

Frage: Stillen bei Narkoseuntersuchung

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Hallo Biggi! In zwei Wochen muss mein Sohn zur Narkoseuntersuchung in die Augenklinik. Er ist dann sieben Wochen alt. Ich stille ihn voll und er hat derzeit noch ziemlich oft Hunger, so alle zwei bis drei Stunden. Er bekommt zwar nur eine leichte Narkose, aber die Ärzte sagen, dass er vier Stunden nüchtern sein muss bis zum vorgesehen Untersuchungstermin. Beim ersten Kind musste ich diese Untersuchung auch machen lassen und es blieb leider nicht bei den vier Stunden, sondern wir mussten das erste Mal zusätzliche 1,5 Stunden warten, bis er dran war und das zweite Mal zusätzliche vier Stunden. Ich glaube, man kann sich vorstellen, wie verzweifelt das Kind nach der Brust gesucht hat, weil es so schrecklichen Hunger hatte. Was kann ich tun? Ich hab bei dir bereits gelesen, dass man Muttermilch noch drei Stunden vor der Narkose geben könnte und klare Flüssigkeiten noch zwei Stunden vorher. Den Ärzten war das aber in der Klinik egal, ob das Kind Hunger hat oder nicht. Wie kann ich die Ärzte überzeugen? Sind das bekannte Untersuchungsergebnisse, die eigentlich ein Arzt kennen müsste? Und dann brauche ich noch ein paar praktische Tipps: Der Kleine schläft nachts oft noch ein beim Stillen und lässt sich nicht wecken. Was mache ich da? Er muss ja bei der letzten Stillmahlzeit vor der Narkose ausreichend trinken. Wie beruhige ich ihn am besten? Schnuller mag er nicht und die Brust ist ihm ja ständig vor der Nase, wenn er auf meinem Arm ist, so dass er wahrscheinlich genauso brüllt wie sein Bruder damals. Und was mache ich? Ich hab ja im Moment kurze Stillabstände, kann aber ja natürlich nicht alle zwei Stunden abpumpen gehen, denn ich muss mich ja ums Kind kümmern. Ich muss einen Zeitraum von ca. 8 Stunden ohne Stillen überbrücken. Das letzte Mal hab ich nur einmal abgepumpt, als der Kleine dann im OP war. Reicht das mal im Notfall ohne dass die Milch stark zurückgeht? Mein erstes Kind hatte längere Stillabstände, daher wars bei ihm nicht so das Problem. Entschuldige die vielen Fragen und den langen Text! Herzlichen Dank für die Antwort und viele Grüße Nicole


Biggi Welter

Biggi Welter

Beitrag melden

? Liebe Nicole, es geht ja nicht nur darum, dass das Kind Hunger haben wird, sondern auch darum, dass ein Kind, das zu lange nichts bekommt in einen Unterzucker fällt, was auch nicht gerade positiv ist. Das ist einer der Punkte, mit denen argumentiert werden kann, denn dass das Kind in den Unterzucker fällt (und bei einem Baby kann das schnell gehen) ist Fakt. In „The Breastfeeding Answer Book2 revised edition 1997 steht folgendes: „Einige Ärzte verlangen, dass ein Patient acht Stunden vor einer Operation nichts mehr oral zu sich nehmen darf. Doch diese Richtlinien sind in Veränderung begriffen. Kürzlich durchgeführte Untersuchungen (Litman 1994; Schreiner 1994) weisen darauf hin, dass es sinnvoll ist, die folgenden Zeitabstände zwischen letzter Nahrungszufuhr und Operation einzuhalten: sechs Stunden für künstliche Säuglingsmilch (Spear 1992), drei Stunden für Muttermilch und zwei Stunden für klare Flüssigkeiten. Die Mutter sollte die Frage der Wartezeiten mit dem Chirurgen und dem Anästhesisten bereits im Vorfeld abklären. Viele Ärzte sind bereit, sich den Bedürfnissen eines gestillten Babys anzupassen. Außerdem sollte sich die Mutter überlegen, wie sie ihr Baby in den Stunden unmittelbar vor der Operation, wenn es nicht gestillt werden darf, ablenken und trösten kann." Die entsprechenden Studien von Litman, Schreiner und Spear sind alle in medizinischen Fachzeitschriften veröffentlicht und somit jedem Mediziner (der sie lesen will) zugänglich. Ich denke, Du solltest mit der behandelnden bzw. die Untersuchung durchführenden Ärztin/Arzt sprechen. Ärzte sind im Allgemeinen keine Monster, sondern Menschen mit denen ein Gespräch möglich ist. Sollte das Gespräch nicht möglich sein, stehen uns in Deutschland immer Möglichkeiten offen, eine andere Klinik aufzusuchen. Übrigens kannst Du dein Kind wieder anlegen, sobald es aus der Narkose vollständig erwacht ist. Die Zeit zwischen letztem Stillen und Ende der Narkose solltest Du möglichst nicht alleine mit dem Kind verbringen müssen. Es ist immer gut, eine zweite Person dabei zu haben, die das Kind ablenken kann, die es dir einmal abnehmen kann, weil Du abpumpen musst oder vielleicht auch schlicht und ergreifend mal die Toilette aufsuchen. Außerdem ist es immer von Vorteil noch die zusätzliche moralische Unterstützung durch einen lieben Menschen zu haben. Versuche mit den Ärzten auszuhandeln, dass dein Kind morgens als erstes an die Reihe kommt, so dass die Wartezeit möglichst gering ausfällt. Wenn Du dann vier Stunden vor dem geplanten Termin das letzte Mal stillst (eventuell das Kind dazu wecken) und die Untersuchung eine Stunde dauern sollte, müsst ihr maximal gute fünf Stunden überbrücken und das schafft ihr. Alles Gute und vor allem ein gutes Ergebnis der Untersuchung. LLLiebe Grüße Biggi


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.