Frage im Expertenforum Stillberatung an Kristina Wrede:

Schlafmangel die Zweite

Kristina Wrede

 Kristina Wrede
Stillberaterin
Frage: Schlafmangel die Zweite

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Liebe Kristina, dankeschön für Deine Antwort! Ich kannte den Text von Biggi zwar schon, aber es hat gut getan, ihn nochmal zu lesen. Im Grunde sind mir die genannten Ansätze bekannt und verständlich. Darum bin ich ja gerade so verzweifelt. Keineswegs vertrete ich die Ansicht, man könnte oder sollte Kindern seine eigene Vorstellung vom Verlauf einer erholsamen Nacht aufzwingen. Das ist ja gerade mein Problem! Keine Theorie gibt hilft mir dabei weiter, meinen Konflikt zu lösen. In der Praxis sieht es nämlich so aus, dass in mir kurzzeitig Aggressionen erwachen, wenn mein Sohn nachts zum sechsten Mal schreit. Wenn er dann gestillt ist und weiterschläft, sind die negativen Gefühle wieder weg, aber die Erschöpfung bleibt. In einer Stillgruppe war ich schon, aber leider habe ich da viele Mütter getroffen, deren "Milch nach einem halben Jahr nicht mehr gereicht hat". So einfach ist das. Fläschchen geben, fertig. Im Müttercafé bin ich mit meinem 15 Monate alten Stillkind eine Exotin. Als mein Großer sich abgestillt hat, war ich schon im 5. Monat schwanger mit dem Kleinen. Damit will ich nur sagen, dass ich mich so leicht nicht verunsichern lasse! Meine Hebamme, mit der ich beide Kinder entbunden habe, die mir durch schwere (Still-)Zeiten geholfen hat und der ich sehr vertraue, meint auch, dass ich langsam mal anfangen kann, wieder an mich zu denken. Das tut gut, wenn man das hört. Aber dann denke ich wieder an das große Vertrauen, das mein Sohn mir entgegen bringt, sehe sein seeliges Lächeln, wenn er nach dem Stillen wieder einschläft... Und dann ist da ja noch der Große, der zurzeit damit leben muss, dass meine Geduld nicht so weit reicht wie es bei einer ausgeschlafenen Mutter der Fall wäre... Mit Durchhalteparolen ist mir nicht geholfen. Jedenfalls jetzt nicht, weil die Stillfrequenz in der Nacht immer noch steigt. Eine Tendenz zur Entspannung ist gerade nicht erkennbar. Gibt es keine Alternativen zwischen Schreienlassen und Abwarten, bis das Kind von selbst besser schläft? Dankeschön für die Geduld! :-) Telli


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Liebe Telli, ich kann Dich so gut verstehen und würde Dir so gerne eine Antwort geben, die Dir zu längeren Ruhepausen verhelfen könnte…. Für viele Menschen unserer Kultur wird "guter Schlaf" mit "ununterbrochenem Schlaf" gleichgesetzt und für junge Eltern ist es dann eine große Herausforderung mit dem Schlaf in "Häppchen" zurecht zu kommen. Genau zu diesem Thema habe ich eine interessante Stellungnahme eines Gynäkologen gehört, der über das Thema "rooming in und Müdigkeit der Mutter" gesprochen hat: Er hat dargelegt, dass er aufgrund seiner Dienste und seiner Arbeit im Krankenhaus extrem selten mehr als drei bis vier Stunden am Stück schlafen kann und fünf Stunden ununterbrochener Schlaf sind für ihn bereits der Inbegriff des Luxus. Dennoch und obwohl dies schon seit mehr als zehn Jahren für ihn so ist fühlt er sich nicht unausgeschlafen oder empfindet seinen Schlaf als qualitativ beeinträchtig. Ich will damit sagen, dass unterbrochener Schlaf nicht mit Schlafmangel gleichgesetzt werden kann und dir deshalb das Abstillen in der Nacht nicht zwingend einen Vorteil bringen wird. Zumal es auch keine Garantie dafür gibt, dass dein Kind dann nicht mehr aufwachen wird, nur weil es nachts nicht mehr gestillt werden wird. Wenn Du dir aber für dich sicher bist, dass Du nachts nicht mehr stillen magst, dann wird das vermutlich nicht ganz ohne Trauer bei deinem Kind gehen. Ihr könnt ein festes Ritual mit Kuscheln und Vorlesen oder Geschichte erzählen einführen. Viele Eltern beginnen auch bereits bei einem wenige Monate alten Baby damit, den Tag am Abend noch einmal Revue passieren zu lassen und so ein Gespräch (das sich im Laufe der Zeit dann entwickeln wird) über die Erlebnisse, Freuden, aber auch Sorgen und Nöte des Kindes zu führen. Durch solch ein Gespräch bleiben Eltern dann auch in engem Kontakt mit ihrem Kind und der leider viel beobachtet Sprachlosigkeit zwischen Eltern und Kind kann entgegengewirkt werden. In diesen Gesprächen kannst Du dein Kind immer wieder darauf hinweisen, dass Du der Meinung bist, dass das Stillen in der Nacht nun eingeschränkt wird, dass Du es aber weiterhin genau so sehr lieb hast, wie schon immer. Eine andere Möglichkeit ist es, dass statt dir, dein Partner die Nachtschicht bzw. das zu Bett bringen zum Teil übernimmt. Also nicht Du wendest dich jedesmal deinem Kind zu, sondern ihr wechselt euch ab und da ein Mann keine Brust zum Stillen hat, wird er euer Kind auf andere Weise beruhigen müssen. Du kannst dein Kind ja in der ersten Zeit zuerst stillen und dann deinem Partner übergeben. Wenn dein Partner nicht einspringen kann, bleibt es an dir, dein Kind auf andere Weise zu trösten und zu beruhigen und ihm einen Ersatz für die Brust anzubieten. In dieser Situation ist ein Nachthemd bzw. Kleidung, die sich vorne nicht öffnen lässt oft hilfreich. Mit Geduld, Ruhe und viel Liebe, werdet ihr das schaffen. Herzlichen Gruß, Kristina


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liebe telli, ich kann das mit dem haeppchenweise schlafen sehr gut nachvollziehen, auch das mit deinen aggressionen, das ist nur menschlich!! mein ansonsten sehr "pflegeleichter" sohn und ich hatten furchtbare naechte mit seinen zaehnen. das ging soweit, eben weil ich mich ausschliesslich nach ihm gerichtet habe, dass ich an weihnachten einen ziemlich zusammenbruch hatte. eben genau wegen dieses noch extremeren schlafdefizites als sonst. auch wenn es nicht hilft, aber wuetend werden ist eine voellig menschliche reaktion in diesem zusammenhang!! zum einen hab ich beschlossen nicht mehr nach der uhr zu gucken und mich wirklich danach gezwungen meinen koerper zu fragen, wie muede er sich wirklich fuehlt. auch, wenn das vielleicht ein bisschen paradox klingt, aber als ich nicht mehr wusste "wie wenig" ich tatsaechlich geschlafen habe, gings mir besser, weil ich nicht mehr diesen quaelenden gedanken "nur noch schlaf" in meinem kopf hatte, sondern mich einfach nur noch auf meine tatsaechliches koerpergefuehl konzentriert habe. und das hat der wenigen zeit des schlafes einfach oft nicht entsprochen. zum anderen hab ich eine sehr sehr gute homoepathin aufgesucht und die hat das passende (!) konstitutionsmittel herausgefunden. das geht dann nicht nur fuer krankheiten oder schwierige zeiten, sondern das gilt ganz allgemein, deinem kind sozusagen in die balance zu helfen. ich kann das jeder mutter nur waermstens empfehlen. seitdem trinkt mein sohn nicht mehr alle 1,5-2h nachts, sondern inzw. 4, manchmal sogar nur noch alle 5h. was leider nicht heisst, dass er deswegen weniger oft wach wird, aber auch diese unruhe hat sich durch sein konsitutionsmittel deutlich reduziert und vereinfacht! wenn er aufwacht, schlaeft er dann auch meist nach 5-10 min oder so wieder ein. noch viel wichtiger als all das allerdings finde ich auf dem weg zwischen schreien lassen und bis das kind selbst schlafen kann, sich einfach diesem prozess hingeben, dass er selbst schlafen lernt. und ich meine damit vor allem, dass wir als mutter dann nicht schon "vorher wissen" / staendig denken 'oh mann, jetzt muss ich wieder ne halbe stunde wach daneben sitzen', sondern von situation zu situation schauen, was braucht er grad, damit er es selbst in den schlaf schafft!! und das ist bie uns inzwischen soweit gediehen, dass ers abends jetzt oft allein und auch nachts meistens allein schafft weiter- also wieder einzuschlafen. d.h. er kriegt nochmal die brust und auch ein lied und/oder den arm, oder was immer fuer dich jetzt passt. und wenn er das hatte, dann ihm aber auch die chance geben, dass ers von selbst schafft und dich zurueckziehen. wenns dann doch nicht klappt und du ihn jammern hoerst (bzw. wenn er nur so noelt, dann geht ich eh nicht gleich, wenns wirklich schlimm waere, wuerde/kann er ja auch schreien), kannst du immer nochmal hingehen und nochmal ne hilfe geben, aber erstmal signalisieren, du bist da und gibst ihm alles, was er braucht und schauen, obs reicht. und wenn nicht, einfach nochmal nachhelfen und nochmal lied oder brust oder arm oder schaukeln oder ... so lange bis ers dann wirklich selbst schafft. und das aber jedesmal eben wieder neu ueberdenken oder neu abwaegen und nicht von vornerherein schon glauben, "wir muessten jetzt schon wieder .. ich hab aber nicht den nerv, ich kann nicht mehr, ich will nur noch schlafen" - mir gings und gehts damit sehr viel besser. einfach weil meine beduerfnisse auch wichtig sind. meiner meinung nach kann es nicht der sinn sein, dass wir uns voellig aufreiben bis wir zusammenbrechen. schliesslich sind wir auch wer und im spaeteren leben muss er ja auch mit unseren beduerfnissen klarkommen, wenn sie gegen seine gehen. und das muss ja nicht heissen, dass ich seine ignoriere. ganz im gegenteil. es heisst nur, dass ich versuche seine und meine so gut als moeglich zusammenzubringen. das ist jetzt etwas laenger geworden, sorry, hoffe aber dir etwas helfen zu koennen bzw. dass es auch klar genug reuebergekommen ist. falls du fragen hats, sag einfach bescheid ;o) ich kann das echt sehr gut nachfuehlen. und grade als stillmutter musst du ja zusehen, dass es dir selbst gut geht. es hilft keinem wenn du dich von (nerven)zusammenbruch zu zusammenbruch rettest. dein sohn hatte 15mon. zeit um zu verstehen, dass du seinen willen / ihn als person ernst nimmst, ich glaube, das ist bestimmt angekommen. jetzt darfst du deine beduerfnisse auch wieder einbringen. - so denke ich jedenfalls. alles liebe euch beiden von stillella


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Liebe Stillella! Dankeschön für Deinen lieben Beitrag. Es tut immer gut, wenn man diesen Zuspruch bekommt und merkt, dass man doch nicht so einsam ist mit seinen Problemchen. :-) Gestern nacht hat mein Mann mit unserem Kleinen verbracht. So sehr es mich geschmerzt hat, ich war an dem Punkt, an dem ich gemerkt habe, dass ich WIRKLICH mal wieder einfach nur schlafen will. Meine schlechte Laune habe ich ja selbst nicht mehr ertragen. Die beiden waren zwischendurch lange wach, aber es gab auch Schlafphasen dazwischen. Heute morgen habe ich dann mit einer prallgefüllten Brust :-)meinen Kleinen geweckt und gestillt. Ich hatte den Eindruck, dass er mir meine Abwesenheit nicht nachgetragen hat. Dazu muss ich sagen, dass wir nie Einschlafschwierigkeiten hatten. Abends kann ich meinen Sohn so ins Bett legen, Licht aus machen und es ist augenblicklich Ruhe. Für 2 Stunden. Beim Aufwachen will er an die Brust. Ich denke, er ist darauf eingestellt, weil es immer so war. Wir werden jetzt die Rituale ändern. Morgens und nachmittags werde ich ihn aus dem Bettchen holen und stillen, nachts wird erstmal nur noch mein Mann für ihn da sein. Ich bin jetzt zuversichtlich, dass unsere Nächte bald ruhiger werden. Da der Kleine sehr gern ins Bett geht, denke ich, dass er auch längere Schlafperioden gut findet. :-) Viele liebe Grüße Telli


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Liebe Kristina, nochmal ein Dankeschön für Deine Antwort! Besonders der Hinweis darauf, dass guter Schlaf nicht unbedingt ununterbrochener Schlaf sein muss, hat mich ein weiteres Mal zum Nachdenken bewegt. Was will ich eigentlich wirklich? Als mein Sohn geboren wurde, hatte ich gerade mal etwa 4 Monate durchschlafen können. Meine Kinder sind ja nur 18 Monate auseinander, und der Große wurde nachts noch lange gestillt. Nach der Geburt unseres Kleinen war mir bewusst, dass vor mir wieder mindestens ein Jahr mit unterbrochener Nachtruhe liegen würde. Kein Problem. Für mich (und zum Glück auch für meinen Mann) liegt das in der Natur der Sache und ist kein Grund sich zu beklagen. Mir ist auch klar, dass es viele Eltern gibt, die jahrelang nachts aus den Betten geholt werden. Für mich ist aber jetzt klar, dass ich das nicht will. Das Stillen ist wunderbar, aber ich will es NACHTS nicht mehr. Die Bindung zwischen meinem Sohn und mir halte ich für so gut, dass er es mir bald nicht mehr übel nehmen wird, wenn ich ihn nachts nicht mehr stille. Ich habe ihm erklärt, dass ich das nicht mehr möchte. Wenn er die Worte auch nicht versteht, wird die Botschaft wohl bei ihm ankommen. Mir hilft es sehr, in diesem Forum meine Gedanken aufzuschreiben. Das gibt mir die Gelegenheit, nachzudenken und mir alles klarer zu machen. Die Beiträge von Dir und den anderen Mitleserinnen sind sehr wertvoll! Dankeschön nochmal! LG Telli


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Liebe Telli, ich danke Dir für Deine Zeilen sehr. Ich freue mich, dass Du Dir beim Schreiben über Deine Gefühle und Gedanken klar wirst und Du so wohl überlegt eine Entscheidung treffen kannst. Glaub mir, ich will hier niemanden missionieren oder meine Meinung als die einzig Wahre verkaufen und wenn DU weißt, dass es EUER Weg ist, dann ist es auch der richtige Weg! Dein Kind spürt, dass Du dahinter stehst, ihn nachts nicht mehr stillen zu wollen und er wird es so sehr viel leichter akzeptieren können. Ich wünsche Euch, dass es gut klappt und würde mich über eine Rückmeldung wirklich freuen. Ganz liebe Grüße Kristina


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