Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Nimmersatt

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Nimmersatt

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Hallo Frau Welter, mein Sohn ist 17 Tage alt. Im Krankenhaus hat man mir geraten, an jeder Seite 25-30 Min. anzulegen, mit dem Ergebnis, daß meine Warzen verschorft waren und sehr schmerzten. Das Problem habe ich vorübergehend mit Stillhütchen behoben. Meine Hebamme hat mit geraten, nur 10 Min an jeder Seite anzulegen. Das solle reichen. Dadurch dauert das Stillen abends bis zum Einschlafen bis zu 2,5 Stunden, weil ich das Kind 4-5 Mal 10 Min. anlegen muß, statt 2 Mal 25-30 Minuten. Er schläft zwischendurch ein, macht Bäuerchen, wird hingelegt und wacht nach 5-10 Min wieder auf, weil er noch was will oder noch mal rülpsen muß (klar, durch die Stillhütchen schluckt er mehr Luft, aber er spuckt sehr wenig). Milch ist nach Aussage meiner Hebamme genug da. Nachmittags fange ich an, ihn alle 1-2 Stunden zu stillen, weil er meiner Meinung nach Hunger hat. Er ist auch bis auf kurze Nickerchen ab mittags 6-8 Stunden wach. Dafür schläft er wenigstens nachts 3-6 Stunden am Stück, aber das reicht nicht aus um sich zu regenerieren. Ich möchte mein Kind jetzt noch nicht in irgendwelche strenge Tagesrhytmen pressen, aber so wie es jetzt läuft, kann ich nicht lange durchhalten. Wie komme ich aus diesem Teufelskreis? Legt sich das von alleine? Woran erkenne ich, daß er wirklich noch Hunger hat, oder daß es sich um ein Einschlafproblem handelt? Vielen Dank für die Hilfe. Ina Q.


Biggi Welter

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? Liebe Ina, Ihr Baby verhält sich nämlich nach Ihrer Beschreibung genau so, wie es von einem so kleinen Menschlein zu erwarten ist. Leider sind sowohl der Rat aus dem Krankenhaus als auch der Rat, das Kind nur mehr zehn Minuten pro Seite anzulegen nicht günstig. Eine Einschränkung der Stillzeit pro Brust hilft nicht wirklich gegen wunde Brustwarzen und beugt ihnen auch nicht vor, kann aber zu Gedeihstörungen führen. Das Kind sollte uneingeschränkten Zugang zur Brust haben, sowohl was die Häufigkeit als auch was die Dauer der Stillzeiten betrifft. Damit es nicht zu wunden Brustwarzen kommt, ist es extrem wichtig, dass korrekt angelegt wird und das Kind korrekt saugt. Wird richtig angelegt und saugt das Kind richtig, dann können auch lange dauernde Stillzeiten nicht zu wunden Brustwarzen führen (von wenigen Ausnahmen mit anatomischen Besonderheiten im Mund des Kindes zum Beispiel abgesehen). Stillhütchen sind auch keine echte Lösung bei wunden Brustwarzen, denn sie beseitigen nicht die Ursache und können außerdem zu neuen Problemen führen. Mit Stillhütchen verbraucht ein Kind sehr viel mehr Energie, um genügend Milch zu bekommen. 20 Minuten Stillzeit mit Stillhütchen ergibt die gleiche Menge Milch wie fünf Minuten effektives Saugen ohne Stillhütchen. Außerdem fürchte ich, dass Sie leider eine falsche Vorstellung davon haben, wie oft ein so kleines Baby trinken will. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Alterstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Das Dauerstillen kann sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, das die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Achten Sie bitte auch auf die Anzeichen für ein gut gedeihendes Baby: • mindestens fünf bis sechs nasse Wegwerfwindeln hat (um zu sehen wie nass „nass" ist, können Sie sechs Esslöffel Wasser auf eine trockene Windel geben). Diese Regel gilt aber nur für voll gestillte Kinder, das heißt das Baby bekommt nichts außer Muttermilch (kein Wasser, Tee, Saft usw.). • in den ersten sechs Wochen täglich mindestens zwei bis vier Stuhlentleerungen (später sind seltenere Darmentleerungen normal) • eine durchschnittliche wöchentliche Gewichtszunahme von mindestens 110 g pro Woche ausgehend vom niedrigsten Gewicht (in den ersten drei bis vier Monaten liegt die übliche Gewichtszunahme zwischen 113 und 227 Gramm pro Woche. Vom vierten bis sechsten Monat verlangsamt sich die Gewichtszunahme gewöhnlich auf 85 bis 142 Gramm pro Woche, im Alter von sechs Monaten bis zwölf Monaten verringert sie sich auf 42 bis 85 Gramm wöchentlich), • eine gute Hautfarbe und eine feste Haut, • Wachstum in die Länge und Zunahme des Kopfumfangs • ein aufmerksames und lebhaftes Verhalten des Babys in den Wachphasen. Sind diese Punkte alle erfüllt, bekommt Ihr Kind genügend Muttermilch. Ich kann Ihnen nur dringend ans Herz legen, sich mit einer Kollegin vor Ort in Verbindung zu setzen, die Ihnen zeigt und erklärt, wie Sie Ihr Baby korrekt anlegen und woran Sie erkennen, dass das Baby korrekt saugt und ein Milchtransfer stattfindet. Wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben, suche ich Ihnen gerne die nächstgelegene LLL-Stillberaterin heraus. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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