Mitglied inaktiv
Hallo Biggi! Ich habe lange überlegt, ob ich hier mal schreibe oder nicht und lange mit mir bzw. meiner Tochter gekämpft, aber nun muß ich doch mal ran hier. Meine Tochter ist jetzt 9 Monate alt. Das erste halbe Jahr habe ich voll gestillt. Seit Weihnachten versuchen wir es nun mit Brei. Wir haben fast 2 Monate gebraucht, bis sie den Abendbrei gegessen hat (also ein ganze Glas). Sie ißt nur 2 oder 3 Sorten, alles andere will sie überhaupt nicht. Seit einigen Wochen versuche ich nun auch, ihr den Mittagsbrei zu geben, aber das ist absolut aussichtslos. Sie macht den Mund nicht auf und wenn doch mal etwas in den Mund kommt, dann hebt sies aus als müßte sie sich übergeben. Das passiert auch, wenn sie mal ein winziges Stück vom Keks oder Brötchen in den Mund bekommt. Das geht nun schon seit Wochen und ich bin jetzt echt am Verzweifeln. Wird sie den Brei denn jemals essen? Ich gebe nach wie vor nur welchen ab 4. Monat, da dort keine Stückchen drin sind. Aber den Gemüsebrei will sie trotzdem nicht. Habe schon alle möglichen Sorten probiert - ohne jede Chance. Kannst Du mir irgendwelche guten Ratschläge geben? Gestillt wird sie immer noch (sämtliche Mahlzeiten, außer eben dem Abendbrei), aber ich will damit langsam aufhören. Verrückt ist vor allem, daß sie seit sie abends den Brei bekommt nachts nicht mehr durchschläft und mich 2 bis 3 Mal weckt in der Nacht und an die Brust will. Viele Grüße Annett
Liebe Annett, selbst voll gestillte Einjährige sind nicht die ganz große Seltenheit und es gibt vereinzelte Berichte über Kinder, die sogar noch weit ins zweite Lebensjahr hinein ausschließlich gestillt wurden und dabei gut gediehen sind und sich altersentsprechend entwickelt haben. Ein Kind, das lange jegliche feste Nahrung verweigert, kann aber wohl kaum zum Essen gezwungen werden, denn: was macht ein Mensch, den man mit Gewalt dazu zwingen will, etwas zu tun? Er blockiert oder zerbricht. Beides ist nicht wünschenswert, schon gar nicht in der Eltern Kind Beziehung. Druck und Zwang sind nicht geeignet, um ein Kind zum Essen zu bringen. Im Gegenteil: je mehr Druck, je mehr Kampf es gibt, um so schwieriger wird die Situation und zum Schluss gibt es in diesem Kampf ums Essen nur Verlierer. Die Situation dürfte bei euch jetzt schon so angespannt sein, dass es sehr viel Geduld und Ruhe brauchen wird, um wieder eine Entspannung zu erreichen, so dass dann mit vieeeeeel Geduld und ganz ohne Druck das Thema feste Nahrung erneut angegangen werden kann. Verweigert ein Kind deutlich länger jegliche Beikost, ist es allerdings sicher nicht verkehrt, das Kind genauer anzuschauen und eventuell auch die Eisen und Zinkwerte zu kontrollieren. Es kommt zwar eher selten vor, doch manchmal liegt die Essensverweigerung der Kinder gerade an einem Mangel dieser Spurenelemente und dieser Mangel verschärft sich dann noch weiter, wenn das Kind nicht isst. Es gibt Babys, die es geradezu hassen und hysterisch reagieren, wenn man ihnen etwas in den Mund stecken will. Diese Kinder essen aber recht gut, wenn sie selber essen dürfen. Das Geschmiere, das es dabei gibt, ist weniger schlimm, als das Theater mit einem Kind, dass sich mit allen Kräften wehrt und außerdem lernen die Kinder recht schnell gut zu essen. Es gibt eine ganze Menge, was als fingergerechte Nahrung angeboten werden kann. Banane zum Beispiel kann ein Kind gut in die Hand nehmen, sie ist weich und es kann sie alleine essen. Auch ein Stück von einer gekochten Kartoffel geht gut. Gekochte Erbsen können einzeln aufgepickt werden (ist gleichzeitig eine gute Übung für die Feinmotorik), alle Gemüse und Obstarten, die einigermaßen weich sind und dann in kleine Stücke geschnitten werden, können gegeben werden. Bitte also zum einen Geduld bewahren, dem Kind fingergerechte Nahrung und gemeinsames Essen am Familientisch und mit anderen Kindern (Nachahmungseffekt) anbieten und einmal von der Kinderärztin/arzt nachschauen lassen. Eine Flasche mit künstlicher Säuglingsnahrung (oder ein Abendbrei) verbessern das Schlafverhalten nicht (das wurde in Studien nachgewiesen). Es gibt nicht wenige Kinder, die dann sogar noch weniger schlafen. Es ist ein normaler entwicklungsphysiologischer Verlauf, dass Babys in diesem Alter nachts (wieder) vermehrt aufwachen. Dieses Aufwachen liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung oder eben das Abstillen auch keine Garantie für angenehmere Nächte. Die Kinder beginnen die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe. Nächtliches Aufwachen hat viele Gründe und liegt nicht nur an körperlichem Hunger! Wenn Du gerne liest und ein Buch lesen möchtest, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich dir wärmstens „Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das Du im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen kannst. LLLiebe Grüße Biggi
Mitglied inaktiv
Hallo Biggi, vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort! So sehr stressig ist es wegen des Mittagsbreis nicht bei uns, da ich es nicht jeden Tag versuche, sondern ihr immer wieder ein paar Tage Zeit lasse zwischendurch und es dann wieder versuche. Da ich selber weiß wie furchtbar es ist, als Kind Essen aufgezwungen zu bekommen (in der Kindertagesstätte), werden meine Kinder so etwas von mir nie erleben. Ich bin ja schon froh, daß sie den Abendbrei so gut ißt. Nur macht es mich eben auch etwas unglücklich, daß es sonst gar nicht vorangeht mit dem Essen, daß es sie vor allem immer so würgt dabei. Aber gut, ich übe mich in Geduld. Vielleicht überlegt sie es sich ja doch noch anders. ;-)) Also nochmals vielen Dank für die Antwort! Liebe Grüße Annett
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