Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Mein Muttermilch für ein anderes Baby?

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Mein Muttermilch für ein anderes Baby?

Mitglied inaktiv

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Hallo Biggi! Meine Tochter ist bald 3 Monate alt und ich habe bis jetzt noch genug Milch. Außer Stillen friere ich noch einiges ein. Meine Schwegerin wird im September ihres Baby bekommen und meine Frage an Sie: kann ihres Baby, falls sie kein Milch haben wird oder auch in der ersten 2 Tage, bis der Milch "einschießt" mein Muttermilch bekommen? Vielen Dank für Dein Antwort. Liebe Grüße, Anna


Biggi Welter

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Liebe Anna, das Ammenstillen war in vergangenen Zeiten eine gängige Praxis und hat sicher vielen Babys das Leben gerettet als es noch keine hochwertige künstliche Säuglingsnahrung gab. Auch heute noch listet die WHO gespendete Frauenmilch vor künstlicher Säuglingsnahrung auf, wenn es um die optimale Ernährung eines Babys geht. Trotzdem solltest Du das Baby deiner Schwester nicht selbst stillen, damit sich die Stillbeziehung gut einspielen kann. Außerdem gibt es zwar nur wenige Krankheiten, die über die Muttermilch übertragbar sind, doch es gibt bestimmte Risiken. So kann zum Beispiel der Zytomegalie﷓Virus (CMV) durch das Stillen übertragen werden. Für das eigene voll ausgetragene Baby einer CMV﷓positiven Mutter ist dies kein Problem, für ein fremdes Baby, dessen Mutter CMV﷓negativ ist, kann es ein Problem werden. HTLV﷓I (Human T﷓Cell﷓Leucaemia﷓Virus) ist ein anderer Virus, der in dieser Hinsicht problematisch sein kann, ebenso HIV. Für deine Schwester wäre es gut, wenn sie sich vor der Geburt ihres Kindes möglichst gut informiert, damit alles gut klappt. Ganz kurz kann man die wichtigsten Punkte für den Grundstein einer erfolgreichen Stillbeziehung auf die folgenden Schlagworte zusammenfassen: Bald stillen ﷓ oft stillen ﷓ uneingeschränkt stillen ﷓ keine Flüssigkeit oder andere Nahrung dazugeben außer bei medizinisch begründeten Fällen. Das Baby sollte so bald wie möglich nach der Geburt zum ersten Mal angelegt werden und dann jederzeit und ohne zeitliche Einschränkung an die Brust dürfen, wenn es das will. Bei eher schläfrigen Kindern oder Babys mit verstärkter Neugeborenengelbsucht muss die Mutter unter Umständen den Takt angeben und dafür sorgen, dass das Kind mindestens acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden an der Brust trinkt. Tee, Glukoselösung oder Wasser sind überflüssig und vor allem bei einer eventuell verstärkten Neugeborenengelbsucht sogar kontraproduktiv. Das Bilirubin (der gelbe Farbstoff, der für die Gelbfärbung der Haut bei der Neugeborenengelbsucht verantwortlich ist) wird nur zu zwei Prozent über den Urin ausgeschieden, der Rest wird durch den Darm ausgeschieden. Daher ist es unsinnig, die Gelbsucht „ausschwemmen" zu wollen. Wichtig ist, dass der Darm mit Nahrung versorgt wird und die Verdauung angeregt wird, damit das Mekonium möglichst rasch ausgeschieden wird. Das Kolostrum, die wichtige erste Milch wirkt abführend und begünstigt damit die Ausscheidung des Bilirubins. Der Organismus eines Neugeborenen ist auf viele, kleine Mahlzeiten eingestellt. Sein Magen hat etwa die Größe eines Teebeutels. Kleine Mengen an Muttermilch sind also absolut richtig und in Ordnung. Wichtig ist, dass das Baby ab dem zweiten, dritten Tag mindestens drei bis vier Darmentleerungen hat und ausreichend Urin ausscheidet. Eine Gewichtsabnahme von etwa sieben Prozent des Geburtsgewichtes innerhalb der ersten Tage ist normal, bis zehn Prozent sind bei einem ansonsten gesunden Kind tolerierbar. Spätestens mit drei Wochen sollte das Baby sein Geburtsgewicht wieder erreicht haben. Milchbildungstee ist nicht notwendig und es hat keinen Sinn ihn bereits während der Schwangerschaft zu trinken. Wenn überhaupt Milchbildungstee getrunken wird, dann bitte auch nicht mehr als höchstens zwei bis drei Tassen täglich, da mehr zu Bauchproblemen beim Kind führen kann. Wunden Brustwarzen und anderen Stillproblemen kann man am besten dadurch vorbeugen, dass man sich informiert. Wunde Brustwarzen entstehen in über 80 % der Fälle durch falsches Anlegen oder Ansaugen. Es ist extrem wichtig, korrekt anzulegen, nicht nur um wunde Brustwarzen zu vermeiden, sondern auch, damit die Brust gut stimuliert und richtig entleert wird und so die Milchbildung gut in Gang kommt bzw. aufrecht erhalten wird. Deshalb ist es entscheidend, dass deine Schwester sich möglichst gut über das Stillen und die grundlegenden Dinge wie korrektes Anlegen und Ansaugen, das Prinzip von Angebot und Nachfrage, Stillen nach Bedarf usw. informiert. Nochmals: Ganz wichtig ist dass sie weiß, wie korrekt angelegt ist und woran sie erkennt, dass das Baby richtig ansaugt und effektiv an der Brust trinkt. Hierzu bietet sich neben dem Lesen der entsprechenden Literatur (z.B. „Stillen ﷓ Rat und praktische Hilfe für alle Phasen der Stillzeit" von Marta Guoth-Gumberger und Elizabeth Hormann, „Das Handbuch für die stillende Mutter" von der La Leche Liga, „Stillen - einfach nur stillen" von Gwen Gotsch, das erste bekommt sie im Buchhandel, die beiden letzteren im Buchhandel, bei der La Leche Liga oder gleich hier über den Link zum Still-Shop) der Besuch einer Stillgruppe an. In einer Stillgruppe trifft sie nicht nur andere stillende Mütter, sondern sie lernt auch gleich eine kompetente Ansprechpartnerin kennen, für den Fall, dass es nach der Geburt zu Stillproblemen kommen sollte. Wenn Du mir ihren Wohnort mit Postleitzahl angibst, suche ich deiner Schwester gerne die nächstgelegene LLL-Stillberaterin heraus. Ich hoffe, alles klappt, solltest Du oder deine Schwester noch Fragen haben, bin ich gerne für euch da. LLLiebe Grüße Biggi


Mitglied inaktiv

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Hallo Biggi! Danke schön für Dein schnelle Antwort. leider wohnt meine Schwegerin in Estland und dort gibt es einfach keine Stillberaterinen oder Hebammen, die die Frau betreuen. Ich werde demnächst nach Estland fliegen und dann wird sie bestimmt mehr Fragen für Sie haben. Mit freundlichen Grüßen, Anna


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