Gibt es Erfahrungsberichte langzeitgestillter Kinder?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Gibt es Erfahrungsberichte langzeitgestillter Kinder?

Hallo liebe Stillberaterinnen, zuerst einmal möchte ich Euch danken für die vielen tollen Tipps, die ich mir oft über die Stichwortsuche herausgesucht habe. Ich bin sehr froh, das es dieses Expertenforum gibt. Jetzt beschäftigt mich allerdings ein Thema, zu dem ich keine passenden Einträge gefunden habe. Meine Tochter Lena ist gerade 3 Jahre alt geworden, und ich stille sie noch sehr oft. Tagsüber zwischen 5 bis 10 mal und nachts auch zwischen 5 bis 10 mal. Wir haben immer nach Bedarf gestillt. Ich biete nicht an und lehne auch nicht ab. Sie braucht das Stillen oft um einzuschlafen, wenn sie sich mal wehtut oder in angespannten Situationen. Ich habe dazu zwei Fragen: Ist es normal, dass ein Kind in diesem Alter noch so oft gestillt werden möchte? Und kann man davon ausgehen, dass sie dann auch noch sehr lange über mehrere Jahre gestillt werden möchte? Und dann habe ich noch eine sehr ungewöhnliche Frage, die für mich aber sehr wichtig ist, und die der Grund ist, weswegen ich mir ursprünglich eine Stillgrenze von 3 Jahren gesetzt habe. Gibt es Erfahrungsberichte von langzeitgestillten Kindern, die mittlerweile erwachsen sind und wissen, dass sie sehr lange gestillt wurden oder sich noch an den Stillvorgang erinnern können? Ich habe nämlich sehr große Angst davor, dass mir meine Tochter später einmal Vorwürfe machen könnte, ich hätte sie zu lange gestillt. Denn eine lange Stilldauer ist für unsere westlichen Verhältnisse ja leider sehr ungewöhnlich und wird ja sogar als abnormal angesehen. ganz liebe Grüße sendet Undine

von Undine am 04.06.2018, 23:52



Antwort auf: Gibt es Erfahrungsberichte langzeitgestillter Kinder?

Liebe Undine, ja, es ist normal, dass Kinder in diesem Alter noch oft gestillt werden möchten, was aber nicht heißt, dass es jetzt ewig so weitergeht. Trotzdem ist es völlig okay, wenn Du Dein Kind das Tempo bestimmen lässt. Denn was macht einen Menschen wirklich stark? Dass unsere Bedürfnisse, Ängste, Schwächen ignoriert oder unterdrückt werden, oder dass sie wahrgenommen, akzeptiert, ernstgenommen werden und wir das bekommen, was uns gut tut? In der Bindungspsychologie unterscheidet man verschiedene Bindungstypen, wobei die "sichere Bindung" die ist, die für das Kind am besten ist. "Ein sicheres Bindungsmuster wird mit einer feinfühligen mütterlichen Eingehensweise auf die Bindungsverhaltensweisen ihres Kindes in Verbindung gebracht. Feinfühligkeitwird umschrieben als eine aufmerksame Wahrnehmung der Bedürfnisse des Kindes,die richtige Interpretation seiner Äußerungen und die prompte und angemesseneReaktion auf die kindlichen Signale (Ainsworth, Bell, & Stayton, 2003b, S. 193-200). (...) Die Kinder erleben so ihre Bindungsperson als verlässlich und vertrauenswürdig und sich selbst als jemanden, der etwas bewirken kann (Ainsworth, 2003, S. 322-325; Ainsworth, et al., 2003b, S. 193-200). (...) Eine sichere Bindung wird im Vergleich zur unsicheren Bindung als optimalere Bedingung zur kompetenten Bewältigung von anstehenden Entwicklungsaufgaben über den Lebenslauf hinweg gesehen (Grossmann, Keppler & Grossmann, 2003, S. 96)." Das ist mal ein bisschen Theorie, die dich darin bestärken soll, dass deine Herangehensweise für dein Kind keineswegs schädlich ist (sofern du nicht zu jenen Müttern gehörst, die ihrem Kind ALLES "durchgehen" lassen...). Im Grunde sind es wirklich in erster Linie Vorurteile und eigene Ängste, die die Kritiker bewegen. "Man tut das nicht" ist leicht gesagt, wenn du aber mal nachfragst, warum eigentlich nicht, dann wirst du oft keine wirklich "gute" Antwort bekommen... Ich kann dir ein schönes Buch empfehlen, mit viel Humor geschrieben: "In Liebe Wachsen" vom spanischen Kinderarzt Carlos Gonzáles, erschienen bei La Leche Liga Deuschland und auch dort im Shop zu bekommen (oder über den Buchhandel, amazon etc.). Und im Anhang findest du einen Text mit vielen hilfreichen Argumenten FÜR das lange Stillen. Dein Herz liegt richtig, du macht das, was gut ist. Schau doch mal, ob es eine (LLL-) Stillgruppe in deiner Nähe gibt. Dort findest du Frauen, die ähnlich denken wie du, und kannst erleben, dass du nicht allein bist, wenn du dich "gegen den Strom" stellst :-) Ja, es gibt Kinder, die sich an das lange Stillen erinnern, alle jedoch, ich ich kenne, schämen sich sicher nicht dafür. Lieben Gruß, Biggi

von Biggi Welter am 05.06.2018



Antwort auf: Gibt es Erfahrungsberichte langzeitgestillter Kinder?

Liebe Biggi, vielen lieben Dank für Deine netten und hilfreichen Worte. Jetzt geht es mir mit meiner Entscheidung für das längere Stillen viel besser, und ich bin sozusagen wieder auf den richtigen Weg gebracht. Das Buch werde ich mir gleich bestellen :-) nochmals Dankeschön und liebe Grüße, Undine

von Undine am 05.06.2018, 22:59



Antwort auf: Gibt es Erfahrungsberichte langzeitgestillter Kinder?

Es gibt auch noch das Buch "Wir stillen noch" von Norma Jane Bumgarner, das sehr zu empfehlen ist für Mütter mit grösseren Stillkindern.

von Flowermama am 06.06.2018, 15:17



Antwort auf: Gibt es Erfahrungsberichte langzeitgestillter Kinder?

Vielen Dank für den Tipp und liebe Grüße :-)

von Undine am 06.06.2018, 20:41