Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Erziehungsfrage: David aus Elternbett, wenn Baby kommt?

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Erziehungsfrage: David aus Elternbett, wenn Baby kommt?

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Liebe Biggi, Du hast mir in der Stillzeit von David bereits sehr geholfen, deshalb wende ich mich auf diesem Wege an Dich. David bekommt nun endlich ein Geschwisterchen, ich bin in der 21. SSW und denke, dass jetzt nicht mehr viel passieren kann (ich hatte vorher eine Fehlgeburt). Nun hat mich Davids Homöopathe darauf aufmerksam gemacht, dass David einen "Knacks" bekäme, wenn er weiterhin bei uns im Ehebett schläft, wenn das Geschwisterchen kommt. Es würde schwere Schäden in der Beziehung zwischen den Geschwistern entstehen, zumal David nachts noch sehr die Nähe der Mutter in Anspruch nimmt, die sie ihm ja dann nicht mehr geben könnte. Jetzt bin ich total verunsichert und weiß einfach nicht mehr weiter. David schläft abends in seinem Kinderbett ein, ich muss ihm aber versprechen, dass er nachts ins "große Bett" darf. Meinem Mann und mir hat dies bisher nicht sehr viel ausgemacht. Mein Mann sagt sogar, dass David sowieso schauen möchte, was wir nachts mit dem Geschwisterchen machen und würde sich eh ausgegrenzt fühlen, wenn er als einziger nicht im Elternschlafzimmer schläft. Der Meinung bin ich eigentlich auch, habe aber Angst vor seelischen Schäden bei David. Wie hast Du Deine Kinder auf das Geschwisterchen vorbereitet? War die Eifersucht sehr groß? David wird voraussichtlich 2 Jahre und 3 Monate alt sein, wenn das Geschwisterchen kommt. Was oder wie hast Du Deinen Kindern das Stillen erklärt? Wird David nicht sehr eifersüchtig sein, wenn ich das Kleine stille? Für eine Antwort, obwohl es nicht direkt mit Deinem Thema zu tun hat, wäre ich sehr dankbar. Welche Erfahrungen haben andere Mütter gemacht? Viele liebe Grüße Tanja, David und xxx


Biggi Welter

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? Liebe Tanja, herzlichen Glückwunsch zu deinem Mann. Oft genug höre ich, dass die Partner darauf drängen das Kind aus dem gemeinsamen Bett zu bekommen und vielen wäre die Meinung des Homöopathen gerade recht gekommen. Schön, dass dein Mann anders denkt und dich in deinem Gefühl bestärkt, euren Sohn nicht auszugrenzen. Wenn Kinder einen „knacks" davon bekämen, dass sie weiter im Elternbett (oder besser Familienbett) schlafen, nachdem ein Geschwisterkind ankommt, das dann auch mit im Bett schläft, dann müsste ein riesiger Teil der Bevölkerung dieser Erde ein massives Problem haben, denn das gemeinsame Schlafen der gesamten Familie ist weltweit verbreitet. Es ist schon rein vom gesunden Menschenverstand her unlogisch zu behaupten, dass es für das ältere Kind besser wäre, es aus dem gemeinsamen Bett zu vertreiben, statt ihm weiterhin zu vermitteln „Du bist genau so willkommen wie das Baby". Selbstverständlich kannst Du David nachts weiterhin deine Nähe geben, auch wenn es ein weiteres Kind im Bett gibt. Glaube mir, ich weiß nur zu gut, wie es ist mit einem Kind rechts und einem Kind links von mir im Bett zu liegen, jeweils einen Arm um ein Kind gelegt. Es ist absolut möglich. Du kannst sogar beim Stillen des Babys das größere Kind in den Arm nehmen. Alles reine Übungssache. Das gemeinsame Schlafen von allem Familienmitgliedern in einem Bett ist keine exotische Sache und schon gar nicht etwas, was einem der Beteiligten schaden würde. Ich kann gar nicht zählen, wie viele Familien ich kenne, die ihre Betten so umgebaut haben, dass eine Liegefläche von 3 x 2 Metern zur Verfügung steht, damit alle auch Platz haben. Für die „Großen" ist das neue Baby ein absoluter Eindringling, der Mama vollkommen in Beschlag nimmt. Also wird oft alles versucht, um die Aufmerksamkeit der Mutter zu bekommen und sie von diesem neuen Baby wegzubringen. Dabei ist es vollkommen unerheblich ob Du stillst oder nicht, denn auch beim Flaschegeben braucht dein Kind deine Aufmerksamkeit und im Gegensatz zum Stillen hast Du bei der Flaschenfütterung keine Hand frei für das größere Kind. Häufig richtet sich das auffällige Verhalten des größeren Kindes auch gegen die Mutter oder den Vater und dem Baby gegenüber ist das größere Geschwisterkind sogar ganz liebevoll und rührend besorgt. Aus meiner Erfahrung mit drei Kindern sind die folgenden Tipps hilfreich: • dem älteren Kind eine Babypuppe schenken, (oder sie ihr von dem Baby schenken lassen), die es ebenfalls versorgen und stillen kann. Außerdem kann das ältere Kind in die Versorgung des Babys miteinbezogen werden (es kann die Windeln reichen, den Po eincremen ...). Entscheidend ist, dass sie sich wichtig fühlt und weniger zurückgesetzt durch das Baby. • dem älteren Kind erlauben wieder klein zu sein, eben auch ein Baby, und es, wenn das Baby schläft, ein bisschen herumtragen, mit ihm ausgiebig kuscheln usw. Der oft geäußerte Spruch „Du bist jetzt schon so groß" führt bei manchen Kindern gerade zum Gegenteil dessen, was man erreichen wollte, denn „groß sein" bedeutet nach Auffassung des Kindes, dass es jetzt nicht mehr so wichtig ist. (Ich weiß, dass dies objektiv nicht so ist, aber das Kind kann es so empfinden). Wenn das Kind es mag und die Mutter kein Problem damit hat, spricht nichts dagegen, dass das größere Kind auch wieder einmal versucht an der Brust zu trinken. • ein Tragetuch verwenden. Mit dem Baby im Tuch, ist mindestens eine Hand frei für das ältere Kind (bei einem korrekt gebundenen Tuch). So kann die Mutter sich mit dem älteren Kind beschäftigen und gleichzeitig auf das Bedürfnis des Babys nach Nähe und Körperkontakt eingehen. Das Baby ist mit dabei, schläft wahrscheinlich sogar recht gut und es wird Freiraum für das Große gewonnen. Viele Mütter machen die Stillzeit mit dem Baby zu einer gemütlichen Kuschel- und Lesestunde für das größere Kind. Mit etwas Übung kann das Baby beim Stillen mit einem Arm gehalten werden und in den anderen Arm kann sich das größere Kind mit einem Bilderbuch o.ä. kuscheln. Das ältere Kind kann das Buch so halten, dass die Mutter darin lesen kann oder mit ihm die Bilder anschauen und außerdem bekommt es die wichtige Aufgabe, die Seiten umzublättern. Eine andere Möglichkeit die Stillzeiten für das große Kind zu etwas besonderem zu machen ist eine „Stillkiste" (der Begriff stammt von einer meiner Gruppenmütter). In dieser Kiste sind besondere Dinge (z.B. ganz spezielle Stifte und glänzende Papierbögen, bunte Perlen, die zu Ketten aufgereiht werden können, ein Spielzeugauto - je nachdem, was für das Kind besonders attraktiv sein kann), die nur zu den Stillzeiten benutzt werden dürfen. Fang vielleicht vier bis sechs Wochen vor der zu erwartenden Geburt an, deinen Großen darauf vorzubereiten, dass bald ein Geschwisterchen kommt. Mir persönlich gefällt das Buch „Ich will auch Geschwister haben" von Astrid Lindgren für diesen Zweck sehr gut. Ein ganz neues Buch, das sich vor allem auch mit dem Thema Stillen beschäftigt und mit liebevoll gezeichneten Bilder aus der Sicht des größeren Bruders vom Auf die Welt kommen, dem Stillen und Tragen erzählt ist „Busi sagte Henriette" von Edith Seitz. „Busi sagt Henriette bekommst Du im Buchhandel (Edition buntehunde, ISBN 3-934941-03-6) oder auch über den Stillshop hier auf der Seite. Mach dir nicht zu viele Gedanken und vertrau deinem Gefühl. Eine schöne restliche Schwangerschaft und eine gute Geburt. LLLiebe Grüße Biggi


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