chronische Polyarthritis - Stillen ??

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: chronische Polyarthritis - Stillen ??

Hallo ! Ich bin Rheumatikerin ( chron. Polyarthritis ) und insulinpflichtige Diabetikerin ( insulinpflichtig, seit festgestellter Schwangerschaft ). Die ganze Schwangerschaft über wird mein Rheuma mit Prednisolon ( anfangs 10 mg, jetzt noch 2,5 mg ) behandelt. Da ich nach der Entbindung, spätestens in der Stillzeit mit einem sog. "Rheuma - Schub" rechnen muss und ich auch weiterhin Medikament einnehmen werde..... ist es überhaupt ratsam mit dem Stillen anzufangen ??? Mein Rheumatologe möchte nach der Entbindung, so schnell wie möglich wieder mit einer Langzeittherapie mit Lantarel beginnen. Gibt es irgendwelche Erfahrungen ??? Lissy

Mitglied inaktiv - 09.04.2002, 12:54



Antwort auf: chronische Polyarthritis - Stillen ??

? Liebe Lissy, gerade Frauen mit chronischen Erkrankungen wie Rheuma profitieren vom Stillen und die Medikation kann so gewählt werden, dass sie mit dem Stillen zu vereinbaren ist. Diabetes ist ebenfalls kein Stillhinderungsgrund, die Frau muss lediglich gut betreut und eingestellt sein und wissen, auf welche Besonderheiten sie in der Stillzeit achten muss (z.B. ist der Insulinbedarf in der Regel geringer). Da Stillen beim Kind eine vorbeugende Maßnahme gegen Diabetes ist, ist es für das Kind besonders von Vorteil, gestillt zu werden. Hier einige der Vorteile, die besonders für chronisch kranke Mütter ins Gewicht fallen: · Stillen spart Energie, da es nicht notwendig ist, künstliche Säuglingsnahrung zu kaufen und zuzubereiten. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Stillen den Stoffwechsel der Frau verändert, so dass mehr Energie mit weniger körperlichem Aufwand erzeugt wird. · Statistisch gesehen ist das gestillte Baby gesünder, so dass viele Arztbesuche mit Ohrenentzündungen, Verdauungsproblemen und Allergien eingespart werden können. · Im Gegensatz zur Flaschenfütterung ist es möglich, auch im Liegen zu stillen, so dass die Mutter beim Füttern ihres Babys ausruhen kann. · Das Stillen trägt dazu bei, dass sich eine enge gefühlsmäßige Bindung zwischen Mutter und Baby aufbaut. Wird die Versorgung des Babys von jemandem Anderen übernommen, kann es schwieriger sein, diese Beziehung zu entwickeln. • falls die Probleme die Handmotorik beeinträchtigen, ist es sehr viel einfacher zu stillen als künstliche Säuglingsnahrung zuzubereiten und Flaschen auf- und zuzuschrauben und zu reinigen. Nun zu den Medikamenten. Kortison ist in der Stillzeit nicht generell kontraindiziert. Zitat aus „Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" Spielmann, Schaefer, 6. Auflage 2001: „Nebennierenhormone Erfahrungen. Praktische Bedeutung für die Stillzeit haben vor allem die Kortikosteroide. Therapeutisch verwendet werden die nichtfluorierten Kortikoide Prednison (z.B. Decortin), Prednisolon (z.B. Solu-Decortin), .... und die fluorierten Substanzen Betamethason (z.B. Celestamine), Dexamethason (z.B. Fortecortin) ,,, Die Milch-Plasma-Quotienten von Prednison und Prednisolon bewegen sich zwischen 0,05 und 0,25. Eine Stunde nach parenteraler Verabreichung einer Einzeldosis von 110 mg Prednisolon wurden 760 µg/l Milch gemessen. Vier Stunden später waren es 260 µg/l und etwa neun Stunden nach Applikation noch 60 µg/l. Nach intravenöser Injektion von 1 g Prednisolon wurden der 9fach höheren Dosis entsprechend 9fach höhere Werte in der Milch gemessen, 24 Stunden nach der Applikation war die Substanz nicht mehr nachweisbar (eigene Beobachtungen, 1996). Andere Autoren haben unter niedrigeren Tagesdosen (10 -80 mg) proportional entsprechende oder sogar darunter liegende Transfermengen für den Säugling ermittelt (Übersicht bei Bennett, 1988; Greenberger et al., 1993). Zusammenfassend ist mit einem Anteil von durchschnittlich 1 bis 2 % der mütterlichen gewichstbezogenen Dosis für den Säugling zu rechnen. Im Fall der oben beschriebenen 1 g-Dosis hat der Säugling mit er ersten Mahlzeit eine stunde nach Injektion 0,2 mg/kg seines Körpergewichtes erhalten, seine Tagesdosis ist mit etwa 0,32 mg/kg anzustzen. Für den Säugling ist kein Risiko durch eine üblicherweise kurzdauernde Hochdosisbehandlung zu erwarten, selbst dann nicht, wenn gleich nach der Injektion gestillt würde. Auch unter länger dauernder Behandlung mit 80 mg/tag wird mit der Muttermilch nur eine geringe Prednisolonmenge übertragen, die nicht einmal 10 % der kindlichen Kortisolproduktion entspricht. Empfehlung für die Praxis. Prednisolon, Prednison und Methylprednisolon sind Kortikoide der Wahl für eine systemische Behandlung in der Stillzeit. Auch hohe Dosen bis 1 g, einmalig oder wenige Tage nacheinander verabreicht, z.B. beim Asthmaanfall oder multipler Sklerose, erfordern keine Einschränkung des Stillens. Bei wiederholter Gabe hoher Dosen ist lediglich der Stillrhythmus so einzurichten, dass möglichst drei bis vier Stunden nach der Applikation eingehalten werden. Wirkungsgleiche Mengen der anderen Kortikoide sind wahrscheinlich auch verträglich. Die regelmäßige inhalative Anwendung eines Kortikoids bei Asthma ist unbedenklich" Lantarel hat den Inhaltsstoff Methotrexat. Auch hierzu zitiere ich aus o.g. Quelle: „Für Hydroyharnstoff, Doxorubicin und Methotrexat wurde eine relative Dosis unter 5 % ermittelt (Übersicht bei Bennett 1996). ... Eine antirheumatische Behandlung mit Methotrexat sollte während der Stillzeit auf ein anderes Basistherapeutikum umgestellt werden". ... „Empfehlung für die Praxis: Antirheumatikum der Wahl für die Stillzeit ist Ibuprofen. Von den Basistherapeutika sind Sulfalazin und Glucocorticoide sowie ggf. Hydroxychloroquin zu bevorzugen. Die American Academy of Pediatrics hält auch die Einnahme von Goldpräparaten während der Stillzeit für akzeptabel. Dies sollte aufgrund der o.g. genannten pharmakinetischen Daten kritisch betrachtet werden." Ihr Rheumatologe sollte sich baldmöglichst mit der Beratungsstelle für Vergiftungserscheinungen und Embryonaltoxikologie in Berlin Tel.: 030-306 867 11 in Verbindung setzen und mit den Fachleuten dort besprechen, was die günstigste Behandlung für Sie unter Berücksichtigung des Stillen ist. Das Team um Dr. Schaefer hat einen speziellen Beratungsdienst für Ärzte zu Medikamentenfragen in Schwangerschaft und Stillzeit eingerichtet. Eine schöne restliche Schwangerschaft, eine gute Geburt und eine hoffentlich lange beschwerdefreie Zeit. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 09.04.2002