Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Bruststreik - lohnt sich der Kampf noch?

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Bruststreik - lohnt sich der Kampf noch?

Kea_Auerwald

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Liebe Biggi, unser Sohn ist gerade 9 Wochen alt geworden und gedeiht prächtig :-) Mit über 6 Kilo wirkt er schon recht robust und war von Anfang an ein sehr kräftiges, waches Baby, das alles in seiner Umgebung aufgesogen hat und gern und viel gestillt werden wollte (ab Tag 2 nach Geburt oft 5-7h am Stück), wohl auch zur Selbstregulation. Um mich während des Dauerstillens etwas zu entlasten, haben wir ab Woche 4 den Schnuller eingeführt und weil mein Mann sich auf längeren Spaziergängen mit der Trage unsicher gefühlt hat, hatte er ab Woche 6 immer ein Fläschchen mit abgepumpter Milch dabei. Seit ca. 4 Wochen klappt das mit dem Stillen nun leider nicht mehr so gut. Er schlägt mit dem Köpfchen wild um sich, ist frustriert und weint oft schon beim Anblick der Brust. Vermutlich anfangs ausgelöst durch meinen starken Milchspendereflex/meine viel Milch.Unsere Hebamme meint wir wären ja sehr stillfest gewesen und dass es keine Saugverwirrung-, sondern nur eine (Reize-)Phase sei. Obwohl ich die viele Milch durch ausstreichen mittlerweile in den Griff bekommen habe, wird die Situation immer fragiler. Die Flasche kommt ungewünscht nun immer mehr zum Einsatz, weil er zu unkonzentriert für die Brust ist und sich ansonsten vor Hunger einschreit Stillen klappt zuverlässig nur noch Nachts im Liegen; und manchmal (nicht immer) im Stehen im Wiegegriff mit Kniefeindlichem, parallelen Schunkeln, oder (selten) mit etwas Geschick in der Trage. Ich kann ihn mittlerweile nur noch schwer lesen - hat er gerade Hunger, oder nicht… weil er keine Hungerzeichen mehr macht, aber dann nach einigen ablehnenden Versuchen an der Brust und meinem Aufgeben ganz gierig die Flasche möchte.   Nun meine Frage: Lohnt sich der sprichwörtliche Kampf/Zank hier noch oder ist schon alles verloren? Ich stille nur noch die 3x Nachts, Pumpe sonst ab… ansonsten versuche und versuche ich, es endet aber doch immer mit zu wenig trinken um satt zu werden und viel weinen und der Flasche…   Ich würde gerne wieder voll stillen, denk mir aber immer häufiger, dass er weniger (vor Hunger) schreien würde, wenn wir direkt einfach die Flasche nehmen würden. Ist es wirklich nur eine Pause, wenn die Situation seit 4 Wochen anhält und sich eher verschlimmert als verbessert? Vielen Dank und liebe Grüße Kea


Biggi Welter

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Liebe Kea,   dein Baby stillt sich langsam zur Flasche hin ab und verweigert die Brust immer öfter. Es ist schon möglich die Milchproduktion auch jetzt noch wieder zu steigern und an den Bedarf des Babys anzupassen. Wenn du also möchtest, kannst du relaktieren. Das grundlegende Vorgehen bei einer Relaktation besteht darin, das Baby dazu zu bringen so oft wie möglich an der Brust zu saugen. Dadurch werden die Brüste wieder zur Milchbildung angeregt. Ein ähnlicher Effekt lässt sich auch mit einer guten Milchpumpe erreichen. Häufig ist auch zusätzliches Pumpen neben dem Anlegen des Kindes sinnvoll, um die Milchproduktion zu steigern Allerdings ist eine Relaktation sehr arbeitsintensiv und erfordert viel Geduld und Durchhaltevermögen, sowohl von der Mutter als auch von dem Baby. Du musst einerseits deine Milch wieder zum Fließen bringen und die Milchmenge steigern und, wenn du wieder stillen willst, muss dein Baby wieder lernen, die Brust anzunehmen und mit der richtigen Saugtechnik an der Brust zu trinken. Selbstverständlich ist es auch möglich, dass du die Milchproduktion wieder ankurbelst und die Milch mit der Flasche gibst. Elizabeth Hormann hat ein gut verständliches Buch zum Thema Relaktation geschrieben. Es heißt "Stillen eines Adoptivkindes und Relaktation" (ISBN 3 932220 02 5) und enthält konkrete Anleitungen wie Mütter, die wieder mit dem Stillen beginnen möchten, vorgehen können, welche Hilfsmittel dafür notwendig sind, wie die Milchmenge gesteigert wird und viele weitere Informationen. Das Buch ist im Buchhandel, bei La Leche Liga Deutschland und bei jeder LLL Stillberaterin (auch hier im Still Shop) erhältlich. Eine Relaktation sollte möglichst von einer erfahrenen Stillberaterin begleitet werden. Versuche auch mal die Tipps, die bei einem Stillstreik gegeben werden: o im Umhergehen stillen, o in der Badewanne oder im Schaukelstuhl stillen, o im Halbdunkeln stillen, o im Halbschlaf stillen, o das Baby mit der Brust spielen lassen, o unterschiedliche Stillhaltungen ausprobieren, o alle künstlichen Sauger vermeiden, o das Baby massieren, o viel Körperkontakt (Haut auf Haut), o und ganz wichtig: keinen Stillstress erzeugen, weder bei der Mutter noch beim Kind, Ruhe und Gelassenheit, auch wenn es schwerfällt. Lieben Gruß Biggi


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