Atlernativen zum "Beruhigungsstillen"?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Atlernativen zum "Beruhigungsstillen"?

Hallo! Ich habe momentan ein bisschen Schwierigkeiten mit meinem Nachwuchs. Er ist jetzt 5 Monate alt und wird voll gestillt, was von Anfang an gut geklappt hat. Leider war er die ersten 3 - 4 Monate ein absolutes Schreibaby, hat dafür aber die Nächte bestens geschlafen, oft 8 oder auch mal 10Stunden am Stück. Er ist jetzt tagsüber ruhiger, aber beim einschlafen tut er sich immer noch sehr schwer. Alles aber noch für uns okay, wenn auch manchmal schwierig... Seit etwa einer Woche wacht er in den Nächten oft auf (4 - 6x) und kann sich nicht mehr beruhigen und selbst wieder einschlafen. Lasse ich ihn an der Brust trinken/ nuckeln, ist er relativ schnell wieder friedlich und kann einschlafen. Die Milch bräuchte er aber nicht (kein Hunger, nur Nähe-/ Saugbedürfnis). Einen Schnuller hat er noch nie akzeptiert; tagsüber nuckelt er oft an den Fingern, aber in der Nacht kriegt er das irgendwie nicht hin. Ich schwöre wirklich aufs Stillen und hab auch einige ihrer Antworten zu ähnlichen Fragen schon gelesen. Mich stört es aber wirklich, dass er jetzt ständig an mir nuckeln will, und ich will ihm das auch keineswegs angewöhnen. Vom Schreien lassen halte ich auch nichts. Haben Sie vielleicht noch Tips, wie ich ihm helfen kann, sich zu beruhigen? Ach ja, er ist gesund, es hat keine Umstellungen in seinem Alltag gegeben und er scheint auch nicht zu zahnen, ich bin mir daher nicht sicher, warum er ständig aufwacht bzw. anfängt zu weinen. Viele grüße!

von Mathildchen am 15.08.2013, 17:16



Antwort auf: Atlernativen zum "Beruhigungsstillen"?

Liebe Mathildchen, in unzähligen Ratgebern und Broschüren steht, dass ein Baby mit etwa zwei bis drei Monaten nachts längere Schlafphasen haben wird und mit etwa einem halben Jahr damit zu rechnen sei, dass es „durchschlafe". Und genau diese Erwartung, die allerdings absolut unrealistisch ist, haben dann auch die Eltern. Gleichzeitig ist der Markt überschwemmt von Büchern, in denen verschiedene Strategien propagiert werden, wie ein Baby oder Kleinkind das Schlafen „lernen" könne. Würde die Mehrzahl aller Kinder tatsächlich dem immer wieder verkündeten Schema gemäß schlafen, dann bräuchte kaum jemand alle diese Schlafratgeber und dann würde es sie auch nicht in jedem Buchladen geben. Es ist also einfach so, dass eine unrealistische Erwartungshaltung auf das reale Verhalten des Babys trifft und damit machen wir Eltern uns und unseren Kindern das Leben schwer. Vermehrtes nächtliches Aufwachen ist ab etwa vier bis sechs Monaten ein normales Verhalten bei Babys und zwar nicht, weil das Kind nicht mehr satt würde, sondern entwicklungsbedingt. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Es gibt jedenfalls genügend Gründe dafür, dass das Kind unausgeglichen ist und nachts häufiger aufwacht. Für die Mütter ist es meist schwer, diesen „Rückschritt" zu akzeptieren. Doch in Wirklichkeit ist es ein Fortschritt, denn Ihr Kind hat wichtige neue Entwicklungsschritte gemeistert und ist dabei noch weitere anzugehen. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen (die dem Kind das nächtliche Stillen „abgewöhnen"), die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden und selbst die Verfechter sprechen sich gegen eine Anwendung in diesem Alter aus, bleibt Ihnen in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Wo schläft Ihr Baby denn? Die Nächte können sehr viel einfacher werden, wenn das Baby in unmittelbarer Nähe der Mutter schlafen kann. Für die Mutter ist es sehr viel praktischer, wenn das Baby mit im eigenen Bett liegt (was weltweit bei Mehrzahl aller Kinder und in unserer Kultur sehr viel mehr als von den Eltern zugegeben wird der Fall ist) oder auf einer Matratze oder in einem Kinderbett direkt neben ihrem Bett. Die Mutter muss nachts nicht aufstehen, muss nicht erst richtig wach werden, sondern kann im Liegen stillen und unmittelbar danach weiterschlafen. Auch das Kind muss gar nicht erst richtig wach werden und zu schreien beginnen und kann somit auch schneller wieder einschlafen. Auf diese Weise kann viel Kraft gespart werden und die Nächte verlaufen für alle Beteiligten ruhiger. Als stillende Mutter haben Sie den ungeheuren Vorteil, dass Sie Ihr Kind durch diese für alle anstrengende Zeit begleiten können, ohne dass Sie richtig wach werden und aufstehen müssen. Genießen Sie dieses Privileg, sich einfach nur umdrehen zu müssen und dann, wenn schon nicht sofort weiterschlafen zu können, so doch zumindest ruhen können. Spannen Sie auch Ihren Partner (wenn Sie einen haben) ein. Väter können sehr wohl auch einen Teil der Kinderbetreuung übernehmen. Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens „Schlafen und Wachen ein Elternbuch für Kindernächte" von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL Stillberaterin bekommen können. Haben Sie ein wenig Geduld mit sich und Ihrem Kind und versuchen Sie sich den Alltag so einfach wie möglich zu machen, damit Sie genügend Ruhe für sich bekommen. Es kommen auch wieder einfachere Zeiten. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 15.08.2013



Antwort auf: Atlernativen zum "Beruhigungsstillen"?

Hallo, im Alter von Deinem Kind kannst Du ihm sicher keine 'schlechten Angewohnheiten' angewöhnen! Dazu ist es noch zu klein. Und bei unserer Tochter hat es auch nicht geschadet, dass sie nachts trinken und nuckeln durfte. Im Gegenteil, mit ca. 2 JAhren schlief sie verlässlich !!! durch und nun mit ca. 2 Monaten mehr, hat sie sich praktisch abgestillt. Du schreibst selbst, Du hälst nichts vom Schreien, und bist pro Stillen. Stillen bedeutet aber nicth nur Ernähren. Es bedeutet viel, viel mehr: Nähe geben, Geborgenheit, Verlässlichkeit geben, einen Rückzugsort anbieten, die Gewissheit geben, dass bei MAma alles noch so ist wie immer, auch wenn man die Welt nun ganz anders wahrnimmt, und auch ganz viel Trost spenden. Das darf man auch tun, wenn sich das Kind verletzt hat, damit gewöhnt man ihm nicht an, dass man sich mit Nahrung trösten kann, also eine Essstörung, sondern man gibt ihm einfach nur Trost und Halt, und wie gesagt, ein Kind verbindet selbst das Stillen ja nicht nur mit Nahrung. Die groben Entwicklungsstufen, die ein anderes Stillverhalten zeigen, sind nun mal um den 6. Monat herum, um 1 Jahr herum, und dann später wahrscheinlich nochmal. Aber ich bin trotzdem der Meinung, dass Dein Kind auch noch die Milch braucht, denn die liefert ihm gerade jetzt noch und wieder wertvolle Inhaltsstoffe für die Entwicklung, für den Darm, wenn Du anfängst Beikost zu geben, und für die Immunabwehr. Unterschätze das nicht! Liebe Grüße Britta

von brittawirdmama am 19.08.2013, 10:02