Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

abendliche "Stillqual"

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: abendliche "Stillqual"

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Hallo Biggi, mein Sohn ist 11 Wochen alt und es ist jeden Abend das gleiche Drama. Die letzte Stillrunde vor der ersten großen Schlafphase ist geprägt von strampelnden Beinen, schlagenden Armen, Weinen an der Brust (meist noch mit Brust im Mund). Wenn ich ihn dann hochnehme und Pause mache, weint er so lange, bis er wieder an der Brust ist. Habe schon den Wechsel Brust - Schnuller (zwischendurch zur Beruhigung) probiert. Das klappte einige Male gut und hilft inzwischen nicht mehr. Egal ob im Liegen, auf dem Arm .... dieses Rumgewürge macht meinen Sohn (und mich) fix und fertig. Habe es nach der allabendlichen Waschzeremonie auch schon ohne Stillen probiert. Das endete in einer Heulorgie, bis die Brust gegeben wurde. Ist das normal ? Er führt sich ausschließlich abends wie ein Verrückter auf. Ich würde ihm das Zubettgehen gerne verschönern und vermeiden, das er mit verheulten Augen einschläft. Mache ich mir zuviel Gedanken und es ist vielleicht seine Art der Stressbewältigung. ? Vielen Dank für Tipps und Anregungen. herzlichst Kire


Biggi Welter

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Liebe Kire, das Nervensystem eines Babys ist ständigen Reizen ausgesetzt und während des Tages sind das viel mehr Reize als in der Nacht. So ist es nicht erstaunlich, dass sich bis zum späten Nachmittag oder frühen Abend einiges aufgestaut hat und das Kind dann "über" reizt ist und sich wieder abreagieren und beruhigen muss. Dazu kommt, dass auch die Mutter nach einem langen Tag ebenfalls mehr oder weniger stark belastet und gestresst ist und sich die Gefühle und Stimmung der Mutter auf das Kind übertragen. Deiner Beschreibung nach stelle ich mir vor, dass es bei euch die folgende Situation gibt: Das Baby weint, die Mutter versucht es zu beruhigen, es gibt einen kurzfristigen Erfolg, dann weint das Baby wieder. Die Mutter versucht erneut, das Kind zu beruhigen, ist aber selbst bereits recht angespannt. Nach einer erneuten kurzfristigen Pause ist das Kind wieder unruhig und weint. Nun ist auch die Mutter überaus angespannt und diese Anspannung überträgt sich auf das Kind und beide schaukeln sich gegenseitig immer weiter hoch, bis keiner mehr Ruhe finden kann. So schwer es auch fällt, es ist wichtig, in dieser Situation nicht in Hektik und Aufregung zu verfallen. Je mehr Du versuchst um das Kind zu beruhigen und je hektischer Du wirst, umso aufgedrehter kann auch das Baby werden und dann ist man schnell in einem Kreislauf, der nur mehr schwer zu durchbrechen ist. Weniger ist hier oft mehr. Der Punkt ist, dass der Fokus vom Kind genommen wird, dass sich nicht mehr alle Anspannung auf das Kind konzentriert und es so die Gelegenheit bekommt, sich wieder zu entspannen und zu beruhigen. Der Teufelskreis der Anspannung, die sich auch bei den Eltern aufbaut und so das Kind immer unruhiger werden lässt, muss durchbrochen werden. Das kann manchmal auch dadurch erfolgen, dass das Baby auf eine Decke gelegt wird und die Mutter oder der Vater es durch unaufgeregtes, leises Sprechen und sanftes Streicheln beruhigt. Manche Eltern setzen sich in dieser Situation sogar mit ihrem Kind ins Auto und fahren ein paar Kilometer : ) oder aber es gibt eine Großmutter oder liebe Freundin mit ausgeruhten Nerven und viel liebevoller Geduld, die das Baby in den Arm nehmen kann. Falls Du bei all diesen Anforderungen, die dein Kind zur Zeit an dich stellt, noch zum Lesen kommst, möchte ich dir "Das 24 Stunden Baby" von Dr. William Sears empfehlen. Die Lektüre dieses Buches wird aus deinem Kind nicht automatisch ein ruhigeres Baby machen, doch Du findest Erklärungen und sicher den einen oder anderen Hinweis, wie euer Alltag wieder leichter werden kann. Zusätzlich kann ich dir nur wärmstens den Besuch einer Stillgruppe nahelegen. Im Austausch mit den anderen Müttern dort, wirst Du erleben, dass dein Kind nicht das einzige Baby auf der Welt ist, das so viel Zuneigung und Kraft von seinen Eltern braucht und allein das Wissen "es geht nicht nur uns so" kann enorm viel helfen. Ich wünsche euch allen baldmöglichst ruhigere Tage und dir viel Kraft und Menschen, die bereit sind, dir jetzt mit praktischer Hilfe beizustehen. LLLiebe Grüße Biggi


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