Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

Risikoabschaetzung zur Frage des Morbus Down

Dr. med. Vincenzo Bluni

Dr. med. Vincenzo Bluni
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

zur Vita

Frage: Risikoabschaetzung zur Frage des Morbus Down

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Sehr geehrter Herr Dr. Bluni, ich habe noch einmal eine Frage zur Nackenspaltenmessung. Ich bin 32 Jahre, mein erstes Kind ist gluecklicherweise gesund zur Welt gekommen und in unserern Familien gibt es keine Trisomie 21-Mongolismus. Trotzdem mein mein Frauenarzt obwohl er nicht einmal einen Fragenkatalog dazu gestellt hat ich muesste diesen Test unbedingt machen. Allerdings wir diese Messung hier in Kombination mit 2Blutwerten aus dem muetterlichen Blut gemacht. Was stellt man damit fest? In Deutschland wird doch nur die Messung per Ultraschall gemacht, oder? Wuerden Sie mir zu dieser Untersuchung raten. Ich hba am 13 April meine letzte Monatsblutung gehabt, koennte ich diesen Test auch zur Not wenn es gemacht werden muss, in Deutschland machen. Ich habe am 29Juli um 09Uhr einen Termin bei Ihnen. Wuerde das noch ausreichen.Ich komme mir hier so vor, als ob alle Geraete an mir ausprobiert werden sollen.Ich bin hier privatversichert(moechte aber niemandem etwas boeses unterstellen) Ich habe immernoch keinen Mutterpass oder aehnliches ist das normal?Mein erstes Kind habe ich auf Lanzarote bekommmen und da gab es nicht so ein Heck-meck.Leider sind wir auf eine andere Insel umgezogen! Herzlichen Dank fuer Ihre Bemuehungen. Jessica


Dr. med. Vincenzo Bluni

Dr. med. Vincenzo Bluni

Beitrag melden

liebe Jessica, 1. sofern kein besonderes familiäres Risiko für genetische Störungen oder Missbildungen vorliegt, die Frau nicht 35 Jahre oder älter ist und sie auch nicht schon vorweg ein entsprechendes Bedürfnis nach Informationen zur vorgeburtlichen Missbildungsdiagnostik äußert, würde sicher nicht generell zu einer weiterführenden Diagnostik geraten werden. Die Besprechung zu diesem Thema kann natürlich auch schon zu jedem Zeitpunkt vor diesem Alter stattfinden. Ist die schwangere Frau 35 Jahre oder älter und/oder gibt es ein familiäres Risiko für genetische Erkrankungen oder Missbildungen, sollte man mit ihr bei Kinderwunsch oder zu Beginn einer Schwangerschaft schon über die damit verbundenen Risiken für Mutter und Kind sprechen und dazu gehört eben auch das Thema Pränataldiagnostik inklusive der Möglichkeit einer genetischen Beratung. Über die nicht invasiven Verfahren der Pränataldiagnostik, wie z.B. die Nackentransparenzmessung, das Ersttrimeesterscreening oder den Triple-Test sollte man, sofern gewünscht, ebenso mit der Schwangeren/ dem Paar sprechen, wie auch über die invasiven Verfahren, wie Amniozentese (Fruchtwasserpunktion) oder Chorionzottenbiopsie. Dazu gehört dann auch die individuelle Information über mögliche Konsequenzen und Risiken, so dass die Eltern den Sachverhalt gut nachvollziehen können, um ihnen die Möglichkeit zu geben, dann eine eigene Entscheidung für oder gegen eine weiterführende Diagnostik zu treffen. Das Risiko für die Geburt eines Kindes mit einer Trisomie 21 ("mongoloide Störung" oder Down-Syndrom) liegt bei einer 25jährigen (keine familiäres Risiko vorausgesetzt) bei 1: 1352, bei einer 30jährigen bei 1:895,bei einer 32jährigen 1:659, bei einer 36jährigen bei 1:280, bei einer 38jährigen 1: 167 und bei einer 40jährigen bei 1:97. Ebenso steigt bei einer Frau ab dem 35. Lebensjahr das Risiko für schwangerschaftsspezifische Komplikationen, wozu auch Fehlgeburten gehören, an. Das Risiko einer Fehlgeburt infolge einer Fruchtwasserpunktion oder einer Chorionzottenbiopsie liegt in etwa bei 1:100, was dem Risiko einer 40jährigen für die Geburt eines Kindes mit einem Down-Syndrom entspricht. Wenn die Frau/die Eltern sich gegen eine invasive Diagnostik wie der Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie zum Ausschluss einer Trisomie oder ähnlicher Chromosomenstörungen entscheiden, weil sie das Risiko z.B. für eine Fehlgeburt nicht eingehen möchten, dann ist der Frau (insbesondere, wenn sie älter ist, als 35 Jahre) in erster Linie die Messung der Nackentransparenz oder das Ersttrimesterscreening zwischen der 11.+14. SSW zu empfehlen. Auf den Triple-Test muss man zumindest hinweisen, dass es ihn auch gibt, aber empfehlen können wir Ihne wohl kaum noch. Hier ist also zunächst die ausführliche Information der jeweiligen Methoden im Vordergrund stehend. Die Entscheidung selbst kann aber nur das betroffene Elternpaar selbst fällen. 2.Hier in Deutschland werden sowohl die Nackentransparenzmessung als auch das Ersttrimesterscreening angeboten. 3. neben dem seit vielen Jahren etablierten Triple-Test ermöglicht inzwischen das Ersttrimester-Screening eine deutlich bessere Risikoabschätzung für das Down-Syndrom. Hierbei handelt es sich um ein Verfahren der vorgeburtlichen Diagnostik zur Risikoberechnung z.B des Down-Syndroms (Mongolismus oder Trisomie 21) oder ähnlicher Störungen unter Berücksichtigung von Alter und Familiengeschichte. Es beinhaltet eine Kombination aus Ultraschalluntersuchung und ein Serumscreening, das eine Blutentnahme erforderlich macht. Im Rahmen der Ultraschalluntersuchung wird die so genannte Nackentransparenz des Feten bestimmt. Hierbei handelt es sich um die sonographische Darstellung und Messung einer unter der Haut liegenden Flüssigkeitsansammlung am fetalen Nacken, die sonographisch als Nackentransparenz (englisch: nuchal translucency) imponiert. 1. Nackentransparenz (nuchal translucency) zunächst sollten vorweg aber zwei Dinge ganz klar unterschieden werden: Die Nackentransparenz (Nuchal translucency) und das im Mutterpass beim ersten Pflichtultraschall aufgeführte dorsonuchale Ödem: Der im Mutterpass aufgeführte Befund eines "dorsonuchalen Ödems" ist missverständlich, in den Mutterschaftsrichtlinien nicht definiert und nicht mit der "Nackentransparenz" identisch. Die Nackentransparenz ist eine Struktur, die bei allen Feten erhoben werden kann, deren pathophysiologische Relevanz jedoch von ihrer Ausprägung abhängt. Dagegen beschreibt der Begriff des Ödems immer einen pathologischen Befund. Die sonographische Messung der Nackentransparenz zwischen 11 und 14 Schwangerschaftswochen mit konsekutiver Risikoberatung bezüglich des Vorliegens einer chromosomalen Störung oder einer Fehlbildung ist eine Leistung, die zu einer vorher durchgeführten Aufklärung verpflichtet. Sie ist gemäß den Mutterschaftsrichtlinien nicht Bestandteil der Mutterschaftsvorsorge und somit eine Privatleistung. Hier gibt es aber in den Begriffen und den Erklärungen immer wieder Missverständnisse. Nach einem so genannten Nackenödem sollte beim Ultraschall durch den niedergelassenen Frauenarzt/Frauenärztin immer geschaut werden. Die Nackentransparenz (nuchal translucency, NT) resultiert aus einer subkutanen Flüssigkeitsansammlung im Bereich des fetalen Nackens, welche bei nahezu allen Feten sonographisch darstellbar ist. Die Nackentransparenz ist eine physiologische Erscheinung im Bereich des Nackens, die man per Ultraschall darstellen kann, und die in Abhängigkeit der Ausdehnung in Bezug auf das Schwangerschaftsalter und das Alter der Mutter einen Hinweis auf eine genetische Störung des Kindes, zum Beispiel eine Trisomie 21 (Down-Syndrom) geben kann oder auch ein Hinweis auf eine Missbildung im Bereich des Herzens oder einer Missbildung anderer Natur sein. Die Messung der Nackentransparenz (nuchal translucency) erfolgt zwischen der 10+3 SSW und 13+6 SSW (minimale fetale Scheitel-Steiß-Länge sind 45 mm, die maximale 84 mm). Durch die Messung der Nackentransparenz kann heute eine Risikoberechnung unter Berücksichtigung von Alter und Anamnese in Bezug auf die Trisomie 21 durchgeführt werden, die nach Angaben der Literatur bis zu 80% der erkrankten Feten erkennt. Unter Kenntnis der Werte (Alter der Mutter, Hintergrundrisiko und Nackentransparenz bei bekannter Scheitel-Steiß-Länge) wird durch die von der Fetal Medicine foundation in London zugelassenen und qualifizierten Ärzte mittels einer speziellen software das Risiko für eine genetische Störung berechnet. Die erhöhte Nackentransparenz stellt per se keine Fehlbildung dar. Wenn chromosomale Anomalien ausgeschlossen werden können, werden etwa 90% der Schwangerschaften mit einer Nackentransparenz unterhalb von 4,5 mm zur Geburt eines gesunden Kindes führen, die Prozentsätze für eine Nackentransparenz von 4,5 mm und 6,5 mm oder mehr betragen jeweils etwa 80% und 45%. Normalerweise vergrößert sich die Nackentransparenz mit dem Schwangerschaftsalter bzw. der Scheitel-Steiß-Länge. Das kombinierte Risiko errechnet sich aus der Multiplikation des mütterlichen Hintergrundrisikos und des schwangerschaftsalter-entsprechenden Risikos mit dem Multiplikationsfaktor, der sich aus der Zunahme des Messwertes für die Nackentransparenz errechnet. Da eine Verbreiterung der fetalen Nackentransparenz in der 11.-14.SSW mit einem breiten Spektrum fetaler Fehlbildungen assoziiert ist, sollte man mit der Schwangeren und ihrem Partner eine weiterführende Diagnostik, z.B. Ersttrimesterscreening , eine Fruchtwasserpunktion oder Chorionzottenbiopsie besprechen, ebenso wie einen differenzierten Organultraschall zwischen 20. & 23. SSW bei unauffälliger Genetik, um unter anderem eine Herzfehlbildung auszuschließen. 2. Nachweis des Nasenbeins im Ultraschall: dieser zusätzliche Parameter kann die Sicherheit des ganzen Verfahrens noch mehr erhöhen, da ein fehlender Nachweis des Nasenbeinknochens zu diesem Schwangerschaftszeitpunkt auch als Hinweis auf eine Störung sein kann. 3. Serumscreening (free ß-hcg & PAPP A) Beim zusätzlichen Serum-Screening im 1. Trimenon (Ersttrimesterscreening) werden das PAPP-A (pregnancy associated Plasma Protein A) und die freie ß-Untereinheit des HCG gemessen. Die Auswertung ist möglich zwischen 10+3 SSW und 13+6 SSW. PAPP-A ist in Schwangerschaften mit Down-Syndrom signifikant erniedrigt, freies ß-HCG erhöht. Die Entdeckungsrate für das Down-Syndrom ist abhängig von der Anzahl der einbezogenen Faktoren und von der Sorgfalt, mit der die Untersuchung durchgeführt wird: Für das Alter der Mutter allein 30-50% Alter und o.g. Laborwerte 60% Alter plus Nackentransparenz 80% Alter plus o.g. Laborwerte + Nackentransparenz + Nasenbein 95-97% Dieses setzt aber voraus, dass es sich bei dem Untersucher/Untersucherin um einen entsprechend der Vorgaben der Fetal Medicine foundation in London zugelassenen und qualifizierten Arzt handelt. Diese(r) kann dann unter Kenntnis der Werte (Alter der Mutter, Hintergrundrisiko, Nackentransparenz bei bekannter Scheitel-Steiß-Länge und eventuell der o.g. biochemischem Parameter) mittels einer speziellen Software das individuelle Risiko berechnen. Die hohe Zuverlässigkeit dieser Methode hängt also ganz wesentlich von der Qualifikation und Erfahrung des Untersuchers, sowie des Ultraschallgerätes ab. Diese Voraussetzungen erfüllen deshalb vor allem Ärzte für Pränataldiagnostik in den dafür spezialisierten Zentren. Bitte nicht vergessen: Der sichere Ausschluss von Chromosomenstörungen ist nur durch eine Chorionzottenbiopsie oder Fruchtwasserpunktion möglich. 4.nicht in allen Ländern gibt es einen Mutterpass. Dieses ist aber nicht ungewöhnlich und auch nicht gleich zu beanstanden. VB


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.

Ähnliche Fragen

Hallo Herr Dr. Bluni, nach 3 Fehlgeburten im letzten Jahr wurde die Diagnose Morbus Basedow mit Antikörpern sowie eine Gerinnungsstörung festgestellt. Der Morbus Basedow wurde mit Thiamazol behandelt und für die Gerinnungsstörung nehme ich ASS100 und Spritze Fragmin P Forte 5000. Das Thiamazol ist seit März - kurz nach positivem Schwangersch ...

Vielen Dank schon für Ihre letzte Antwort! Bitte noch eine Frage: Wie schnell kann denn ein Morbus Basedow Ende der 13 ssw zu einer Fehlgeburt führen? Vielen Dank! LG

Hallo, bei mir wurde vor 7 Jahren die Diagnose Morbus Crohn gestellt (ich bin 28 JAhre alt). Ich hatte dann 2012 einen schweren Schub mit Krankenhausaufenthalt und Kur. Seit dem wurden die Medikamente immer stärker. Seid ca 3 Jahren nehme ich nun Humira und wir konnten die Einnahme inzwische auf alle 3 Woche reduzieren. Seid knapp 2 Jahren neh ...

Hallo Herr Dr. Bluni Ich habe vor kurzem morbus Basedow diagnostiziert bekommen, mit dem Wunsch einer Schwangerschaft. Ich solle mich entscheiden ob ich eine rjt oder eine OP will ohne bisher weitere Aufklärung meiner Fragen... Werde erstmal auf thiamazol eingestellt, nun meine Frage, kann mal nur unter Therapie von thiamazol schwanger werden oder ...

Habe vor ca 5 Wochen Diagnose morbus Basedow bekommen, wurde nach der sd szinti auf thiamazol eingestellt mit der Aussage dass schwanger werden grad nicht möglich ist. Hab mich für OP Anfang 2019 entschieden... Nun hab ich Mittwoch positiv getestet... Gyn U deren Vertretung im Urlaub... War beim nuklearmedizin er stellte mich sofort auf ptu um We ...

Lieber Dr. Bluni, ich habe seit 2014 einen Morbus Basedow, der schon einmal mit Thiamazol behandelt wurde. Nun bin ich der 5. SSW und der letzte TSH Wert lag vor einer Woche 3,4 bei 75 L-Thyroxin Da wusste ich noch nicht das ich schwanger bin. Da ein etwas niedrigerer TSH bei Kinderwunsch besser wäre, hat meine Hausärztin mir empfohlen 2x die Wo ...

Sehr geehrter Herr Dr. Bluni, ich habe im Juli 2017 ein gesundes Kind bekommen. Vorher war bereits eine Schilddrüsenunterfunktion bekannt und wurde auch während der SS behandelt. 3 Monate nach der Entbindung bekam ich die Diagnose Morbus Basedow, mir ging es sehr schlecht. Ich habe dann 15 Monate Thiamazol genommen. Seit 3 Monaten sind meine We ...

Guten Abend, 1996 mit 13 Jahren wurde bei mir ein Morbus Basedow diagnostiziert. 1997 folgte eine subtotale SD-OP. 2008 leider ein Rezidiv, woraufhin eine Radiojodtherapie erfolgte. Jetzt sehnlichster Kinderwunsch bei Medikation mit L-Thyroxin und euthyreoter Stoffwechsellage, allerdings erhöhter TRAK-Antikörper Wert (14,6). Stellt das eine Gefahr ...

Hallo , Ich bin aktuell in der 9. SSW. Letztes Jahr im August musste bei mir die Schilddrüse aufgrund von Morbus Basedow entfernt werden. Aktuell nehme ich Euthyrox 125. Nun war ich in der 5ten Woche und diese Woche also in der 9ten Woche zur Blutabnahme. Mein Bedarf an Schilddrüsenhormonen hat sich nicht verändert. Ich soll weiterhin Euthyrox 125 ...

Sehr geehrter Herr Dr. Karle, ich bin zurzeit in der 16. Schwangerschaftswoche und in Behandlung beim Endokrinologen aufgrund einer Nebenniereninsuffizienz und Hashimoto. Ich gehe alle 3-6 Wochen zur Blutkontrolle dorthin, wo mein cortison-Level und der ACTH-Wert kontrolliert werden. Bei der letzten Blutuntersuchung am 4. April wurde eine Üb ...