Frage:
Praktikum nach Schulabschluss
Hallo Frau Bader,
meine Tochter hat sich nach ihrem Schulabschluss vergangenen Juli um Ausbildungsplätze beworben und eine mündliche Zusage bekommen. Ja, wir kannten das Risiko und sind es eingegangen.
Vor geplantem Ausbildungsbeginn jetzt im Februar sollte sie bei diesem AG ein dreimonatiges Praktikum (bis Ende Januar) zur Vorbereitung absolvieren. Hierzu gibt es einen Vertrag, der auch 520€ Vergütung vorsieht.
Vor Weihnachten wurde sie krank (Grippe) und deswegen sehr unter Druck gesetzt. Es gab viele Sprachnachrichten vom Chef, der sagte „ich brauche Mitarbeiter die arbeiten, nicht im Bett liegen“.
Weihnachten war die umsatzstärkste Zeit in der Branche.
Jetzt Mitte Januar, zwei Wochen vor Praktikumsende, wurde ihr per WhatsApp mitgeteilt sie brauche nicht mehr kommen. Aus heiterem Hinmel, an ihrem Geburtstag. Seitdem antwortet der Chef ihr auch nicht mehr.
Die Praktikumsvergütung für November wurde nicht bezahlt. Entgegen des Vertrags sieht der Chef neA den Monat als Probemonat an. Januar wird wohl auch nicht bezahlt, vermuten wir.
Mein Kind ist für dieses Praktikum und die zugesagte anschließende Ausbildung nach Berlin gezogen und muss dort Miete zahlen, die die Praktikumsvergütung ohnehin übersteigt. Haben wir alles in Kauf genommen.
Den Ausbildungsplatz haben wir abgehakt, es ist nun wie es ist. Für so einen AG möchte wohl kaum jemand nach diesem Verhalten arbeiten.
Können wir wenigstens die ausstehende Vergütung einfordern, damit sie ihre Miete noch bezahlen kann? Der Chef hat sie auch nicht als Praktikantin der SV gemeldet und vermutlich auch nicht unfallversichert.
Könnten Sie uns vielleicht sagen wie wir vorgehen bzw. an wen wir uns wenden können, wenn wir uns keinen Anwalt leisten können? Der Betrag um den es geht ist ja gering (1040€), aber für uns eine gewaltige Menge Geld.
Das Unternehmen hat über 200 Angestellte in mehreren Filialen in Berlin.
Meine Tochter hat sich so engagiert und bis auf die Woche mit Grippe richtig hart gearbeitet für ihren Traumjob, sie ist am Boden zerstört und ich gleich mit.
Liebe Grüße, Anna
von
feNi999
am 20.01.2023, 07:00
Antwort auf:
Praktikum nach Schulabschluss
Hallo,
wenden Sie sich schnellstens an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Zuvor muss sie zum Amtsgericht gehen und dort einen Beratungshilfeschein beantragen - den kann sie gleich mitbekommen, wenn sie es dringend macht.
Und bitte zeitnah weiter bewerben!
Liebe Grüße
NB
von
Nicola Bader, Rechtsanwältin
am 20.01.2023
Antwort auf:
Praktikum nach Schulabschluss
Oh je, da ist ja einiges schief gelaufen.
Hat Deine Tochter einen schriftlichen Arbeitsvertrag? Oder den Nachweis nach dem Nachweisgesetz, wenn es keinen schriftlichen AV gibt?
Zunächst: eine Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, dazu zählt auch ein Praktikum, erfordert Schriftform. eine Mitteilung per WhatsApp reicht nicht, der Vertrag besteht weiter fort.
Und damit auch Ansprüche auf Vergütung, eben jene 520 Euro. Pro Monat.
Sie kann die im wege der Klage vor dem Arbeitsgericht einfordern, dazu braucht man nicht unbedingt einen Anwalt. Man könnte die Klage auch einfach zu Protokoll der Geschäftsstelle geben, die sind da eigentlichs ehr nett und helfen.
Könnt ihr Euch keine Anwältin leisten, steht Euch Beratungs- und Prozesskostenhilfe zu, beides müsst ihr beant6ragen. Das Verfahren vor dem Arbeitsgericht ist in 1. Instanz gerichtskostenfrei, aber eine Anwältin muss natürlich bezahlt werden.
Außerdem ist es elementar wichtig, dass Deine Tochter nicht zu sehr in verzug mit der Miete gerät. Sonst läuft sie Gefahr, die Wohnung zu verlieren. Ich frage mich ohnehin, wie sie es unter diesen Voraussetzungen geschafft hat, eine bezahlbare Wohnung zu bekommen, aber das ist ja hier nicht die Frage.
Auch, wenn die Zeit knapp ist: sie soll sich umgehend bewerben. Viele Branchen suchen. Und sich auch beim Jobcenter melden.
von
Berlin!
am 20.01.2023, 08:30
Antwort auf:
Praktikum nach Schulabschluss
ES gibt einen Vertrag und an den muss sich auch der AG und auch bei "nur" einem Praktikum halten.
Selbstverständlich muss er den kompletten Lohn für alle 3 MonateLohn - auch bei einem Praktikum bzw. hier als Mini-Job darf man krank werden.
Und auch eine Probezeit muss bezahlt werden.
Eine vorzeitige Kündigung im Rahmen der vereinbarten Kündigungsfristen muss schriftlich erfolgen - WA reicht da nicht.
Habt ihr eine Rechtsschutz? Wenn ja, fragt dort mal nach. Unsere deckt telefonische Beratung ab und man erhält dort schon gute Tipps, wie man ein entsprechendes Schreiben aufsetzen sollte bzw. ob man überhaupt im Recht ist und Chancen hat, für die es sich lohnt, sich den evt. Stress anzutun. Oft reagieren die Menschen dann schon ohne dass man ernsthaft einen Anwalt bemühen muss.
von
cube
am 20.01.2023, 08:40
Antwort auf:
Praktikum nach Schulabschluss
Wenn sie aber gleich in den ersten Wochen krank war, erhält sie keine Lohnfortzahlung vom AG. Dazu muss man erstmal 4 Wochen (?) beim Arbeitgeber gearbeitet haben ohne eine Krankmeldung vorzulegen.
von
Suomi
am 20.01.2023, 09:22
Antwort auf:
Praktikum nach Schulabschluss
3 Monate Praktikum mit Ende zu Ende Januar heißt doch aber, sie hat sie Anfang November angefangen.
Krank wurde sie aber erst (kurz) vor Weihnachten. Das sind dann doch nicht die ersten 4 Wochen des Praktikums?
Zumal sie ja dennoch den Lohn für die übrige Zeit erhalten muss.
von
cube
am 20.01.2023, 09:37
Antwort auf:
Praktikum nach Schulabschluss
Wie lange war deine Tochter nun krank?
War sie nach der AU wieder imBetrieb arbeiten?
Hat sie AU rechtzeitig eingereicht? Inkl. evt. Folge-AU´s?
Praktikanten haben nicht zwingend Anrecht auf KG - in dem Fall eigentlich gar nicht, es sei denn es wurde vertraglich vereinbart.
Dennoch hat sie Anspruch auf Entlohnung der gearbeiteten Zeit.
Bzgl. der Krankheit wäre aber (unabhängig vom Druck, den AG unzulässigerweise macht) wichtig, ob alles von deiner Tochter ordnungsgemäß gemacht wurde. Mitteilung über Krankheit, Einreichen der AU, Einreichen einer evt. Folge-AU.
Und ja, evt. auch, wie lange sie nun krank war. Aus deinem Text hört es sich fast so an, als wenn sie vor Weihnachten erkrankt wäre und bis jetzt immer noch nicht wieder im Betrieb gewesen wäre ("...jetzt bräuchte sie auch nicht mehr kommen").
Im Zweifel kann die übermäßig lange Krankheit in Relation zur Praktikumsdauer doch ein Kündigungsgrund sein.
Entbindet den AG dann aber auch nicht davon, tatsächlich gearbeitet Std. auch zu bezahlen.
von
cube
am 20.01.2023, 09:44
Antwort auf:
Praktikum nach Schulabschluss
Hallo liebe alle,
meine Tochter hat ein WG Zimmer in Berlin, dieses kostet uns 500€. Selbst da haben wir noch Glück gehabt, die Suche war echt nicht ohne.
Sie war vor Weihnachten 7 Tage krankgeschrieben, alles korrekt mit AUB und Meldung. Es ist unwichtig ob die Krankheitstage unbezahlt bleiben, so viele waren es ja nicht. Öfter gefehlt hat sie nicht, sie hat wirklich gern dort gearbeitet und super Feedback von den Kolleginnen bekommen.
Wir hatten letztes Jahr bereits das Problem dass uns in einer Erbrechtsangelegenheit kein Anwalt mit Beratungsschein annehmen wollte. Die meisten haben das bereits am Telefon offen kommuniziert. Ja, ich weiss, aber so ist es einfach.
Die Sachlage ist für mich recht eindeutig, deswegen werden wir wohl ohne Anwalt Klage einreichen. Vielleicht genügt das ja schon…
von
feNi999
am 20.01.2023, 17:41