Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

MOSH/MOAH in der Schwangerschaft

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

zur Vita

Frage: MOSH/MOAH in der Schwangerschaft

hejo15

Beitrag melden

Lieber Dr. Paulus, bei meiner Frage geht es nicht um ein Medikament, sondern im weitesten Sinn auch um einen (mehr oder weniger?) toxischen Stoff. Ich habe zufällig kürzlich einen Bericht gelesen, dass Ökotest 2017 in verschiedenen Lippenpflegestiften erhöhte Mineralölgehalte gefunden hat (MOSH/MOAH). Die Rezeptur des Labellos ist wohl seit Herbst letzten Jahres mineralölfrei, in meiner Schwangerschaft habe ich aber fast einen kompletten Stift der „alten Generation“ mit Mineralöl verbraucht. Tatsächlich ist sicher einiges davon im Mund gelandet, zumal ich manchmal die unschöne Angewohnheit habe, auf meinen Lippen herumzuknabbern. Laut Test beinhaltete der Labello 14% MOSH/POSH sowie 0,21% MOAH. Ich bin ein bisschen entsetzt, dass so etwas in einem Lippenpflegestift enthalten ist und wäre nie auf die Idee gekommen, das bei solch einem Produkt zu überprüfen. Nun bin ich besorgt, meinem Kind damit geschadet zu haben. Wie ich das verstehe, ist ja vor allem die Auswirkung von MOAH noch nicht wirklich bekannt. Ist hier wohl mit einem größeren Übergang zum Kind zu rechnen? Ich befinde mich nun in der Stillzeit und habe zum Glück seit längerer Zeit keinen Stift mehr benutzt. Wo ich nun durch diesen Bericht „mineralöl-sensibilisiert“ bin, möchte ich noch fragen, ob der Gebrauch von Nivea Bodylotion bedenklich ist. Diese habe ich im zweiten Trimester täglich einmal auf Arme, Beine und Rücken geschmiert. Hier sind folgende Inhaltsstoffe enthalten: Aqua|Paraffinum Liquidum|Isohexadecane|Glycerin|Isopropyl Palmitate|Cera Microcristallina|PEG-40 Sorbitan Perisosteareate|Polyglyceryl-3 Diisostereate|Prunus Amygdalus Dulcis Oil|Magnesium Sulfate|Sodium Citrate|Citric Acid |Potassium Sorbate|Linalool|Limonene|Benzyl Alcohol|Geraniol|Citronellol|Butylphenyl Methylpropional|Alpha-Isomethyl Ionene|Parfum. Und die letzten Fragen: Sind die Stoffe BHT und CI 15850 im Labello sehr schädlich? Und wie sieht es mit synthetischen Parfums und PEGs – wie in der Niveamilch enthalten – aus? Parfums sind ja auch in Naturkosmetik enthalten, nur eben nicht synthetisch hergestellt. Ich entschuldige mich für den Umfang meiner Frage, bedanke mich im Voraus und wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende.


Dr. Wolfgang Paulus

Dr. Wolfgang Paulus

Beitrag melden

In einer Stellungnahme vom 27.02.2018 schreibt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): „Kosmetische Mittel können Mineralöle enthalten. Dabei handelt es sich um komplexe Gemische von Kohlenwasserstoffen unterschiedlicher Struktur und Größe. Zu unterscheiden sind gesättigte Kohlenwasserstoffe – kurz MOSH (mineral oil saturated hydrocarbons) – und aromatische Kohlenwasserstoffe – kurz MOAH (mineral oil aromatic hydrocarbons)…Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat die dermale Aufnahme von MOSH und MOAH aus Mineralölen über Kosmetika gesundheitlich bewertet. In kosmetischen Produkten zur dermalen Anwendung werden solche Mineralöle und mikrokristallinen Wachse eingesetzt, die hochraffiniert sind und die Reinheitsanforderungen für Arzneimittel einhalten. Durch entsprechende technologische Aufreinigung sind die MOAH-Gehalte in diesen Mineralölen reduziert. MOSH werden durch die Haut kaum aufgenommen und gelangen daher bei dermaler Anwendung mineralölhaltiger kosmetischer Mittel nicht in den Körper. Nach aktuellem wissenschaftlichem Kenntnisstand sind aus Sicht des BfR gesundheitliche Risiken für Verbraucherinnen und Verbraucher bei Anwendung kosmetischer Mittel auf der Haut nicht zu erwarten. Auswirkungen auf die Gesundheit durch Mineralölkomponenten in diesen kosmetischen Produkten wurden bisher daher entsprechend nicht berichtet – trotz ihrer langjährigen und oft täglichen Anwendung. Neben einer möglichen Aufnahme über die Haut muss insbesondere bei Lippenpflegeprodukten, die ebenfalls Mineralöl enthalten können, die orale Aufnahme betrachtet werden. Da niedrigviskose Mineralöle vom Körper leicht oral aufgenommen werden können, werden für den Einsatz in Lippenpflegeprodukten mittel- und hochviskose Mineralöle sowie mikrokristalline Wachse empfohlen. Bestimmte hochaufgereinigte mittel- und hochviskose Mineralöle sowie mikrokristalline Wachse in Lebensmittelreinheit wurden von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für Verwendungen im Lebensmittelbereich gesundheitlich bewertet und zugelassen. Vom gemeinsamen FAO/WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe (JECFA) und von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wurden für diese Mineralöle und Wachse Werte für akzeptable tägliche Aufnahmemengen (ADI-Werte) abgeleitet. Der Europäische Verband der Kosmetikhersteller Cosmetics Europe hat den Herstellern von Lippenpflegeprodukten empfohlen, nur solche Mineralölfraktionen einzusetzen, für die ADI-Werte gelten. Die über Lippenpflegeprodukte oral aufgenommene Dosis an Mineralölen trägt weniger als 10 % zur ADI-Auslastung von Verbraucherinnen und Verbrauchern bei. Bei Einhaltung der Empfehlung von Cosmetics Europe sind aus Sicht des BfR keine gesundheitlichen Effekte durch die orale Aufnahme zu erwarten.“ Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch (äußerliche Anwendung!) sehe ich keine besonderen Risiken durch die Niveau Body Lotion. Butylhydroxytoluol (BHT) wird seit langem in Kosmetik eingesetzt und dient der Konservierung. Hinter BHT verbirgt sich ein zugelassener Zusatzstoff, der zu den chemischen Antioxidantien zählt. Zu den Einsatzgebieten von BHT zählen daher neben Kosmetika auch Pflanzenschutzmittel oder Verpackungsmaterialien. Außerdem ist BHT ein zugelassener Lebensmittelzusatzstoff, der unter der Bezeichnung E 321 bekannt ist. Bei CI 15850 handelt es sich um einen zugelassenen Farbstoff für Kosmetika. Gesundheitsschädigende Effekte sind nicht bekannt.


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.