Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Interferone, Stillpille

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

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Frage: Interferone, Stillpille

Zombi

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Hallo Dr. Paulus, Es geht hier jetzt um die Stillzeit, ich hoffe das ist okay. Ich stille meinen 13 Monate alten Sohn noch 2 mal tagsüber und alle 2 Std nachts. Ich nehme aktuell L-Thyroxin ein und seit ein paar Tagen die Pille Desofemono75. Jetzt muss ich MS-bedingt wieder mit einer Therapie starten und würde ab morgen 1mal wöchentlich Avonex gespritzt bekommen. Dazu würde ich ein fiebersenkendes Schmerzmittel nehmen gegen die Nebenwirkungen vom Avonex (das Schmerzmittel auch nur 1mal wöchentlich zur Spritze). Ich weiß das alles einzeln in der Stillzeit genommen werden darf aber ist es zu viel für meinen Sohn wenn ich das alles sozusagen zusammen nehme? Die Sorge plagt mich seit ein paar Tagen. Wenn das soweit okay isr, welches Schmerzmittel würden Sie mir eher empfehlen, Paracetamol oder Ibuprofen? Ich hab die gesamte Stillzeit nichts eingenommen..außer Lthyroxin..nichtmal Schmerzmittel....hab Angst das es dann jetzt auf einmal zu viel sein könnte. Vielen Dank! Liebe Grüße


Dr. Wolfgang Paulus

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Interferon wird im sauren Milieu des kindlichen Magens weitgehend zersetzt (Ferrero et al 2004). In einer Studie mit sechs stillenden MS-Patientinnen lag nach einmal wöchentlicher Applikation von 30 µg Interferon beta-1a der Wirkstoffspiegel in der Muttermilch unterhalb der Nachweisgrenze (< 20 ng/l). Auf dieser Basis würde ein Säugling gewichtsadaptiert 0,006% der mütterlichen Dosis erhalten (Hale et al 2012). In einer Studie mit 24 stillenden Müttern unter Therapie mit Beta- Interferon beobachtete man keine Nebenwirkungen bei den Säuglingen (Fragoso et al 2013). Auch die Hersteller halten aufgrund der vorliegenden Daten einen Einsatz von Interferon in der Stillzeit inzwischen für vertretbar (Fachinfo Betaferon® 2019). Als geeignetes Schmerzmittel in der Stillzeit gilt Paracetamol (max. 3-4 x 500 mg pro Tag). Paracetamol geht nur in geringen Mengen in die Muttermilch über. Messungen bei 12 Mutter-Kind-Paaren ergaben nach Gabe von 650 mg Paracetamol eine Aufnahme von 0,04 bis 0,23% der mütterlichen Dosis durch den Säugling (Berlin et al 1980). Die American Academy of Pediatrics betrachtet Paracetamol als vereinbar mit dem Stillen (Committee on Drugs 1994). Ibuprofen konnte z. B. bei therapeutischer Gabe von 800 bis 1.600 mg pro Tag nicht in der Muttermilch nachgewiesen werden. Ibuprofen geht nur geringfügig in die Muttermilch über (Townsend et al 1984; Weibert et al 1982). Ein Säugling nimmt über die Muttermilch 0,0008% der mütterlichen gewichtsbezogenen Dosis auf (Walter & Dilger 1997). Die American Academy of Pediatrics betrachtet Ibuprofen als kompatibel mit dem Stillen (American Academy of Pediatrics 1994).


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