Hallo lieber Dr Paul,
wir sind dabei am zweiten Kind zu basteln und es ist ja so dass man ja anfangs nicht weiss ob man nun schwanger ist oder nicht.
1. Inwieweit kann Fluoxetin hier Schaden anrichten=? (ich nehme nur 10 mg)??
2. Kann Fluoxetin den Schwangerschaftstest verfläschen??
3. Sollte ich von Fluoxetin auf ein anderes Antidepressiva wechseln ? oder kann ich dabei bleiben?
Vielen Dank für Ihre Hilfe!
von
mimiblue
am 18.05.2012, 09:58
Antwort auf:
Fluoxetin
In einer Kohortenstudie eines Beratungszentrums zeigte sich nach Exposition mit Fluoxetin unter 101 Neugeborenen kein Anstieg der Fehlbildungsrate (Chambers et al 1996). In einer weiteren Kohortenstudie ergab sich bei 98 Schwangeren ebenfalls kein Zusammenhang zwischen der Anwendung von Fluoxetin im I.Trimenon und kongenitalen Anomalien (Pastuszak et al., 1993). In einer Sammlung von 67 Neugeborenen nach intrauteriner Exposition mit Fluoxetin fanden sich 4 unterschiedliche Anomalien (McElhatton et al., 1996).
Eine Häufung von Fehlbildungen ließ sich weder bei 37 Schwangerschaften erkennen, die während klinischer Studien eingetreten waren, noch bei 658 Schwangerschaften, die nach Exposition im I.Trimenon prospektiv verfolgt werden konnten (Goldstein & Marvel, 1993; Goldstein et al., 1997a). Unter 109 Schwangerschaften mit Fluoxetin-Medikation im I.Trimenon fanden sich lediglich 2 Fehlbildungen (Rosa, 1995).
Bis Dezember 2004 dokumentierte das Swedish Medical Birth Registry 6.555 Kinder nach intrauteriner Exposition mit SSRI in der Frühschwangerschaft. Die kumulierte Fehlbildungsrate lag bei 4,1%, was dem erwarteten Hintergrundrisiko entspricht. Dabei wurde kein typisches Fehlbildungsmuster be-obachtet. In diesem Kollektiv sind 926 Kinder nach mütterlicher Medikation mit Fluoxetin enthalten. Die Fehlbildungsrate gab mit 3,9% keinen Anlass zur Beunruhigung (Kallen & Otterblad Olausson 2007).
Allerdings traten in einem Kollektiv von 73 im letzten Trimenon exponierten Kindern vermehrt Frühgeburten und Anpassungsstörungen auf (Chambers et al., 1996). Die Frühgeburtlichkeit mag jedoch auch mit anderen Faktoren wie z. B. der psychischen Verfassung der Patientinnen zusammenhängen (Goldstein et al., 1997b).
Mehrere Fälle von Zittrigkeit und Erregbarkeit von Neugeborenen nach Anwendung von Fluoxetin in der Spätschwangerschaft wurden gemeldet (Goldstein, 1995). Entzugssymptome fielen auch bei einem Frühgeborenen auf (McElhatton et al., 1996). Wachstum, neurologische Entwicklung und Verhalten von 55 intrauterin im I.Trimenon exponierten Kindern unterschieden sich im Alter von 16 bis 33 Monaten nicht von einem Kontrollkollektiv (Nulman & Koren, 1996; Loebstein & Koren, 1997; Nulman et al., 1997).
In einer prospektiv kontrollierten Studie aus unserem Netzwerk ENTIS (European Network of Teratology Information Services) wird in einem Kollektiv von 314 Schwangerschaften unter Medikation mit Fluoxetin eine leicht erhöhte Rate für Herzfehler diskutiert (Diav-Citrin et al 2008).
Grundsätzlich wäre eine Fortsetzung der Medikation mit Fluoxetin in moderater Dosis (z. B. 10 mg pro Tag) vertretbar. Als Alternative bieten sich die verwandten Wirkstoffe Sertralin und Citalopram an.
Der Schwangerschaftstest sollte unter Einnahme von Fluoxetin nicht verfälscht werden.
von
Dr. Wolfgang Paulus
am 25.05.2012